Protokoll der Sitzung vom 08.10.2015

Die Unzufriedenheit der Bürger mit den etablierten Parteien ist sichtbar. Sie hat unsere Partei, die AfD, in den Landtag gebracht. Sie kritisieren uns ständig: Alle Anträge und Redebeiträge der AfD seien bloß Ausdruck von Populismus, kämen zu früh oder zu spät, seien inhaltlich falsch oder unnötig.

Ich möchte Ihnen sagen: Es hat mich ehrlich erschreckt, wie einmütig und selbstverständlich Sie unseren Dringlichkeitsantrag heute Morgen abgelehnt haben. Ginge der Antrag – nach Ihren eigenen Regeln – eigentlich bei der Plenarsitzung am 1. September 2050 in Ordnung? Würden Sie dann die Dringlichkeit als gegeben ansehen?

(Christian Piwarz, CDU: Sie haben einfach einen falschen Antrag gestellt, Frau Muster!)

Hoffentlich fühlen sich unsere Bürger nicht ein weiteres Mal unverstanden und abgehängt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Die erste Rednerin in der zweiten Rederunde war Frau Dr. Muster für die einbringende AfD-Fraktion.

Jetzt ergreift die CDU-Fraktion das Wort. Ich bitte Herrn Kollegen Dierks nach vorn an das Pult.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar, dass wir diese Debatte heute führen können. Vielleicht können wir auch darüber sprechen, welchen Beitrag zur Glaubwürdigkeit der Politik denn die AfD in diesem Land leistet.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Ich halte es nämlich für einigermaßen verlogen, in diesem Parlament Platz zu nehmen, sich dann aber in die Beobachterposition zu begeben und zu sagen: Das sind die bösen Politiker, die nicht das tun, was sie sagen. Wir dagegen sind die Guten, die die einzig wahre Bürgermeinung vertreten. – Das ist doch lächerlich.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Glaubwürdigkeit wird von den Bürgern ganz zu Recht als die wesentliche Eigenschaft von Politikern eingeschätzt und liegt in Umfragen deutlich vor Sachkompetenz und Charisma. Glaubwürdigkeit bedeutet in allererster Linie zu sagen, was man tut, und zu tun, was man sagt.

(Zuruf von der AfD: Dann macht es doch!)

Dabei geht es eben nicht darum, immer alles richtig zu machen oder es immer schon gewusst zu haben, sondern es geht auch darum, Fehler zu erkennen, umzusteuern und Konzepte sich wandelnden Bedingungen anzupassen. Politik und politische Prozesse – das werden Sie im Laufe Ihrer Zugehörigkeit noch feststellen – sind dynamisch; man muss sich ständig auf sich ändernde Umstände einstellen.

Und: Glaubwürdige Politik lebt davon, klar zu sagen, was kurzfristig möglich ist, was mittelfristig möglich ist, was langfristig geht und was vielleicht auch gar nicht geht.

Sie sprechen von einer Glaubwürdigkeitskrise, leisten aber selbst einen ganz wesentlichen Beitrag zu dieser mangelnden Glaubwürdigkeit; denn Sie vermitteln den Menschen auf der Straße den Eindruck, als ob es für hochkomplexe globale Probleme eine ganz einfache Lösung gebe.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Diese Situation zu nutzen und aus dem Aufzeigen scheinbar einfacher Lösungen politisches Kapital zu schlagen, ist aber mehr als nur eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit von Politik; dies gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und den inneren Frieden in unserem Land.

Es ist gut und richtig, dass wir alle, die wir von den Bürgern dieses Landes gewählt wurden, so oft es geht die Möglichkeit nutzen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, uns an Stammtische zu setzen, zu Stadtfesten und zu Bürgerversammlungen zu gehen. Aber es ist der völlig falsche Weg, diesen Stammtisch jeden Monat in

den Landtag zu rollen, sich eben nicht die Mühe zu machen, über die Komplexität bestimmter Probleme ernsthaft nachzudenken, und nicht das Geschäft derjenigen zu betreiben, die die Glaubwürdigkeit der Politik untergraben und immerzu unterstellen, dass diejenigen, die handeln, eigentlich zu blöd seien und es nicht verstanden hätten. Ich finde, das ist ein bisschen zu einfach.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Das mag Ihnen parteipolitisch kurzfristig helfen, löst jedoch die Probleme nicht und schadet der Glaubwürdigkeit nicht nur dieses Hauses, sondern der Politik allgemein.

