Protokoll der Sitzung vom 20.04.2016

Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir zur alten Regelung aus dem Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen vom Dezember 2008 zurückkehren. Statt des Benehmens sah das Hochschulgesetz das Einvernehmen zwischen dem Hochschulrat und dem Senat bei der Erstellung eines Wahlvorschlags für den Rektor bzw. die Rektorin einer Hochschule vor. Die Regelung aus dem Sächsischen Hochschulgesetz, derzufolge der Hochschulrat im Einvernehmen mit dem Senat einen Wahlvorschlag erstellt, wurde damals als entbehrlich erachtet. Mit dem im Jahr 2012 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Bestimmungen gilt fortan das Benehmen zwischen beiden Hochschulorganen bei der Erstellung eines Wahlvorschlags als ausreichend. Als Begründung wurde angeführt, dass der Senat eine Teilmenge des erweiterten Senats sei und mithin die Mitglie

der des Senats unmittelbar an der Wahl des Rektors beteiligt seien.

In der Praxis hat sich diese Regelung aus dem Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz als äußert konfliktträchtig erwiesen. Bei der Erstellung eines Wahlvorschlags für den Rektor bzw. die Rektorin ist es mehrfach zu Konflikten zwischen dem Hochschulrat und dem Senat gekommen, jüngst an der Universität Leipzig bei der Erstellung des Wahlvorschlags zu einer „undemokratischen Zerreißprobe“. Das hat die Staatsministerin Dr. Stange zu dieser Thematik formuliert.

Der Hochschulrat der Universität hat in dem Auswahlverfahren eine zweifelhafte Rolle gespielt. Er hat es nicht nur zu einer Machtprobe mit dem Senat kommen lassen, sondern auch einen Umgang mit der amtierenden Rektorin an den Tag gelegt, der völlig unverständlich ist. So sollte zum 1. März 2016 die Stelle der Rektorin neu besetzt werden. Insgesamt gab es sieben Bewerbungen. Drei Bewerbungen wurden sofort durch die Findungskommission aussortiert. Es blieben vier Bewerbungen übrig, darunter zwei externe Kandidaten sowie auch Frau Prof. Beate Schücking, amtierende Rektorin der Universität Leipzig.

Mitte Juli fanden die Auswahlgespräche statt. Daraufhin erstellte der Hochschulrat eine Liste der Kandidierenden mit den Wahlvorschlägen. Ende Juli 2015 wurde bekannt, dass die amtierende Rektorin nicht für die Vorschlagsliste benannt wurde. Der Hochschulrat schlug lediglich zwei Kandidaten vor, obwohl er drei Kandidaten vorschlagen könnte. Darunter waren lediglich die beiden externen Bewerbungen.

Dazu bezog der Senat Stellung und forderte den Hochschulrat auf, Frau Prof. Schücking auf die Liste der Kandidierenden zu setzen. Der Hochschulrat weigerte

sich jedoch. Der erste Kandidat zog im Dezember 2015 seine Kandidatur zurück. Das erfuhren die Betroffenen, der Senat und der erweiterte Senat, aus der Presse und nicht vom Hochschulrat. Der erweiterte Senat drohte nun bei dem übrig gebliebenen Kandidaten mit juristischer Prüfung des Verfahrens. Es sieht ganz danach aus, dass der Hochschulrat eine Wiederwahl von Frau Schücking als Rektorin der Leipziger Universität verhindern wollte. Im Januar 2016 zog dann auch der zweite Kandidat seine Bewerbung zurück, sodass nun das Verfahren zur Rektorinnen- und Rektorenwahl neu gestartet werden muss.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit seiner Vorgehensweise hat der Hochschulrat dem Ansehen der Universität einen erheblichen Schaden zugefügt. In Zeiten, in denen der Ruf einer Universität eine bedeutende Rolle spielt, um im Wettbewerb mit anderen bestehen zu können, kann das nur als verwerflich bezeichnet werden. Der Senat als demokratisch gewähltes Gremium benennt weniger als die Hälfte der Hochschulratsmitglieder und davon nur zwei Hochschulangehörige. Alle Übrigen werden vom Wissenschaftsministerium benannt. Damit mangelt es dem Hochschulrat an demokratischer Legitimation. Auf die Wahl einer Rektorin oder eines Rektors üben die Hochschulräte allerdings einen großen Einfluss aus, da der erweiterte Senat sich nur zwischen Kandidierenden entscheiden darf, die vorher vom Hochschulrat vorgeschlagen wurden.

