Lutz Richter
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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ankündigung des Ministerpräsidenten war ja, rechte
Netzwerke zu zerschlagen. Deshalb sind wir der Debatte sehr gespannt gefolgt und wollten wissen, was vor allem die CDU und auch die SPD dazu sagen.
Es gab meiner Meinung nach in der ersten Runde vor allem drei Argumente. Das erste Argument war die Gleichsetzung, die wir immer wieder hören müssen – die Gleichsetzung rechts, links, Religion –, und ich finde, das ist eine absolute Verharmlosung dessen, was schon seit Jahren in Sachsen passiert. Diese Gleichsetzung betreiben Sie seit 30 Jahren, und offensichtlich ist das auch Teil des Problems – doch damit sind Sie gescheitert.
Wir sehen das vor allem in den ländlichen Gebieten. Da gibt es gar keine Strukturen, die Sie hier vergleichen können, da gibt es nur rechte Netzwerke, die seit 30 Jahren integraler Bestandteil von Jugendsubkultur sind, und alles andere, was Sie hier noch anführen, ist wirklich eine Verharmlosung, die wir ablehnen.
In der zweiten Rederunde habe ich gedacht, Herr Anton, bis etwa 80 % kann man Ihnen ja vollkommen zustimmen; aber dann konnten Sie es wieder nicht lassen, hier von Kommunisten zu sprechen. Ich verweise einmal auf Thüringen, dort haben die Kommunisten Ihrer Meinung nach offensichtlich eine üble Diktatur errichtet, dass Sie hier davor warnen müssen. Sie haben eben selbst noch die ganzen Zitate aus den Reihen der AfD gebracht, und da, wo DIE LINKE an der Regierung ist, ist überhaupt nichts passiert, was Sie hier in irgendeiner Weise schützen müssten.
Die zweite Antwort, die Sie immer geben, ist der starke Staat. Sie haben die Behörden seit 30 Jahren immer weiter gestärkt: immer mehr Rechte ausgebaut, immer mehr Repressionen waren Ihre Antwort auf alles. Das hat allerdings überhaupt nicht dazu geführt, dass die rechten Netzwerke weniger geworden sind; im Gegenteil: Es ist eigentlich so, dass wir immer noch einen Anstieg der Zahl dieser Netzwerke, der Gründungen, der Personen und des Potenzials dieser Netzwerke, zu verzeichnen haben. Das heißt, auch dieser Teil ist eigentlich offenkundig gescheitert.
Insbesondere die Forderung der LINKEN nach Auflösung des Landesamtes für Verfassungsschutz bleibt richtig. Eigentlich müssten Sie es auch wissen; denn Sie sitzen mit uns im NSU-Untersuchungsausschuss. Sie waren selbst anwesend und haben sich ein Bild von der Arbeit des Verfassungsschutzes machen können. Es jetzt in irgendeiner Weise schönzureden, was die Kolleginnen und Kollegen machen, das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, da Sie alles, wie gesagt, live miterlebt haben.
Der dritte Punkt ist eigentlich genauso schade: „Wir machen das alles schon“, also das, was wir fordern, sei ohnehin schon fast erledigt oder Sie seien schon dabei.
Dazu wird das Netzwerk „Tolerantes Sachsen“ herangeführt.
Wir haben bei der Haushaltsdebatte einen Antrag gestellt, das Netzwerk „Tolerantes Sachsen“ endlich vernünftig auszustatten, und zwar so, dass man sich nicht immer von Jahr zu Jahr hangeln muss, sondern dass es eine institutionelle Förderung gibt, die auch eine Zeit lang trägt, damit diese Initiativen, die sich für die Demokratie starkmachen, die keine linken Initiativen sind und
wirklich versuchen, die Demokratie und Zivilgesellschaft zu stärken, nicht jedes Jahr um ihre Existenz bangen müssen, sondern kontinuierlich daran arbeiten können, Dinge zu entwickeln und diese Gesellschaft und diese Gegend lebenswerter zu machen.
Das haben wir beantragt. Das mussten Sie wieder ablehnen. Also ist es doch die Frage, was eigentlich von der Ankündigung übrig bleibt, rechte Netzwerke zu zerschlagen. Leider haben wir dazu in dieser Runde nicht viel hören können.
