Sehr geehrte Kollegen! Das Ergebnis des Jahresberichts zur Kenntnis zu nehmen, das ist schön und gut. Vielleicht
können wir uns auch auf eine zustimmende Kenntnisnahme oder einen Beitritt einigen. Aber was macht das für einen Unterschied – für das Ergebnis, meine ich?
Es besteht eindeutig Handlungsbedarf. Dazu hat der Rechnungshof den Gesetzgeber im Einzelfall sogar explizit aufgefordert. Der Äußerung meines Kollegen Wurlitzer vom Monat Juli in diesem Plenum schließe ich mich ausdrücklich an. Es ist an der Zeit, dass auch das Parlament auf die vom Rechnungshof aufgezeigten Fehlentwicklungen reagiert und zu angemessenen Ergebnissen kommt.
Unsere Fraktion hat sich vorgenommen, die Berichte und die Beratenden Äußerungen des Rechnungshofes wirklich ernst zu nehmen und Kursänderungen vorzuschlagen. Unser Antrag zur Nutzung des Immobilienleerstandes und der Gesetzentwurf zum Konjunkturausgleichsfonds waren hier nur ein Anfang. Weitere Gesetzentwürfe und Änderungsanträge zum Haushaltsplan 2017/2018 werden folgen.
(Beifall bei der AfD – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Ein paar Redebeiträge im Ausschuss wären ganz spannend! Sonst kommen Sie nicht vor!)
Meine Damen und Herren! Nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Schubert. Bitte sehr, Frau Schubert, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich auf die Aussprachen zu den Jahresberichten des Sächsischen Rechnungshofs wirklich immer ganz besonders, und ich meine das völlig ohne ironischen Zungenschlag. Die Jahresberichte des Sächsischen Rechnungshofs geben uns nämlich immer wieder Hinweise darauf, welche Stellen im Landeshaushalt und in dessen Vollzug zum näheren Hinschauen einladen.
Wir GRÜNEN fordern seit Jahren von der Staatsregierung mehr Transparenz in ihrem Handeln. Damit meine ich keine ungefilterte Zahlenflut, sondern nachvollziehbare und ernsthafte Erklärungen. Ich habe mir daher aus Band I einige Themen, die das sehr schön illustrieren, herausgepickt, zu denen ich mich näher äußern möchte. Ich werde heute nicht irgendwelche Schwerter zücken, nicht einmal die Meißner. An dieser Stelle wiederhole und erneuere ich aber meine Kritik an der zu hohen Zahl an Nebenhaushalten.
Der Rechnungshof äußert sich zu Recht kritisch zum Gesamtvolumen dieser Nebenhaushalte, aber auch, wie diese in der Haushaltsplanung untergebracht sind und was das eigentlich für den Vollzug bedeutet. Wir können uns diesen Bedenken und der Kritik voll umfänglich anschließen.
Ich möchte insbesondere etwas zum Thema Personalbestand sagen. Hier haben wir eine deutliche Schieflage.
Das geprüfte Jahr ist 2013, und hier betrug der Personalbestand der Nebenhaushalte 14 758 Vollzeitäquivalente. Gemessen am Personalbestand des Kernhaushaltes stellt dies einen Anteil von 22 % dar. Die Personalaufwendungen dieser Nebenhaushalte beliefen sich dabei auf rund 912 Millionen Euro. Das ist insofern spannend, als dass diese Personalausgaben grundsätzlich nicht bei den Personalausgaben, nämlich in Hauptgruppe 4, sondern bei den Zuschüssen in Hauptgruppe 6 ausgewiesen werden. Die Berechnung der sogenannten Personalausgabenquote des Freistaates Sachsen verliert aufgrund dieser Verschiebung der Haushaltsstruktur an Bedeutung und Aussagekraft und schwächt – das will ich hier deutlich sagen – damit zusehends die Haushaltssteuerung.
Es ist auch immer wieder überraschend – aber mittlerweile nicht mehr wirklich überraschend – wie viel Geld und mit welcher Begründung – insofern man eine bekommt – zum Beispiel auch in Fonds geparkt wird. Schauen wir uns die Fonds einmal genauer an. Im Jahr 2013, dem geprüften Jahr, wurden dem Staatshaushalt stattliche 447 Millionen Euro entnommen und in Sondervermögen geparkt. Das ist fast eine halbe Milliarde Euro. 2015 – und jetzt kommt der eigentliche Hammer – haben Sie als Regierungskoalition gegen jede Vernunft diese Summe vervierfacht. Allein das ist ein Thema, und noch schlimmer, es bleibt eines, wahrscheinlich nicht nur für uns.