Um zukünftig solche undemokratischen Zerreißproben zwischen Hochschulrat und Senat zu vermeiden, bedarf es einer neuen Regelung. Um eine einvernehmliche Lösung für einen Wahlvorschlag zu finden, werden alle Beteiligten von vornherein zu einer konstruktiven Herangehensweise verpflichtet. Im Sinne einer klaren und praktikablen Verfahrensregelung, die einen Wahlvorschlag nicht allein von der Kompromissbereitschaft zwischen Hochschulrat und Senat abhängig macht, möchte DIE LINKE die Regelungen aus dem alten Sächsischen Hochschulgesetz wieder einführen. Dieses sieht das Einvernehmen zwi

schen beiden Hochschulgremien vor. Das führt nicht nur zu einer praktikableren Lösung als der bisherigen, sondern stärkt auch die Position des Senats gegenüber dem Hochschulrat. Das bedeutet einen Schritt zur Demokratisierung der Hochschule und zur Beschneidung der Autokratie der Hochschulräte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Unabhängig von diesen aktuellen Änderungen bei den Kompetenzen des Hochschulrates, die zeitnah dringend nötig sind, um zukünftig Streitigkeiten bei der Wahl von Rektorinnen und Rektoren zu verhindern, sehen wir als LINKE ein Gremium wie den Hochschulrat insgesamt äußerst kritisch. Eine externe Begleitung und Begutachtung von Sachverständigen kann eine Bereicherung für die Arbeit von Hochschulen sein. Hochschulräte mit gravierenden Kompetenzen für die Gestaltung der Hochschulen lehnen wir hingegen ab. Das ist aber eine Debatte, die wir dann führen werden, wenn hier im Haus die Novellierung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes anstehen wird.

Wir bitten um Überweisung des Gesetzentwurfs in den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir stimmen über die vom Präsidium empfohlene Überweisung des Gesetzentwurfs Drittes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes an den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien ab. Wer die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisung einstimmig zugestimmt worden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

1. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Änderung der Sächsischen Landkreisordnung

Drucksache 6/4853, Gesetzentwurf der Fraktion AfD

Hierzu wird es ebenso keine allgemeine Aussprache geben. Es spricht deshalb nur die einreichende Fraktion. Herr Abg. Barth, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf über die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat bei hauptamtlichen Bürgermeistern, die in den Kreistag gewählt werden, möchte meine Fraktion einen wesentlichen Beitrag zur Unparteilichkeit in kommunalen Parlamenten im Freistaat Sachsen leisten.

Das vorliegende Änderungsgesetz erhält seine Bedeutung aus dem Umstand, dass zahlreiche Kreisräte – zwischen 10 % und 20 % – in Kreistagen im Freistaat Sachsen Bürgermeister sind. Eine Vielzahl von Interessenskonflikten und Abhängigkeiten ist die Folge.

Ein besonders schwerwiegender Interessenkonflikt tritt bei der Entscheidung über die Höhe der Kreisumlage auf. Die Kreisumlage gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen eines jeden Landkreises. Sie dient dazu, eine auskömmliche Finanzierung der Aufgaben des Landkreises sicherzustellen, und ist daher eine der wichtigsten

Entscheidungen sowohl für den Landkreis als auch für die kreisangehörigen Gemeinden. Kreisräte, die gleichzeitig Bürgermeister von kreisangehörigen Gemeinden sind, unterliegen bei der Abstimmung dem Konflikt zwischen den Kreisinteressen und den Interessen ihrer eigenen Gemeinde an einer möglichst niedrigen Kreisumlage. Es ist also nicht verwunderlich, wenn sich die Bürgermeister in dieser Konfliktsituation für eine niedrigere Kreisumlage aussprechen, um den eigenen Gemeindehaushalt zu entlasten.

