Protokoll der Sitzung vom 01.09.2016

Dabei zeigen verschiedene Projekte zum Thema Wertstofftonne, dass bei den Entsorgern der Wille durchaus vorhanden ist, Wertstoffe in größerem Stil strukturiert zu erfassen und wiederzuverwerten.

Der Freistaat Sachsen hat sich hingegen in die Diskussion um das Wertstoffgesetz auf Bundesebene in keiner Weise eingebracht, zumindest war nichts Entsprechendes öffentlich vernehmbar. Mittlerweile ist gar vom finalen Scheitern dieses Gesetzes die Rede. Wertvolle Potenziale werden auf diese Weise weiterhin nicht genutzt. Es wäre zu prüfen, ob Sachsen den Weg der ursprünglichen Idee des Wertstoffgesetzes nicht allein weitergehen kann.

Die sächsische Rohstoffstrategie muss deshalb mehr sein als – ich zitiere – „neue Erkenntnisse zu Lagerstättengenese usw. zu gewinnen“. Sie muss viel stärker den Bereich Sekundärrohstoffe und Recycling in den Fokus nehmen, und sie muss mit strategischen Vorgaben zur Rohstoffversorgung vorankommen. Das fordert die AfDFraktion von einer nachhaltigen Rohstoffpolitik für Sachsen, die die Bezeichnung „Strategie“ auch verdient.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Dr. Lippold.

Ich möchte dazu noch einmal kurz Stellung nehmen, bevor es dann von meiner Redezeit abgezogen wird.

Sie möchten also eine Kurzintervention vornehmen?

Ja, eine Kurzintervention.

Bitte sehr.

Ich möchte dem Herrn Kollegen Urban zu bedenken geben, dass er mit dem ausdrücklichen Ausschluss ausländischer Konzerne von der sächsischen Rohstoffförderung soeben für die AfD den sofortigen Kohleausstieg in Sachsen gefordert hat.

Herr Urban, möchten Sie erwidern?

Nein, kein Bedarf.

Damit fahren wir in der Aussprache fort. Herr Dr. Lippold, Sie können weiterschreiten. Sie haben das Wort, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bemerkenswert, dass die Koalitionsfraktionen mit ihrem ins Plenum gebrachten Antrag von 2015 die Öffentlichkeit selbst darauf aufmerksam machen, dass beim Thema Rohstoffstrategie wieder einmal – das hat ja nun mittlerweile Tradition – Versprochenes nicht fristgemäß geliefert worden ist. Zugleich versuchen Sie dann, es hier nachträglich zu heilen.

Die Staatsregierung hatte allerdings bereits im Dezember 2015 eine Stellungnahme zu Ihrem Antrag verfasst, die Antworten zum Sachstand der Projekte ROHSA 1 bis 3 sowie zur sogenannten Rohstoffsicherung durch regionale Planungsverbände gab. Das tat die Stellungnahme in zum Teil sehr wortgewaltiger Weise – ich zitiere einen Satz –: „Nur wer als höchste Wertschöpfung seiner Arbeit größtmögliche Humanität, Umweltgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit anstrebt, erreicht langfristig in jeder Hinsicht den höchsten Wirkungsgrad.“

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Oh!)

Das muss man erst einmal setzen lassen. Das sind Worte wie „Donnergrollen vom Olymp“. Ich bin auch aus GRÜNEN-Think-Tanks einiges an Poesie gewöhnt, aber hier frage ich mich wirklich: Was haben Sie geraucht?

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Bemerkenswert finde ich, dass Herr Kollege Hippold denselben Satz zitiert hat, ohne sich diese Frage zu stellen. Im zweiten Teil Ihres Antrages, zu dem die Staatsregierung nicht fristgemäß berichtet hat, fordern Sie die konsequente Fortsetzung der sächsischen Rohstoffstrategie. Aber welcher Strategie eigentlich? Zwar gibt es seit 2012 ein Papier, das so heißt, doch eine Rohstoffstrategie mit allen notwendigen Elementen ist darin nicht zu erkennen – mithin nichts, das man einfach fortsetzen könnte, noch dazu konsequent. Was da vorliegt, ist eine Bestandsaufnahme, aus der einige Handlungserfordernisse und selbstgewählte Ziele abgeleitet sind.

Eine Strategie im Wirtschaftsbereich, meine Damen und Herren, geht aber deutlich darüber hinaus. Unter anderem berücksichtigt sie Wechselwirkungsmechanismen mit den sich ständig ändernden Umfeldbedingungen. Dies tut sie zum einen über Prognosen und Szenarienanalysen, zum anderen aber durch von vornherein angelegte Flexibilität. Eine wirkliche Strategie berücksichtigt Wechselwirkungen und Rückkopplungen in der gesamten Wertschöpfungskette, und eine Rohstoffstrategie in Sachsen kann ganz sicher nicht unabhängig von wirtschaftlichen sowie wirtschaftspolitischen Schwerpunktsetzungen und immer wieder nachjustierten Forschungs- und Entwicklungsstrategien sein.