Theoretisch sollte man dem Haushaltsplan entnehmen können, woher das Geld kommt. Praktisch geht das aber nicht. In den entsprechenden Gesetzentwürfen konnte man noch sehen, dass es sich zum Teil um Geld aus bereits abgeschlossenen Haushaltsjahren handelt. Im Gesetzesbeschluss ist es dann schon nicht mehr zu finden. Egal wie man es dreht und wendet, es ist für uns als Parlamentarier, die das Budgetrecht haben, kaum nachzuvollziehen und vermutlich auch nicht mehr zu kontrollieren. Aber im Ergebnis, und das ist das Wesentliche, ist es Geld, das in Größenordnungen einem Haushaltsjahr entzogen wird.
Sie können sich jedes einzelne Haushaltsjahr anschauen. Es ist beachtlich, mit welcher Größenordnung an Fonds – und ich rede über die Fonds – diese Staatsregierung ihre Bilanz schönt. Jedes Mal wird verkündet, welch großer Etat aufgestellt wurde. Für 2017/2018 soll es gar der größte Etat seit Anbeginn des Freistaates sein. Ich halte das ein wenig für Augenwischerei, denn wir haben hier einen stetig wachsenden Posten, der von Jahr zu Jahr mitgenommen und nicht ausgegeben wird.
Danke, Frau Kollegin. Wenn Sie die Fonds ansprechen, möchte ich auf den Zukunftssicherungsfonds abstellen oder auch das Konstrukt „Brücken in die Zukunft“ sowie FAG und, und, und. Aber speziell die Erstgenannten sind investive Fonds, die sich über mehrere Jahre ausrichten. Wie wollen Sie das in einem Zweijahres-Haushaltsplan darstellen, während die Empfänger Planungssicherheit über viele Jahre brauchen? Das war nämlich die Grundlage für die Entscheidung. Jetzt frage ich noch einmal: Wie wollen Sie das in einem Doppelhaushalt eigentlich erreichen?
Wir haben in den letzten Haushaltsverhandlungen schon deutlich gesagt, dass wir keinen neuen Zukunftssicherungsfonds auflegen wollen, weil man diese Posten auch im laufenden Haushalt abbilden kann. Wenn es vom Bund Zuschüsse gibt, die man zum Beispiel verwenden muss oder wo man sagen muss, man braucht ein Konstrukt dafür, dann können Sie jederzeit Nachtragshaushalte machen. Das haben wir auch wieder nicht gemacht.
Dazu möchte ich aber noch sagen, weil es um diese Frage ging, dass wir nicht alle Fonds infrage stellen. Der Generationenfonds zum Beispiel wird von uns nicht infrage gestellt. Fakt ist, dass über die Jahre ein erheblicher Anteil in diesen Fonds gebunden wird. Das ist einfach so. Das kann man handwerklich im Haushalt anders machen. Wir meinen, ein Großteil der Fonds wurde aufgelegt, weil man damit dem laufenden Haushaltsjahr Geld entziehen kann.
Wenn wir gerade beim Geldausgeben sind, möchte ich gern einen Blick auf die staatlichen Unternehmensbeteiligungen werfen. Hier teilen wir vollumfänglich die Kritik des Rechnungshofes. Wenn sich eine Staatsregierung die Freiheit nimmt, als Unternehmer aufzutreten, und das kann sie in berechtigten Fällen tun, dann sind diese Aktivitäten auch von öffentlichem Interesse. Es sind politische Entscheidungen, die mit Steuergeldern finanziert werden, und für die politischen Fehlentscheidungen in diesem Bereich kommen in der Regel auch die Steuerzahler auf. Von den Arbeitsplätzen, die bei Fehlentscheidungen aufs Spiel gesetzt werden, ganz zu schweigen.
