Sie haben eben ja schon sehr schön gesagt, worum es Ihnen geht. Sie spielen mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger, nämlich mit der Angst davor, das eigene Geld zu verlieren, Ersparnisse zu verlieren, und mit der Angst, überwacht zu werden. Für Sie ist Angst eben der Treibstoff Ihrer Politikmaschine, liebe Frau Petry.
Das Zweite, was Sie dann immer gern tun – das ist ja bei vielen Themen der Fall: Nachdem Sie Behauptungen in die Welt gesetzt haben, die nicht einmal untermauert sind, suchen Sie dann Schuldige. Sie grenzen ab. Natürlich ist es die böse Europäische Union, die mit ihrer verfehlten Geldpolitik schuld daran ist, dass jetzt das Bargeld abgeschafft werden soll.
Natürlich sind die Europäische Zentralbank und internationale Institutionen wie der IWF schuld, die diese Debatte vorantreiben – das ist ja eine Verschwörungstheorie, der
Sie anhaften und in der diese Schuldigen fokussiert werden. Da geht es darum, dass die Altparteien – so nennt es ja sogar Ihre Kollegin Frau Weidel, die sich dazu ausgelassen hat und darüber spricht – dieses Projekt angeblich forcieren würden, ein Projekt, das sie selbst ausfantasiert haben. Da wird ein Widerspruch konstruiert zwischen den Altparteien bzw. diesen Institutionen und dem Bürger, der offensichtlich der Gelackmeierte sein soll.
Ich gestatte sie sofort, aber lassen Sie mich diesen Gedanken noch ausführen. Was Sie hier tun, diese Angsthascherei und das Ausspielen des Bürgers gegen demokratisch gewählte Institutionen, das ist nur schäbig, meine Damen und Herren von der AfD.
Herr Scheel, ist Ihnen bekannt, dass die Sparkasse Oberhausen Strafzinsen auf Privateinlagen in Erwägung zieht, also die Einführung von Strafzinsen auf Privateinlagen, und dass damit ein Tabubruch vollzogen worden ist?
Sie reden davon, dass dieses Instrument nur einen Zweck habe, nämlich die Strafzinsen, die die Banken bekommen, weil sie ihr Geld nicht als Kredite herausgeben, an die Bürger weiterzuleiten. Mir ist der Punkt jetzt nicht bekannt.
Es mag sein, dass das so ist. Dann werden die Bürger sich gut überlegen, ob sie ihr Geld weiterhin zu dieser Bank tragen. Sie versuchen aber trotzdem, damit Panik zu betreiben. Das ist kein gängiges Mittel der Auseinandersetzung auf dem Bankensektor, meine Damen und Herren von der AfD.
Was Sie damit bezwecken, ist relativ klar: Natürlich wollen Sie eine Dämonisierung erreichen, deswegen auch die „Altparteienkartelle“. Das alles kennen wir – Entschuldigung, wenn ich das so sage – schon von der NPD.
Sie stellen sich dar als die einzige redliche Kraft, die noch für die kleinen Bürger Partei ergreift. Das nimmt Ihnen allerdings keiner ab, meine Damen und Herren.
Wenn ich mir nämlich einmal anschaue, was Sie alles an Programmatik vor sich hertragen – – Sie wollen Ende des Monats ja einen Bundesparteitag machen, auf dem offensichtlich ein Programm beschlossen werden soll.
Es ist eine wunderbare schöne heile Welt. Auch das Thema Bargeldabschaffung ist ja Programmbestandteil Ihres Bundesvorstands.
Sie wollen eine rückwärtsgewandte Politik. Die HomoEhe soll abgeschafft werden. Der Euro soll abgeschafft werden. Der Nationalstaat soll wiederkommen. Die EU soll aufgelöst werden. Die Wehrpflicht soll wieder eingeführt werden. Die traditionelle Familie, die deutsche Mutter, traditionelle Werte müssen wieder mehr gewürdigt werden.
