Ihr Antrag spricht eine andere Sprache. Er grenzt Menschen aus und schlägt eine Kerbe in die Gesellschaft.
Sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte noch auf einen Fakt hinweisen: Im Antrag der Fraktion DIE LINKE steht, dass die Kosten übernommen werden sollen, damit
die Verhinderung ungewollter Schwangerschaften nicht länger an der finanziellen Not der Betroffenen scheitert. Mit Verlaub, soweit ich informiert bin, gibt es Verhütungsmittel in vielen verschiedenen Ausführungen käuflich zu erwerben. Ich verzichte an dieser Stelle ausdrücklich auf Details oder Geschmacksfragen.
Die Verwendung bei einem durchschnittlichen Sexleben dürfte den Geldbeutel der Agierenden sicherlich nicht sprengen. Wenn in der Kieler Erklärung steht, dass Frauen und Männer in finanziell prekären Situationen zunehmend auf billigere und unsichere Verhütungsmethoden zurückgreifen müssten, lässt mich das ratlos zurück. Jetzt wird es doch noch speziell. Die Verwendung eines Kondoms ist weder teuer noch unsicher, wenn man ein Mindestmaß an Alltagsintelligenz beim Vollzug der Sache an den Tag legt.
Unstrittig ist, dass die Kosten für die Mittel der Empfängnisverhütung übernommen werden müssen, wenn sie von einem Arzt verordnet werden. Daran sollte es keinen Zweifel geben. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn massive medizinische Bedenken im Falle einer Schwangerschaft vorliegen oder eine schwerwiegende gesundheitliche Schädigung der Frau zu befürchten wäre.
Am Ende geht es noch einmal um den Punkt der Gleichheit, Föderalismus hin oder her. Wenn es um die Regelung zur Übernahme der Kosten von ärztlich verordneten Mitteln zur Empfängnisverhütung geht, sollte es in Deutschland einheitlich zugehen. Die Fraktion der Alternative für Deutschland im Sächsischen Landtag stimmt Ihrem Antrag daher nicht zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Linksfraktion greift ein sehr ernstes Thema auf. Im Kern geht es darum, dass alle Menschen ihr Recht auf eine selbstbestimmte Lebens- und Familienplanung wahrnehmen können.
Ich habe vor einem Jahr mit einer Kleinen Anfrage versucht herauszubekommen, wie und wo in Sachsen die Kosten für Verhütungsmittel für Menschen mit geringem Einkommen übernommen werden. Dazu habe ich nicht viel von der Staatsregierung erfahren. Dafür war mir der Spott einzelner Pressevertreter sicher, womit sich die GRÜNEN denn hier so beschäftigen. Mich hat das irritiert, das muss ich ganz ehrlich sagen. Das Problem ist seit Jahrzehnten virulent.
Es gibt bis heute keine bundeseinheitliche Regelung zur Kostenerstattung. Das liegt im Ermessen der Kommunen. Die Kostenübernahme ist eine freiwillige Aufgabe. Das tun beispielsweise Städte wie Karlsruhe, Mannheim oder Heidelberg. Sie übernehmen die Kosten für Verhütungsmittel bereits jetzt auf Antrag. Die kurze Antwort auf meine Kleine Anfrage hat mir verdeutlicht, dass das Ministerium keine Kenntnis davon hat, ob in Sachsen irgendjemand darüber diskutiert hat, eine solche Unterstützung zu leisten.
Dieses Thema wird von der Öffentlichkeit leider viel zu oft verharmlost, belächelt oder der Lächerlichkeit preisgegeben, wie wir es auch heute hier erleben können. Das ist fatal, weil es eine große Gruppe von Menschen betrifft. Frau Schaper hatte bereits aufgezählt, wer zu dieser Gruppe gehört. Diese Menschen können Verhütungsmittel eben oft nicht bezahlen.
Seit dem Jahr 2004 gibt es einen Regelsatz. Über den Posten der Gesundheitspflege werden pauschal 17 Euro, Herr Krauß, für alle nicht verschreibungspflichten Medikamente angerechnet. Allein die monatlichen Kosten für die Verhütung gehen schnell darüber hinaus. Berechnungen mit Kosten in Höhe von 3 Euro sind nicht zielführend. Die einmaligen Kosten, zum Beispiel für Implantate, die zwischen 300 und 400 Euro liegen können, können Frauen mit geringem Einkommen aus dem Regelsatz erst recht nicht bestreiten.
Die Pille ist nicht unumstritten. An dieser Stelle möchte ich noch einmal Folgendes deutlich machen: Es kann auch aus Gründen der Verträglichkeit die Situation entstehen, dass nicht immer die preiswerteste Variante gewählt werden kann. Herr Krauß, stellen Sie sich einmal eine Frau vor, die irgendwann im Monat vor der Entscheidung steht, ein etwas hochwertigeres Verhütungsmittel zu kaufen oder die Klassenfahrt für das Kind zu bezahlen. Die Verhütung steht dann eben hintenan. Es ist doch unwürdig, dass Menschen, die jeden Tag mit jedem Cent kalkulieren müssen, weil sie auf Transferleistungen angewiesen sind, Risiken bei der Verhütung in Kauf nehmen müssen. Selbst die CSU hat im Frühjahr auf ihrem Parteitag einen Antrag der Frauenunion mit großer Mehrheit beschlossen. Das war bereits gesagt worden. Die Partei möchte den Grundsicherungsempfängern bis zum 27. Lebensjahr die Verhütungsmittel erstatten.
Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: Wenn das Einkommen so gering ist, dass kein Geld für Verhütungsmittel – auch für höherwertige – übrig bleibt, wird bestimmten Personengruppen das Recht auf eine selbstbestimmte Familienplanung beschränkt. Das trifft vor allem die Frauen. Es ist eine familien- und frauenpolitische Aufgabe, Verhütung, wenn gewünscht, auch zu ermöglichen. In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag.
der Fraktionen weiteren Redebedarf? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Klepsch, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Frau Schaper, Sie werden sich sicherlich nicht wundern, dass meine jetzige Rede sehr kurz ausfallen wird und keine grundlegend anderen Aspekte als die, die meine Vorgängerin im Jahre 2010 aufgezeigt hat, enthält. Ich werden Ihnen auch nichts Anderes als das, was in Form meiner schriftlichen Ausführungen bereits vorliegt, darbieten.
Wie Sie in der Stellungnahme lesen konnten, bestehen bereits umfangreiche Regelungen für die Kostenübernahme. Das wurde mehrfach von den Vorrednern aus den unterschiedlichen Fraktionen beleuchtet. Noch einmal auf den Punkt gebracht bedeutet das: Erstens sind die Kosten für die Empfängnisverhütung für alle bis zum vollendeten 20. Lebensjahr eine Regelleistung der Krankenkasse.
Zweitens sind für alle, die älter als 21 Jahre sind und Bezüge nach dem SGB II oder SGB XII erhalten, diese Kosten im Regelsatz enthalten. Die Ausgaben für die Gesundheitspflege werden bei der Ermittlung des Regelbedarfs berücksichtigt. Wir haben heute mehrfach gehört, wie hoch der Betrag ist, der im Regelsatz dafür enthalten ist.
Ich möchte noch einmal Folgendes betonen: Der Leistungsberechtigte ist nach dem SGB II und SGB XII in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen und erhält die gleichen Regelleistungen wie alle anderen Versicherten auch. Zusatzkosten, wie zum Beispiel für Verhütungsmittel, sind in dem Regelsatz mit eingepreist. Die Übernahme dieser Kosten würde, das möchte ich an dieser Stelle noch einmal unterstreichen, eine doppelte Unterstützung bedeuten. Diese doppelte Unterstützung kann aus meiner Sicht nicht als sozial gerecht oder solidarisch bezeichnet werden.
Deswegen möchte ich unterm Strich noch einmal Folgendes konstatieren: Der Antrag kann aus der Sicht des Sozialministeriums nicht unterstützt werden.
Meine Damen und Herren! Das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE. Frau Abg. Schaper, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens danke ich den Fraktionen – den Sozialdemokraten und den GRÜNEN –, die das Thema ernst nehmen.
Rede kam überhaupt nicht zum Ausdruck, warum das ab dem 21. Lebensjahr anders als vor dem 20. Lebensjahr sein soll.
Drittens geht es nicht darum, dass ungewollte Schwangerschaften verhindert werden. Vielmehr geht es um eine selbstbestimmte Familienplanung. Ich weiß nicht, warum das nicht in Ihren Kopf hineingeht.
Viertens möchte ich Folgendes klarstellen: 17 Euro Zuschuss im Regelsatz bedeuten einen Zuschuss für alle pharmazeutischen Medikamente. Was passiert mit Menschen, die eine Multimorbidität haben?
(Alexander Krauß, CDU: Es gibt Leute, die brauchen gar keine Kondome. Die gehen in die Rechnung auch mit ein!)
Fünftens sind Kondome nicht ärztlich verordnet. Das können Sie vielleicht nicht wissen. Vielleicht sind Sie Katholik, das weiß ich nicht.
Sechstens: Wenn mehr Frauen im Parlament sitzen würden, würde man dieses Thema vielleicht nicht in so einer unrühmlichen Art und Weise ins Lächerliche ziehen. Nicht über unser Menschenbild sagen ihre Reden, Herr Krauß und Herr Hütter, etwas aus, sondern über Ihr Menschenbild.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/3298 zur Abstimmung. Wer zustimmen möchte, hebt jetzt bitte die Hand. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür ist die Drucksache dennoch nicht beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Wie Sie bereits sehen können, wird dieser Tagesordnungspunkt wieder durch Gebärdensprachdolmetscher unterstützt, die ich hiermit herzlich begrüße. Ich wünsche ein gutes Gelingen.
Meine Damen und Herren! Für die Aussprache ist folgende Reihenfolge vorgesehen: CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Krasselt. Herr Krasselt, Sie haben das Wort.