Protokoll der Sitzung vom 07.10.2015

Es wird für den Konzern schon schwer genug sein, dieses Image, das hier verloren ging, wieder zurückzuholen. Wir als Politiker sollten uns an dieser Stelle sehr vorsichtig zurückhalten und nicht noch solch eine Häme haben, hier im Hohen Haus eine Aktuelle Debatte dazu zu beantragen. Das, meine Damen und Herren, finde ich schoflig und ist pharisäerhaft.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Wo war denn Ihre Empörung bei Problemen in anderen Konzernen, zum Beispiel bei AEG, Quelle, Grundig oder der Deutschen Bank?

(Zurufe der Abg. Sebastian Scheel und Annekatrin Klepsch, DIE LINKE)

Haben Sie sich denn da aufgeregt?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Sollen wir die ganzen Anträge heraussuchen, Herr Heidan?)

Wir müssen auch betonen: Es geht hier um einen Abgasskandal. Wo waren denn Ihre Beiträge zum Beispiel bei versagenden Bremssystemen, worüber die Fahrer nicht rechtzeitig informiert wurden, oder bei funktionslosen Airbags? Wo waren Ihre Aufrufe bei wissentlich defekten Zündschlössern?

(Zurufe von den LINKEN)

Wo war da Ihre Aufregung? Sie schädigen mit Ihrem Verhalten unsere Automobilindustrie hier im Freistaat Sachsen, in der Bundesrepublik Deutschland. Das muss ich Ihnen ins Stammbuch schreiben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Sie wissen schon, dass es eine Schadstoffbegrenzung für die Städte gibt?)

Ich bitte Sie: Lassen wir die Kirche im Dorf! Wir helfen sonst den Mitbewerbern, die General Motors und Ford heißen. Wir wissen ja, dass genau zu diesem Zeitpunkt, als der neue Passat vorgestellt wurde, General Motors dies federführend in die Diskussion gebracht hatte. Wir müssen aber auch feststellen, –

Die Redezeit!

– Ihre Zahlen, die Sie gerade genannt haben, –

Die Redezeit geht zu Ende.

– die 47 Milliarden Euro, sind überhaupt noch nicht untersetzt. Deshalb wird in der zweiten Runde Frau Springer noch einiges dazu sagen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der AfD)

Kollege Heidan sprach für die CDU-Fraktion. Für die SPD Fraktion spricht jetzt Kollege Baum.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Monat September war, wie wir alle wissen, in vielfacher Hinsicht ein schwieriger Monat für Sachsen. Neben dem so wichtigem Thema Flüchtlinge und Asyl schockte uns alle der VW-Skandal im Besonderen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Herrn Heidan nicht!)

VW Volkswagen, das ist für mich persönlich ein Stück Zuhause. Das ist wie „Tagesschau“ und „Sportstudio“. VW gehört zu Deutschland, VW gehört zu Sachsen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

VW Volkswagen stand bis vor Kurzem uneingeschränkt für Vertrauen in Automobiltechnik, für Vertrauen in das Auto aus heimischer Produktion, das hiesige Ingenieure konzipiert haben.

Nun muss man sagen, dass verzweifelte und auch gewissenlose Verantwortliche wahrscheinlich im Konzern getrickst – Herr Heidan hat gesagt, geschummelt –, aber letztlich auch gelogen haben. Heute kann noch niemand genau einschätzen, wie groß das Ausmaß dieses Skandals, dieses Betruges wirklich ist und am Ende noch wird.

Dieser Betrug trifft neben den Kunden von VW, die es weltweit in großer Zahl gibt, auch die Aktionäre: 40 % Kursverlust seit Bekanntgabe. Der Börsenwert sank um fast 22 Milliarden Euro. Es trifft vor allem – und das ist auch für uns der wichtige Ansatz – die ehrlichen und fleißigen Mitarbeiter und auch die Kommunen, in denen VW präsent ist.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Es trifft natürlich auch – jeder, der ein Auto fährt, weiß das – die regionalen Händler und die Werkstattmitarbeiter aller VW-Marken, so auch Audi, Seat und Skoda. In Sachsen sind von uns nun vor allem die Produktionsstandorte zu betrachten – Herr Brünler hat schon gesagt: Zwickau, Chemnitz und Dresden –, in denen insgesamt über 10 000 Menschen ihre Arbeit haben. Damit ist VW in Sachsens Industrie der größte Arbeitgeber. VW hat in Deutschland bekanntlich etwa 290 000 Mitarbeiter an 29 Standorten – weltweit über 600 000 Mitarbeiter. Betroffen sind weltweit circa acht Millionen Dieselfahrzeuge, die vor allem der alten EU-5-Norm entsprechen sollten – was wohl nicht der Fall war.

Die neuen Motoren nach EU-6-Norm – das muss man positiv erwähnen – sollen laut VW-Mitteilung vom 02.10.2015 nicht betroffen sein; darauf vertraue ich sehr.

Auch wenn hier in Sachsen keine Dieselmotoren produziert wurden und werden, so besteht durchaus berechtigte Sorge um die hiesigen Arbeitsplätze und um die Produktionsstandorte. Konkret in Sachsen geht es auch um wegfallende Gewerbesteuereinnahmen. Schließlich hat VW 2012 beispielsweise 3 Milliarden Euro Gewerbesteuer an die Kommunen gezahlt – wovon auch die sächsischen Standorte ihren Anteil abbekommen haben.

