Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Zu den einzelnen Punkten des vorliegenden Antrages. Punkt 1: „Der Landtag stellt fest, dass der ökologische Landbau durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und mineralischen Stickstoffdünger eine große Leistung für den Erhalt der Arten, für den Naturschutz, für den Schutz des Bodens, des Wassers und einen Beitrag für den Klimaschutz erbringt.“

Ja, das ist eine durchaus auch richtige Feststellung. Ich betone: auch. Dass die Leistungsfähigkeit der modernen konventionellen Landwirtschaft, die uns seit Jahrzehnten erfolgreich vor Nahrungsknappheit und Hungerkrisen bewahrt hat, ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und ohne mineralische Stickstoffdünger kaum möglich gewesen wäre, dürfte niemand, der bei klarem Verstand ist, bezweifeln. Gleichzeitig hat diese Form der Landwirtschaft vor allem, wenn ihre Mittel übermäßig angewandt wurden, erheblichen Schaden an Tieren und Mikroorganismen angerichtet.

Die Böden und Arten, die die GRÜNEN jetzt schützen wollen, sind daher kaum bis gar nicht mehr in ihrer natürlichen Ausprägung anzutreffen. Heißt es in der Konsequenz, es ist zu spät? Nein, aber eine vollständige Renaturierung der Äcker wäre mit enormen Problemen verbunden. Wasser- und Klimaschutz können hingegen auch in einer verantwortungsbewussten konventionellen Landwirtschaft umgesetzt werden. Das bedeutet, dass gerade der große Einfluss von Fruchtfolgen wieder mehr beachtet werden muss.

Sie hingegen, liebe Kollegen von den GRÜNEN, stehen ein für den Anbau von Energiepflanzen zur Klimarettung und haben deshalb die großflächigen Monokulturen auf den sächsischen Äckern samt deren schädlichen Folgen maßgeblich mit zu verantworten.

(Staatsminister Thomas Schmidt: Wo denn?)

Punkt 2: „Der Landtag stellt fest, dass in Sachsen die Nachfrage nach Bioprodukten nicht annähernd aus eigener Produktion gedeckt werden kann und dadurch der sächsische Biomarkt zu einem großen Teil aus benachbarten Bundesländern oder aus dem Ausland bedient wird.

Sachsen vergibt sich dadurch sowohl positive Effekte regionaler Wertschöpfung als auch der Umweltleistungen der ökologischen Landwirtschaft.“

Ja, der Landtag kann das feststellen. Inwieweit Bioprodukte wirklich gesünder und besser für Mensch und Umwelt sind, will ich an dieser Stelle gar nicht diskutieren. Aber es wird im Antrag vom Biomarkt gesprochen. Die sächsischen Verbraucher fragen tatsächlich mehr regionale Bioprodukte nach, als Sachsens Landwirte liefern können. Der Import von Erzeugnissen aus ökologischer Landwirtschaft aus anderen, teilweise weit entfernten Ländern ist weder aus ökologischer noch aus finanzieller Hinsicht sinnvoll. Ob Bioerzeugnisse aus dem Ausland nach unseren Vorstellungen und nach deutschen Kontrollmaßstäben wirklich Bio wären, mag auch bezweifelt werden. Ökologisch im Sinne des Ressourcenschutzes sind sie aber auf keinen Fall.

Eine Förderung regionaler ökologischer bzw. biologischer Anbau- und Viehzuchtmethoden würden dem Wunsch vieler sächsischer Konsumenten entsprechen, sich nach ihrer Sicht gesund und umweltbewusst zu ernähren. Der Freistaat ist deshalb nach Ansicht meiner Fraktion in der Pflicht, seine Landwirtschaftsförderung umzustrukturieren. Die Förderung muss aber konventionelle und ökologische Agrarwirtschaft gleichberechtigt nebeneinander existieren lassen. Der Freistaat darf keine dieser Formen bevorzugen.

Insoweit fehlt tatsächlich eine – ich zitiere – „konkrete Umsetzungsstrategie zur Entwicklung des ökologischen Landbaus im Freistaat Sachsen“, wie Sie, liebe Kollegen, in Ihrem Antrag schreiben. Aber die Förderung der Entwicklung dieser Landwirtschaft soll frei von Weltbeglückung, von Bevormundung und von grüner Ideologie sein.

