Protokoll der Sitzung vom 28.09.2016

Zurzeit liegt der Vorschlag der Staatsregierung zum nächsten Doppelhaushalt auf dem Tisch. Hier werden die Investitionen so angesetzt, dass sie mit rund 2,9 Milliarden Euro verstetigt werden sollen. Damit wird Sachsen im Ländervergleich voraussichtlich weiterhin die höchste Investitionsquote aufweisen.

Ich möchte drei Schwerpunkte nennen: Der erste Schwerpunkt umfasst die investiven Mittel für die Kommunen. Schaut man sich das kommunale Finanzausgleichsgesetz an – ich spreche hier über den Vorschlag – plus die

Förderprogramme, die außerhalb des kommunalen Förderausgleichs laufen, so werden die Kommunen in den nächsten Jahren jährlich rund 1 Milliarde Euro für Investitionen zur Verfügung haben.

Ein zweiter Schwerpunkt wird der Ausbau der digitalen Infrastruktur sein. Hier werden wir neben unseren Landesmitteln versuchen, in Kombination mit den Bundesmitteln große Investitionen durchzuführen. Ich habe mir die aktuellen Zahlen einmal geben lassen. Der Bund hat hierfür circa 4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Bewilligt sind zurzeit 1,3 Milliarden Euro. Der Freistaat Sachsen hat von diesen 1,3 Milliarden Euro inzwischen rund 210 Millionen Euro erfolgreich eingeworben. Das alles sind Gelder, die wichtig sind für den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Dies ist in zweier- oder dreierlei Hinsicht wichtig.

Die digitale Infrastruktur ist heute eine Voraussetzung für eine konkurrenzfähige Wirtschaft, aber auch – das ist ein zweiter Schwerpunkt – heute absolut wichtig, um den ländlichen Raum an die öffentliche Daseinsvorsorge anzubinden. Ich möchte heute allerdings auch noch einen weiteren Punkt erwähnen, die Telemedizin. Die Telemedizin wird für die Versorgung unseres Landes in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen.

Einen dritten Schwerpunkt möchte ich ebenfalls nennen. Das ist die Krankenhausinfrastruktur. Sie muss weiterhin modernisiert bzw. erhalten werden. Dies werden wir mit rund 130 Millionen Euro tun. Wichtig ist dies, um sicherzustellen, dass unsere alternde Bevölkerung die entsprechende medizinische Versorgung auch in Zukunft haben wird.

Kommen wir nun zum Ausblick. Der Ausblick hinsichtlich dieser Zuwendungen wird so aussehen, dass diese zurückgehen werden. Die zukünftige EU-Mittelausstattung wird niedriger sein, und zwar deutlich niedriger, insbesondere auch deshalb, weil Großbritannien aus der EU austreten wird. Der Austritt Großbritanniens wird zwei Auswirkungen haben: Es fällt ein Nettozahler aus, und der Durchschnitt des Bruttoinlandsproduktes, der eine Schwelle für die Mittelzuweisung ist, wird damit absinken.

Das Zweite ist, dass die Solidarpaktmittel II im Jahr 2019 enden werden. Wie die Neuordnung der Bund-LänderFinanzbeziehungen aussehen wird, wissen wir zurzeit nicht. Die Verhandlungen laufen noch.

Ich kann nur deutlich machen: Wir werden uns trotz dieser Umstände dafür einsetzen, dass die Investitionen auf hohem Niveau weiter fortgesetzt werden, damit wir sicher sind, dass wir das Land auch in den nächsten Jahren entsprechend weiterentwickeln können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die Staatsregierung hörten wir gerade Herrn Staatsminister Prof. Unland.

Ich darf noch einmal auf unsere Geschäftsordnung verweisen: Die Staatsregierung hat die ihr zur Verfügung stehende Redezeit von zehn Minuten deutlich überschritten. Das hat natürlich Konsequenzen. Auf Antrag einer Fraktion erhält eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die zur Verfügung stehen

de Redezeit zu sprechen; wohlgemerkt: zum Thema dieser Aktuellen Debatte.

Gibt es jetzt eine Fraktion, die diese fünf Minuten in Anspruch nehmen will? – Das kann ich nicht feststellen. Damit ist die Erste Aktuelle Debatte geschlossen.

Wir kommen nun zu

Zweite Aktuelle Debatte

Integration „eventbetonter Jugendlicher“ gescheitert – Gewalt darf

nicht erfolgreich sein! Lehren aus den Vorfällen von Bautzen ziehen

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort. Das Wort ergreift Herr Kollege Richter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich zitiere: „Dieser feige Anschlag ist abscheulich und ekelhaft. Er ist ein Angriff auf die Schwächsten der Gesellschaft, und er trifft die Gesellschaft mitten ins Herz... Wer sich von dieser feigen Tat verspricht, dass Bremen sich weniger um die Aufnahme von Flüchtlingen kümmert, erliegt einem schweren Irrtum. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Menschen ihr Grundrecht auf Zuflucht in unserem Lande verwirklichen können. Der Anschlag wird nicht dazu führen, dass wir zurückstecken.“

Das, meine Damen und Herren, ist die Haltung der Bremer Landesregierung zu einem Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Huchting vor wenigen Tagen. Das, meine Damen und Herren, ist eine Haltung.

Wenn man dieser Tage die Zeitungen dieser Republik aufschlägt und die Nachrichten im Fernsehen verfolgt, dann kann man im Zusammenhang mit den Ereignissen von Bautzen, aber auch mit den Ereignissen, die wir gerade in Dresden erleben, immer wieder dieselbe Frage hören: Was ist eigentlich immer wieder los in Sachsen, und warum eigentlich immer wieder Sachsen?

