Das verwundert nicht, hatten Sie in den vergangenen Tagen ja recht wenig Aufmerksamkeit. Das haben Sie heute früh geändert und es hat sich gezeigt, wo Sie genau mit diesem Antrag hinwollen. Das steht ähnlich zu dem, was Sie heute früh Unmögliches geboten haben.
Abschließend sage ich an die Abgeordneten der antragstellenden Fraktion gerichtet: Ihre ausgrenzenden und rückwärtsgewandten Ansichten haben nichts mit einer Kulturpolitik zu tun, die Kultur fördern will, die Freiräume schaffen will. Aber Sie geben ja auch zu: Sie wollen das auch gar nicht.
Kultur steht doch für Offenheit, für neue Perspektiven, für die Erweiterung des eigenen Blickwinkels – Sie stehen für das Gegenteil. Eine zeitgemäße, vielfältige und weltoffene Kulturförderung ist damit nicht zu vereinbaren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Ursu, wenn ich Sie interpretieren darf, dann halten Sie staatliche Kulturförderung für einen Verstoß gegen Artikel 5. Das war eine sehr interessante Aussage; denn Sie haben gesagt, dass in der Tat ein Projekt, eine Konzeption, die über die Kulturstiftung, also einen Antrag im Landtag und gegebenenfalls einen Haushaltstitel angestoßen wird, offenbar in die Freiheitsrechte der Kunst eingreift. Einen größeren Unsinn habe ich in diesem Haus zu diesem Thema kaum gehört.
Im Übrigen treten Sie dabei auch – nicht nur Sie, Herr Ursu, sondern auch die anderen Redner der anderen
Fraktionen – genau jenen Künstlern vors Schienbein, die in vielen Fällen in der Vergangenheit DIE LINKE gewählt haben. Machen Sie nur so weiter, dann werden Sie in dieser Klientel zukünftig wieder Wähler verlieren. Denn es sind Künstler, die diesen Antrag, diese Konzeption bereits über Jahre ausprobiert haben und selbstverständlich ihre Freiheit auf Kunst und die Gestaltung, die Form und den Inhalt gewahrt sehen möchten und gewahrt sehen können.
Insofern war das wohl ein gezieltes Missverständnis aus Hilflosigkeit – dann könnte ich es verstehen; so geht Parlamentarismus –; aber das ist sicher nicht zum Wohle der Bürger und nicht zum Wohle der Künstler. Das ist aber nichts Neues.
Viel interessanter ist, dass viele Politiker in Sachsen die Konzeption gewürdigt haben. Ich könnte auch in die CDU-Fraktion schauen: Frau Dietzschold, Frau Fiedler, Sie alle kennen diesen Antrag, Sie kennen die Konzeption; nicht nur Frau von Schorlemer. Christine Clauß hat ihn gewürdigt und positiv begutachtet. Die sächsische Kulturstiftung hat dies getan, Herr Girardet als ehemaliger Beigeordneter für Kultur hat es getan, in Leipzig auch Frau Stange oder Herr Gaul; ich könnte viele andere Namen nennen, und auch Herr Biedenkopf hat sich in der Vergangenheit mehrfach positiv zu dieser Konzeption geäußert – allein, damals stand noch nicht AfD davor.
Herr Tannenberg, den offensichtlich einige von Ihnen zitiert haben, der eine eilfertige Stellungnahme gegen das Projekt abgegeben hat, hat nach kurzer Erklärung und persönlichem Kontakt zurückgerudert. Das müssten Sie bei aller Ehrlichkeit dann auch erwähnen; und ich sage Ihnen, die Kulturverbände werden nichts dagegen haben.
Eine Frage noch. Sie reden von Kulturräumen, und in der Tat ist Sachsen das einzige Bundesland mit einem Kulturraumgesetz, bei dem es sich hinzuschauen lohnt, selbiges vielleicht auch zu überprüfen, infrage zu stellen. In keinem Fall soll hier gekürzt werden – das an die Adresse derjenigen, die behaupten, hier würde irgendjemandem etwas weggenommen –; hier geht es um zusätzliche Gelder. Im Übrigen hat auch die Kulturstiftung dazu ein positives Signal gegeben.