Unter Punkt II Ihres Antrages finden sich mehrere Aussagen, die grünes Umerziehungsdenken sichtbar werden lassen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ein Käse!)

Sie fordern für das Strategiekonzept die Berücksichtigung von Produkten aus ökologischem Landbau in öffentlichen Kantinen und diesbezüglich vorbildliches Vorangehen landeseigener Einrichtungen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Und was ist daran falsch?)

Lassen Sie das doch bitte die Konsumenten dieser öffentlichen Einrichtungen entscheiden.

Sie wollen, dass ökologische Landwirtschaft in der Forschung und Ausbildung schwerpunktmäßig gefördert werden. Sicherlich sollte der ökologisch arbeitende Landwirt etwas von den Grundlagen seiner Tätigkeit verstehen. Hier habe ich auch heute schon großes Vertrauen in das Fachwissen unserer sächsischen Bauern. Doch die Wissenschaft und Forschung müssen frei sein und frei bleiben. Das garantiert schon unser Grundgesetz.

Das Strategiekonzept muss daher zwingend neutrale und ergebnisoffene Forschung und auch Ausbildung aller landwirtschaftlichen Produktionsweisen zum Ziel haben. Das bedeutet auch, dass es keine Prozentfestsetzungen geben darf, wie viel landwirtschaftliche Fläche in Sachsen ökologisch bzw. biologisch bewirtschaftet werden soll. Die Politik hat vor allem günstige Rahmenbedingungen zu schaffen und bei der Umsetzung Unterstützung zu leisten. Wirklich nachhaltige Strukturen werden allerdings nur durch den Markt selbst geschaffen. Starre Ziele unterstützen dies nicht.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Marktliberal …!)

Was soll denn passieren, wenn die Ziele nicht eingehalten werden – Strafzahlungen, Zwangsmaßnahmen?

Sie fordern die Wiedereinführung der Umstellungsförderung. Nach für uns öffentlich einsehbaren Angaben existiert diese bereits im Rahmen der GAK-Förderung, differenziert nach angebauter Kulturart für Einführung und Beibehaltung zwischen 230 und 890 Euro pro Hektar. Sie fordern die Abschaffung der Basisförderung für Investitionen in Stallanlagen bei gleichzeitiger Erhöhung der Premiumförderung. Die Basisförderung wurde zum Beispiel im Bundesland Hessen im vergangenen Jahr im Rahmen des Ökoaktionsplanes von bisher 15 auf 20 % der förderfähigen Kosten angehoben. Schon für den Erhalt dieser Basisförderung müssen Auflagen erfüllt werden, die beispielsweise eine tiergerechte Unterbringung sicherstellen.

Um sich in Hessen wiederum für die Premiumförderung von 40 % der Investitionen zu qualifizieren, muss ein Betrieb sehr strikte Auflagen für artgerechte Tierhaltung erfüllen. Trotz des Schwerpunktes auf ökologischen Landbau in Hessen wird auch die konventionelle Landwirtschaft in Zukunft nicht weniger Förderung erhalten. Das muss auch in Sachsen sichergestellt werden.

Sie fordern mehr Planungssicherheit durch Bekenntnis zu einem gentechnikfreien Sachsen. Hier bin ich im Grundsatz bei Ihnen, da auch ich die Gefahren einer Verbreitung genetisch veränderter Pflanzen sehe. Der Schutz von Flächen vor ungewollter Einkreuzung genetisch veränderter dominanter Sorten muss mit größter Sorgfalt geregelt werden. Problematisch ist nämlich die Gentechnik nicht nur für den ökologischen, sondern auch für den konventionellen Anbau.

Deshalb liegen die wahren Gefahren der Gentechnik weniger in der Existenz dieser Sorten; sie sind vor allem dann bedenklich, wenn wenige weltweit agierende Konzerne mit ihren Produkten die konventionellen Arten verdrängen und Landwirte in die Abhängigkeit treiben, sodass sie nur noch lizenzierte Sorten anbauen können samt den dazugehörigen Herbiziden und Insektiziden. Hier würde vor allem eine Regelung helfen, die Patente auf Lebewesen ausschließt. Eine solche Regelung ist allerdings von der undemokratischen EU nicht zu erwarten.

