Protokoll der Sitzung vom 28.09.2016

Nun komme ich zu Punkt V. Wer möchte zustimmen? – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier keine Stimmenthaltungen, zahlreiche Stimmen dafür, aber nicht die Mehrheit.

Da keiner der Punkte – sowohl der römischen als auch der unter Punkt II arabischen Ziffern – die erforderliche Mehrheit gefunden hat, erübrigt sich eine Schlussabstimmung; es sei denn, DIE LINKE möchte das?

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Nein!)

Das ist nicht der Fall. – Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft.

Zunächst lasse ich über die neue Überschrift des Gesetzentwurfes abstimmen. Sie soll jetzt lauten: „Gesetz zur Erleichterung der Bekanntmachung von Umweltinformationen und Geodaten“. – Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Stimmenthaltungen und

keinen Gegenstimmen ist der Überschrift zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren! Ich schlage vor, über die Artikel auch wieder en bloc abzustimmen. Gibt es dagegen Einwände? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über Artikel 1 – Änderung des Sächsischen Umweltinformationsgesetzes, über Artikel 2 – Änderung des Sächsischen Geodateninfrastrukturgesetzes, über Artikel 3 – Einschränkung eines Grundrechts und über Artikel 4 – Inkrafttreten.

Wer stimmt zu? – Wer enthält sich? – Wer ist dagegen? – Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Damit sind die genannten Artikel angenommen.

Damit komme ich nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf zur Erleichterung der Bekanntmachung von Umweltinformationen und Geodaten in der Fassung der zweiten Beratung als Ganzes. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Auch hier zahlreiche Stimmenthaltungen, keine Gegenstimmen. Das Gesetz ist beschlossen.

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 6

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes

zur Verfassungsmäßigkeit der Beamtenbesoldung

Drucksache 6/5079, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/6394, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Die Aussprache eröffnet die CDU-Fraktion, danach DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird.

Für die CDU-Fraktion beginnt Herr Abg. Michel. Herr Michel, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wenn dem vorliegenden Gesetzentwurf so zugestimmt wird, könnte heute im Sächsischen Landtag wieder einmal eine historische Entscheidung getroffen werden.

(Ach-Rufe von den LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Warum dem so ist, möchte ich Ihnen im Folgenden gern darlegen. Weil die historische, rechtliche, aber auch faktische Gemengelage in der Beamtenbesoldung sehr komplex ist, erlaube ich mir, historisch – am Ablauf orientiert – durch die Thematik zu führen.

Deshalb möchte ich gern im Jahr 2002 beginnen. In ebendiesem Jahr beriet die „Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ darüber, dass „das Landesbeamtenrecht den Kern der den Ländern zustehenden Personalhoheit betrifft und unter diesem Gesichtspunkt der Eigenverantwortung dem Zugriff der Länder überlassen werden soll“. So das Zitat des Arbeitsauftrages der Kommission.

2003 wurde dann mittels Bundesgesetz die Teilföderalisierung des Besoldungsrechts vollzogen.

Der Freistaat Sachsen machte ab Januar 2004 von seinen neuen Befugnissen Gebrauch und verabschiedete das Sächsische Sonderzahlungsgesetz.

Im Dezember 2010 folgte der Sächsische Landtag dem Regierungsentwurf und beschloss die Aufhebung des Sonderzahlungsgesetzes. Wir brauchen uns nichts vorzumachen: Bei einer großen Anzahl von Beamtinnen und Beamten stellte sich mit dieser Entscheidung das Gefühl ungerechter Behandlung ein. Der damaligen Regierungskoalition war es nicht gelungen, ihre Entscheidungsgründe zu Gehör zu bringen. Egal, ob man vortrug, dass nur rund 40 % aller sächsischen Arbeitnehmer Weihnachtsgeld bekommen, egal, ob auf die Konjunkturprognose der Wirtschaftssachverständigen oder auf die künftigen Strukturveränderungen bei den Bundeszuweisungen an den Freistaat Sachsen verwiesen wurde – der Besoldungsfrieden im Freistaat war nachhaltig gestört.

