Protokoll der Sitzung vom 22.06.2016

Aber das macht Ihre Regelung nur absurder, wenn Sie mir recht geben, und sagen, dass das so ist. Da sage ich Ihnen: Denken Sie einfach um und fördern Sie Hotspots grundsätzlich, egal wo überall.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Die Frage – und auch da müssen wir umdenken –: Welche Bedeutung hat ein Internetzugang in einer digitalen Welt? Wir als LINKE sagen, ein freier Internetzugang für alle ist ein Teil der Daseinsvorsorge. Es ist auch eine soziale Frage, ob Menschen ausgegrenzt werden, weil sie sich einen privaten Zugang vielleicht nicht leisten können.

Ich denke: Wenn Sie als Staatsregierung hier umdenken, können Sie tatsächlich davon sprechen, dass Sie einen Aufbruch starten und die Zukunft dieses Freistaates sichern. Sie könnten zum Beispiel nach Thüringen schauen, wie dort der Freifunk gefördert wird.

(Patrick Schreiber, CDU: Ah!)

Ja, Sie brauchen gar nicht ah! zu rufen. Ich weiß, dass Sie mit Thüringen wahrscheinlich aufgrund des Ministerpräsidenten ein Stück weit ein Problem haben. Ich weiß auch, dass es gerade in der CDU allgemein Vorbehalte gegenüber Freifunk gibt. Nicht umsonst haben Sie im Dresdner Stadtrat die Unterstützung der Freifunkinitiativen abgelehnt. Aber egal: Es lohnt sich durchaus, einmal hier nach Dresden zu schauen. In Dresden sollen perspektivisch 800 frei zugängliche Hotspots entstehen. Wenn man sich anschaut, wie sich die Staatsregierung dafür lobt, dass sie im Erzgebirgskreis sage und schreibe 88 Knoten fördert, dann relativiert das das Ganze natürlich.

Wenn man sich weiter überlegt, dass einer dieser Knoten im Erzgebirge bei einer soliden Leistung einen Funkradius von 100 Metern hat, dann sind wir pro Knoten etwa bei der Abdeckung des Dresdner Postplatzes. Dann kommen wir bei 88 geförderten Hotspots auf circa 2,5 bis 3 Quadratkilometer. Das dürfte in etwa der Kernbereich der Kreisstadt Annaberg sein, oder anders ausgedrückt: 1,5 Promille der Kreisfläche.

Hinzu kommt, dass in diesen Förderkriterien keinerlei technische Mindestkriterien hinsichtlich der tatsächlichen Übertragungsleistung und des Datenvolumens festgelegt sind. Über WLAN in Nahverkehrszügen habe ich noch nicht gesprochen.

Die Frage ist, was man als Freistaat noch tun kann. Wenn Sie nicht nach Thüringen schauen wollen, schauen Sie nach Bayern. Bayern hat beschlossen, sämtliche Amts- und Behördenstandorte als Basis für einen frei zugänglichen Hotspot zu nutzen. Auf eine Kleine Anfrage von mir, warum das in Sachsen nicht möglich sei, bekam ich die Antwort: Störerhaftung. Nun reden wir hier im Moment darüber, dass das Problem Störerhaftung so nicht mehr im Raum steht. Dann sage ich: Tun Sie es einfach! Das wäre tatsächlich etwas, was unseren Freistaat voranbringt. Stellen Sie sich das vor: jede Schule, jedes Finanzamt, jede Behörde, jedes Landesmuseum – überall ein kostenloser, frei zugänglicher WLAN-Hotspot. Dann hätten wir es tatsächlich geschafft, hier im Land eine Abdeckung zu schaffen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf einen ganz anderen Punkt zu sprechen kommen. Der gehört, glaube ich, auch dazu, wenn wir von digitaler Offensive reden. Das ist nicht nur die Infrastruktur. Das ist ebenfalls die Frage nach guter Arbeit. In Ihrer 43-seitigen Digitalisierungsstrategie haben Sie exakt eine halbe A-4-Seite mit 450 Worten darauf verwendet, wie sich die Arbeitswelt im digitalen Zeitalter gestalten wird. Außer Allgemeinplätzen lese ich da nichts. Es steht nichts dazu, wie sich die Arbeitsverhältnisse potenziell durch App-basierte Dienste auflösen.

Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele – sie gibt es real –, wie Unternehmen ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen ausgliedern und an einen Clouddienstleister auslagern. Ich nenne Ihnen als Beispiel den Taxidienstleister Uber. Dieser strebt ein internationales Monopol an. Bisher selbstständige Taxifahrer werden in die scheinselbstständige Abhängigkeit gedrängt. Darüber steht nichts in ihrem Papier. Ich möchte nicht nur die Risiken an die Wand malen – wir müssen sie aber sehen.

Jetzt ist die Redezeit zu Ende.

