Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

Klar ist, dass, wenn die Kultusministerin nicht vor Ort ist, letztendlich der Redebeitrag abgegeben werden kann.

(Christian Piwarz, CDU: Sie ist krank, Frau Junge. Nehmen Sie das zur Kenntnis!)

Das ist sicherlich eine Sache, die man so machen kann, aber insgesamt sollten wir den Prozess der Diskussion fortsetzen.

(Steve Ittershagen, CDU: Waren Sie noch nie krank?)

Alle Diskutanten – auch Herr Bienst – haben deutlich gemacht, dass es zumindest Veränderungsbedarf an der Schule gerade zu diesem Thema gibt. Auch wenn Herr Bienst mich am Anfang nicht verstanden oder den Antrag nicht bis zu Ende gelesen hat, so habe ich keineswegs gesagt, dass ich keine demokratischen Verhältnisse in den Schulen vorfinde, im Gegenteil. Ich möchte – und so steht es auch drin – diesen Prozess zu einem demokratisch strukturierten Lern- und Lebensraum weiterentwickeln. Sie müssen den Antrag einfach weiterlesen.

Wir haben fünf Vorschläge gemacht. Es gibt ja immer die Kritik, dass die Opposition keine Vorschläge auf Lager hat. Das heißt, wir haben die Diskussion mit fünf Schwerpunkten untersetzt. Man kann dies sicherlich mit elf oder 15 weiteren Punkten untersetzen. Sie haben ja deutlich gemacht, dass es Handlungsbedarf gibt, und ich denke, in dieser Richtung sollten wir auch weiter diskutieren.

Frau Meier, der Erlass ist ein Punkt, den wir als wesentlich erachten; denn gerade in der Zeit der politischen

Diskussionen, in der Wahlkampfzeit verstehen die Schüler sehr wenig, warum in der Schule die Diskussion mit Kandidaten, mit Abgeordneten nicht möglich ist, und sie können das überhaupt nicht nachvollziehen.

(Unruhe im Saal)

Sie werden vor allem an die Möglichkeit der Wahlbeteiligung strukturiert herangeführt. Es werden ja häufig die verschiedenen Wahlen in den Schulen durchgeführt. Das heißt aber auch, ich muss die Öffnung der Schule zu Wahlkampfzeiten zulassen, und wenn ich erwarte, dass sie zukünftig mündige Wählerinnen und Wähler sind, dann muss ich das in den Prozess der Schule entsprechend integrieren.

In diesem Sinne schlage ich vor: Wir sollten die Diskussion, die wir heute angefangen haben, fortsetzen. Diese fünf Maßnahmen sind meiner Meinung nach relativ gut strukturell umsetzbar. Gelebte Demokratie ist eben nicht das, was ich von oben her beschließen kann. Wir haben es deutlich formuliert, und deshalb möchte ich noch einmal zum Schluss betonen: Demokratie als Strukturprinzip des Unterrichts kann ich nur mit den Schulen, mit den Schülern, mit den Eltern, mit den Lehrern als Prozess gestalten.

Bitte zum Ende kommen!

Es ist unser Anliegen, genau diesen Prozess aktiv zu betreiben und nicht vorzugeben, –

Bitte zum Ende kommen!

(Christian Piwarz, CDU: Schluss jetzt!)

– was an politischer Bildung hier zu machen ist. In diesem Sinne bitte ich um Unterstützung.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 6/889 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Mit Stimmenthaltungen und einer Anzahl von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Erklärung zu Protokoll

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Frau Staatsministerin Kurth hat mich gebeten, sie heute hier zu vertreten und Ihnen die Stellungnahme des Kultusministeriums vorzutragen. Dieser Bitte komme ich gern nach.

Meine Damen und Herren, Schulen sind immer auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Ihre Stärken, aber auch ihre Probleme bilden sich in den sächsischen Schulen ab.

Wenn undemokratisches, fremdenfeindliches und rassistisches Gedankengut in Gesellschaft, Elternhaus oder Freundeskreis präsent ist, kann es sein, dass Schülerinnen und Schüler dieses in die Schule mitbringen. Aber genau

so bringen sie Verantwortungsbewusstsein, Engagement und Verständnis mit, sie debattieren und stehen für sich und andere ein.