Ich nenne ein Beispiel: Wenn die Staatsregierung etwa vorhätte, mit einer Entwicklungsoffensive und passenden Investoren Sachsen zu einem wichtigen Entwicklungs- und Produktionsstandort für elektrische Speicherzellen einer neuen Generation zu machen, so wäre die Erschließung eigener Lithiumressourcen sicher ein vorrangiges Ziel einer Rohstoffstrategie, um Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen. Hätte man hingegen vor, diese Zellen einzuführen und daraus hier besonders sichere und intelligent gesteuerte Akkus für die E-Mobilität herzustellen, dann könnte es strategisch vielleicht sinnvoller sein, die eigenen Lithiumressourcen erst zu einem späteren Zeitpunkt anzutasten, wenn die Zellenhersteller am Rohstoffweltmarkt auf Verfügbarkeitsgrenzen stoßen.

So gehört eben auch die Beschäftigung mit der Frage, was man nicht abbaut, sondern gezielt aufhebt, zu einer Rohstoffstrategie; und ganz zentral sind auch die Fragen, wie man den endlichen Inhalt unserer Bodenschatztruhe für unsere Kinder und Kindeskinder schont, indem man Fragen von Ressourceneffizienz und Stoffkreisläufen erstrangige Bedeutung beimisst.

Dem Sächsischen Landtag lag bereits in der

5. Wahlperiode ein Antrag der LINKEN vor, der ein wesentlich kompletteres Grundgerüst für die Erarbeitung einer sächsischen Rohstoffstrategie enthielt, und es ist schade, dass die Koalition nun in der 6. Wahlperiode dort nicht noch einmal gründlich hineingeschaut hat.

Der vorliegende Koalitionsantrag sieht das Ziel einer Rohstoffstrategie offenbar weiter vor allem darin, die sächsische Schatztruhe weit zu öffnen und den Inhalt jedem zur schnellstmöglichen Entnahme anzubieten, der ihn haben möchte. Die Staatsregierung und das Strategiepapier sprechen davon, Investoren kostspielige und langfristige Erkundungen sparen zu wollen, und das ROHSA-Projekt in seinen verschiedenen Phasen soll die dazu nötigen Daten zusammentragen und verfügbar machen.

Es macht durchaus Sinn, den umfangreichen, wertvollen Datenbestand zu Rohstofflagerstätten in Sachsen zu erfassen und zugänglich zu machen. Eine fortzusetzende Strategie zum langfristigen Umgang mit den sächsischen Bodenschätzen ist es aber nicht; deshalb muss es um die Entwicklung und die stetige Fortschreibung einer ausgewogenen sächsischen Rohstoffstrategie gehen, die diesen Namen verdient. Diese für den bodenschatzreichen Freistaat wichtige Strategie muss aus der bereits vorliegenden Bestandsaufnahme aber erst noch entwickelt werden.

Ihr Antrag kann und will das offensichtlich nicht anregen, und angesichts der Schwierigkeiten bei der Erfüllung selbstgesetzter Ziele bei der Konzepterarbeitung muss man offenbar auch nicht nur bei der Strategie nachbessern, sondern auch dort, wo sie erarbeitet wird. Deshalb sehen wir keinen Grund, eine der mittlerweile schon systematischen Fristüberziehungen bei diesem Thema nachträglich zu heilen, und werden deshalb sowohl Ihren Antrag als auch den Änderungsantrag ablehnen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine zweite Runde? – Herr Hippold? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Dulig, bitte; Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Rohstofftag habe ich die

Kollegin Dr. Pinka begrüßt, also waren wir dort schon zu zweit.

(Zurufe der Abg. Dr. Jana Pinka, und Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Ja, ich bin immer noch Abgeordneter.

Aber ob Sie dort tatsächlich zugehört haben, daran hatte ich meine Zweifel, als ich Ihre Rede gehört habe; sie war ja sozusagen ein Generalsverriss der sächsischen Rohstoffstrategie. Das Positivste, das Ihnen über die Lippen gekommen ist, war, dass die internationale Zusammenarbeit nicht schlecht läuft. Damit wollten Sie wahrscheinlich Ihren Kolleginnen und Kollegen in Freiberg nicht zu nahe treten, weil die das wirklich exzellent machen.

Das war sozusagen das Höchste der Gefühle dessen, was Sie zugelassen haben.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Das ist doch was Positives!)