Wir müssen uns bewusst sein, dass hier tatsächlich eine Prekarisierung von bisher sicheren Arbeitsplätzen vorliegt.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Das war Kollege Brünler, Fraktion DIE LINKE. Die AfD wäre am Zuge und könnte erneut das Wort ergreifen. Bitte, Herr Beger.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun kommen wir zum Thema Sachsens Breitbandzukunft: Breitbandatlas,

digitale Offensive Sachsen, Sachsen digital, Digitalisie

rungsstrategie, Beratungsstellen, Informationszentren etc. Die Staatsregierung betreibt an dieser Stelle wirklich eine gute PR. Schade ist nur, dass bei der Umsetzung kaum Erfolge zu vermelden sind. Diese fehlenden Erfolge nimmt auch die sächsische Bevölkerung wahr. Die „Freie Presse“ titelt am 18.05.2016 – ich zitiere –: „Kommunen sehen Rot beim Turbo-Internet“. Ein durchschaubarer Schachzug ist es nun, die mangelnde Umsetzung zu vertuschen, indem man das überprüfbare Ziel einer flächendeckenden Versorgung von 50 Mbit/s bis zum Jahr 2018 auf eine Versorgung von 100 Mbit/s erhöht, dieses Ziel aber gleichzeitig erst für das Jahr 2025 ausgibt.

Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinter den Spitzenländern weit hinterher, wenn es um ein TopSpeedway-WLAN geht. Sachsen belegt in dem vom schnellen Internet abgeschlagenen Land auch noch den dritten Platz.

Wenn wir über den sächsischen Breitbandzugriff diskutieren, sage ich nur Folgendes: Herr Wirtschaftsminister, Ihr Haus muss die tollen Konzepte umsetzen und endlich Ergebnisse präsentieren. Das muss vor dem Jahr 2025 geschehen. Die Anschubphase ist vorbei. Wir nähern uns dem nächsten Doppelhaushalt. Millionen Sachsen können sich von Konzepten, Beratungsstellen und Strategien nämlich nichts kaufen, wenn heute und in Zukunft zu Hause lediglich ein paar Kilobit pro Sekunde an Daten aus der Leitung krabbeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Beger für die Fraktion AfD. Jetzt könnte die Fraktion GRÜNE das Wort ergreifen. Gibt es noch Redebedarf in dieser zweiten Runde? – Das kann ich nicht erkennen. Wir können eine dritte Runde eröffnen. Für die einbringende Fraktion spricht Herr Kollege Heidan.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe die Aktuelle Debatte aufmerksam verfolgt. Ich muss Folgendes vorab sagen: Infrastruktur ist sicherlich eine staatliche Aufgabe. Es gibt aber im Hinblick auf diese staatliche Aufgabe auch Wettbewerb. Es gibt große Anbieter, die den Ausbau auch ohne Förderung vornehmen. Es ist viel dazu gesagt worden, was der Freistaat oder der verantwortliche Minister nicht machen würden. Den Aspekt des Wettbewerbs sollten wir hier deutlich hervorheben und kommunizieren.

Meine Damen und Herren! Wir haben im Doppelhaushalt und den nachfolgenden Jahren einen größeren dreistelligen Millionenbetrag für die Ergänzung der Infrastruktur eingestellt. Es kann nicht falsch sein, dass man in den ländlichen Bereichen, in denen die Wettbewerber in ihren Leistungen keinen Nutzen sehen, durch Förderung den Ausbau unterstützt. Es wurde erwähnt, dass es zum Leben gehört. Das werden wir auch tun.

Frau Dr. Maicher, nehmen Sie es mir bitte nicht übel, dass ich Folgendes erwähne: Eine Förderung, die einen Eigenanteil von 8 bis 10 % zum Inhalt hat, bringt eine gewisse Eigenverantwortung mit sich. Es kann nicht sein, dass das Glasfaserkabel in der Erde liegt und es keiner verwendet. Wir haben in der Vergangenheit schon ähnliche Sachverhalte gesehen, die gefördert und dann nicht genutzt wurden. Eine gewisse Eigenverantwortung, die die Kommunen haben und praktisch sehr gut umsetzen, sollten wir kommunizieren und zum Inhalt der Richtlinie machen. Das wird der Minister in seinen nachfolgenden Ausführungen deutlich sagen.

Es ist ebenfalls wichtig, sich einmal vorzustellen, wie wir in Bezug auf die Hotspots unterwegs sind. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums liegen für 10 000 Einwohner 1,87 WLAN-Hotspots vor. Im Vergleich dazu sind es in Südkorea 37,35 und in Schweden 9,94 pro 10 000 Einwohner. Dazu ist vonseiten des Bundes in Bezug auf die Störerhaftung eine geringere Verantwortung und rechtliche Sicherheit beschlossen worden.

