Kommen wir also zu den Investitionen in die Zukunft. Es steht außer Frage, dass viel Geld in Sachsens Infrastruktur investiert wurde und dies Sachsen auf vielen Gebieten durchaus vorangebracht hat. Wenn man aber im Fortschrittsbericht die methodischen Hinweise unter I.2 zur Kenntnis nimmt, dass die Beurteilung des jährlichen Fortschritts beim Aufbau Ost dort primär auf der Grundlage rein haushalts- und finanzwirtschaftlicher Kennzahlen erfolgt, dann kann man zu dem Ergebnis kommen, dass der Bericht überhaupt keine qualifizierte Aussage zum Mitteleinsatz und dessen Erfolg treffen kann.
Ich möchte das einmal illustrieren. Der studierende Sohn soll dem wissbegierigen Vater über sein Vorwärtskommen im Studium berichten. „Na, mein Junge, wie läuft‘s denn so?“, fragt dieser. „Super“, sagt der Sohn, „ich habe eine Menge Geld für gute Bücher ausgegeben, sogar deutlich mehr, als du mir gegeben hast.“ Würden Sie allein daraus schon schließen, dass das Studium erfolgreich verläuft? Wahrscheinlich wäre man ja schon einmal froh, dass nicht alles für Partys draufgegangen ist; aber ob nach einigen Jahren ein erfolgreicher Abschluss winkt oder einfach nur ein gefülltes Bücherregal, das wäre dann schon noch gesondert zu hinterfragen.
Auch beim Thema Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen, SoBEZ, bezweifle ich, dass ausgegebenes Geld allein als Indikator geeignet ist, um Aussagen über politische Zielerreichung treffen zu können. Der Stabilitätsrat wird sich erst noch mit dem vorliegenden Bericht 2015 befassen, und die Stellungnahme der Bundesregierung steht, glaube ich, ebenfalls noch aus.
Was uns aber vorliegt und worüber wir sprechen können, ist die Stellungnahme des Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer im Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2016. Fakt ist demnach, dass sich der wirtschaftliche Aufholprozess in Ostdeutschland verlangsamt hat. Auch fremdenfeindliche Übergriffe und Intoleranz sowie deren Wirkung auf die weitere Entwicklung in Sachsen und Ostdeutschland werden aufgegriffen. Sie sind eine große Gefahr für die gesellschaftliche und vor allem für die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Länder; Kollege Scheel wies bereits darauf hin.
Übrigens bläst eine brandaktuelle Studie zu Perspektiven für die sächsische Industrie vom VDI/VDE in genau dasselbe Horn. Die Investitionen, hier in Form von Mittelabfluss betrachtet, oder auch die Investitionsquote in Sachsen sind somit zwar eine notwendige, aber keinesfalls hinreichende Voraussetzung für eine positive Entwicklung in Sachsens Zukunft; darauf hat auch Kollege Pecher schon hingewiesen. Eine selektive Fokussierung auf Investitionskriterien wiegt leicht in falscher Selbstzufriedenheit und Sicherheit; die Fallgrube lauert dann womöglich hinter einer anderen Ecke.
Auch frage ich mich, ob tatsächlich alle als sachgerecht abrechenbaren Mittelflüsse auch im Berichtszeitraum in irgendeiner Weise Investitionswirksamkeit entfalten
konnten und entfalten sollten. Beispielsweise haben Sie, Herr Staatsminister Prof. Unland, in Ihrer Pressemitteilung vom 6. September 2016 selbst die sogenannte investive Zuführung von 467 Millionen Euro zu einem Sondervermögen „Brücken in die Zukunft“ genannt, aus dem unter anderem kommunale Investitionen bis 2020 unterstützt werden sollen. Das wird dann aber 2015 als Investition einbezogen und trägt zu der Aussage bei, dass 2015 273 % der erhaltenen SoBEZ den Vorgaben des Solidarpaktes entsprechend eingesetzt wurden. Ich frage mich, ob dabei noch weitere Zuführungen an Extrakassen, wie zum Beispiel Fonds, eine Rolle spielen. Zur Obergruppe 88, die mit abrechenbar ist, gehören etwa auch Zuführungen an den Fusionsfonds und an mehrere Darlehensfonds. Den Fusionsfonds etwa gedenkt die Staatsregierung überhaupt nicht einzusetzen.