Ich fasse zusammen. Ein Aktionsplan ökologischer Landbau sollte geprüft und idealerweise auch erarbeitet werden, allerdings unter dem koordinierten Einsatz unterschiedlicher Instrumente und unter der Mitwirkung unterschiedlicher Akteure. Alles in allem ist Ihr Antrag wichtig, da er ein reales Steuerungsdefizit in der sächsischen Landwirtschaftspolitik aufzeigt; aber er ist aus Sicht meiner Fraktion in dieser vorliegenden Form nicht beschlussfähig.

Die AfD-Fraktion wird sich deshalb der Stimme enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Wir gehen in die zweite Runde. Wird von der Fraktion GRÜNE noch das Wort gewünscht?

(Wolfram Günther, GRÜNE: Nein, Frau Präsidentin!)

Das ist nicht der Fall. Von der CDU-Fraktion? – Herr Abg. Heinz, bitte.

Frau Präsidentin! Lassen Sie mich kurz auf einige Punkte eingehen, die schon genannt worden sind:

„Landwirtschaft ist Wirtschaftsbremse“ – kann ich so nicht feststellen. Das Potenzial für die Produkte, die eine konstante sächsische Bevölkerung verzehren kann, ist natürlich begrenzt; insofern ist es auch wichtig, sich mit manchen Produkten am Weltmarkt zu orientieren – was in diesem Hause auch immer von einigen Fraktionen kritisiert wird. Man muss also schon wissen, was man möchte: Wollen wir Wachstum in der Landwirtschaft, dann würde es nur über Export von Nahrungsmitteln gehen.

„Einkommen eingebrochen“ – hat natürlich etwas mit internationalen Entwicklungen und auch mit Auflagen zu tun, mit denen die Bauern ständig gezwungen werden, Anforderungen zu erfüllen, deren praktischer Mehrwert hinterfragt werden kann. 60 % der Gewinne vom Staat sind natürlich als Zahl so nicht zu bestreiten, bedeuten aber 60 % Subventionierung der Nahrungsmittelpreise. Das Geld bleibt insofern nicht beim Landwirt hängen.

„Fehlanreize“ – das ist ein gutes Stichwort. Man kann natürlich die Prämien so hoch festlegen, dass man das ganze Feld gar nicht mehr zu bewirtschaften braucht und allein über die Prämie und ohne Markterlös davon leben kann. Dies ist übrigens ein Teil der Erklärung dafür, warum Brandenburg höhere Zahlen an bewirtschafteter Fläche im Ökolandbau hat. Es gibt dort halt naturbedingt Flächen, auf denen nichts wächst – aber die Ökoprämie bekommt man trotzdem. So führt dies zu Statistiken, die gelegentlich fehlinterpretiert werden.

„Grüne Gentechnik“ – ist in der Tat ein Reizwort. So, wie es derzeit praktiziert wird, möchte ich sie auch nicht und würde es auch niemandem empfehlen, dies zu tun. Warum ist ein hundertprozentiges Verbot trotzdem nicht

sinnvoll? Ich hatte vorhin schon diesen ganzen Einsatz von Kupfer usw. bei Kraut- und Knollenfäulebekämpfung angesprochen. Zum Beispiel wurde jetzt in den Anden eine alte Kartoffelsorte mit einer natürlichen Phytophthora-Resistenz gefunden. Leider sind die alten Sorten züchterisch mittlerweile so weit auseinander, dass es über Zucht nicht einzukreuzen ist. Mit Gentechnik könnte man diese Resistenz einkreuzen. Das ist aber derzeit politisch nicht mehrheitsfähig, also nehmen wir halt weiter Chemie. Deswegen muss ein hundertprozentiges Verbot nicht sein.

Ansonsten wünsche ich mir, dass wir in diesem Hause weniger über Fördermittel für Landwirte diskutieren müssen, sondern dass sie ihr Einkommen mit ordentlichen Preisen am Markt erzielen, wo die entsprechende Leistung auch honoriert wird.