Wie er das tun will, der Ministerpräsident, das bleibt er uns schuldig. Ihnen liegt im Grunde der Sachsen-Monitor vor. Sie haben eigentlich alle Analysen, die Sie brauchen, um loszulegen. Sie könnten jetzt Schlussfolgerungen daraus ziehen und mit Ideen kommen – leider Fehlanzeige.
Ich lebe im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, in einem Landkreis, der seit den frühen Neunzigerjahren ein Nazi-Problem hat. Das ist bekannt und hat sich herumgesprochen, nicht nur, weil ich es hier gerade erzähle, sondern weil die Leute dieses Gefühl haben und es auch erleben, was dort live passiert. Das hat es seit 30 Jahren in ganz unterschiedlichen Spielarten gegeben.
Ich wünsche mir – das ist mein letztes Wort in der Debatte –, dass es irgendwann eine Zeit gibt, in der ausländische Touristen nicht mehr vorher anrufen und fragen müssen, ob es eine sichere Gegend für sie ist, in der sie Urlaub machen können.
Ich wünsche mir, dass Sie jetzt wirklich die Ärmel hochkrempeln und sich Gedanken darüber machen, wie Sie mit dem Problem umgehen können.
Herr Präsident! Ich bitte um die Möglichkeit einer persönlichen Erklärung zum Abstimmungsverhalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich mache mir ernsthaft Sorgen um das Zusammenleben in Sachsen. Ich möchte, dass wir eine friedliche Gesellschaft haben, eine Gesellschaft, die auf Respekt, auf Humanismus, auf Menschenwürde, Demokratie und Solidarität ausgelegt ist. Das sind hohe Werte, die nicht leicht zu verteidigen und zu erlangen sind. Sie brauchen Zeit, Sie brauchen natürlich Vertrauen und Rechtsstaatlichkeit. Mithin muss der Staat nachvollziehbar und verhältnismäßig reagieren.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns nicht im Krieg. Handgranaten und Maschinengewehre sind nicht das, was die sächsische Polizei braucht. Kriegswaffen, wie sie das neue Polizeigesetz zulässt, lehne ich deshalb grundsätzlich ab. Die Logik der ständigen Militarisierung der Gesellschaft nach innen und außen halte ich für brandgefährlich.
Dieses Land ist so sicher, wie es nie zuvor gewesen ist. Sie hätten sich eigentlich dafür feiern können. Aber Sie machen genau das nicht, sondern setzen bei den Angst- und Panikmachern am rechten Rand an. Das finde ich wirklich schlimm. Die Hochrüstung der Polizei, wie Sie sie betreiben, ist verantwortungslos.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE stimmt dem Gesetz zum Vertrag zur Änderung des Vertrages des Freistaates Sachsen mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden zu. Dabei geht es um einen Aufwuchs – das ist gerade schon gesagt worden – für die jüdischen Gemeinden von 950 000 Euro auf 1 070 000 Euro, also um eine Erhöhung von 120 000 Euro bis zum Jahr 2020.
Die Fraktion DIE LINKE ist damit absolut einverstanden. Ich kann mich somit den Worten meines Vorredners anschließen.
Für uns ist es wichtig, dass sich das jüdische Leben in Sachsen auch weiter unter bestmöglichen Bedingungen entwickeln kann. Das sind für uns übrigens auch zwei Seiten einer Medaille: einerseits, dass wir den Kampf gegen den Antisemitismus unterstützen, und andererseits da, wo wir es können, jüdisches Leben in Sachsen unter den bestmöglichen Bedingungen ermöglichen.
Deswegen stimmen wir zu – und danken.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die AfDFraktion will über Gewalt sprechen. Sie will die anwesenden Fraktionen dazu bringen, ihrem Antrag zuzustimmen, gerade so, als wäre dieses Bekenntnis hier und heute auch vonseiten der anderen Fraktionen notwendig, so, als müsste man sich hier und heute gegenseitig Mäßigung in der politischen Auseinandersetzung zusichern.
Ich sage es einmal klar und deutlich für DIE LINKE: Wir werben in der inhaltlichen Auseinandersetzung um unsere Positionen, um politische und gesellschaftliche Mehrheiten, wir wollen manche überzeugen mit den besten Ideen – und nur darum geht es.
Das unterscheidet uns von der AfD-Fraktion. Unser Konzept heißt eben nicht: Abschottung, Ausgrenzung und Angst, sondern unser Konzept heißt: Solidarität, Demokratie und Humanismus.
