Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Von daher spricht nur die einreichende Fraktion, DIE LINKE. Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Klaus Tischendorf.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Beschluss vom 17. November 2015 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Besoldungsordnung für unvereinbar mit Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes. Der Sächsische Landtag ist aufgefordert, mit Wirkung zum 1. Juli die Wiedereinführung der Sonderzahlung zugunsten der Beamtinnen und Beamten im Freistaat Sachsen abzusichern und die verfassungswidrige Unteralimentation zu beenden.
Hintergrund war schon die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Halle vom 22. Februar, als die Frage aufgeworfen wurde, ob die „im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 gewährte Nettobesoldung, bezogen auf die Besoldungsgruppe A 10 Sächsisches Besoldungsgesetz, nach Aufhebung des Sächsischen Sonderzahlungsgesetzes durch Artikel 27 des Haushaltsbegleitgesetzes 2011/2012 mit Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz vereinbar war“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht auch kürzer: DIE LINKE will mit dem Gesetzentwurf die ungerechtfertigte Streichung der Sonderzahlung revidieren. Darüber hinaus ist eine Lösung für die Zukunft zu finden. Aus diesem Grund soll ab 1. Januar 2016 eine
Jahressonderzahlung in Anpassung an die dazu im jeweils geltenden Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes der Länder bestimmten Bemessungsgrundlagen und -höhen für Beamte und Richter überführt werden.
Der Gesetzentwurf macht deutlich, was DIE LINKE politisch will: gleiches Gehalt für gleichwertige Arbeit im öffentlichen Dienst. Mit dem Gesetzentwurf geben wir der amtierenden Koalition eine Hilfestellung, nach Geist und Buchstaben des Verfassungsgerichtsurteils zu handeln und nicht die Krämerseele des Finanzministers obsiegen zu lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für DIE LINKE war von Anfang an klar: Es gab keine Rechtfertigung für diesen schmerzhaften Eingriff in das Einkommen von Polizeibeamten, Richtern und anderen betroffenen Gruppen des öffentlichen Dienstes. Die Einnahmen des Staates haben sich tatsächlich nicht verschlechtert, sondern verbessert. Gleichzeitig haben sich jedoch die Anforderungen an einen handlungsfähigen, starken Staat erhöht.
Wir erwarten deshalb, dass der Landtag schnellstmöglich dafür sorgt, dass – rückwirkend ab 2011 – das sogenannte Weihnachtsgeld wieder gezahlt wird. Das wäre gerade jetzt in der angespannten gesellschaftlichen Lage ein wichtiges Signal, dass diejenigen, die tagtäglich ihren Dienst an der öffentlichen Ordnung leisten, entsprechende Anerkennung finden.
Unser Gesetzentwurf zeigt bereits jetzt bei der Koalition Wirkung. Anscheinend auf die Veranstaltung des Sächsischen Beamtenbundes und unsere heutigen Einbringung
doch! – sah sich der SPD-Fraktionsvorsitzende, Dirk Panter, genötigt, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass sich die SPD traut, zur Sonderzahlung noch eine eigene Meinung zu haben. Ich zitiere aus der Presseerklärung von gestern: „Für die SPD-Fraktion ist es wichtig, dass eine faire Regelung gefunden wird, und für alle Beamtinnen und Beamten gleichermaßen gilt es, dass sie auch Bestand haben wird für die Zukunft.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will insbesondere die Forderung der SPD wiederholen, die ich auf dem Podium des Beamtenbundes am Dienstag mit großer Zustimmung bei den Anwesenden gehört habe.
Wir sollten uns im Rahmen der Anhörung des Gesetzes wirklich einmal die Zeit nehmen, um zu klären, was denn eine faire Lösung gegenüber den Beamten sein kann. Fair kann aus meiner Sicht nur sein, wenn sich die Koalition nicht auf die Verhandlungsvorgaben des Finanzministers einlässt.