Ich möchte mit einem Gedicht enden, das nicht von mir stammt, aber eine Sorge beschreibt, die mich ein wenig umtreibt. „Das eigene Brot“:

„Es stehen Scheunen, Ställe leer und keine Kuh, kein Schweinchen mehr. Was in Jahrzehnten schafften Hände, verfällt und bitter ist das Ende. Der alte Bauer begreift es nicht, ihm stehen Tränen im Gesicht. Bei Mehrarbeit und wenig Lohn verlässt den Hof so mancher Sohn. Jahrhundertelang in unserem Land war Rückgrat stets der Bauernstand. Und mancher denkt bei vollem Tisch: ‚Den Bauern, den brauchen wir doch nicht.‘ Die Menschen planen, doch es lenkt ein anderer anders; als man denkt. Ein Blick weit in die Welt uns lehrt: Das eigene Brot ist Goldes wert.“

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der von den GRÜNEN eingebrachte Antrag gibt mir die Gelegenheit, wieder einmal über den Ökolandbau zu sprechen, die Bemühungen und die Initiativen der Staatsregierung zu beleuchten und damit letztendlich auch die Überflüssigkeit des Antrags zu begründen.

Natürlich – Sie haben es auch schon gesagt, Herr Günther – habe ich ein sehr positives Bild vom ökologischen Landbau. Ich empfinde, dass es eine moderne Art ist, Landwirtschaft zu betreiben. Das, was manchmal so gezeichnet wird, was ökologischer Landbau angeblich sei – da sind wir uns sicherlich einig –, ist längst Vergangenheit. Ökologischer Landbau ist eine moderne Form der Landwirtschaft. Er leistet seinen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz.

Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch klarstellen: Die Ausgleichsleistungen, die man dem ökologischen Landbau gibt, beziehen sich auf den Mehraufwand für die Natur- und Bodenschutzleistung, nicht so sehr auf das Produkt. Es gibt nämlich keinerlei höhere Anforderungen an das Produkt selbst. Die Produktkontrollen in der konventionellen Landwirtschaft sind die gleichen wie die im Ökolandbau. Das wollen auch die Ökoverbände nicht anders haben. Das hat auch die jüngste Initiative der EUKommission für eine neue Öko-Verordnung gezeigt. Ich denke, das ist Ihnen bewusst.

Ich will damit nicht sagen, dass die Ökoprodukte schlecht seien. Ich finde aber, dass auch die konventionell hergestellten Lebensmittel hervorragend sind. Das sollte man immer wieder herausstellen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Volkmar Winkler, SPD)

Wir haben bereits seit 1999 und damit seit 16 Jahren ein Konzept zum ökologischen Landbau im Freistaat Sachsen. Es enthält, auch wenn einige das vielleicht anders sehen, Handlungsfelder und Maßnahmen zur Unterstützung des Ökolandbaus. Das Konzept wird immer wieder mit neuen Ansätzen untersetzt, zuletzt mit dem Koalitionsvertrag. Darin haben sich CDU und SPD klar zum Wachstum des Ökolandbaus in Sachsen bekannt.

Die für die Förderung des Ökolandbaus notwendigen Rahmenbedingungen sind in unserem Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum im Freistaat Sachsen 2014 bis 2020 und in unserem Ökolandbaukonzept verankert. Wir stellen uns den Herausforderungen, sowohl im Koalitionsvertrag als auch darüber hinaus.

Doch wir können niemanden zum Jagen tragen; auch das ist schon angesprochen worden. Die Entscheidung für den Ökolandbau ist letztlich eine unternehmerische Entscheidung. Es darf allerdings keine Überförderung geben; das haben Sie, Frau Kagelmann, schon gesagt. Dies wäre dann der Fall, wenn jemand sagen würde: Im konventionellen Landbau habe ich es nicht hinbekommen, dann nehme ich die Förderung mit und werde Ökolandwirt. – Damit würde sowohl dem Ökolandbau als auch dem Image der Landwirtschaft insgesamt geschadet. Anders formuliert: Auch wenn man Ökolandwirt sein will, muss man die Landwirtschaft wirklich beherrschen.

Es ist durchaus scheinheilig, einerseits von den Unternehmen marktwirtschaftliches Denken zu fordern, sie aber auf der anderen Seite in eine staatlich vorgegebene Produktionsrichtung zu drängen. Das war in der zentralen Planwirtschaft so; aber die haben wir seit 25 Jahren überwunden.