Beteiligungen an Unternehmen werden im Freistaat Sachsen nach Einzelfallentscheidung eingegangen. Eine Überprüfung anhand einer Beteiligungsstrategie erfolgt nicht. Darauf hat Kollege Scheel schon verwiesen, aber ich habe mir noch einmal zwei spezielle Sachen herausgesucht. So geht es zum Beispiel um Richtlinien zur Besetzung von Geschäftsleitungen und Überwachungsorganen, zum Beispiel zur Begrenzung von Mandaten in Gremien – die existieren im Freistaat nicht. Beteiligungsunternehmen
werden in Sachsen auch oft nur von einem Geschäftsführer geleitet, was dem üblichen Vier-Augen-Prinzip widerspricht. Eine Veröffentlichung der geleisteten Vergütung an die Geschäftsführer findet auch nicht statt. Ich sehe keinen Grund, warum man das nicht machen sollte. Hier sehen wir sehr deutlich, gerade im Bereich der Beteiligungen, dass viele Notwendigkeiten geändert werden müssen.
Daher, Sie werden sich sicher noch an den GRÜNENAntrag erinnern, fordern wir immer wieder den staatlichen Beteiligungsbericht ein, wohl wissend, wie weit unsere Vorstellung eines aussagekräftigen und informativen Berichts mit der des Finanzministers auseinander liegt. Ich habe die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben, dass der vorliegende Entwurf noch einmal nachgebessert wird. Im Übrigen ist es in anderen Bundesländern gang und gäbe, dass die Landesregierung jährlich zu ihren Beteiligungen ohne Aufforderung vor dem Parlament berichtet und die Öffentlichkeit mit einem gut lesbaren Bericht informiert wird. Wir hoffen, dass wir auch in Sachsen zu diesem Zustand kommen.
Ich möchte noch ein paar Worte zum Band II des Rechnungshofberichtes sagen, zum Thema Kommunalfinanzen. Auch dieser aktuelle Jahresbericht zeigt ganz deutlich, dass die großen Politik- und Handlungsfelder weiterhin unverändert sind. Hier ist nach wie vor die Umsetzung der doppischen Buchführung an der Tagesordnung. Der Rechnungshof hat zu Recht darauf hingewiesen, dass allein die fehlenden Eröffnungsbilanzen ausreichen, damit die tatsächliche Situation der Kommunen nicht bewertet werden kann. Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der Berichterstellung ein Großteil der Jahresabschlüsse noch fehlte. Beides ist wichtig, denn es liefert grundlegende Informationen zur Beurteilung der kommunalen Finanzlage. Hier kann ich nur wiederholen, ich halte es auch nicht für hilfreich und richtig, dass mit der Änderung der Sächsischen Gemeindeordnung die verpflichtende Erstellung des Gesamtabschlusses von 2016 auf 2021 verschoben worden ist. Damit hat man mit Stimmenmehrheit der Regierungskoalition die Probleme in die Zukunft verlagert.
Bereits im Jahresbericht 2014 wies der Rechnungshof darauf hin, dass der kommunale Gesamtabschluss eine Gesamtsicht zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist, aber eben auch die tatsächlichen kommunalen Gesamtschulden darlegt. Auf die müssen wir auch in Zukunft ein besonderes Augenmerk legen. Angesichts der Entscheidung, die die Staatsregierung momentan bezüglich der kommunalen Finanzen trifft, ist es problematisch einzuschätzen, sei es bei dem 800-Millionen-Paket oder auch mit der Kurzsichtigkeit, wie der kommunale Finanzausgleich in Sachsen betrachtet wird. Für Entscheidungen dieser Größenordnung liegen nur unzureichende valide Istdaten vor. Genauso fehlt es an einer ordentlichen Bedarfsanalyse. Das sind für uns keine Grundlagen. Nach wie vor werden auch die Folgekosten von Investitionen
auf der kommunalen Ebene zu wenig berücksichtigt. Da, wie ich eben schilderte, aufgrund der momentanen Datenlage nicht gesagt werden kann, was eine Kommune tatsächlich zum Werterhalt braucht, wird die Frage nach einer gesunden und sinnvollen Investitionsquote gar nicht erst gestellt. Die Steuermehreinnahmen werden den meisten Kommunen nur wenig Luft verschaffen, befürchte ich, denn allein die Mehrausgaben für laufende Kosten und soziale Leistungen werden das aufzehren.
Die künftige demografische Entwicklung muss zwingend berücksichtigt werden, auch das wiederhole ich als eine GRÜNEN-Forderung, sowohl in den wachsenden als auch in den schrumpfenden Räumen. Bei den aktuellen Entscheidungen der Staatsregierung mit Blick auf die kommunalen Finanzen vermisse ich deutlichen Weitblick.
