Protokoll der Sitzung vom 21.04.2016

Deshalb möchte ich zuerst zu dem Kritikpunkt der offenen Vorgänge kommen, Herr Stange. Ich denke, das gehört dazu und wir sollten es vor dem Plenum noch einmal aussprechen. Ja, es ist richtig: Im Ergebnis dieses besonderen Jahres 2015 hat sich gerade, beginnend ab Mitte des Jahres, der Stapel noch nicht abgearbeiteter Vorgänge erhöht. Aber der Ehrlichkeit halber gehört auch dazu: Offene Vorgänge von 60 000 bis 70 000 sind bei der Größenordnung von Sachsen normal, wenn man es sich bundesweit anschaut.

Ja, bis zum November 2015 hatten wir einen Anstieg auf über 80 000 offene Vorgänge im Freistaat Sachsen gehabt, das ist richtig. Aber die Kolleginnen und Kollegen haben trotz dieser Arbeitsbelastung versucht, gegenzusteuern, und das Ergebnis ist: Ende Dezember 2015 – und damit noch vor PKS-Abschluss – ist die Zahl wieder deutlich reduziert worden auf knapp über 70 000; deshalb ist das fast ein normales Maß. Natürlich brauchen wir weiter Polizisten, aber ich möchte es einfach einordnen und deutlich machen. Mir geht es nur darum, dass damit die Leistung der Kolleginnen und Kollegen anerkannt wird.

Nächstes Thema: die Einordnung von Zahlen. Ich denke, es ist wichtig, noch einmal hervorzuheben, dass die Gesamtkriminalität gesunken und die Aufklärungsquote gestiegen ist. Ein Thema, das uns hier intensiv beschäftigt hat – wir haben dazu Debatten geführt –, das Thema KfzKriminalität, ist eine Geschichte, die man als Ergebnis

kontinuierlicher Arbeit betrachten kann. Die SOKO „Kfz“ ist in der sächsischen Polizei gebildet worden. Damit sind die Straftaten zurückgegangen und die Aufklärungsquote in diesem Deliktbereich ist deutlich angestiegen, das will ich klar sagen.

Ich möchte noch auf das Thema Wohnungseinbrüche eingehen. Da gibt es eine unschöne Entwicklung, aber wir haben hier wirklich einen bundesweiten Trend. Wenn wir uns anschauen – nicht um etwas schönzureden –, wie die Ausweisungen in manchen anderen Ländern sind, müssen wir sagen: Es gilt nicht nur bundesweit, sondern europaweit, gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen und deshalb ist die Vernetzung der Polizeien ganz maßgeblich. Hier sind noch einige Anstrengungen zu leisten.

Zum Thema Drogenkriminalität nur so viel: Ja, sie ist ein Kontrolldelikt. Aber wenn wir uns auch dort wieder die Zahlen genau anschauen – ich habe sie vorgestellt –, so ist an solchen Schwerpunkten wie am Wiener Platz in Dresden die Kriminalität nach oben gegangen, weil die Kontrolle deutlich angezogen hat. Denn es war ein Schwerpunkt trotz der Arbeitsbelastung, die es gerade hier in Dresden gab, dass die Kolleginnen und Kollegen gesagt haben: Wir wollen bei diesem Delikt kontrollieren. Deshalb sind die Zahlen nach oben gegangen.

Nun möchte ich noch auf das Thema politisch motivierte Kriminalität eingehen, denn Sie haben völlig recht: Ich habe mit der PKS die politisch motivierte Kriminalität und das besondere Phänomen Zuwanderer zur gleichen Zeit vorgestellt, um die Möglichkeit einer Gesamtschau zu bieten. Bei der politisch motivierten Kriminalität ist der Anstieg besorgniserregend, auf jeden Fall der Anstieg im Bereich der PMK-rechts. Darüber gibt es überhaupt keine Diskussion. Wenn wir uns dann noch anschauen, dass jedes vierte Delikt einen Bezug zum Thema Asyl hatte – im Vergleich zum Jahr 2014, als es nur jedes 17. war –, so müssen wir sehr intensiv und konsequent dagegen vorgehen.

Wir haben im Bereich der Gewaltdelikte, PMK-rechts und PMK-links, etwa vergleichbare Zahlen. Deshalb gibt es, wenn es gegen Menschen geht – Asylbewerber, Menschen, die zu uns kommen –, überhaupt keine Diskussion und keine Rechtfertigung. Aber ich möchte das, Herr Stange, auch auf den anderen Bereich ausdehnen; denn dieser gehört ebenfalls dazu – Sie sprachen es an –, wenn es Gewalt gegen Polizisten gibt. Ich habe die Information von Herrn Bürgermeister Rosenthal vom 12.12.2015 in Leipzig. Er hat mir geschildert, dass er das Geräusch nie vergessen wird, als ein Pflasterstein auf dem Helm eines Polizisten gelandet ist; und es ist klar, was passiert wäre, wenn der Helm nicht da gewesen wäre. Deshalb die klare Aussage: Mir ist es egal, von welchen Chaoten Gewalt in dieser Form ausgeht. Sie ist nicht hinzunehmen, und wir dürfen sie in unserer Gesellschaft nicht tolerieren.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Was das Thema Aktivitäten und Erfolge betrifft, so reicht die Zeit auch hier nur für das Ansprechen einiger Punkte.

