Protokoll der Sitzung vom 23.06.2016

Herr Heinz, ist Ihnen bekannt, dass in dem Erlass das Thema Schäl- und Verbissschäden genauso beschrieben wird?

Wie Sie das hier formulieren, ist es mir nicht bekannt.

(Zuruf von der AfD: Lesen hilft!)

Wir waren bei der Beunruhigung von Wild.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Genau! – Zuruf von den LINKEN: Ja, von Wild!)

Ja, das Thema bietet sich an.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Die Vogtländer unter sich! – Heiterkeit bei den LINKEN)

Das Jagdgesetz wurde mit wissenschaftlicher Beratung aus Tharandt extra so gemacht. Die Jagdzeiten wurden angepasst, um die Beunruhigung von Wild – also jetzt nicht von Herrn Wild, sondern des Wildes – zu vermeiden.

(Carsten Hütter, AfD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Hütter.

Danke, Frau Präsidentin! – Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass wenn ich Rotwild übermäßig bejage, sich dieses dementsprechend zurückzieht und sich damit die Verbissschäden extrem erhöhen?

Das ist bekannt, hat aber auch etwas damit zu tun: Wenn insgesamt zu viel da ist, ist halt eine verstärkte Jagd notwendig. Ansonsten ist bekannt: Je enger der Lebensraum, umso mehr zieht sich das Wild zurück.

(Carsten Hütter, AfD: Sie sollten sich intensiv damit beschäftigen!)

Es bildet auch im Zweifelsfall größere Gruppen und macht natürlich an den Stellen, wo es auftritt, noch mehr Schäden, als wenn es in Ruhe mit angepassten Wilddichten im Wald leben kann.

Ich lese aus der Diskussion heraus: Sie wollen viel mehr Wild im Wald und deshalb auch die Verkürzung der Jagdzeiten. Wenn Sie tagsüber auf den Feldfluren äsende Rotwildrudel, wie im Tierpark, sehen wollen, dann beunruhigt mich das als Land- und Forstwirt sehr; denn ich prognostiziere, dass, wenn es so ist, wir überall am Tag äsende Rotwildrudel sehen. Dann war die Schorfheide zu Zeiten von Herrmann Göring, Erich Honecker oder Erich Mielke ein wildleeres Gebiet.

Wir haben bei der Novelle des Jagdgesetzes einen weiten Rahmen für die Jäger gesteckt, den diese in ihren Revieren freiwillig umsetzen können, damit die Eigentümer, die Inhaber des Jagdrechts von möglichst vielen Wildschäden verschont bleiben.

Sie wollen dieses Rad zurückdrehen, indem Sie die Jagdzeiten verkürzen, sodass die Abschüsse von der sich verändernden Jägerschaft kaum zu schaffen sind. Wir achten die Land- und Forstwirte, die gerade in diesen schwierigen Zeiten einen zusätzlichen Wildschaden nicht vertragen können und wollen.

Ich möchte zum Schluss aus einem Leserbrief zitieren, der vor Kurzem zu großen Teilen in der Jagdzeitung „Unsere Jagd“ veröffentlicht und von Georg-Ludwig von Breitenbuch geschrieben wurde: „Wir haben in Sachsen seit 2012 ein beispielgebendes Jagdgesetz, welches die Freiheit und Verantwortung der Jäger in ihren Revieren achtet und festschreibt. Dieser Gedanke wurde auch auf die Hegegemeinschaften übertragen. Unerlässlich ist dafür der Wille und die Fähigkeit von Jägern, die Interessen nicht nur der Grundeigentümer als eigentliche Eigentümer des Jagdrechts, sondern auch die vielleicht anderen Interessen der Jagdnachbarn zu akzeptieren, trotzdem aber Gemeinsamkeiten zu suchen. Größtenteils gelingt das in Sachsen – an einigen Orten, bei einigen Akteuren aber nicht.“

(Jörg Urban, AfD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, Herr Heinz?

Ja, bitte.

Sehr geehrter Herr Kollege, wenn Sie unseren Antrag richtig gelesen haben, dann müssten Sie gemerkt haben, dass wir keineswegs die Jagdzeiten verkürzen oder verlängern wollen, sondern wir wollen sie zeitlich verschieben.

Ich frage Sie jetzt: Können Sie sich vorstellen, dass, wenn wir den Januar als Jagdzeit herausnehmen und vorverlegen, wir damit eine Jagdzeit herausnehmen, in der das Wild an sich sehr ruhig ist, es durch die Beunruhigung einen höheren Energiebedarf hat und im Januar natürlich auch größere Verbissschäden anrichtet?

Also, das kann man sich sicher vorstellen.

(Gelächter bei der AfD)

Ich gehe aber davon aus, dass die Jagdzeiten, so wie wir sie jetzt geregelt haben, sinnvoll sind und so bleiben sollten.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Genau, das war schon immer so! – Lachen der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

Nein, das war nicht immer so. Das haben wir erst im letzten Jagdgesetz so verändert. Viel sinnvoller wäre es zum Beispiel, über ein Anleinverbot für Hunde während der Brut- und Setzzeit nachzudenken usw. Das ist aber leider auch in der eigenen Fraktion nicht mehrheitsfähig.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Dann beschweren Sie sich da und nicht bei uns!)