Wenn Sie sagen, es gibt kein Ausbluten des ländlichen Raumes, dann schauen Sie auf die Zahlen: 20 % der Orchester sind in den vergangenen 20 Jahren verschwunden und nur, damit Sie sehen, wie überregional die AfD veranlagt ist, begrüßen wir selbstverständlich die Teilnahme von allen möglichen Künstlern, die in Sachsen tätig sind, ganz gleich, wo sie herkommen. Das immer wieder zu unterstellen, Frau Maicher, muss Ihnen doch langsam langweilig werden; es hilft den Wahlergebnissen der GRÜNEN im Übrigen nicht.
Ein letztes Beispiel aus Bayern, wo die Opernfestspiele mit einem Betrag von 380 000 Euro genau aus einem solchen Haushaltstitel gefördert werden.
Vielleicht noch zum Schluss: Auch in anderen Bundesländern im Osten, zum Beispiel in Sachsen-Anhalt, wird derzeit genau über eine solche Konzertprojektion nach diesem Vorbild nachgedacht. Erprobt ist es auch schon im Sächsischen, in Leipzig, – –
Ja, wollen wir das auch nicht mehr sagen? Das ist vielleicht Ihr Problem, nicht meins. – In Leipzig gab es ein ähnliches Projekt in den vergangenen Jahren.
Es hat sehr gut funktioniert, weil Künstler in Eigenregie in der Regel am besten wissen, wie sie ihre Konzerte gestalten. Vielleicht sollten sich das auch die sächsischen Politiker hinter die Ohren schreiben.
Zu Frau Stange: Es haben ja sächsische Künstler vorgeschlagen, denen Sie hier mit vors Schienbein treten, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen.
(Dr. Frauke Petry, AfD: Kommen Sie doch wieder runter! – Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Ich komme dann runter, wenn mir danach ist, und nicht wenn Sie es mir sagen! Sie sind nicht meine Mutter, Gott sei Dank! Unfassbar, diese Arroganz!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schauen wir einmal in das AfD-Grundsatzprogramm.
Dort finden wir folgende Aussage: „Die AfD will den Einfluss der Parteien auf das Kulturleben zurückdrängen.“ – Liebe AfD, mit diesem Antrag sind Sie wahrscheinlich oder sehr deutlich an Ihren eigenen Ansprüchen gescheitert.
Weiter lesen wir in Ihrem Parteiprogramm Aussagen wie: „Die AfD will die Kulturpolitik generell an fachlichen Qualitätskriterien anstatt an politischen Opportunitäten ausrichten.“
Aussagen zu fachlichen Qualitäten finde ich in diesem Antrag keine. Stattdessen enthält er allerhand organisatorische Vorgaben, wer mit wem zusammenarbeiten soll, wann und wo Veranstaltungen stattfinden sollen und – offensichtlich für Sie sehr wichtig; wir haben es ein paar Mal gehört – dass die Konzerte vorwiegend von sächsischen Musikern bestritten werden.
Frau Petry, Sie haben auch in Ihrem zweiten Redenbeitrag offen gelassen, wer für Sie Sachse ist: Hier geboren? Hier studiert? Hier Steuern zahlend? Hätten der in Eisenach geborene Johann Sebastian Bach oder der in SchleswigHolstein geborene Carl-Maria von Weber für Sie dazugehört?
Ein Schmunzeln hat bei mir wiederum hervorgerufen, dass Sie zwar auf die sächsische Identität der Musiker sehr viel Wert legen, aber anstelle des Sächsischen Musikrats nun wieder den Deutschen Musikrat für eine Zusammenarbeit bemühen wollen.