Gewalt – das ist auch schon gesagt worden – beginnt immer mit der Sprache. Darum gehört es zwangsläufig dazu, wenn man eine solche Debatte führen will, sich selbst zu überprüfen, welche Rolle einem selbst bei diesem Thema zukommt.
Nein. Ich habe ja noch nicht einmal eine Minute geredet. Es ist vielleicht besser, Sie hören erst einmal zu und machen sich Gedanken.
Es ist wichtig, dass man, bevor man einen solchen Antrag einreicht, sich selbst erst einmal darüber Gedanken macht, welche Rolle einem dabei zukommt. Das haben Sie nicht getan. Sie haben bei der Einbringung die Chance verpasst, sich mit Ihren Reden und Ihrer Verantwortung auseinanderzusetzen und mit den permanenten hetz- und relativierenden Reden, sich davon zu distanzieren. Das wäre eine Chance gewesen. Diese haben Sie hier nicht ergriffen. Das lässt sich nur damit erklären, dass Sie im Grunde damit einverstanden sind und noch viel mehr: dass es zu Ihrer Methode gehört.
Bevor wieder behauptet wird, wie Sie es zuweilen tun, dass irgendwelche Abspaltungen von Ihrer Fraktion bzw. von Ihrer Partei in gewisser Weise Selbstreinigung seien, kann man dem nur widersprechen. Diese Abspaltungen sind ausschließlich persönlich und machttaktisch begründet. Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Diskriminierung und eine abgrundtiefe Verachtung für politisch Andersdenkende bleiben immer noch bei Ihnen verhaftet.
Deswegen sind Sie auch nicht in der Lage, dies aufzugeben. Ich wiederhole: Gewalt beginnt immer mit Sprache. Das wissen Sie ganz genau und setzen für die öffentliche Kommunikation auf Reizworte, auf Aufreger, auf den permanenten Tabubruch.
Sie können nicht einerseits Politikerinnen und Politiker anderer Parteien als Volksverräter abqualifizieren, als Altparteien-Kartell bezeichnen und was Sie nicht noch alles in petto haben.
Dann tun Sie so, als hätten Sie sonst mit der Verrohung im politischen Diskurs bis hin zu körperlichen Attacken überhaupt nichts zu tun.
Kollege Panter hat es vorhin in der Aktuellen Debatte richtig gesagt: Erst das Streichholz dran halten und dann wundern, wenn es brennt. Das lassen wir Ihnen ganz sicherlich nicht durchgehen.
Wir alle erinnern uns noch an die Ausfälle des Abg. Wippel, der gerade eine Zwischenfrage stellen wollte. Vielleicht überlegt er sich, am Ende eher eine Kurzintervention zu machen,
um uns zu sagen, wie weit er mit seinem Denken vorangekommen ist,
als er damals vor uns stand und allen bundesdeutschen Politikerinnen und Politikern den Terrortot gewünscht hat.
Sie radikalisieren diese Gesellschaft, und Ihre Worte wirken als Brandbeschleuniger. Das ist die Wahrheit.
Sie haben ein gespaltenes Verhältnis zu Gewalt und vor allem ein gespaltenes Verhältnis zur Demokratie. Aus Ihren Reihen kommen solche Aussagen wie, man wolle Politiker entsorgen, man wolle Politiker jagen, aus Ihren Reihen kommen solche Worte wie „das Denkmal der Schande“ und „der Fliegenschiss“, aus Ihren Reihen kommen Denunziationsportale, und heute, wie wir hören, gibt es eine Einlassung Ihres sächsischen Bundestagsabgeordneten zum Thema Journalisten, die er als „Zersetzungsagenten“ bezeichnet.
Hier noch ein Beispiel, das nicht so bekannt geworden ist: Der AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier wurde am 17. Dezember 2018 in einem Berufungsverfahren vor dem Landgericht Mainz wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 16 200 Euro verurteilt. Er hatte ein Zusammentreffen rivalisierender Hooligan-Gruppen organisiert und offenbar dabei kräftig mitgemischt.
Es ist scheinheilig, was Sie heute versuchen, und wir werden uns dieses Spiel mit Sicherheit von Ihnen nicht aufzwingen lassen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann Ihnen das Folgende nicht ersparen, wenn wir den von der AfDFraktion eingebrachten Antrag richtig einordnen wollen. Ich möchte Ihnen deshalb ein Zitat aus einem sogenannten Gesprächsbuch mit dem Titel „Nie zweimal in denselben Fluss“ vortragen, in dem Björn Höcke und ein Sebastian Hennig im Jahr 2018 über den Systemwechsel philosophieren.
