Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

(Schallendes Gelächter bei der CDU)

würde ich jetzt gern über den Antrag abstimmen lassen. Mal sehen, ob da auch so viel Euphorie auftritt.

Ich lasse jetzt abstimmen über die Drucksache 6/3477. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

(Unruhe im Saal)

Wir kommen jetzt zu den 1. Lesungen. Es ist aufgerufen

Tagesordnungspunkt 4

1. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Stärkung der Mitwirkung, Mitbestimmung und

Interessenvertretung von Seniorinnen und Senioren im Freistaat Sachsen

(Sächsisches Senior(inn) enmitbestimmungsgesetz – SächsSenMitbestG)

Drucksache 6/3471, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

Schaffen wir es, den Lärm etwas zurückzunehmen?

Es spricht nur die einreichende Fraktion. Herr Abg. Wehner, Sie haben jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir die Interessenvertretung der sächsischen Seniorinnen und Senioren stärken. Die Behörden, öffentlichen Stellen und Einrichtungen des Freistaates Sachsen, die Gemeinden, Städte und Landkreise sowie die sonstigen der Aufsicht des Freistaates unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Zusammenschlüsse wollen wir in die Pflicht nehmen. Sie sollen künftig bei ihren Entscheidungen und Maßnahmen die besonderen Interessen der Seniorinnen und Senioren rechtzeitig berücksichtigen und die Umsetzung der Zielstellung des Gesetzes fördern und unterstützen. Wir wollen, dass Teilhabe, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten entsprechende Pflichten gegenüberstehen.

Meine Damen und Herren! Die Bevölkerung Sachsens ist im Durchschnitt älter als die deutsche Bevölkerung. Im Jahr 2012 waren über eine Million Einwohner Sachsens 65 Jahre oder älter. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 24,6 %, der Bundesdurchschnitt liegt bei 21 %. Aufgrund der demografischen Entwicklung steigt dieser Anteil bis zum Jahr 2030 in Sachsen auf immerhin 34 %, in Deutschland lediglich auf 29 %. Dann werden 1,2 Millionen Einwohner dieser Altersgruppe angehören. Der Anteil der Hochaltrigen ab 80 Jahren wird dann mit 10,2 % der Bevölkerung doppelt so hoch sein wie im Jahr 2005. Dies sind Ermittlungen der Staatsregierung selbst.

Nach dem sächsischen Statistischen Landesamt lebten am 31. Dezember 2014 im Freistaat Sachsen 4 055 274 Einwohner. Das sind 15 % weniger als Ende 1990. Legt man den regionalisierten Bevölkerungsbericht für den Freistaat Sachsen zugrunde, so wird eine weitere Schrumpfung der Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2025 auf circa 3,7 Millionen erwartet. Das heißt Folgendes: Wir werden an Menschen immer weniger und der Anteil der älteren Generation steigt.

Meine Damen und Herren! Die Seniorinnen und Senioren unserer Tage sind aber länger fit. Sie sind kluge und gebildete Leute. Sie sind interessiert an den aktuellen Kulturwellen, politischen und wirtschaftlichen Ereignissen. Sie sind unternehmungslustiger denn je. Das braucht insoweit neue Lebensmuster für lange Lebensläufe. Diese vollziehen sich vor Ort in den unterschiedlichsten Le

benssituationen, wie alleinstehend zu sein oder in der Geborgenheit der Familie zu leben. Damit verbunden sind neue Herausforderungen an Politik und Gesellschaft.

Umso wichtiger erscheint es mir, sich unserer Werte zu erinnern. Werte wie Offenheit, Toleranz, Vielfalt, Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit, Respekt oder Vertrauen dürfen uns nicht verloren gehen. Nur mit diesen Werten sind soziale Rechte durchsetzbar. Glaubwürdigkeit und Vertrauen sind für mich von ganz besonderer Bedeutung. Sie sind Maßstab für das Handeln und für unsere politische und vor allem für unsere soziale Arbeit.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Vielen Dank, Herr Schiemann. – Die Betroffenenperspektive erscheint unverzichtbar. Deswegen braucht es alternative und differenzierte, auf den Adressaten gerichtete Partizipationsmöglichkeiten. Meine Damen und Herren, ohne Haltung aber wird es keine wirkliche Teilhabe geben. Kultureller Wandel impliziert Erfahrung und Erneuerung. Die Generationen haben Verantwortung füreinander, miteinander. Nicht nur die Alten, auch die Jungen haben eine hohe gesellschaftliche Verantwortung. Die junge Generation muss an das Altwerden herangeführt werden und sich frühzeitig mit folgender Fragestellung befassen: Wie möchte ich denn im Alter leben? Keine Gesellschaft kann auf das Erfahrungswissen von Älteren verzichten. Das wissen wir aus der Geschichte der Menschheit. Bereits in der Antike waren Ältestenräte wichtige Gremien. Es ist alt und immer wieder neu.