Insofern haben wir noch ein bisschen Arbeit vor uns.

Ich war dabei stehengeblieben, dass es in Sachsen größtenteils gelingt, diese Gemeinsamkeiten zu suchen, an einigen Orten, bei einigen der Akteure aber nicht. „Vielleicht auch nie. Das hat nichts mit fehlender Kontrolle durch Verwaltung oder Parlamentarier zu tun, sondern mit handelnden Personen vor Ort. Die Probleme rund um die Jagd müssen vor Ort und im Miteinander gelöst werden. Die politische Landesebene zu benutzen, wenn man vor Ort nicht zurecht kommt, ist der falsche Weg.“ Damit endet das Zitat.

Genau auf diesem falschen Weg befinden Sie sich mit Ihrem Antrag. Wir lehnen ihn deshalb ab.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Dr. Frauke Petry, AfD: Ja, ja, genau! Machen Sie ruhig weiter!)

Für die Fraktion DIE LINKE Frau Dr. Pinka, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst gilt es festzustellen, dass es deutlich voneinander abweichende Interessenlagen bei der Jagd gibt.

Erstens gibt es die Jagdpächter, die oftmals keine Waldbesitzer sind und demzufolge, anders als Förster, kaum Interesse daran haben, dass die zukünftigen Holzerträge und -qualitäten stimmen.

Zweitens gibt es Jagdpächter, die möglichst viel Wild im eigenen Revier sehen wollen und eher weniger an die größeren Zusammenhänge denken.

Drittens gibt es Jäger, die nicht als Schädlingsvernichter angesehen werden wollen und sich beispielsweise dagegen wehren, zwei Monate alte Rotwildkälber zu schießen.

Viertens wollen manche Jäger oft draußen auf dem Hochsitz sein und häufig viel Wild sehen. Andere sind ohnehin fast täglich draußen im Wald und wollen die Zeit auf dem Hochsitz minimieren bzw. andere Jagdkonzepte in dieser Richtung durchführen.

Dies nur als Beispiel. Zu diesen gegensätzlichen Grundeinstellungen kommen strukturbedingte Hintergründe und Machtverhältnisse hinzu. Es gibt Eigenjagdbezirke des Freistaates Sachsen, die vom Staatsbetrieb Sachsenforst verwaltet werden, sogenannte Verwaltungsjagdbezirke. Auf der übrigen Fläche gibt es gemeinschaftliche Jagdbezirke ab einer Mindestgröße von 250 Hektar. Hier werden Jagdgenossenschaften gegründet. Diese unterstehen der Aufsicht der Jagdbehörde, zunächst dem Landkreis als untere Jagdbehörde, aber dann dem Sachsenforst. Der Staatsbetrieb Sachsenforst ist in Sachsen ja selbst die obere Jagdbehörde.

Wir haben es also mit diversen längeren und kürzeren Hebeln zu tun. Innerhalb der Jagdgenossenschaften haben die Jagdpächter, die häufig weder Flächeneigentümer noch Bewirtschafter sind, oftmals gegenüber den Verpächtern oder den Bewirtschaftern die Deutungshoheit darüber, wie richtig gejagt wird.

Im Umgang mit Sachsenforst, beispielsweise in gemischten Hegegemeinschaften, tritt nun ein Player auf den Plan, der selbst über eine gehörige Durchsetzungsmacht für die eigene Deutung der Wirklichkeit verfügt. Folge sind erhebliche Konflikte, die seit Jahren schwelen. Mittlerweile ist Sachsenforst aus einer Hegegemeinschaft ausgetreten, weil eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich erschien. Im Magazin „Wir Jäger in Sachsen“ wird eine Auseinandersetzung zur Haltung des zurückgetretenen Landesjagdpräsidenten geführt.

Wir befinden uns mittlerweile in der Phase der Gutachtenschlacht. Zwei Professorenmeinungen zur Rotwildbewirtschaftung stehen sich anscheinend unversöhnlich gegenüber und sollen irgendwie moderiert und eingefangen werden. Ich glaube, mittlerweile sind die Gräben schon so tief, dass sich keine der Parteien durch Professorenmeinungen zum Umdenken bewegen lassen wird.

(Silke Grimm, AfD, steht am Mikrofon.)

Ich war gerade bei den strukturellen Ursachen für die auftretenden Probleme. Da reden wir beispielsweise auch über das aktuelle Sächsische Jagdgesetz. Ich verweise daher gern auf unsere Änderungsanträge zum Gesetz aus

dem Jahr 2012, wodurch meine Fraktion diese strukturellen Ungleichheiten beseitigen und gleichzeitig Bewertungs- und Beurteilungsgrundlagen für angemessene Wilddichten erhalten wollte.

Frau Dr. Pinka, gestatten Sie eine Zwischenfrage?