Sebastian Hennig beschreibt die Schritte so: „Groß angelegtes Remigrationsprojekt, wohltemperierte Grausamkeiten, menschliche Härten und unschöne Szenen werden sich nicht immer vermeiden lassen. Existenzbedrohende Krisen erfordern außergewöhnliches Handeln. Auch würden wir bei dieser Gelegenheit leider einige Teile der germanischen Volksteile verlieren, die zu schwach oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalisierung und Islamisierung zu widersetzen.“
Höcke ergänzt dazu: Mit deutscher Unbedingtheit sei die Sache gründlich und grundsätzlich anzupacken. „Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutsche keinen halben Sachen.“
Sehr geehrte Damen und Herren! In keiner anderen Partei werden Sie vergleichbare Einlassungen von Spitzenpersonal finden. Ausgerechnet Sie von der AfD kommen heute mit diesem Antrag. Das ist nicht Ihr Ernst.
Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über das Thema politisch motivierte Gewalt. Ich habe deutlich gemacht, was von dem Thema der AfD inhaltlich zu halten ist. Sie sind keine Opfer, sie sind Brandstifter.
Ich möchte den Schluss meiner Rede deswegen dazu nutzen, an drei Fälle zu erinnern. Es handelt sich um drei Fälle, die symbolisch stehen für Menschen, die aus rassistischer, menschenverachtender Motivation heraus umgebracht worden sind. Sie stehen symbolisch für mehr als 200 Opfer rechter Gewalt seit 1990. Diese Menschen wurden am 31. Januar, einem Tag wie heute, umgebracht. Am 31. Januar 1992 starb eine dreiköpfige Familie aus Sri Lanka bei einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Lampertheim.
Am 31. Januar 1997 wurde Phan Van Toan am Bahnhof von Fredersdorf von einem Mann hochgehoben und mit dem Kopf auf den Betonboden geworfen.
Er starb drei Monate später in einer Reha-Klinik. Selbst im Prozess äußerten die Täter rassistische Parolen. Bernd Schmidt wurde in seiner Baracke in Weißwasser von zwei 15- und einem 16-jährigen Jugendlichen zu Tote geprügelt. Er starb nach dreitägigen Misshandlungen am 31 Januar 2000 an Hirnblutung und einer Lungenentzündung, die er sich durch das Einatmen seines Blutes zugezogen hatte. Vor Gericht sagte einer der Täter: „Dieser Mensch war menschlicher Schrott.“
Amt. Präsident Thomas Colditz: Als Nächster ergreift für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Kliese das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die AfD versucht, mit diesem Antrag einen Bericht der Staatsregierung über sogenannte Administrativpetitionen zu bekommen.
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, welches Verfahren in Sachsen existiert: Wir haben ein Petitionsrecht für
Petitionen, die sich an den Landtag richten. Der Petitionsausschuss behandelt diese Petitionen formal und hat verschiedene Instrumente, mit ihnen zu verfahren. Er hat die Möglichkeit, Anhörungen und Vor-Ort-Termine zu organisieren, aber auch Stellungnahmen der Staatsregierung einzuholen. Im Verfahren kann der Ausschuss das Ergebnis einer Petition, den Abschlussbericht, an eine andere Ebene, den Bundestag, die Landkreise oder die Gemeinden, überweisen. Im Falle der Staatsregierung kann sie es zur Berücksichtigung tun.
Wir hatten heute einen intensiven Austausch über das Petitionswesen und das Petitionsgeschehen im Landtag. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass im Petitionsausschuss seit mindestens zwei Jahren eine Debatte über die Fortentwicklung des Petitionsrechtes stattfindet, die Verbesserung im Verfahren. Der Petitionsausschuss hat sich dazu intensiv mit dem Petitionswesen – das ist heute bereits angesprochen worden – im Vereinigten Königreich und speziell in Schottland befasst.
Aus dieser Befassung kamen einige Anregungen und Ideen bei den Fraktionen auf, über die wir nun seit Monaten intensiv diskutieren. Allein von der AfD kam bisher keine einzige Anregung. Es liegt auch nichts Schriftliches vor. Das ist bedauerlich, weil man daraus ableiten könnte, wie sich die Fraktion das Petitionswesen vorstellt. Aber es ist nun eben so. Der Antrag, der heute vorliegt, hat damit nicht direkt – das wurde schon gesagt – etwas zu tun. Aber zur Einschätzung der Situation und zur Beurteilung des Antrages ist es wichtig, dass man das vorher sagt.