Um es deutlich zu sagen: Es reicht, um sich diesem Thema zu nähern, kein Ausblick in die letzten zwei oder drei Jahre. Um das Thema zu verstehen, muss man weiter zurückschauen und man wird sehen, dass das Problem eine längere Tradition in Sachsen hat.

Wir haben in Sachsen – ich will das ganz klar sagen – ein Nazi- und Rassismusproblem, und solange wir das in dieser Klarheit nicht benennen, so lange werden wir es nicht ändern können.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir können das Thema nicht begreifen, wenn wir uns immer wieder auf Begriffe wie „besorgte Bürger“; „eventbetonte Jugendliche“ oder schlicht „Einheimische“

zurückziehen – so lange werden wir das Problem nicht lösen können; es wird immer so bestehen.

Dazu ein kleiner Tipp am Rande: Befragen Sie zur Situation in Sachsen nicht das Landesamt für Verfassungsschutz.

(Beifall bei den LINKEN)

Die letzten öffentlichen Einlassungen des Präsidenten kommen auch nicht nur unter den Eindrücken, die wir jetzt haben, einem Totalversagen gleich.

Ich weiß nicht genau, was in Bautzen auf dem Markt passiert ist. Aber wenn sich dort 20 geflüchtete junge Menschen und bis zu 120 Neonazis gegenüberstehen und diese Personen anscheinend sogar aus Halle angereist sind, die einzigen Maßnahmen in der Folge aber nur die geflüchteten Heranwachsenden treffen, dann, meine Damen und Herren, müssen wir uns nicht über die Berichterstattung über Sachsen wundern, dann läuft hier etwas falsch.

Selbst wenn es in diesem Bundesland keinen einzigen Geflüchteten gäbe, dann hätten wir immer noch das Naziproblem. Die Szene konnte sich in Sachsen im Schatten von Verharmlosung, Untertreibung oder sogar Leugnung hervorragend entwickeln, und die Antwort kann jetzt nicht sein – wie man sie immer wieder hört –, jetzt müsse man akzeptierende Jugendarbeit oder, wie man in den Neunzigern gesagt hat, „Glatzenpflege“ betreiben.

Die Antwort muss klar und unmissverständlich sein: In dieser Gesellschaft, in diesem Bundesland ist kein Platz für Rassismus, in diesem Bundesland ist kein Platz für Antisemitismus – egal, woher er kommt. Es ist kein Platz für Homophobie – egal, woher sie kommt. Es ist kein Platz für Diskriminierung – egal, woher sie kommt. Das muss das sein, was jetzt von Ihnen kommen muss. Eine klare Ansage an die CDU: Sie müssen eigentlich wirklich damit anfangen, Ordnung in Ihrem Laden zu schaffen. Sie führen ein Bundesland und keinen Rummel. Was sollen eigentlich diese unsäglichen Auftritte und Äußerungen

einiger Ihrer MdB und MdL, inklusive Ihres Generalsekretärs?

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Sie kommen mir, wenn wir die Debatten dazu austragen, manchmal ein wenig so vor wie der Falschfahrer auf der Autobahn, der sich über die Entgegenkommenden beschwert. Ja, Sie sind das Problem, ganz ehrlich, Sie sind das Problem. Sie schaden ganz konkret dem Ruf von Sachsen, den Sie immer wieder vorgeben zu verteidigen.

Sie haben doch die Berichterstattung über die Sendung verfolgt, an der Ihr Generalsekretär teilgenommen hat. Alle Welt fragt sich: Was ist hier eigentlich los? Machen Sie Ordnung in Ihrem Laden! Wir werden das Thema hier immer wieder haben und Sie werden, wenn Sie nicht endlich eine klare Haltung nach innen und nach außen entwickeln, – –

(Sebastian Fischer, CDU: Wir haben eine klare Haltung! – Zuruf von den LINKEN: Ja, die haben Sie, Herr Fischer!)

Ja, das können Sie dann vortragen, Sie haben ja 15 Minuten Zeit.

(Zurufe von und Unruhe bei der CDU)

Wir haben die klare Haltung und werden Sie dabei immer wieder unterstützen, dass Sie sie finden. Wir werden Sie jedenfalls nicht aus der Verantwortung für dieses Land entlassen. So einfach, wie Sie denken, ist es nicht.

Mehr in der nächsten Runde – danke schön.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Die antragstellende Fraktion hatte das Wort durch Herrn Abg. Richter. Jetzt ergreift für die CDU-Fraktion Herr Kollege Hartmann das Wort. – Danach geht es weiter mit der SPD, der AfD, den GRÜNEN und der Staatsregierung, wenn gewünscht – wahrscheinlich nicht in dieser Runde. – Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Integration ‚eventbetonter Jugendlicher‘ gescheitert – Gewalt darf nicht erfolgreich sein! Lehren aus den Vorfällen von Bautzen ziehen“ ist das Thema. Herr Richter lädt ein, über das Thema Haltung zu sprechen.

Ja, Herr Richter, Haltung ist wichtig und ich kann Ihnen versichern: Sowohl die CDU als auch die SPD haben in dieser Staatsregierung eine klare Haltung – möglicherweise gefällt sie Ihnen nur nicht jedes Mal.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Thomas Baum, SPD)

Nun besteht die Schwierigkeit mit einer Haltung, dass sie einer inneren Überzeugung folgt.