Weitere Gewissenskonflikte können zusätzlich noch entstehen. Hierbei ist zum Beispiel an die Entscheidung zur Übernahme von freiwilligen Aufgaben der Gemeinde durch den jeweiligen Landkreis zu denken.

Meine Damen und Herren! Die Problematik ist also nicht unbedeutend. Die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg haben diese Problematik bereits sachgerecht gelöst. In Sachsen wurden entsprechende Vorschläge der Opposition bisher von der CDU-Fraktion mit dem Argument zurückgewiesen, dass die Fachkompetenz und die Erfahrung der Bürgermeister in den Kreistagen notwendig seien. Nach Auffassung meiner Fraktion handelt es sich hierbei um ein Scheinargument. Damit haben Sie, werte Kolleginnen und Kollegen der CDU, im Jahr 2008 die Kollegen der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion GRÜNE verblüffen können. Das wird Ihnen jedoch mit unserer Fraktion nicht gelingen. Dafür sollten Sie sich für die Zukunft schon stichhaltigere Argumente einfallen lassen.

Ich möchte Ihnen unsere Ansicht etwas ausführlicher begründen. § 28 der Sächsischen Landkreisordnung benennt vier Fälle, in denen typischerweise Interessenskonflikte auftreten können. Der Landrat, die Beigeordneten und Bediensteten des Landkreises sollen sich in ihrer Funktion als Mitglied des Kreistages nicht selbst kontrollieren. Deshalb ist vom Gesetzgeber die Unvereinbarkeit festgelegt worden. Man kann ihnen aber weder die Fachkompetenz noch die Erfahrungen absprechen. Der Landrat und die Beigeordneten sind die Experten für ihre Verwaltung schlechthin.

Die weiterhin aufgeführten Bediensteten der Rechtsaufsichtsbehörden und staatlichen Rechnungsprüfungsämter sowie des Sächsischen Rechnungshofes sind die Sachverständigen für die Kontrolle einer jeweiligen Kreisverwaltung. Dabei handelt es sich um eine wesentliche Funktion des Kreistages. Warum möchten Sie diese ebenfalls nicht im Kreistag haben? Wenn Sie auf die Bürgermeister aufgrund ihres Sachverstandes im Kreistag nicht verzichten möchten, dann müssen Sie uns schon erklären, meine Damen und Herren, warum die Fachkompetenz der Bediensteten des Landkreises, der Rechtsaufsichtsbehörden und der Rechnungsprüfer von Ihnen nicht gewünscht ist. Wenn der Sachverstand das entscheidende Kriterium wäre, dann müssten alle Hinderungsgründe für den Kreistag abgeschafft werden. Warum haben Sie dies nicht längst getan? Das müssten Sie uns anlässlich des Anhö

rungsverfahrens, werte Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, einmal erklären.

Es dürfte der Problematik nicht gerecht werden, Interessenkollisionen in diesen Fällen ausschließlich über Befangenheitsvorschriften zu lösen. Einerseits würde dies zu einer Vielzahl von Abgrenzungsproblemen bei den einzelnen Beschlüssen und damit zu einer Rechtsunsicherheit führen. Andererseits berücksichtigt eine Befangenheitsvorschrift die zahlreichen Abhängigkeiten nicht, die zwischen Landräten und den Bürgermeistern, die gleichzeitig Kreisräte sind, bestehen.