So bleibt zusammenfassend die Aussage, dass wir uns alle freuen, dass Sachsen fristgemäß einen Mittelverwendungsnachweis eingereicht hat. Der Anspruch des Titels der Aktuellen Debatte, der darin automatisch gute Investitionen in Sachsens Zukunft sehen will, lässt sich aus dem Bericht jedoch nicht ablesen. Vielmehr zeigt sich ein weiteres Mal eine Einengung bei der Einschätzung des eigenen Entwicklungsstandes auf finanzpolitische Krite
rien. Wir brauchen aber tatsächlich den 360-Grad-Blick, sonst laufen wir Gefahr, selbstgefällig reale Gefahren für Sachsens Zukunft zu übersehen.
Dr. Lippold beschloss für die Fraktion GRÜNE die erste Rednerrunde. Wir eröffnen nun die zweite Rednerrunde, und es kommt wiederum die antragstellende CDU-Fraktion zu Wort. Herr Kollege von Breitenbuch, bitte.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir in Sachsen haben viel Geld bekommen aus diesen Bedarfszuweisungen und wir haben es richtig verwendet. Dahinter steckt unser Dank und unser Respekt gegenüber den Geldgebern, nämlich den westlichen Bundesländern, der bundesdeutschen Solidarität. Diesen Dank wollen wir heute ausdrücklich zum Ausdruck bringen: Herzlichen Dank an die, die uns hier den Aufbau mit ermöglichen!
Es war eben auch nicht überall so, dass das Geld richtigerweise für Investitionen verwendet worden ist. Es gab andere Bundesländer, mit anderen Farbenkonstellationen in den Regierungen, die das gerade nicht getan haben. Die haben nicht investiert,
die haben das Geld konsumtiv eingesetzt – und wir werden auch nicht müde, Herr Scheel, genau auf diesen Unterschied hinzuweisen. Wenn man über die Landesgrenzen fährt, sieht man auch die Unterschiede, bis heute.
Das ist eine Leistung. Sie werden uns nicht verdenken, dass wir als CDU-Fraktion stolz sind, dass wir das auch über die Jahre durchgehalten haben, mit hohen Investitionsquoten und auch mit wechselnden Koalitionspartnern, dass wir hier immer ein Verständnis in den Regierungen hatten, und selbstverständlich auch darauf, dass unsere Regierungen, immer CDU-geführt, diesen Kurs beibehalten haben. Darauf sind wir stolz und dafür sind wir dankbar; denn folgende Fragen müssen wir uns doch stellen. Diese Halbierung und teilweise Drittelung der Arbeitslosigkeit hat doch etwas mit diesen Investitionen zu tun, dass wir unser Land nach vorn gebracht und den Nachholprozess durchgeführt haben. Herr Scheel, wir haben 1990 mit einem Wahnsinnsrückstand beendet. Ich will auf die Umweltverschmutzung hinweisen; die ganze Wirtschaftsstruktur lag doch am Boden. Das können Sie doch nicht verneinen.
Dass genau dieser Nachholprozess in einer Generation nicht zu Ende gebracht werden konnte, haben kluge Leute damals schon gewusst. Insofern ist es doch ganz wichtig, dass wir hier stetig mit unseren Investitionsscheiben
arbeiten. Denken Sie beispielsweise daran, was in unserem Land in die Hochschulen geflossen ist, indem jedes Jahr, ob in Chemnitz, Leipzig, Dresden, immer wieder investiert worden ist, wodurch wir ein Niveau erreicht haben, das jungen Leuten Zukunft gibt.