Die GRÜNE-Fraktion möchte abschließend bei dieser Gelegenheit auch dem Sächsischen Rechnungshof für seine unabhängige und gewissenhafte Arbeit ihren Dank aussprechen. Wir hätten uns im Haushalts- und Finanzausschuss mehr Beitritte zu einzelnen Sachverhalten gewünscht. Darum wird meine Fraktion der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses nicht folgen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Wird eine zweite Runde gewünscht? – Jawohl. Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Krasselt. Bitte sehr, Herr Krasselt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will eigentlich nur zum Thema Rechnungshofbericht Band II, Kommunen, sprechen. Den ersten Teil hat bereits mein Kollege Patt absolviert. Ich muss aber trotzdem zu dem Letztgesagten noch ein paar Worte verlieren, weil es mich innerlich aufwühlt.
In wirtschaftlich so guten Jahren wie jetzt Geld in verschiedenen Fonds zurückzulegen, das ist verantwortliche Haushaltspolitik. Ich halte es für gut, dass es so gemacht wird. Die Klarheit dazu haben wir meines Erachtens; wir wissen alle Bescheid. Ich bin dem Finanzminister ausdrücklich dankbar, dass er das so macht;
Jetzt aber zum Band II: Der Jahresbericht des Sächsischen Rechnungshofs, Band II, stellt wie immer sehr eindrucksvoll die Situation in den sächsischen Kommunen dar. Deshalb geht an dieser Stelle auch von mir ein ganz herzlicher Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesrechnungshofes, die wie immer genau und sehr präzise Stärken und natürlich besonders Schwächen unserer Städte und Kommunen untersucht haben. Natürlich kann es nicht meine Aufgabe sein, diese Feststellun
Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass sich die finanzielle Situation unserer Kommunen in den Kernhaushalten zum wiederholten Mal verbessert hat. Die im gesamtdeutschen Maßstab sehr geringe Verschuldung konnte damit weiter reduziert werden, und dies trotz gestiegener Sozialausgaben und höherer Investitionen. Noch immer haben unsere Kommunen einen größeren Personalbestand als in den alten Bundesländern üblich. Diese Aussage berücksichtigt aber nicht die von unseren Kommunen zu erfüllenden Aufgaben. Erst ein Vergleich der erbrachten Leistungen lässt diesbezüglich eine qualifizierte Aussage zu; denn vor allem in den 1990er-Jahren ist der Personalbestand in den sächsischen Kommunen massiv reduziert worden.
Inzwischen ist die Doppik flächendeckend eingeführt. Unsere Kommunen haben sicherlich auch wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes und der anfallenden Kosten die Umstellung nicht eben mit großem Enthusiasmus begonnen, sodass es zu nicht unerheblichem Verzug gekommen ist, auch wenn inzwischen alle auf gutem Wege sind. Der Rechnungshof stellt deshalb zu Recht fest, dass die Doppik viel besser geeignet ist, um die tatsächlichen Finanzsituationen in unseren Kommunen darzustellen, deutlicher, als es die kamerale Buchung zugelassen hätte. Diese Erkenntnis muss sich noch flächendeckend durchsetzen; aber ich bin überzeugt, dass dies in wenigen Jahren der Fall sein wird. Insofern ist auch über die Rechtsaufsichtsbehörden bis hin zum Innenministerium verstärkt darauf hinzuwirken, den Umstellungsprozess in überschaubarer Zeit zu einem gutem Abschluss zu bringen. Das heißt, noch fehlende örtliche und überörtliche Prüfungen der Eröffnungsbilanzen sind durchzuführen, um endgültig auf sachlich exakter Basis Jahresabschlüsse erstellen zu können.
Letzter Punkt: Besonders die kommunalen Eigengesellschaften und hierbei vor allem Wohnungsunternehmen und die Beteiligungsgesellschaften müssen aufgrund der Finanzverhältnisse und der Bevölkerungsentwicklung im kreisangehörigen Raum deutlich in unserem Blick bleiben, um Schieflagen rechtzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
Insgesamt ist aus meiner Sicht festzustellen: Die sächsischen Kommunen sind mehrheitlich gut aufgestellt. Sie erfüllen ihre Pflichtaufgaben sehr ordentlich und erbringen auch freiwillige Leistungen in guter Qualität und damit zur Zufriedenheit ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Meine Damen und Herren! Wünscht noch eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter das Wort zu ergreifen? – Das kann ich nicht erkennen.