Protokoll der Sitzung vom 03.02.2016

Meinen ersten Beitrag möchte ich dafür benutzen, um auf eine weitere Gefahr für unseren Rechtsstaat und die Demokratie in Deutschland einzugehen. Meine Damen und Herren! In diesem Sächsischen Landtag ist eine Partei vertreten, deren Bundesvorsitzende kürzlich allen Ernstes gesagt hat, Polizisten müssten illegalen Grenzübertritt verhindern und notfalls dafür auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. Dabei ist sie auch unterstützt worden von einer Parteikameradin aus dem Europaparlament, die auch auf Kinder schießen lassen wollte. Doch ist die Rechtslage eindeutig, meine Damen und Herren.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Eben, genau!)

Nur zur Verhinderung des unerlaubten Grenzübertritts ist der Gebrauch von Schusswaffen eben nicht erlaubt. Wir haben darüber in den letzten Tagen viel gelesen und gehört

(Dr. Frauke Petry, AfD: Ja, wir auch!)

und über den peinlichen Versuch, diese Aussage von dieser Bundesvorsitzenden zu relativieren, nachdem ihr vielfach der Spiegel vorgehalten wurde.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Naja! – Beifall bei der SPD)

In einem späteren Interview war dann zu hören, es kann ja reichen, nur einen Warnschuss abzugeben. Aber, Frau Petry, Sie wissen doch ganz genau, dass auch ein Warnschuss nur erlaubt ist, wenn der Schusswaffengebrauch dann auch gegen eine Person gerechtfertigt wäre.

(Zuruf von der AfD: Gehört das auch zum Debattenthema?)

Das ist eine Gefahr für den Rechtsstaat in Deutschland, jawohl. Was soll das Ganze? Sie wurden eben nicht aus dem Kontext gerissen, wie Sie immer und in diesem Fall auch wieder behaupten. Im Gegenteil,

(Dr. Frauke Petry, AfD: Fragen Sie einmal die Staatsrechtler!)

wie man liest, haben Sie dieses Interview beauftragt und wohl auch autorisiert, Frau Petry. Natürlich sind Sie erschrocken über die heftigen, aber berechtigten Reaktionen und wollen sich in ein besseres Licht stellen. Das verstehe ich sogar menschlich noch. Aber erzählen Sie doch bitte nicht, diese Worte wären Ihnen aus dem Mund gepurzelt oder Ihnen in den Mund gelegt worden.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Bei welchem Thema sind Sie gerade?)

Sie haben das so formuliert, und Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie auch dazu bereit wären, was Sie da vorgeschlagen haben.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Wollen Sie Wahlkampf machen zur Landtagswahl?)

Wir sind nicht im Wahlkampf, Frau Petry, keine Angst.

Kollege Pallas, zum Thema.

– Es gehört zum Thema, dessen Überschrift lautet: „Angriffe auf Flüchtlinge und Ehrenamtliche – Wachpolizei und Gründung von Bürgerwehren – Regierungsverantwortung für funktionierenden Rechtsstaat wahrnehmen“. Soweit ich weiß, ist die Bundespolizei eine Behörde der Bundesregierung. Somit sehe ich es durchaus als ein relevantes Thema für diese Aktuelle Debatte an.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, Ihre Äußerungen lassen ziemlich genau erkennen, wohin Sie und Ihre Truppen mit unserem Land endgültig wollen. Dabei reicht bereits ein Blick in das Land Ihrer Geburt, die DDR, um das Wesen eines Staates zu erkennen, in dem an der Grenze auf unbewaffnete Menschen geschossen wird. Sie wollen überhaupt keinen demokratischen Rechtsstaat mehr.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das ist kein Debattenthema, Herr Pallas!)

Mit Ihren Forderungen kehren Sie den Rechtsstaat in Deutschland um. Ich kann mir gut vorstellen, welche Vorstellung Sie von einer Gesellschaft haben, in der Sie leben wollen, und dass Sie es vermutlich auch mit Gewalt durchsetzen möchten. Ich danke Ihrer Offenbarung in den Medien, denn dadurch lässt sich das auch für viele Menschen, die Ihnen im Augenblick ihr Vertrauen schenken, viel besser erkennen, was Sie wollen. Ich kann nur hoffen, dass Ihr menschenverachtender und demokratiefeindlicher Charakter als AfD für noch mehr Menschen erkennbar wird.

(Beifall bei der SPD, der CDU und den LINKEN)

Ich denke, dass sich einige Menschen neu orientieren werden. Vernünftige Angebote von demokratischen Parteien gibt es ja genug. Sie sollten sie nutzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das war Herr Kollege Pallas mit seinen Ausführungen zum Thema Rechtsstaat. Wir schreiten in der Rednerfolge fort. Für die AfD spricht nun Herr Kollege Hütter.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Machen Sie mir keine Sorgen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte mich erst einmal herzlich bei Herrn Hartmann für seine recht populistische Rede bedanken.

(Heiterkeit der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

Vielen Dank. Des Weiteren auch bei Herrn Pallas, der hier eine Rede gehalten hat, die zwar mit dem Debattenthema nicht viel zu tun hatte, trotzdem herzlichen Dank.