Herr Beger von der AfD, ich muss Ihnen sagen, dass folgender Grundsatz nach wie vor gilt: Wenn ich es nicht war, dann bestehen gegen mich auch keine Forderungen. So ist auch die gesetzliche Regelung zur Störerhaftung letztendlich im Bundestag beschlossen worden und wird uns somit weiter voranbringen. Es ist wichtig, noch einmal zu betonen, dass das schnelle Internet für die Zukunft der Unternehmen auch in strukturschwachen Räumen und Bereichen sehr wichtig ist. Es ist auch wichtig zu sagen, dass wir als Freistaat Sachsen die Aufgabe haben, keine weißen Flecken zu hinterlassen. Deshalb ist diese digitale Richtlinienoffensive und deren Umsetzung auch wichtig. Damit schaffen wir gleiche Lebensbedingungen in allen Bereichen im gesamten Freistaat. Bitte unterstützen Sie das.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die einbringende CDUFraktion wurde von Herrn Kollegen Heidan vertreten. Jetzt spricht Herr Kollege Mann erneut für die einbringende SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Debatte bedeutet zu debattieren und mit den Argumenten der anderen umzugehen. Es war viel Kritik, die hier geäußert wurde: Wenn die Opposition sonst kritisiert, dass unter den Titeln von Aktuellen Debatten irgendetwas diskutiert wird, dann diskutieren wir hier in diesem Punkt eben genau dieses Thema. Es geht um die Abschaffung der Störerhaftung und den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, wenn ich aufgrund der Redezeit nicht auf weitere Aspekte eingehen kann.

Herr Brünler, Sie hatten gesagt, dass Ihnen das Konzept der Digitalisierungsstrategie für den Freistaat zu dünn sei. Falls Sie sie wirklich selbst gelesen haben, haben Sie

sicherlich gemerkt, dass es keine 40 Seiten waren. Es gibt weitere 150 Seiten, die einen Maßnahmenkatalog enthalten. Die Struktur ist – wie das Internet – arbeitsteilig aufgebaut. In allen Häusern müssen Aufgaben erledigt und – so wie die Entwicklung schnell voranschreitet – Erfahrungen gesammelt werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Natürlich, sehr gern.

Herr Kollege Brünler, bitte.

Ich habe das Konzept in der Tat komplett gelesen. Ich habe ebenso die Meilensteine gelesen. Ich frage Sie Folgendes: Haben Sie die Meilensteine ebenfalls gelesen? Wenn das der Fall ist, dann haben Sie tatsächlich bei dem Punkt der guten Arbeit einen Punkt gefunden: Das ist die Förderung der Telearbeit in der Staatsregierung. Das ist etwas dünn, oder?

(Heiterkeit bei den LINKEN – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist etwas dünn!)

Wie lautet die Frage?

Das war die Frage.

Der letzte Punkt ist somit die Frage.

Ich habe das gelesen. Ich habe den Maßnahmenkatalog gesehen. Ich habe volles Vertrauen darauf, dass der Verantwortliche der Staatsregierung, Staatssekretär Stephan Brangs, der dies koordinieren und zusammenführen soll, auf diese Prozesse ein Auge hat und schaut, dass das passiert.

Trotzdem gibt es auch da kein imperatives Mandat, sondern es ist arbeitsteilig-kollegial Sache der Staatsregierung, wo CDU und SPD in einer Koalition zusammenarbeiten und auch in den Häusern gemeinsam kollegial abstimmen müssen, wo man denn hingeht. Denn etwas, was Sie vielleicht auch herausgelesen haben, ist, dass es natürlich auch im öffentlichen Bereich widerstreitende Interessen gibt. Sie haben zum Beispiel die Situation, dass man im Wirtschaftsbereich und natürlich auch im Bildungsbereich sagt: Wir würden viel mehr machen wollen. Aber es gibt auch einen innenpolitischen Bereich oder auch einen Bereich der Justiz, der sagt: Natürlich gibt es Risiken. Diese stehen heute nicht im Debattentitel, aber ich habe sie angerissen.

Es gibt die Fragen des Datenschutzes, es gibt die Fragen der sozialen Spaltung der Gesellschaft. Es gibt Fragen wie diese: Wo dürfen wir als Staat digitale Infrastruktur ausbauen – eben weil es ein Feld ist, wo eigentlich die Wirtschaft Verantwortung trägt und wo die Wirtschaft dieser Verantwortung in den vergangenen Jahren aus unserer Sicht nicht ausreichend nachgekommen ist? Alle

diese Fragen sind nicht immer einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Genau deswegen ist es ein Prozess.

Ich hoffe, Sie sind mit der Antwort zufrieden. Wir haben leider in diesem Plenum wenig Zeit, insbesondere mit Blick auf morgen Abend.

Deswegen will ich zu den anderen Sachen und Argumenten, die aufgekommen sind, Herr Beger, noch einmal deutlich sagen, der Kollege Rohwer hat es schon getan: Ich wäre sehr froh, wenn dieser Prozess und diese Entwicklung in einem sicheren Hafen wären. Aber rund ein Drittel der sächsischen Kommunen hat sich mit dieser Frage noch nicht einmal konzeptionell befasst, und das ist eine Riesenhypothek zu Zukunftsfähigkeit gerade im ländlichen Raum. Deswegen führen wir die Debatte.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Daher ist jede PR, die wir für diese Maßnahmen machen, richtig und wichtig.