Ja, es ist so, aus dem Artikel 17 des Grundgesetzes und Artikel 35 der Sächsischen Verfassung leitet sich das Recht eines jeden Bürgers, einer jeden Bürgerin ab, sich mit Bitten und Beschwerden an die öffentliche Verwaltung zu wenden. Aber es wird etwas Entscheidendes unterschlagen: Für das Verfahren im Landtag, also das, was wir heute schon besprochen haben, diese parlamentarischen Petitionen, gibt es ein klares und nachvollziehbares Verfahren. Das ist im Falle der sonstigen Bürgeranliegen in diesem Sinne so nicht geklärt.
Sie haben also jetzt den Wunsch nach Auskunft über Dinge, die keinem normierten Verfahren unterworfen sind. Das kann man so machen, aber es ist wenig zielführend; denn es nützt nichts, wenn man dazu den Begriff der administrativen Petition einführt, die zwar in der Politikwissenschaft existiert, aber in Sachsen nicht definiert ist. Darum bleibt der Antrag in gewisser Weise eine Nebelkerze. Die Überschrift Ihres Antrages unterstellt im Grunde, es gebe eine Leerstelle, wenn Sie sagen „Bitten und Beschwerden der Bürger zur Kenntnis nehmen und behandeln“. Das klingt, als wollten Sie einem Problem auf den Grund gehen. Aber entschuldigen Sie, Sie wollen eine Aufstellung aller Bitten, Beschwerden und Eingaben aller staatlichen Stellen aus dem ersten Halbjahr 2018.
Wenn Sie das wirklich gewollt hätten, wäre es folgerichtig gewesen, das Verfahren für solche Administrativpetitionen zu normieren. Das wäre das Vernünftigste gewesen. Dann hätten Sie heute eigentlich eine Gesetzesinitiative
starten und uns diese Definition anbieten müssen, über die wir hätten diskutieren können. Das haben Sie nicht gemacht. Übrigens: Das empfiehlt der von Ihnen vorhin angesprochene Prof. Dr. Röber auch. Er sagt, man müsse das normieren und nicht irgendwelche allgemeinen Fragen in den Raum stellen.
Sie bleiben aber bei der Behauptung stehen, die Sie im Titel sagen und die Sie nicht belegen, und stellen danach eine Reihe von Fragen. Das ist nichts anderes als Stochern im Nebel. Dann wollen Sie nicht nur die Informationen, sondern eigentlich sogar die sogenannten Administrativpetitionen in das parlamentarische Verfahren ziehen. Das hat Herr Dr. Meyer schon angesprochen. Die Auskunft, wie genau das vonstatten gehen soll, bleiben Sie uns schuldig.
Dass Sie ein Interesse daran hätten, dass die Themen der Bürgerinnen und Bürger eine größere Beachtung finden, ist schlichtweg eine Legende. Dies hält einem Faktencheck nicht stand. Wäre dem tatsächlich so, hätten Sie, genauso, wie wir das als LINKE getan haben, dem Transparenzgesetz der GRÜNEN zustimmen müssen, das in einer der letzten Sitzungen zur Abstimmung stand. Wie gesagt, das haben Sie nicht getan und darum geht es Ihnen auch nicht.
Unter dem Strich muss man sagen, es tut einem eigentlich leid um die Bäume, die für das bedruckte Papier hier sterben mussten, und um die Lebenszeit, die uns das gekostet hat.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir als LINKE haben diese Aktuelle Debatte beantragt, weil es auch einem Landtag, auch dem Sächsischen, gut zu Gesicht steht, die Fragen von Krieg und Frieden in seinen Sitzungen zu besprechen.
Der Termin, der 1. September, ist für diesen Tag nicht ohne Grund gewählt. An diesem Tag des Jahres 1939 entfesselte das Deutsche Reich mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg. Welches Datum könnte für uns als Deutsche demnach besser geeignet sein, um sich mit der eigenen Geschichte, aber auch mit der eigenen Rolle in der Weltgemeinschaft auseinanderzusetzen, als dieser Tag?