Wenn der neue VW-Chef Müller gestern davon sprach, es werde alles auf den Prüfstand gestellt, es gebe keine Tabus und auch Arbeitsplätze seien derzeit nicht gefährdet, so heißt das aber auch, dass keiner weiß, was konkret in der Zukunft passiert. Vieles steht zukünftig infrage. Deshalb hat der Erhalt der Arbeitsplätze für uns die höchste Priorität.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, keiner in Sachsen sollte bei aller berechtigten Kritik am Konzern

vergessen, wie viel der Konzern VW für uns in Sachsen seit 1990 geleistet hat. Dafür sollten wir auch dankbar sein.

Es ist unser Anliegen, dass weder die Kommunen noch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Schaden ausbaden müssen, den hoch bezahltes Personal – so will ich es einmal bezeichnen – durch ein Stück weit betrügerisches Handeln verursacht hat. Für VW selbst muss es nun darum gehen, alles aufzuklären, für Transparenz zu sorgen, damit wieder Vertrauen in den Konzern zurückkommt. – Mein Kollege Vieweg wird in der zweiten Runde konkreter auf die Auswirkungen eingehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU und der Staatsregierung)

Für die SPD-Fraktion sprach Herr Kollege Baum. – Jetzt kommt als nächster Redner für die AfD Herr Kollege Hütter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Weltkonzern VW befindet sich in einer seiner größten Krisen. Um das Vertrauen der Kunden wiederzuerlangen, bedarf es einer lückenlosen Aufklärung aller Vorfälle.

Schuld an der Krise ist wohl kaum das Können der Ingenieure, sondern vielmehr das Streben nach möglichst hohem Profit. Der sogenannte Harnstoff-Katalysator, den es schon lange gibt, war für die Produktion schlichtweg zu teuer.

Das geschädigte Ansehen des VW-Konzerns wird zu deutlichen Umsatz- und Gewinneinbußen führen. Nach Aussagen von Konzernchef Müller sollen auch geplante Investitionen auf den Prüfstand und soweit wie möglich zurückgestellt werden. – In diesem Zusammenhang hätte ich auch gern etwas zu den Managergehältern gehört. – Dies wird auch massive Folgen für die sächsische Wirtschaft und Zulieferindustrie haben.

Auf der VW-Betriebsversammlung äußerte Konzernchef Müller, dass es keine Auswirkungen auf die Beschäftigungsverhältnisse geben soll. Das gibt eine gewisse Hoffnung. Man muss der Konzernleitung die Möglichkeit geben zu reagieren und ihr ein gewisses Maß an Vertrauen entgegenbringen – auch in diesen schweren Zeiten. Ein einmaliges Fehlverhalten einzelner Personen darf nicht zu einem kompletten Vertrauensverlust in einem Weltkonzern führen.

Die Auswirkungen des VW-Desasters sind im Moment noch nicht abschätzbar. Mitarbeiter des VW-Konzerns und der Zulieferindustrie in Existenzangst zu versetzen ist hier der völlig falsche Weg.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Wie Sie den Anfang und den Verlauf einer eventuellen Krise in Sachsen abwenden oder gar vermeiden wollen, ist mir schleierhaft. Auch die Einschnitte bei den Steuer

einnahmen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzbar.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Haushaltssperre in Zwickau! – Frank Heidan, CDU: Alles nur linkes dummes Gequake!)

Genauso sieht es aus. Diese Panik, die gemacht wird, ist doch politisch gemacht. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass die Politik nicht unbedingt immer der beste Unternehmer ist. In diesem Zusammenhang erinnere ich zum Beispiel an den Bauriesen Holzmann. Der traurige Niedergang der Marken Sachsenring, Trabant und MZ wiegt auch heute noch in den Köpfen der Sachsen schwer. Daher rät die AfD-Fraktion zu besonnenem Handeln, um keine unnötigen Ängste zu schüren.

Sehr geehrte Abgeordnete, noch wissen wir nicht, was Überprüfungen von Emissionsmessungen bei anderen Automobilherstellern ans Tageslicht befördern. Es wäre ebenfalls im Bereich des Möglichen, dass die Feststellung bei VW nur die Spitze eines Eisberges ist und sich die Angelegenheit zu einem weltweiten und flächendeckenden Skandal ausweitet. Ob es sich um eine einmalige Manipulation – und diese ausschließlich im Bereich des VW-Konzerns – handelt, ist ebenfalls noch nicht absehbar. Fakt ist, dass aufgrund all dieser unbekannten Faktoren eine abschließende Analyse des Gesamtschadens zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich erscheint.

Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass der Ihnen wohlbekannte Produktionsfehler der sogenannten A-Klasse von Mercedes – Stichwort Elchtest – keinen nachhaltigen Image- und Umsatzverlust bescherte. Wir können daher nicht erkennen, was die Aktuelle Debatte am heutigen Tage letztendlich hier bewirken soll.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nach Herrn Hütter von der AfD-Fraktion spricht jetzt Herr Dr. Lippold für die Fraktion GRÜNE.