Demokratie in der Schule erlebbar zu machen und Schülerinnen und Schülern unterschiedliche Formen der Teilhabe zu ermöglichen sind wichtige Beiträge der Prävention gegen Politikverdrossenheit und Intoleranz.

Deshalb ist es Ziel des Kultusministeriums, dass Demokratieerziehung an Schulen einen hohen Stellenwert genießt, dass sich demokratische Bildung nicht auf ein Unterrichtsfach beschränkt, sondern auch in anderen Fächern eine Rolle spielt, und dass eine demokratische Kultur an unseren Schulen gepflegt und gelebt wird.

Vor diesem Hintergrund sind der Einsatz verschiedener Methoden im Unterricht, die Kooperation mit außerschulischen Partnern und das Einbeziehen alternativer Lernorte von großer Bedeutung. Demokratische Werte werden in der sachlichen Auseinandersetzung, durch problemorientierte, lebensnahe Aufgabenstellungen und einen offenen Diskurs erfahrbar.

Schule muss ein neutraler, darf aber kein unpolitischer Raum sein. Viele Lehrerinnen und Lehrer lassen aktuelle politische Diskussionen in das Unterrichtsgeschehen einfließen und initiieren verschiedenste Projekte. Nichts macht Unterricht anschaulicher, als Lerninhalte mit dem Leben außerhalb der Schule zu verknüpfen und damit greifbar zu machen. Dass Schüler und Eltern an der Gestaltung des schulischen Lebens von der einzelnen Schule bis zur Landesebene mitwirken, ist deshalb besonders wichtig.

Die Zusammenarbeit aller Beteiligten wird durch das Schulgesetz unterstützt, zum Beispiel bei der Ausbildung und dem Einsatz von Eltern- und Schülermitwirkungsmoderatoren. Zudem nehmen Schülerinnen und Schüler an einem der zahlreichen Wettbewerbe zur demokratischen Bildung teil.

Viele Schulen veranstalten Projektwochen zum Thema Demokratie, die sie mit externen Partnern gestalten, zum Beispiel die Aktion Zivilcourage e. V., die mit ihrem Workshop „Zivilcourage... nicht nur für Helden!“ seit vielen Jahren in den Schulen unterwegs ist, das Kulturhaus Arthur in Chemnitz, das Netzwerk für Demokratie und Courage und das Projekt „Grenzen überwinden“ des Ausländerrats Dresden e. V.

Außerdem stehen den Schulen „Berater für Demokratiepädagogik“ zur Verfügung. Sie sind schulintern, regio

nal und überregional in der Fortbildung tätig. Sie sollen Schüler bei der Herausbildung demokratischer Kompetenzen und die Schulen bei der Weiterentwicklung einer demokratischen Schulkultur unterstützen.

Meine Damen und Herren, schließlich sollen Schülerinnen und Schüler auch in sogenannten heißen Wahlkampfzeiten in unseren Schulen den neutralen Raum für Diskussionen erhalten, den sie für eine ausgewogene Entscheidung benötigen. Dies betrifft in nächster Zeit die Bundestagswahl in 2017.

Meine Kollegin Frau Staatsministerin Kurth wird in Kürze die Voraussetzungen hierfür schaffen und den „Erlass zur politischen Werbung an Schulen“ aus dem Jahre 1999, offener gestaltet, veröffentlichen, sodass die Schulen dies bei ihren Planungen für das Schuljahr 2016/2017 gut berücksichtigen können.

Meine Damen und Herren, ich weiß, dass es außerordentlich schwer ist, sich politisch heiklen, emotional aufgeladenen und komplexen Themen wie Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus zu stellen. Solche Themen aufzugreifen und im Unterricht offensiv anzugehen gleicht einem Drahtseilakt. Wer vor einer Klasse steht, muss gut vorbereitet argumentieren können und über pädagogische Handlungsstrategien verfügen, um mit rechtsextrem beeinflussten Schülern umgehen zu können.

An diesem Punkt setzt das Pilotprojekt mit dem Namen „Starke Lehrer – starke Schüler“ an, das das SMK gemeinsam mit der Robert-Bosch-Stiftung und der TU Dresden vor einigen Wochen gestartet hat. Bei dem Projekt stehen die Lehrerinnen und Lehrer an berufsbildenden Schulen im Mittelpunkt. Vor allem in diesen Schulen zeigen Schüler häufiger Affinitäten zu rechtsextremistischen Positionen.