In der DDR wurde der 1. September offiziell seit 1950 als Weltfriedenstag oder Tag des Friedens begangen. In der Bundesrepublik Deutschland ging die Initiative für diesen Tag seit 1957 vom DGB aus. Dort ist die Bezeichnung Antikriegstag geläufiger, und er wird auch heute noch in vielen Städten begangen, auch in Sachsen, mit unzähligen Veranstaltungen und Demonstrationen. Ob dieser Tag tatsächlich geeignet ist, und zwar im kommenden Jahr zum runden Jahrestag des Überfalls von Nazideutschland auf Polen, in Sachsen Landtagswahlen durchzuführen, darüber will ich heute nicht diskutieren, aber ich will Ihnen diesen Gedanken zumindest zur Selbsterkenntnis nahelegen.
Der Weltfriedenstag, der Antikriegstag ist ein Tag, an dem es auch zu prüfen gilt, inwieweit man in Sachsen etwas tun kann. So wie alle können Sie sich noch daran erinnern, wie damals der Protest und die Empörung durch weite Teile der Bevölkerung gingen, als die ersten militärischen Einsätze nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges beschlossen wurden. Die Beteiligung Deutschlands am Jugoslawien-Krieg war ein Tabubruch nach der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der politische Grundsatz, dass von deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgehen darf, galt von diesem Zeitpunkt an in dieser Schärfe nicht mehr.
Ich wohne seit vielen Jahren in Pirna und erinnere mich noch gut an die Zeit. Wir haben in vielen Kreisstädten, aber eben auch in Pirna, zum Beispiel etliche Demonstrationen erlebt: anderthalbtausend Schülerinnen und Schü
ler im Pirnaer Friedenspark, quasi auf der Straße, um ein kraftvolles Zeichen zu setzen. Das alles ist nun 20 Jahre her.
Seitdem hat sich die Gesellschaft nachhaltig verändert, auch dieses Bundesland. Die Menschen haben sich ein Stück weit daran gewöhnt. Sie haben sich daran gewöhnt, dass deutsche Soldatinnen und Soldaten in unzähligen Krisen- und Kriegsgebieten dieser Welt im Einsatz sind und Parlamentsbeschlüsse zu Fragen von Krieg und Frieden im Deutschen Bundestag gerade einmal noch eine Randnotiz wert sind.
Aber es handelt sich mittlerweile um etliche junge Menschen aus nahezu jeder Stadt und jeder Gemeinde des Freistaates, die mit der Waffe in der Hand ihren Dienst tun. Wahrscheinlich kennt jeder der Anwesenden eine Person, die das betrifft. Es zeigt sich an der nachlassenden Empörung in unseren Städten und Gemeinden, dass sich der Raum für Diskussionen um Krieg und Frieden gesellschaftlich etwas verengt hat. Deshalb finde ich, wie gesagt, dass es auch dem Landtag gut zu Gesicht steht, diese Debatte zu führen.
Es ist wichtig, dass wir begreifen, dass die Frage von Krieg und Frieden, aber auch die Frage der Erhaltung des Friedens eine Aufgabe ist, die jeden Politiker und jede Politikerin etwas angeht, auch jeden von uns hier im Raum. Es geht uns deshalb etwas an, weil wir zum Beispiel vor 20 Jahren in der Sächsischen Schweiz die sogenannten Jäger-90-Übungen hatten, und deshalb, weil es immer noch Tiefflieger der Bundeswehr über unsere Natur gibt, die sehr verletzbar ist, natürlich auch in der Sächsischen Schweiz.
Es geht uns auch deshalb etwas an, weil Sachsen ständig Durchmarschgebiet für NATO-Truppenbewegungen ist und unsere Flughäfen, die sich in Sachsen befinden, als Drehkreuze gebraucht werden.
Es geht uns insbesondere auch deshalb etwas an, weil die Bundeswehr aggressiv an Schulen, Universitäten und auf Berufsmessen sowie auf Festlichkeiten in Sachsen wirbt. Wir müssen einfach feststellen, dass dieser Job eben kein Job wie jeder andere ist.
Es ist kein Job wie jeder andere; denn das Risiko, getötet zu werden, ist dabei einkalkuliert, und im Zweifelsfall ist
der Auftrag zum Töten angelegt. Daher sagen wir als Linke, dass es kein „Werben für das Sterben“ geben soll.