Wir müssen lernen, die jeweilige Betroffenensicht zu akzeptieren. Ältere wissen am ehesten, welche Bedürfnisse sie haben. Seniorinnen und Senioren möchten nicht nur Seniorenpolitik machen, sondern am vielfältigen kulturellen Leben inmitten der Gesellschaft teilhaben. Seniorinnen und Senioren können und möchten selbstbestimmt mitwirken, erst recht, wenn es um ihre eigenen Belange geht. Das verlangen Seniorinnen und Senioren aus den Gewerkschaften und Verbänden und den kommunalen Vertretungen schon seit Jahren.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Folgendes erwähnen: Dem Personenkreis der Landesseniorenvertretung versprachen Vertreter von CDU, SPD und den LINKEN bereits 2011 eine Gesetzesinitiative. CDU und SPD haben sich 2014 dazu auch vertraglich verpflichtet. Meine Damen und Herren, bis jetzt ist nichts passiert. Es besteht wirklich Handlungsbedarf. Längst nicht alle Landkreise und kreisfreien Städte im Freistaat Sachsen haben eine Vertretung der Interessen von Seniorinnen und Senioren

und eine einheitliche Regelung schon gleich gar nicht. Auf das Kuddelmuddel möchte ich aus Zeitgründen nicht weiter eingehen.

Meine Damen und Herren! Die aktuellen demografischen Herausforderungen werden sich nur dann mit Erfolg meistern lassen, wenn auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen Anhörungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsformen für Seniorinnen und Senioren geschaffen werden. Nur so wird tatsächlich Mitwirkung, Teilhabe und Interessenvertretung ermöglicht. Es dürfte unstrittig sein, dass die aktive Beteiligung der Seniorinnen und Senioren am gesellschaftlichen, sozialen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Leben auf allen Ebenen von der Gemeinde bis zum Land geeigneter und verbindlicher gesetzlicher Rahmenbedingungen bedarf.

Meine Damen und Herren! Im vorliegenden Gesetzentwurf sind Anliegen der Seniorenvertretungen und Gewerkschaften eingeflossen. Der vorliegende Gesetzentwurf wird fortlaufend mit den Experten in eigener Sache aus den Seniorenverbänden und Gewerkschaften sowie den Seniorenvertretungen und hoffentlich auch mit Ihnen beraten. Ich freue mich schon jetzt auf die Beratung hier

im Landtag und beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfs federführend an den Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration. Weil auch kommunale Angelegenheiten zu betrachten sind, beantrage ich ebenfalls die Überweisung mitberatend an den Innenausschuss. Meine Damen und Herren! Ich wünsche dem Gesetz viel Erfolg.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der CDU)

Wir kommen nun zur Überweisung. Beide Ausschüsse sind bereits benannt worden. Ich wiederhole es noch einmal: Federführend soll dafür der Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration sein. Außerdem wird eine Überweisung durch das Präsidium an den Innenausschuss empfohlen. Wer diesen Überweisungen seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit sind die Überweisungen erfolgt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

1. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen (SchulG)

Drucksache 6/3487, Gesetzentwurf der Fraktion AfD

Hierzu spricht nur die einbringende Fraktion. Ich bitte Frau Dr. Petry, dies zu tun.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Unter der genannten Drucksachennummer bringt die Alternative für Deutschland hier im Sächsischen Landtag einen Gesetzesvorschlag zur Änderung des Sächsischen Schulgesetzes ein. Dazu möchte ich folgendes Zitat voranstellen: „Wer Sport treibt, hält sich fit, und zwar nicht nur den Körper, sondern auch den Kopf. Dabei unterstützt die Vielfalt der sportlichen Disziplinen die unterschiedlichsten Begabungen unserer Schülerinnen und Schüler. Sport ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der schulischen Bildung.“ Meine Damen und Herren! Wir können dieser Aussage von Frau Staatsministerin Kurth uneingeschränkt zustimmen.

Der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion hat das Ziel, den Schulkindern und Mitgliedern der Sportvereine die kommunalen Sporthallen auch zukünftig für ihren bestimmungsgemäßen Zweck zu erhalten. Gegenwärtig erleben wir aufgrund der steigenden Asylbewerber- und Migrantenzahlen, dass vereinzelt Sporthallen und öffentliche Schulen in Sachsen auch als Unterkünfte für Asylbewerber belegt werden müssen, weil weitere Gebäude sowie kommunale und private Unterkünfte nicht mehr oder nicht mehr hinreichend zur Verfügung stehen. Im Hinblick auf die für das kommende Jahr 2016 wieder zu

erwartende große Anzahl von Asylbewerbern und Migranten ist jedoch damit zu rechnen, dass mehr und mehr auch auf Sporthallen zurückgegriffen werden muss.

Es ist aber nicht im Interesse unserer Bürger und schon gar nicht im Interesse unserer Schüler, wenn die Sporthallen als Manövriermasse zur Unterbringung zweckentfremdet werden. Die Rechte der sächsischen Schulkinder und der Mitglieder der Sportvereine dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Schulsport ist keine Nebensache. Natürlich haben andererseits auch Asylbewerber das Recht auf eine Unterkunft. Es muss aber nicht zwingend eine Turnhalle sein.