Das Landratsamt nimmt für die Bürgermeister der kreisangehörigen Gemeinden beispielhaft die Aufgaben der Rechtsaufsicht wahr. Wie soll ein Kreistag die umfassende Kontrolle des Landrates und seiner Verwaltung gewährleisten, wenn dieser von Bürgermeistern dominiert wird? Die Bürgermeister müssen immer befürchten, dass das Landratsamt als Dienstvorgesetzter danach gegen sie tätig wird. Diese Abhängigkeiten bergen die Gefahr, dass die Kontrolle durch den Kreistag nur mit angezogener Handbremse durchgeführt und versucht wird, Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung unter den Teppich zu kehren.

Daher können wir derzeit keine umfassende Kontrolle des Landratsamtes, nur der Rechtsaufsicht und der Rechnungsprüfung haben. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Landrat allein aus dem Grund ein Disziplinarverfahren gegen einen Bürgermeister nicht einleitet, weil er auf dessen Stimme im Kreistag angewiesen sein könnte. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist besonders dann hoch, wenn der Bürgermeister die Vorlagen der Kreisverwaltung aus parteipolitischen Gründen regelmäßig unterstützt.

Der Einwand, dass es keinen Beweis dafür gebe, dass die Konflikte und Abhängigkeiten zu Fehlentscheidungen in Sachsen geführt haben, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Wie soll es auch solche Beweise geben? Selbst wenn es diesbezügliche Befragungen gäbe, räumte kein Bürgermeister ein, den Interessen seiner Gemeinde den Vorrang vor den Interessen des Kreises eingeräumt zu haben. Oder würden Sie in einer Befragung zugeben, dass Sie unsachliche Erwägungen angestellt haben?

Letztendlich aber geht eine solche Argumentation am Kern der Problematik vorbei. In den Fällen des § 28 der Landkreisordnung kommt es nicht auf das konkrete Vorliegen, sondern auf die abstrakte Möglichkeit von Interessenkonflikten an, und diese Möglichkeit, meine Damen und Herren, habe ich ausführlich dargelegt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Demokratie ist wichtig, und die Grundsätze von Unparteilichkeit und Gewaltenteilung sind genauso wichtig. Wir bringen dieses Änderungsgesetz ein, weil wir keinen Kreistag wollen, der von Bürgermeistern dominiert wird und seine Aufgaben nicht mehr umfassend wahrnehmen kann.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Meine Damen und Herren, wir regen an, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen.

(Beifall bei der AfD)

Ich lasse jetzt über die Überweisung des soeben eingebrachten Gesetzentwurfs an den Innenausschuss abstimmen.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE, meldet sich zu Wort.)

Bitte schön.

Frau Präsidentin, vielen Dank. – Ich möchte aufgrund der gerade vom Vorredner geschilderten Problematik, besonders der verfassungsrechtlichen Problematik, seitens meiner Fraktion darum bitten, dass eine zusätzliche Überweisung an den Verfassungs- und Rechtsausschuss vorgenommen wird.

Gut, dann nehmen wir eine getrennte Abstimmung vor. Zunächst lasse ich über die Empfehlung des Präsidiums zur Überweisung an den Innenausschuss abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? –

Es gibt weder Gegenstimmen noch Stimmenthaltungen; damit gibt es eine einstimmige Überweisung.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Linksfraktion abstimmen, diesen Gesetzentwurf an den Verfassungs- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe eine Stimmenthaltung und ansonsten auch einstimmige Überweisung.

Wir müssen jetzt noch über die Federführung abstimmen, meine Damen und Herren; wir brauchen einen federführenden Ausschuss. Da das Präsidium die Empfehlung gegeben hat, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen, schlage ich vor, dass wir den Innenausschuss als federführenden Ausschuss bestimmen. Darüber lasse ich jetzt abstimmen. Wer gibt die Zustimmung dafür? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hinsichtlich der Federführung kann ich Einstimmigkeit feststellen. Damit ist auch dieser Punkt der Tagesordnung beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

1. Lesung des Entwurfs

Gesetz über die Neuordnung der Flüchtlingsaufnahme im