Der Verhandlungspoker, dass ja die Vorgabe des Verfassungsgerichtes ausreiche, wenn mindestens drei von fünf Parametern zur verfassungsgemäßen Alimentierung
eingehalten werden müssen, ist aus meiner Sicht nicht fair. Fair gegenüber den Beamten ist nur, wenn alle fünf Parameter erfüllt werden, ohne irgendwie geartete Abstriche. Dazu braucht es aber kein Abwarten auf Verhandlungsergebnisse, liebe Kollegen der SPD. Ich erwarte von der hier mitregierenden SPD, dass dafür sofort öffentlich eine rote Haltelinie gezogen wird.
In der Beschlussbegründung des Bundesverfassungsgerichtes heißt es dazu: „Im Rahmen der Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität der Beamtenverhältnisse für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen.“ Die Sächsische Staatsregierung – das ist jetzt klar – hatte offensichtlich jeden Maßstab im Zuge der Haushaltsformierung komplett aus den Augen verloren.
Unser Gesetzentwurf geht nicht davon aus, sich penibel entlang der verfassungswidrigen Mindestalimentation gerechnet zu halten. Es muss also darum gehen, der Wertschätzung der Beamten im wahrsten Sinne des Wortes Rechnung zu tragen. Das heißt im Umkehrschluss: Nur zu zahlen, was gezahlt werden muss, kann nicht der richtige Maßstab sein.
DIE LINKE ist gern bereit – das sage ich auch in Richtung SPD –, im Rahmen der Beratung zu unserem Gesetzentwurf zu diskutieren, ob unser Vorschlag zur Wiedereinführung der Sonderzahlung oder von mir aus auch gern die Anpassung der Grundbesoldung für die Zukunft der bessere Maßstab sein soll.
Insbesondere aber SPD und GRÜNE lade ich dazu ein. Ich weiß schon, warum ich Sie anspreche und nicht die CDU.
Entscheidend für uns ist, dass die von mir genannten Ausgangsparameter aber Grundlage einer Lösung sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind wir als gesamter Landtag den Beamtinnen und Beamten und nicht zuletzt ihren Familien schuldig.
Meine Damen und Herren, das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur rückwirkenden Wiedereinführung und Anpassung der jährlichen Sonderzahlung für Beamte und Richter im Freistaat Sachsen an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend – sowie an den Verfas
sungs- und Rechtsausschuss zu überweisen. Weiterhin liegt ein Antrag der Fraktionen CDU und SPD vor, den Gesetzentwurf zusätzlich an den Innenausschuss zu überweisen.
Meine Damen und Herren, wer diesen Vorschlägen seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das
Handzeichen. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung an die genannten Ausschüsse beschlossen, und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Für die Aussprache erteile ich zunächst der Fraktion DIE LINKE als Einbringerin der Großen Anfrage das Wort; danach folgen CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Schon jetzt weise ich Sie darauf hin, dass für die Staatsregierung aufgrund der Erkrankung der Staatsministerin Klepsch Herr Staatsminister Schmidt sprechen wird.
Ich wollte es doch lieber gleich jetzt erwähnen, damit Sie sich alle schon darauf einstellen können.
Danke schön. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Positive vorweg: Die Enquete-Kommission zur Pflege hat am 20. Januar ihre Arbeit aufgenommen. Das Thema Pflege wird nun endlich angegangen und nicht weiter so stiefmütterlich behandelt. – Ich habe extra die Stiefmutter genommen, weil ich schon ahnte, dass die Landwirtschaft dazu sprechen wird.
Sitzungstermine wurden vereinbart, Akteure aus der Pflegebranche zur Mitarbeit in die Kommission berufen. Das sind gute Voraussetzungen, um die Situation und die Defizite in der Pflege endlich zu evaluieren. Wenn man sich aber die Antwort auf unsere Große Anfrage zur Pflege anschaut, dann fragt man sich: Sollten der Staatsregierung einige Pflichtbesuche im Pflegeheim oder bei mobilen Pflegediensten verordnet werden? So realitätsfern sind die Einschätzungen zur Situation mitunter zu lesen.
Dazu fällt mir auch ein Zitat aus dem Buch Johannes, Kapitel 9:21 ein: „Wärt ihr tatsächlich blind, dann träfe euch keine Schuld. Aber ihr sagt ja: ‚Wir sehen.‘ Deshalb kann euch niemand eure Schuld abnehmen.“