Die motorischen und sportlichen Fähigkeiten unserer Kinder haben aufgrund des geänderten Freizeitverhaltens, das sich durch weniger Bewegung und mehr Arbeit vor Bildschirmen an Computern auszeichnet, schon lange stark nachgelassen. Der Schulsport bietet dafür den einzigen und oftmals unzureichenden Ausgleich.

Sollte eine Kommune tatsächlich keine Möglichkeit mehr haben, die zugewiesenen Asylbewerber anderweitig als in einer Sporthalle unterzubringen, so ist es nach unserer Auffassung ein Gebot der Ehrlichkeit, den Katastrophenfall festzustellen. Sonst auch, ich erinnere an das Hochwasser der Elbe in den Jahren 2002 und 2013, gibt es bei unseren Bürgern immer die notwendige Akzeptanz, im Katastrophenfall auf Sporthallen zu verzichten.

Es ist unserer Auffassung nach jedoch wesentlich effektiver, Asylbewerber in leer stehenden Großgebäuden wie Baumärkten oder leer stehenden Behörden unterzubringen, als den bequemen Weg zur Umnutzung von Sporthallen zu beschreiten, die anschließend nur mit sehr hohem Kostenaufwand wieder als Sporthalle nutzbar gemacht werden können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich empfehle Ihnen einmal die Besichtigung einer geräumten Sporthalle nach dem Auszug der Asylbewerber. Bereits vor dem Einzug der Migranten werden technische Anlagen beseitigt oder wie in Freiberg einfach abgeflext. Dazu kommt die enorme Abnutzung der sehr empfindlichen Fußböden und der Sanitäranlagen. Die Verantwortung dafür ist aber nicht den Migranten zuzuweisen.

Der sächsische Landeselternrat hat mehrfach die politisch Verantwortlichen ersucht, auf die Nutzung von Sporthallen als Erstaufnahme- oder Flüchtlingsunterkunft zu verzichten. Aber dieser Appell ist bisher wirkungslos verhallt.

Erst am 17. November haben Sachsens Landräte einen Protestbrief an den Ministerpräsidenten Tillich gerichtet. In diesem Schreiben, das einem Hilferuf gleichkommt, haben die Landräte erklärt, dass sie in den kommenden Wochen und Monaten auf Sporthallen werden zurückgreifen müssen, weil die Kapazitätsgrenzen der Aufnahme erreicht seien.

Nicht nur die AfD, sondern auch die Landräte fordern eine schnellere Abschiebung von Migranten ohne Asylstatus. Von den Asylbewerbern haben circa 60 bis 70 % keinen Asylgrund. Diese Personen nehmen den politisch Verfolgten und den Bürgerkriegsflüchtlingen die Aufnahmeplätze weg. Diese Menschen sollten wegen des offensichtlichen Fehlens von Asylgründen bereits an den EU-Außengrenzen oder an deutschen Grenzen zurückgewiesen werden.

Vor einigen Monaten galt eine solche Forderung der AfD noch als fremdenfeindlich. Zwischenzeitlich wird diese Forderung von den Berliner Koalitionsparteien diskutiert. Zitat: „Mindestens muss jetzt schnell durchgesetzt werden, dass es für Flüchtlinge und Asylbewerber in Deutschland keine freie Wahl des Aufenthaltsortes gibt. Wir müssen wissen, wer kommt und wo diese Menschen bleiben. Wir haben keinen Platz mehr für Wirtschaftsflüchtlinge und Zuwanderer aus sicheren Herkunftsstaaten. Die im europäischen Vergleich extrem liberale Abschiebepraxis wird sich nicht aufrechterhalten lassen.

Wir müssen angesichts des Zustromes Prioritäten setzen. Sie gelten politisch Verfolgten, denen verfassungsgemäß Asyl gewährt werden muss, und Menschen, die aus Kriegsgebieten fliehen. Letztere haben jedoch kein dauerhaftes Bleiberecht. Wir müssen sagen, was ist!“ Zitiert habe ich den ehemaligen Kanzlerkandidaten der SPD, Peer Steinbrück, vom heutigen Tage.

Ich fasse noch einmal zusammen. Meine Damen und Herren, ich vermute, dass solche Zurückweisungen, wie angekündigt, bereits ab dem kommenden Jahr praktiziert werden müssen. Der Bundesinnenminister soll ja nach Presseberichten bereits entsprechende Pläne ausarbeiten lassen.

Für unseren Antrag auf Änderung des Sächsischen Schulgesetzes fasse ich noch einmal zusammen: Die AfD erkennt die Notwendigkeit, auch Sporthallen der öffentlichen Schulen für die Unterbringung von Asylbewerbern zu nutzen, sofern eine Gemeinde nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten keine Alternative hat. Dann sollte aber auch ehrlicherweise der Katastrophenfall ausgerufen werden.