Gender Mainstreaming ist Teufelszeug. Es soll keinen Atomausstieg geben. Die deutsche Leitkultur – was immer Sie damit meinen – muss wieder politischer Mainstream sein.
Liebe Damen und Herren von der AfD, ich fürchte, Sie versuchen hier eine Restauration der Bundesrepublik der Fünfzigerjahre. Das wird Ihnen nicht gelingen, auch nicht mit dieser Angstdebatte.
Für die SPDFraktion erteile ich jetzt Herrn Abg. Pecher das Wort. – Zuvor gibt es noch eine Kurzintervention des Kollegen Urban. Bitte, Herr Urban.
Herr Scheel, ich möchte mich ausdrücklich dafür bedanken, dass Sie noch einmal so ausführlich Werbung für unseren anstehenden Programmparteitag gemacht haben.
(Heiterkeit und Beifall bei der AfD – Zuruf von den LINKEN: Das ist nur noch peinlich, was Sie hier veranstalten! Lächerlich! – Gegenruf der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD: Dito!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will vielleicht versuchen, das herunterzufahren, denn es ist einfach verbrannte Lebenszeit. Herr
Scheel, ich würdige ja Ihr Engagement hier, aber das Thema ist verbrannte Lebenszeit für mich. Es ist schade, dass die letzte Aktuelle Debatte bei der AfD leider in keinem Punkt gefruchtet hat, nirgendwo einen Erkenntniszuwachs gebracht hat.
Ich möchte einfach noch einmal die Position meiner Fraktion herüberbringen: Es gibt ein Thema, das Bargeldobergrenzen heißt – zur Terrorismusbekämpfung und zur Bekämpfung von Schwarzarbeit. Wir haben in der Aktuellen Debatte auch festgestellt, dass das ein sehr komplexes Thema ist. Ich weiß nicht, ob ich mich damit wohlfühlen würde, dieses Thema in Bausch und Bogen abzulehnen, wenn vielleicht auch nur eine minimale Chance besteht, dass es dadurch das eine oder andere Opfer nicht gibt.
Von daher ist das Thema, Bargeldobergrenzen zu prüfen und zu debattieren, durchaus legitim. Das ist der eine Bereich. Der andere Bereich betrifft den 500-EuroSchein. Ich habe einmal bei meiner Sparkasse angefragt. Die Rückgabe von 500-Euro-Scheinen wie auch deren Abholung hat sich signifikant nicht verändert. Er scheint also im fiskalischen Leben des VW-Durchschnittsarbeiters eine eher untergeordnete Rolle zu spielen, im Übrigen auch bei mir, muss ich ehrlich zugeben.
Diese zwei Themen kann man also ruhig diskutieren. Es ist auch bekannt, dass dieser Schein an manchen Tankstellen nicht mehr angenommen wird. Man kann selbst mit 200-Euro-Scheinen nicht mehr bezahlen, Gesetz hin oder her.
Diese zwei Themen, die durchaus legitim diskutiert werden können, werden dann, wenn man einmal auf den Punkt 4 der Begründung herunterrutscht, sofort, wie Herr Scheel gesagt hat, zusammengeschoben: „Generelle Abschaffung des Bargeldes mit weitreichenden Folgen für die Freiheitsrechte der Bürger“, das ist dann die Quintessenz der Botschaft. Also, aus zwei Behauptungen wird eine Tatsache gestrickt, die nicht existent ist. Das ist für uns selbstverständlich ein Grund, diesen Antrag ganz nüchtern abzulehnen.
Das Thema Strafzinsen ist hier schon diskutiert worden. Wir haben zurzeit nun einmal eine Fast-Nullzins-Politik. Das macht sich im Übrigen bei Darlehen auch wieder positiv bemerkbar.
Noch einmal, um es zusammenzufassen: Es ist verbrannte Lebenszeit, über etwas zu debattieren, was nicht gegeben ist. Es gibt in Deutschland keine Debatte, das Bargeld abzuschaffen. Ich hoffe, dass es dabei bleibt und dass es dann mit dieser Debatte auch keine AfD mehr in Deutschland gibt.