Völlig nebensächlich bei der gesamten Diskussion blieben die neuen gesetzlichen Regelungen von mehr Leistungsgerechtigkeit im starren Besoldungssystem, ebenso die Strukturzulagen für die unteren Besoldungsgruppen. Die damalige Koalition wollte den besonders starken Leistungsträgern und den unteren Besoldungsgruppen einen Aufschlag zuteil werden lassen. So sind zum Beispiel im Jahr 2016 10,3 Millionen Euro dafür eingestellt.

Dem Aufruf zum Widerspruch durch die Interessengruppen der Beamtenschaft folgten Tausende Beamte des Freistaates Sachsen. Der Wegfall des Weihnachtsgeldes wurde zum Synonym des Gefühls der Vernachlässigung der Beamten. Mittels Richtervorlage gelangten konkrete Normenkontrollverfahren bezüglich der Beamtenbesoldung für Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen zum Bundesverfassungsgericht.

Im Januar 2015 entwickelte das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung zur Besoldung entscheidend

fort und stellte mit Beschluss vom 17. November 2015 neue, sehr konkrete Prüfkriterien für das Alimentationsprinzip nach Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz auf. Nunmehr muss anhand einer Gesamtschau verschiedener Kriterien und unter Berücksichtigung konkret in Betracht kommender Vergleichsgruppen geprüft werden, ob die lebenslange Alimentation der Beamten evident unzureichend ist. Das Bundesverfassungsgericht gibt meines Erachtens ein sehr konkretes, fast schon mathematisches Prüfschema vor

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ja!)

Ebenso möchte ich eindeutig klarstellen, dass das Bundesverfassungsgericht nicht die Streichung des Weihnachtsgeldes als verfassungswidrig erklärt hat. Vielmehr kommt es darauf an, dass im neuen Prüfschema ein zahlenmäßig konkreter Orientierungsrahmen für fünf Parameter durch das Bundesverfassungsgericht vorgegeben wird. Erster Parameter ist die Differenz der Besoldungsentwicklung und der Tarifergebnisse der Angestellten im öffentlichen Dienst. Die Betrachtung erfolgt über die zurückliegenden 15 Jahre und muss kleiner 5 % des Indexwertes sein.

Als zweiter Parameter soll laut Bundesverfassungsgericht die Differenz zwischen Nominallohnindex und Besoldungsentwicklung unter Zugrundelegung wieder eines Zeitraums der letzten 15 Jahre Berücksichtigung finden. Auch diese Differenz muss kleiner 5 % sein.

Ebenfalls über die letzten 15 Jahre erfolgt die Berechnung des dritten Parameters der neuen Besoldungsgesamtschau: Über diesen Zeitraum darf die Besoldung der Verbraucherpreisentwicklung nur unter 5 % hinterherhinken.

Der vierte Parameter bezieht sich auf das Abstandsgebot. Ein Verstoß gegen das Abstandsgebot liegt nach der neuen Rechtsprechung in der Regel dann vor, wenn zwischen zwei vergleichbaren Besoldungsgruppen der Abstand um 10 % oder mehr verringert wird. Hierfür wird ein Zeitraum von fünf Jahren herangezogen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als verfassungsrechtlich bedenklich gilt zum Beispiel ein Vorziehen von Besoldungserhöhung der unteren Besoldungsgruppen gegenüber den höheren Besoldungsgruppen. Letztendlich ist auch das Ende der Strukturzulage darauf zurückzuführen.

Der fünfte Parameter ist der Quervergleich der Besoldung aller Länder und des Bundes untereinander. Liegt eine Länderbesoldung unter 10 % des Quervergleichs, so gilt der Parameter als verletzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, nach dieser Rechtsprechung müssen wir uns keine Sorgen mehr um die Attraktivität der Besoldung im öffentlichen Dienst machen. Jegliche Angst, dass Beamte oder Richter an das Ende der Einkommentabellen rutschen, ist nach dieser Rechtsprechung unbegründet.