Franz Josef Strauß hat einmal gesagt: Ein guter Politiker muss kompliziert denken und einfach sprechen. – Dieses Prinzip funktioniert aber nur in der Verbindung. Man sollte nicht nur einfach reden, sondern sich das komplizierte Denken auch antun.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Ich möchte jetzt aber vor allen Dingen in Richtung unserer Kollegen der LINKEN-Fraktion einige Worte richten. Glaubwürdigkeit speist sich vor allen Dingen daraus, sich selbst an Recht und Gesetz zu halten, die Einhaltung von Recht und Gesetz einzufordern und diesem Grundsatz vor allen Dingen auch in schwierigen Situationen zu folgen. Ich habe den Eindruck, dass wir auch in unserem Parlament unterscheiden zwischen schlechtem Recht, das angeblich gebrochen werden könne, und guten Straftaten, die eigentlich gar nicht so schlimm seien. Auch das untergräbt die Glaubwürdigkeit dieses Hauses. Es gibt keine guten Straftaten und auch kein schlechtes Recht.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das hat niemand behauptet!)

Ich denke, Sie wissen ganz genau, wovon ich spreche, Herr Gebhardt.

(Rico Gebhardt DIE LINKE: Nein!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Kollege Dierks?

Bitte, Herr Urban.

Das Zitat von Johann Strauß ist ja ganz nett.

(Lachen und Zurufe von der CDU: Franz Josef!)

Ich würde aber gern wissen, ob Sie der Meinung sind, dass hinter dem relativ einfachen Spruch „Wir schaffen das!“ wirklich komplizierte Überlegungen stecken.

Sie können mir gerne eine Frage zu meiner Rede stellen. Sie können jetzt natürlich

irgendwelche Floskeln aus der Luft greifen und mir die Frage stellen, ob ich die teile. Das kann ich genauso machen. Aber ich denke, dass die Frage keine Antwort verdient.

(Zuruf des Abg. Jörg Urban: Das ist von Ihrer Chefin, nicht aus der Luft gegriffen! – Dr. Frauke Petry, AfD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Nein, ich danke, es reicht jetzt.

Ich denke, wir tun alle gut daran, wenn wir uns auf die Komplexität der anstehenden Diskussionen und Entscheidungen einlassen, wenn auch Sie Ihren Beitrag zur Glaubwürdigkeit der Politik leisten, wenn wir uns gemeinsam von denen distanzieren, die als Feinde unserer Demokratie auftreten und wir gemeinsam etwas dafür tun, dass die Politik weiter an Glaubwürdigkeit gewinnt.

Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU, Beifall bei der SPD und der Staatsregierung – André Wendt, AfD, steht am Mikrofon.)

Kollege Dierks sprach für CDU-Fraktion. Jetzt erleben wir gleich eine Kurzintervention. Bitte, an Mikrofon 7.

Vielen Dank. Kollege Dierks, so einfach können Sie es sich nicht machen. Mit Verlaub, wir bieten wenigstens effektive und durchsetzbare Lösungen an.

(Lachen und Zurufe bei der CDU und den LINKEN)

Um auf die soeben genannte Problematik einzugehen: Ihre Partei lässt sich von der momentanen Situation überrollen. Dieser Zustand kostet Sie bei den Wählern draußen natürlich auch ein Stück Glaubwürdigkeit. Da sollten Sie sich bitte mal an die eigene Nase fassen und Ihre Hausaufgaben machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Wendt. Reaktion? – Keine. Dann können wir jetzt in der Reihe der Redner fortfahren. Jetzt hat die Fraktion DIE LINKE das Wort. Herr Kollege Neubert ergreift das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen Satz zu Herrn Dierks: Bis zu einem bestimmten Punkt habe ich Ihrer Rede Beifall gezollt, das hat man wahrscheinlich gehört, weil sie mir angenehm sortiert erschien. Wir nehmen aber die Unterstellung bezüglich unserer Fraktion, die dann später kam, nicht für uns in Anspruch, und ich möchte das deutlich zurückweisen.