Sie haben die Strukturen gelobt: OAZ und unsere INES PMK. Zu den Anschlägen auf die Asylbewerberunterkünfte in Meißen und Dresden möchte ich sagen: Zwei Tatverdächtige sitzen bereits in U-Haft.

Ein weiteres Beispiel sind die Ausschreitungen in Heidenau im August 2015: 15 Ermittlungsverfahren gegen 20 Beschuldigte, Anklage gegen 17 Beschuldigte wurde erhoben und Strafbefehlsantrag gegen drei Beschuldigte gestellt. Wir hatten in Crimmitschau einen Anschlag auf die Asylbewerberunterkunft. Hier ermittelt die Staatsanwaltschaft Zwickau gegen drei in Untersuchungshaft befindliche Beschuldigte, denen versuchter Mord in Tateinheit mit versuchter schwerer Brandstiftung zur Last gelegt wird.

Das Thema, das aktuell im Mittelpunkt steht, sind die Ermittlungen in Freital und das, was der Generalbundesanwalt an sich gezogen hat. Auch dazu von mir ein klares Wort, meine sehr verehrten Damen und Herren: Das, was dort an Vorarbeit durch die sächsischen Behörden geleistet worden ist, ist bemerkenswert. Auf diese Ermittlungsarbeit konnte der Generalbundesanwalt aufsetzen; denn Sie glauben doch nicht, dass, wenn die bei uns durchgeführten Ermittlungen nicht diese Qualität gehabt hätten, innerhalb so kurzer Zeit

(Marco Böhme, DIE LINKE: Kurze Zeit!)

durch den Generalbundesanwalt so klar und konsequent entschieden und die entsprechenden Exekutivmaßnahmen durchgeführt werden könnten.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Klaus Bartl, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Ja, gern.

Herr Bartl, bitte.

Vielen Dank, Herr Staatsminister! Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Staatsminis

ter, geben Sie mir darin recht, dass, wenn die Ermittlungen der Polizei so substanziell waren, der Generalbundesanwalt dann erkennen konnte, dass es einen Anfangsverdacht zur Bildung einer terroristischen Vereinigung gibt, dass das Erkennen auch der sächsischen Staatsanwaltschaft nötig gewesen wäre und demzufolge die Ermittlungen diesbezüglich ermittlungsseitig leiden?

Ich gebe Ihnen darin recht, dass die Federführung natürlich bei der jeweiligen Staatsanwaltschaft liegt. Ich kann Ihnen nur insoweit Informationen geben und berichten, dass nach meiner Kenntnis die Konsultation mit dem Generalbundesanwalt schon über längere Zeit erfolgt ist und auf dieser Grundlage letztendlich die Entscheidung von ihm getroffen wurde.

Sie als Jurist wissen das: Nach Gerichtsverfassungsgesetz ist der Generalbundesanwalt derjenige, der allein zuständig ist und Entscheidungen treffen kann, ob er wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung nach § 129 a StGB ermittelt oder nicht. Vor diesem Hintergrund will ich noch einmal deutlich machen: Die Ermittlungsarbeit ist die Basis für die Entscheidung gewesen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die Arbeit, die die Kollegen geleistet haben, ist bemerkenswert, aber es gibt noch viel zu tun. Deshalb ist die Personalaufstockung, die jetzt entschieden worden ist, der richtige Weg. Auf diesem müssen wir konsequent vorangehen. Aber ich bitte Sie immer wieder, auch in der Öffentlichkeit, um die Unterstützung der Arbeit der Polizei, denn sie hat das verdient. Aber sie hat nicht verdient, dass sie in solch eine Kritik kommt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsministerin Petra Köpping)

Meine Damen und Herren! Die 1. Aktuelle Debatte ist abgeschlossen. Wir kommen zu

2. Aktuelle Debatte

Ohne starke Denkmalpflege bröckelt Sachsens Denkmalschutz

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion GRÜNE das Wort. Danach folgen die CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Herr Abg. Günther, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ohne starke Denkmalpflege bröckelt Sachsens Denkmalschutz – das klingt alarmierend und das ist genauso gemeint.

Wir reden dieser Tage sehr oft über das kulturelle Fundament unserer Gesellschaft. Das hat Konjunktur. Das baukulturelle Fundament ist dabei eine ganz wesentliche Komponente, und zwar in erster Linie für unsere Identität. Unsere sächsische Identität als Teilerzählung einer europäischen Kulturgeschichte hat eine sehr hohe Bedeutung – ich habe jetzt nicht die Zeit, das vollumfänglich darzulegen – für Tourismus, Wirtschaftsförderung lokal und

regional, für integrierte Stadtentwicklung, Dorferneuerung – überall.

Ich denke, wir werden nachher von Staatsminister Ulbig noch viel über die Erfolge hören.