Eine gewisse Sorge mache ich mir eher um die Rollenverteilung zwischen Bundesgesetzgeber und Bundesverfassungsgericht. Zwischen dem umgesetzten Willen der

Föderalismuskommission für die Übertragung des Besoldungsrechts auf die einzelnen Bundesländer und der Grenze von 10 % für Länderbesoldungsunterschiede klafft meines Erachtens eine große Lücke.

Um dies zu verdeutlichen, darf ich auf den jeweils unterschiedlichen regionalen Verbraucherpreisindex hinweisen. Gestützt auf die Daten der Zeitschrift „Wirtschaftsdienst“ im Heft 3 aus dem Jahr 2016, muss der Unterschied beim regionalen Verbraucherpreisindex zwischen Sachsen und Hamburg mit 15,34 % und zwischen Sachsen und Hessen mit 10,4 % angegeben werden. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes beschränkt die Ermessensspielräume der Länderparlamente und gibt recht eindeutige Schranken vor.

Letztendlich hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 17. November 2015 festgestellt, dass die Bezüge der Besoldungsgruppe A 10 in Sachsen im Jahr 2011 verfassungswidrig besoldet wurden. Aber die neuen Kriterien sind allgemeingültig. Deshalb ergibt sich insgesamt ein Anpassungsgebot.

Für meine Fraktion kann ich erklären, dass es unzweifelhaft war, dass wir nicht nur die Besoldung von Widerspruchsführern angepasst haben und anpassen, sondern von allen Beamten, die in den zu betrachtenden Jahren Dienst getan haben. Auch an dieser Stelle möchte ich einmal klarstellen, dass es falsch ist, der CDU-Fraktion eine Anti-Beamten-Haltung zu unterstellen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Aha!)

Wenn einmal ein Wunsch einer Interessenvertretung der Beamten nicht erfüllt wird, dann erfolgt das nicht willkürlich, sondern nach Abwägung aller Gesichtspunkte. So war es auch im Dezember 2015, als das heute umzusetzende Besoldungsurteil bekannt geworden ist. Während die einen pauschal frohlockten, das Weihnachtsgeld würde wieder eingeführt, beschimpften andere pauschal die CDU, nur weil wir auf die neuen Rechtsprechungsparameter und die Auslegungsbedürftigkeit des Urteils hingewiesen haben. In dieser Phase gab es eine ganze Reihe von Akteuren, die vorgaben, es schon immer gewusst zu haben. Einige Pfadfinder stellten sich im Nachgang so dar, als ob sie dem Bundesverfassungsgericht beim Wegebau durch den Besoldungsdschungel geholfen hätten. Hierzu sage ich ganz eindeutig: Wer dieses Besoldungsurteil von 2015 mit seinen Kriterien und Parametern damals im Jahr 2010 in Gänze vorhergesagt hat, der hätte wahrhaft hellseherische Fähigkeiten; aber ich kenne keinen.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Sie haben gekürzt!)

Trotz der anfänglichen Aufgeregtheit um die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes brachten die auf Einladung des SMF erfolgten Gespräche eine wesentliche Versachlichung der Diskussion. Auf jeden Fall wird von den verschiedensten Verhandlungspartnern berichtet, dass die Gespräche zwischen dem Finanzministerium und den Beamteninteressengruppen sehr konstruktiv geführt wurden. Dabei wurden quasi in einem bundesweiten

Musterverfahren die Details der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts herausgearbeitet. Mit dem Gesetz – das ist historisch an diesem Landtagsbeschluss – wird zum ersten Mal die neue Rechtsprechung zur Besoldung auf Länderebene umgesetzt.

Auch möchte ich an dieser Stelle klarstellen, dass die Umsetzung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für die CDU-Fraktion eine Selbstverständlichkeit ist.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Alles andere wäre ja auch schlimm!)

Dafür brauchen wir auch keine populistischen Selbstdarstellungen oder Mahnungen, egal von welcher Seite.