Natürlich kann man immer lächeln und sagen, wir sind mehr für Köpfe als für Beton. Aber das ist doch miteinander zu verbinden, das ist doch kein Gegensatz. Mit diesem Miteinander von Bauinvestitionen und Personalentwicklung muss man doch klarkommen, und ich denke, das tun wir. Wir hatten dadurch in den letzten Jahren eine gute Stimmung. Die dürfen wir uns auch nicht kaputt machen lassen.
Selbstverständlich gibt es Sorgen, gibt es Probleme im Land. Über die muss man reden. Wir sind politisch alle in unserer Vielfalt unterwegs. Aber ich sehe überhaupt kein Problem damit, dass wir das hinbekommen, dass wir mit diesen Investitionen eine Zukunftsfähigkeit in Sachsen weiterhin erhalten können.
Die Zahlungen werden im Jahr 2019 das letzte Mal erfolgen. Ob es ein neues Programm dazu gibt, wissen wir noch nicht. Die Verhandlungen laufen noch. Das ist eine große Unsicherheit auch für unseren Landeshaushalt. Deswegen ist es gerade das richtige Zeichen von CDU und SPD gewesen, mit Brücken in die Zukunft – der Kollege Pecher ist darauf eingegangen – ein ganz klares investives Zeichen zu setzen, über eine längere Zeit, damit die Kommunen ihre Schwerpunkte setzen können. Entsprechend gut läuft auch die Verbindung mit der kommunalen Ebene. Auch dafür steht dieser Fortschrittsbericht.
Wir werden als CDU-Fraktion in den Haushaltsberatungen und den Verhandlungen weiter darauf achten, dass der investive Anteil hoch bleibt. Das ist uns wichtig. Ich denke, wir haben da einen Partner in der SPD, sodass wir dort weiterkommen, dass wir das verstetigen können.
Die zweite Runde ist jetzt vom Kollegen von Breitenbuch für die antragstellende CDU-Fraktion eröffnet worden. Die SPD-Fraktion möchte das Wort nicht erneut ergreifen. Die AfDFraktion? –
Wir könnten jetzt eine dritte Rederunde eröffnen. Möchte die antragstellende CDU-Fraktion eine dritte Rederunde eröffnen? – Das ist nicht der Fall. Damit hat jetzt die
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Fortschrittsbericht eingehe, möchte ich ihn zunächst erst einmal einordnen. Im Jahr 2001 wurde der Solidarpakt II beschlossen. Er umfasst die Jahre 2005 bis 2019, erstreckt sich auf die neuen Bundesländer und Berlin und unterteilt sich in zwei sogenannte Körbe. In Korb I sind die SonderbedarfsBundesergänzungszuweisungen. Sie dienen zur Deckung der Sonderlasten für den starken infrastrukturellen Nachholbedarf. Und er dient auch zum Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft. Dotiert ist dieser Korb I mit 105 Milliarden Euro.
Daneben gibt es den Korb II. Der umfasst überproportionale investive Zweckzuweisungen des Bundes und der EU inklusive der Investitionszulage. Dieser Korb ist dotiert mit rund 51 Milliarden Euro.
Lassen Sie mich diese Zahlen einmal einordnen. Von dieser Summe erhält Sachsen über 42 Milliarden Euro. Vergleicht man diese Summe einmal mit dem jetzt eingebrachten Haushaltsentwurf für die Jahre 2017/2018, so übertreffen diese über 42 Milliarden Euro den eingebrachten Haushalt sehr deutlich. Oder ich will es noch anders ausdrücken: Wenn man das einmal pro Kopf der Bevölkerung rechnet, dann erhält jeder Sachse aus diesem Solidarpakt II über 10 000 Euro. Ich glaube – das ist vorhin ja auch schon angesprochen worden –, das war keine Selbstverständlichkeit. Ohne diese Solidarpaktmittel wäre es nicht möglich gewesen, Sachsen so wieder aufzubauen. Ich meine, es ist auch in dieser Rede angebracht, ein herzliches Dankeschön dafür zu sagen; denn diese Mittel kommen vom Bund, von den westdeutschen Bundesländern und von der Europäischen Union.