Hätten Sie aktiv auf dem Rohstofftag zugehört, dann hätten Sie die Anerkennung der dort versammelten Expertinnen und Experten für die sächsische Rohstoffstrategie gehört. Dann hätten Sie mitbekommen, wie die Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern gesagt haben: Das, was ihr habt, das hätten wir gern. Dann hätten Sie gehört, dass auch die internationalen Gäste gesagt haben, dass die Zusammenarbeit mit Sachsen deshalb funktioniert, weil wir an dieser Stelle Vorreiter sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsen ist ein aktives Bergbauland, und zwar nicht nur aus der Tradition heraus, wie es schon beschrieben wurde, sondern wir sind es aktuell und nach wie vor. Davon zeugt der Abbau von Rohstoffen, die vielgestaltige Gewinnung von Steinen- und Erdenrohstoffen, der Betrieb des neuen Spatbergwerkes in Niederschlag, der breit aufgestellte Erkundungsbergbau auf Erze usw. usf.

Deshalb bin ich auch mit Stolz Oberster Bergmann, nicht nur wegen der Tradition, sondern weil es zu Sachsen nach wie vor gehört und weil es eine Grundlage für unsere Industrie- und Wirtschaftspolitik ist.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Eine Rohstoffstrategie, liebe Frau Pinka, ist langfristig angelegt. Dass sie sich auch anpassen muss, steht außer Frage. Aber eine langfristig angelegte Strategie orientiert sich nicht nur an Parteitagsbeschlüssen oder an Anträgen der LINKEN, sondern sie verfolgt langfristige Ziele. Sie verfolgt Ziele, die Sie selbst genannt haben, an denen man auch messen kann, inwieweit die Akteure auf dem Feld dieses Angebots die Strategie annehmen. Denn mit der Strategie setzen wir den politischen und den formalen Rahmen. Aber es sind die anderen Akteure – ob die Unternehmen, ob die Wissenschaft, ob die Expertinnen und Experten –, die es dann mit Leben füllen.

Unsere Rohstoffstrategie für Sachsen ist ein Handlungswegweiser für eine zukunftsorientierte, am Grundsatz der Nachhaltigkeit ausgerichtete Rohstoffpolitik im Freistaat Sachsen. Sie beschreibt ein wirtschaftspolitisches Gesamtkonzept für den Bereich der Rohstoffwirtschaft und berücksichtigt dabei auch ökonomische, ökologische und soziale Belange.

Diese Rohstoffstrategie gilt für primär gewonnene bergbaubezogene Rohstoffe wie Steine, Erden, Kohlen, Erze und Spate und – das ist der Punkt, den wir sogar stärken müssen – berücksichtigt auch Aspekte des Recyclings. Sekundäre Rohstoffe werden aus Abfällen zurückgewonnen und können bergbaulich gewonnene Rohstoffe stofflich ersetzen. Das ist ein Thema, das nach meiner Meinung sogar noch eine höhere Priorität bekommen muss.

Ich plädiere für den Ausbau der sächsischen Rohstoffwirtschaft. Denn Rohstoffgewinnung war und ist ein wichtiger Beitrag zur Wertschöpfung im Land. Wir haben dementsprechend unseren Haushaltsansatz für die Umsetzung der Rohstoffstrategie im Regierungsentwurf auch erhöht, denn Sachsen war, ist und soll Bergbauland bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon auf das Projekt „Rohstoffe in Sachsen – ROHSA 3“ eingegangen. Bei diesem Projekt geht es um die Aufarbeitung und Bereitstellung einzigartiger geologischer und lagerstättenbezogener Informationen. Das erste Teilprojekt im mittleren Erzgebirge ist mittlerweile fast abgeschlossen und diente dem Test, der Implementierung für die gesamte Methodik und Darstellung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit. Seit dem Jahr 2013 wurden kontinuierlich analoge, zum größten Teil unveröffentlichte Dokumente aus den Archiven gesichtet, gescannt und datenbanktechnisch erfasst, also Archivseiten, Erzbohrungen, geophysikalische und geochemische Daten. Man muss aber auch sagen: Damit haben wir 4 % der Fläche des Freistaates erfasst.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! ROHSA ist eine echte Unterstützung bei der Exploration der künftigen Förderung von Rohstoffen. Keines der Vorhaben zur Errichtung eines Bergwerkes wäre ohne diese Datengrundlage begonnen worden. Aber eines ist auch klar: ROHSA ist allein nicht die Rohstoffstrategie. Insgesamt geht es darum, unser sächsisches Know-how in allen Bereichen der Montanwissenschaft zu stärken und dabei insbesondere unseren Montanstandort Freiberg zu unterstützen.

Das haben uns auch die Expertinnen und Experten aus den Unternehmen, den Hochschulen, den Institutionen und Verwaltungen weltweit bestätigt, denn unsere Expertinnen und Experten sowie unsere Expertise sind weltweit gefragt.

Die internationale Zusammenarbeit wurde schon überschwänglich von Frau Pinka gelobt. Ein gemeinsam von Sachsen und dem BMZ finanzierten Kooperationsprojekt unterstützt die Zusammenarbeit des Freistaates mit dem