(Zuruf von der CDU: Wo waren Sie denn gerade?)

Ich war wahrscheinlich gerade auf der Toilette.

Die Angriffe auf Asylbewerber, Unterkünfte, Helfer – und nicht nur ehrenamtliche Helfer – sind natürlich zu verurteilen. Das ist auch die Meinung der AfD, ohne Frage. Die Verfolgung und Verurteilung der Täter mit aller Härte des Rechtsstaates ist definitiv durchzuführen; jedoch müssen auch die massiven Übergriffe von Asylsuchenden und Zuwanderern auf deutsche Bürger hier bewertet werden.

(Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Ja, das kann ich Ihnen ganz genau sagen. Ich habe das eine oder andere aufgelistet und kann es Ihnen gerne zur Verfügung stellen. Ich weiß nicht, woher Sie Ihr Wissen haben. Wahrscheinlich sollten Sie nur in Ihrem kommunistischen Durchhalteblättchen „Neues Deutschland“ lesen. Vielleicht lesen Sie auch einmal in anderen Medien, dann werden Sie zu anderen Gesichtspunkten in dieser Sache kommen.

Dem Staat obliegt ausreichende Schutzpflicht in gleicher Weise: den Gästen, Asylsuchenden, den Helfern und genauso wie den deutschen Bürgern. Die Frage ist natürlich, wie viele Straftaten hätten auch verhindert werden können, wenn wir mehr Polizisten und mehr Einsatzkräfte gehabt hätten, um alle diese Dinge zu verhindern.

Die Staatsregierung versucht nun den Ausgleich des Mangels mit dem Einsatz der Wachpolizei. Das ist für mich eine Art des Offenbarungseides. Eine spürbare Entlastung der sächsischen Polizei ist für mich völlig ungewiss und diese kann ich zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht erkennen.

(Staatsminister Ulbig: Die Ausbildung hat doch gerade erst begonnen!)

Das ist uns auch klar. Wir wollen erst einmal sehen, was davon übrig bleibt, wenn die Leute zum Einsatz kommen und wie weit die Polizei entlastet wird, Herr Minister. Wir reden dann darüber, wenn es so weit ist.

Die lächerlich kurze Ausbildungsdauer ist meines Erachtens nicht zielführend. Die Entlohnung ist für mich zweifelhaft, da es zu einem definitiven Unterschied zwischen dem normalen Polizisten und der so genannten Wachpolizei kommt. Das Tragen von Schusswaffen habe ich des Öfteren schon kritisiert, auch in den Ausschüssen. Ich will hier noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass ich mir wirklich Sorgen mache, dass es eventuell zum Einsatz von Schusswaffen im Bereich der Sicherungsmaßnahmen in Asylbewerberheimen kommen könnte.

Der Bürger fühlt sich nicht mehr sicher und organisiert dementsprechend sogenannte Bürgerwehren. Der Begriff Bürgerwehr ist in meinen Augen ein völlig falsch gewählter Begriff. Richtig wäre eigentlich die Einführung von Bürgerstreifen.

(Zuruf von den LINKEN: Das ist doch kein Unterschied!)

Ja, das ist für mich ein Unterschied. Ich sehe da schon einen Unterschied. Besten Dank auch.

Der Bürger vertraut letztendlich nicht mehr der gebotenen Sicherheit. Er hat Sorgen, dass seine Kinder, seine Frau, sein Besitz nicht ausreichend beschützt werden. Aus diesem Grund entscheidet er sich für sogenannte Bürgerstreifen. Das Ergebnis von 25 Jahren CDU-geführter Staatsregierung ist auch, dass wir jetzt das massive Entstehen von Bürgerstreifen haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Hütter sprach jetzt für die AfD. Ihm folgt Herr Lippmann für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte AfD! Bürgerwehren als Bürgerstreifen zu verharmlosen zeigt ungefähr, auf welchem Standpunkt Sie dort stehen. Sie wissen genau, dass das ein zunehmendes Problem unserer Gesellschaft ist und betreiben hier die Verharmlosung beim Thema Bürgerwehr, die Sie uns und der LINKEN an anderer Stelle regelmäßig vorwerfen. Das ist unredlich.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Frauke Petry, AfD: Die Bürger sind für Sie ein Problem!)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Sachsen hat ein Problem mit der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols. Kaum eine Woche, kaum ein Tag, an dem wir nicht Angriffe auf Flüchtlinge oder Flüchtlingsunterkünfte oder Helfer zu konstatieren haben. Mittlerweile treten gefährliche Gewöhnungseffekte ein. Das sage ich auch ganz deutlich. Aber wenn fast täglich in Deutschland Flüchtlingsunterkünfte angegriffen werden oder marodierende Neonazis durch Straßen ziehen, müssen wir jeden Tag aufs Neue als Demokraten aufstehen und deutlich machen, dass Rassismus in unserer Gesellschaft eine Schande ist und dass ihre entsprechenden Taten zu verurteilen und zu bekämpfen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)