Sie haben sich sehr bemüht, ein recht düsteres Bild von der sächsischen Musiklandschaft zu entwerfen. Ein kurzer Blick auf die Zahlen der Theaterstatistik zeigt: Unsere 15 Orchester spielen im Vergleich zu anderen Bundesländern die höchste Anzahl an Konzerten und erreichen nach Bayern und Nordrhein-Westfalen die dritthöchste Zahl von Besuchern. Eine öde Kulturlandschaft kann ich hier nicht sehen.
Die zahlreichen, vor allem in ländlichen Kulturräumen stattfindenden Musikfestivals – wie Sandstein & Musik, das Schostakowitsch-Festival in Gohrisch, das Musikfest Erzgebirge, die Silbermann-Tage, die Chursächsischen Festspiele in Bad Elster oder das Moritzburg-Festival – finden bei Ihnen erst gar keine Erwähnung.
Auf ein weiteres Detail Ihres Antrags möchte ich noch hinweisen: Unter Punkt II fordert die AfD, dass die erforderlichen Kosten für dieses Konzept im Doppelhaushalt 2017/18 von der Staatsregierung implementiert werden. Geschrieben wurde der Antrag am 19. August. Am 11. August hatte die Staatsregierung unter Anwesenheit der AfD ihren Haushaltsplan in den Landtag eingebracht. Nunmehr können Änderungen nur noch durch das Parlament vorgenommen werden. Vielleicht wäre es gut gewesen, dem Antrag an dieser Stelle ebenfalls mehr Sorgfalt beizumessen.
Kulturpolitik und Kulturpolitiker kennen die Situation zwischen Idealen und Interessen. Auf viele von Ihnen sind sicherlich schon Maler, Schauspieler, Fotografen oder Autoren mit einer guten Idee bzw. einem großartigen Projekt zugekommen und baten um Ihre Unterstützung. Dann stehen wir vor der Frage: Sollen wir, weil wir das Projekt persönlich großartig finden, jetzt entscheiden, dass es mit Steuergeldern gefördert wird? – Dieses Vorgehen fordert der vorliegende Antrag.
Oder setzen wir – so verstehe ich Kulturpolitik – einen Rahmen, meist finanziell, und halten uns aus Einzelheiten der Förderung heraus? Das überlassen wir den Fachleuten aus der Kulturszene. Ich gebe zu, das hat schon zu mancher Enttäuschung bei Gesprächspartnern geführt. Aber die Alternative wäre, dass wir, wie hier vorliegend, über das Kulturprogramm im Freistaat von hier aus entscheiden würden. Wir hätten zu entscheiden: Was wird gespielt? Was wird in Ausstellungen gezeigt? Welche Tänze werden aufgeführt? Welche Orte werden bespielt?
Sachsen ist ein Kulturland; das hat die AfD wohl selbst erkannt. Aber, liebe AfD, das ist es ohne Ihre Einflussnahme geworden,
weil wir kluge Instrumente der Förderung wie das Kulturraumgesetz haben, mit denen sich Kultur frei entfalten kann, und weil vor Ort entschieden wird, ob ein Quartett aus Leipzig für ein Konzert in die Schlossanlage eingeladen wird oder lieber ein Chor aus Bautzen.
Lassen Sie mich an einem weiteren Beispiel deutlich machen, für welche Kulturpolitik wir stehen: Wir sind im Austausch mit Kulturschaffenden verschiedener Sparten und verschiedener Regionen. Wir nehmen ihre Anliegen auf und entwickeln daraus kulturpolitische Vorstellungen. So haben wir durchaus festgestellt, dass es speziellen Bedarf an Kultur im ländlichen Raum gibt. Dabei geht es nicht nur um Konzerte, Theater- oder Filmaufführungen an sich, sondern auch um Maßnahmen zur Erhöhung der Mobilität der Bewohner, damit sie zu den Kulturveranstaltungen überhaupt kommen können. Darauf müssen wir reagieren. Das haben wir uns als Thema für das Haushaltsverfahren vorgenommen. Wir wollen dort die Rahmenbedingungen setzen, damit vor Ort entschieden werden kann, was am sinnvollsten für die Stärkung von Kultur unternommen werden kann.