(Staatsminister Markus Ulbig: Zu Recht, zu Recht!)

Dies muss ich jetzt nicht im Einzelnen ausführen. Ja, wir haben seit 1990 viel erreicht. Aber wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, an dem es offensichtlich mit all den Erfolgen, die wir erreicht haben, nicht so richtig weitergeht.

Denkmalschutz braucht vor allem drei Dinge: Es braucht die Objekte. Es braucht die Menschen, die sich darum kümmern. Und es braucht die Mittel, um sich darum zu kümmern. An allen drei Stellen bröckelt es erheblich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Seit dem Jahr 2000 haben wir knapp 5 000 Baudenkmale in Sachsen verloren und in den Jahren zuvor auch einige. Es gibt ganze Denkmalgruppen, die akut gefährdet sind. Ob es technische Denkmale, Bauernhöfe, Wohn- oder Geschäftshäuser, die in unseren Klein- und Mittelstädten teilweise bis an die Marktplätze heranreichen, oder Herrenhäuser sind – überall bröckelt es zunehmend. Wir stehen jetzt davor, dass wir in den nächsten Jahren einen Geschichtsverlust erleiden werden, der manchem vielleicht noch gar nicht so richtig klar ist. Noch ein Wort dazu: Im Denkmalschutz gilt immer die Maxime: Was weg ist, ist weg, und zwar für immer. Das, was wir dort verlieren, können wir nie wieder zurückholen.

Wer kümmert sich denn um diese Baudenkmale? Ich komme zum Landesamt. Im Jahr 1994 hatten wir dort 70 Personalstellen. Im Jahr 2000 waren es noch 62, heute sind es 48. Aufgrund des hohen Durchschnittsalters – sehr viele Kollegen stehen kurz vor der Pensionierung – werden wir in sechs Jahren nur noch 29 Mitarbeiter dort haben; denn jede Stelle, die altersbedingt frei wird, soll nach jetzigem Stand nicht neu besetzt werden dürfen. Es ist schade, dass der Kollege Unland jetzt nicht da ist; denn an dieser Stelle hat ja auch der Finanzminister mitzusprechen und das muss unbedingt in die Haushaltsverhandlungen hinein.

Zur Erinnerung: Zu DDR-Zeiten waren es immerhin noch 37. Wollen wir wirklich so zurückfallen? Das Landesamt kann dann seine Arbeit schlichtweg nicht mehr erledigen.

(Zuruf der Abg. Hannelore Dietzschold, CDU)

Genauso sieht es auch in den unteren Denkmalbehörden aus. Ich werde Sie jetzt nicht mit weiteren Zahlen traktieren. Sie kommen gar nicht nach mit ihrer Bearbeitung. In der Landesdirektion ist es auch nicht anders. Viele von den formal als Denkmalpfleger dort Beschäftigten beschäftigen sich eigentlich mit steuerlichen Bescheinigungen.

(Zuruf des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Wer kümmert sich noch um die Baudenkmale? Es geht – neben den Behörden – vor allem um Sachverstand bei der Planung. Nehmen wir zum Beispiel die Weiterbildung für Architekten, Bauingenieure. Es gab einen Studiengang bei Prof. Meyer an der TU Dresden – eingestellt. Es gab das Weiterbildungszentrum für Denkmalpflege und Altbauinstandsetzung in der Dresdner Villa Salzburg – geschlossen. Wir hatten Aufbaustudiengänge Denkmalpflege/Stationierung unter Prof. Sulzer in Görlitz – geschlossen. Bis zum letzten Jahr hatten wir für die Handwerker ein Zentrum in Trebsen – geschlossen.

In zehn Tagen, am 30.04., schließt auch das letzte Weiterbildungszentrum in Görlitz. Dort hat man seit Bestehen 430 geprüfte Restauratoren, geprüfte Fachhandwerker der Berufszweige Maurer, Maler, Stuckateur, Steinmetz, Tischler und Zimmerer ausgebildet. Das alles hört jetzt schlagartig auf. Sie sehen, es gibt niemanden mehr, weder behördlicherseits, der sich um die Denkmale kümmern kann, noch ist der Sachverstand bei den Planern vorhanden.

Damit kommen wir genau zu diesem Problem: Wenn Denkmalpflege funktionieren soll, dann braucht sie Menschen, die proaktiv schon in der Planungsphase den Gedanken des Denkmalschutzes einfließen lassen. Wenn das nicht funktioniert, dann haben wir diese Situation: Die Denkmalpflege kommt als Letzte ins Spiel, wenn irgendwo eine Planung fertig ist, sei es der geplante Abbruch oder irgendein Umbau, der sich nicht um die denkmalpflegerischen Eigenschaften kümmert. Dann ist die Denkmalpflege auf einmal der Störfaktor und muss sich Angriffen ausgesetzt sehen. Dann werden Rufe laut, die wir jetzt auch hören: Der Denkmalpflege müssen wir unbedingt die Krallen stutzen. Nein, sie ist gar nicht arbeitsfähig und kann ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen.

Ein weiterer Aspekt – –