Ziel ist es, Lehrerinnen und Lehrer zu qualifizieren und im Umgang mit fremdenfeindlichen und antidemokratischen Einstellungen bei Schülern zu begleiten. Wir wollen unsere Lehrer stärken. Sie sind entscheidende Akteure für eine demokratische Schul- und Unterrichtskultur. Qualifizierte und geschulte Lehrerinnen und Lehrer sind besser in der Lage, extremistischem Gedankengut entschieden entgegenzutreten und Schüler gegen fremdenfeindliche Ansichten zu wappnen. Dann wird Courage vermittelbar und erlernbar.

Vielen Dank.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 11

Verurteilung jeglicher politisch motivierter Gewalt

Drucksache 6/3458, Antrag der Fraktion AfD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende AfD-Fraktion; Herr Abg. Wurlitzer. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und die Staatsregierung. Herr Wurlitzer, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Das Thema unseres Antrages lautet „Verurteilung jeglicher politisch motivierter Gewalt“. Ich bitte Sie, uns heute mit Aussagen zur Länge der Überschrift, des Antragstextes oder zur Seitenanzahl der Begründung zu verschonen. Es kommt nicht auf die Länge und den Umfang eines Antrages an, sondern auf den Inhalt und darauf, dass mögliche Handlungsaufträge klar und verständlich für jedermann formuliert sind.

Was passiert in Sachsen? Bevor ich im Anschluss wieder erklärt bekomme, dass es völlig normal sei, dass der Wind in der Politik etwas rauer wird, sei angemerkt: Sehr geehrte Frau Kliese, ich schätze Sie sehr, aber als Sie das gesagt haben, haben Sie danebengelegen. Es ist richtig, dass der Wind rau wird und zuweilen, bei bestimmten Themen, auch zu einem Sturm werden kann. Aber es darf keine Wetterlage geben, bei der Steine fliegen, Autos angebrannt oder gesprengt und Scheiben mit Bohrmaschinen bearbeitet werden. Es sollten keine selbst gebauten Feuerwerkskörper, die in ihrer Wirkung eher Sprengladungen entsprechen, gegen voll besetzte Büros zum Einsatz gebracht werden. Es sollten auch keine Privatwohnungen und Häuser angegriffen werden. Wenn in diesen Privathäusern und -wohnungen Familien mit Frau und Kindern anwesend sind, dann ist es feige und unmöglich und gehört verurteilt.

Noch einmal: Was passiert in Sachsen gerade? Ich glaube, wir befinden uns in einer gefährlichen Situation, und wir merken es selbst nicht wirklich. Ich habe einige Beispiele.

CDU: Im Büro in Leipzig-Grünau von MdL Nowak und MdB Feist wurden die Scheiben eingeschlagen. Das ist keine acht Wochen her. Die Privatwohnung von Herrn Minister Gemkow wurde angegriffen. Es wurden die Scheiben eingeworfen und die Wohnung mit Buttersäure kontaminiert.

SPD: Das Bürgerbüro in Meißen von Herrn Minister Dulig wurde angegriffen und beschädigt.

DIE LINKE: Das Auto von Stadtrat Richter aus Freital wurde zerstört. Das Büro von Kollegen Scheel wurde beschädigt. Das Büro von Kollegen Böhme in Leipzig wurde letztes Wochenende beschädigt. Die Stadthalle in Neukieritzsch wurde während eines Parteitages beschädigt und die Scheiben wurden eingeschlagen.

GRÜNE: Herr Lippmann hat auf der letzten PGF-Sitzung angedeutet, dass es auch Angriffe auf Mitglieder seiner Partei gegeben hat.

AfD: Innerhalb der letzten zwölf Monate hatten wir 36 Angriffe auf unsere Büros mit erheblichen Sachschäden. Bis heute hatten wir Gott sei Dank keine Personenschäden. Auch auf meine Wohnung im Plattenbau in LeipzigGrünau gab es einen Anschlag. Man hat das Haus mit einem Schriftzug „Uwe, wir kriegen dich! Antifa“ versehen. Ich habe hierbei weniger Angst um mich selbst als vielmehr um meine Frau, die im neunten Monat schwanger ist, und meinen kleinen Sohn von zweieinhalb Jahren.

Es gibt jede Menge Angriffe auf alle möglichen Büros, und – –