Bei dem Fortschrittsbericht handelt es sich – das ist völlig richtig – um einen Mittelverwendungsnachweis. Sind diese Mittel sachgerecht verwendet worden? Der Fortschrittsbericht bezieht sich dabei auf den sogenannten Korb I, und dieser Bericht muss jährlich abgegeben werden. Schaut man sich die Verwendungsnachweise an, so haben wir seit 2005/2006 immer über 100 % der uns zugeführten Mittel sachgerecht verwendet. Jeder weiß: Mehr als 100 % geht nicht. Was bedeutet dann diese hohe Nachweisquote von 273 % im letzten Jahr? Das sagt nichts anderes aus, als dass wir eigene Mittel in den Erhalt und den weiteren Ausbau der Infrastruktur investiert haben. Zu diesem Spitzenwert hat natürlich die kommunale Ebene einen erheblichen Beitrag geleistet.
Vorhin wurde auch schon angesprochen, dass wahrscheinlich Investitionen in die Köpfe viel wichtiger wären. Das ist die eine Seite der Medaille. Aber auch die Investitionen im klassischen Sinne, das heißt – ich sage es etwas flapsig – in Beton, in Stahl und Glas, sind notwendig.
Ich möchte deutlich machen, was das für die Bildung bedeutet. In den Hochschulbau haben wir im Jahr 2015 insgesamt 165 Millionen Euro investiert. Ich nenne hierzu einige Beispiele: In Leipzig entsteht zurzeit gebäudemäßig eine Fakultät für Erziehungswissenschaften. Ein Bau ist schon fertig saniert, der nächste ist in Errichtung.
An der TU Dresden entstand das Institut für Angewandte Physik. An der Fachhochschule Mittweida entstand ein Ersatzneubau für den Fachbereich Mathematik, Physik und Informatik. An der TU Bergakademie in Freiberg wurde das Gebäude für die Fakultät Wirtschaftswissenschaften saniert. An der Technischen Universität Chemnitz entstand das Zentrum für Leichtbautechnologien, abgekürzt MERGE. Das alles sind wichtige Investitionen, damit die entsprechende Forschungsinfrastruktur auch funktioniert.
Ich komme zum Schulhausbau. Mit diesen Mitteln wurden 283 Bauvorhaben unterstützt. Nennen möchte ich exemplarisch den Bau des Gymnasiums in der Telemannstraße in Leipzig. Der Baubeginn erfolgte dort im Jahr 2015. Als weiteres Beispiel nenne ich den Um- bzw. Erweiterungsbau des Marie-Curie-Gymnasiums in Dresden. Sie sehen: Bildungsbauten sind ein ganz wichtiger Bestandteil der Investitionen.
Nennen möchte ich auch den Landesbau. Hier haben wir über 200 Millionen Euro investiert: in die Justizvollzugsanstalt in Chemnitz, in die Polizeidirektion Zwickau, aber auch in Finanzämter, beispielsweise in Grimma und in Pirna, die dieses Jahr in Betrieb genommen werden.
Zu erwähnen ist auch der kommunale und der Staatsstraßenbau. Hier sind fast 400 Millionen Euro investiert worden, um verkehrswichtige Verbindungen entweder zu sanieren oder auszubauen.
Zu guter Letzt nenne ich ein weiteres Beispiel: die investiven Krankenhausförderungen. Hier sind über 120 Millionen Euro investiert worden. Diese Investitionen verdeutlichen noch einmal den Markenkern der sächsischen Finanzpolitik, nämlich die hohen Investitionen; denn hohe Investitionen bedeuten gleichzeitig, dass wir die Entwicklung unseres Freistaates weiter fortführen, sei es in die Wirtschaft, sei es in die Bildung oder sei es in das Gesundheitswesen. Diese Politik werden wir fortsetzen!
Zurzeit liegt der Vorschlag der Staatsregierung zum nächsten Doppelhaushalt auf dem Tisch. Hier werden die Investitionen so angesetzt, dass sie mit rund 2,9 Milliarden Euro verstetigt werden sollen. Damit wird Sachsen im Ländervergleich voraussichtlich weiterhin die höchste Investitionsquote aufweisen.