Am 11. Juni 2018 fand in Dresden der Tag der Bundeswehr statt. Die Überschrift der MDR-Meldung am Ende lautete: „Kinder, die auf Panzern klettern“. – Nein, es handelt sich nicht um Spielzeug. Es handelt sich um Gerätschaften, die hergestellt wurden, um zu töten. Und wie sie töten! Jeden Tag sterben auf der Welt durchschnittlich 500 Menschen in Kriegen und bewaffneten Konflikten. Während dieser zweiten Aktuellen Debatte sind es wahrscheinlich im Durchschnitt etwa 20 Menschen.
Aber es gibt in Sachsen auch Menschen, die sich dagegenstellen. Dies finde ich ebenfalls bemerkenswert und möchte das hervorheben. Es gibt viele Menschen, die an Ostermärschen teilnehmen und sich im Kleinen einsetzen, mit Spenden helfen und dies vielleicht auch manchmal ganz still tun. Aber ich möchte einen speziellen Dank an 22 sächsische Bürgermeisterinnen und Bürgermeister verschiedener parteipolitischer Ausrichtung aussprechen, die sich in der Organisation Mayors for Peace, Bürgermeister für den Frieden, einsetzen, für eine Welt ohne Atomwaffen kämpfen und sich für Abrüstung starkmachen. Ihnen spreche ich unseren Dank aus.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin erst einmal dankbar dafür, dass diese Debatte von den Fraktionen CDU, SPD, GRÜNE und natürlich auch von uns so geführt werden konnte, dass sie die Chance genutzt haben, zweimal in die Debatte zu gehen, weil das zeigt, dass es diesen Redebedarf noch gibt und dass wir auch genügend Themen haben, uns in diesem Feld auszutauschen.
Ich bin auch dankbar dafür, dass es, worauf vorhin schon hingewiesen wurde, zwei weitere Termine gibt. Darauf möchte ich eingehen, weil diese ganz wichtig sind, und will das mit einem Vorschlag beschließen.
Der erste Vorschlag betrifft den 1. Januar, das Friedensjahr der katholischen Kirche und die Friedensbotschaft des Papstes. Ich finde diese ganz bemerkenswert, und deswegen will ich auch einen Teil daraus aus dem Jahr 2016 zitieren. Sie stand unter dem Titel „Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden“. Was der Papst gesagt hat, steht, wie wir alle festgestellt haben, im historischen Kontext mit dem Überfall Deutschlands auf Polen und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs. Der Papst sagte vor zwei Jahren: „Kriege und terroristische Aktionen mit ihren tragischen Folgen, Entführungen, ethnisch und religiös motivierte Verfolgung und Machtmissbrauch haben das vergangene Jahr vom Anfang bis zu seinem Ende charakterisiert und sich in zahlreichen Regionen der Welt so vervielfacht, dass sie die Züge dessen angenommen haben, was man einen dritten Weltkrieg in Abschnitten nennen kann.“ Das ist die Einschätzung des Papstes.
Es gibt im Moment auf dieser Welt 17 bewaffnete Konflikte, bei denen mehr als dreistellige Opferzahlen pro Jahr zu beklagen sind. Auf fünf von sieben Kontinenten findet im Moment Krieg statt. Lediglich Australien und die Antarktis sind davon verschont. Deswegen sollten wir
uns grundsätzlich damit auseinandersetzen, diese Gesellschaft auf allen Ebenen ziviler zu gestalten. Ich habe vorhin schon etwas dazu gesagt, aber möchte es noch einmal mit aller Eindringlichkeit sagen: Die Generation meiner Kinder, meine Generation, selbst die Generation meiner Eltern kennen Krieg nur noch aus den andauernden Meldungen von Presse und Fernsehen und zum Glück nicht mehr aus eigenem Erleben. Aber gerade jetzt gibt es wieder eine Generation, die dieselben Erfahrungen machen muss, logischerweise auf anderer Ebene, wie unsere Großeltern. Aber das sind Kriegserfahrungen, die sie mit nach Hause bringen. Darauf ist einfach hinzuweisen.
Der zweite Tag oder Termin – darauf ist auch schon hingewiesen worden – ist der 21. September, der International Day of Peace der Vereinten Nationen. Ich will auch aus der Resolution dazu zitieren, weil sie auch ein Anstoß sein kann. Sie besagt nämlich, dass zu den Hauptzielen der Vereinten Nationen nach deren Charta die Förderung des Friedens zwischen den Nationen gehört, dass, da Kriege im Geiste der Menschen entstehen, auch die Verteidigung des Friedens im Geiste der Menschen ihren Anfang nehmen muss, da ein ausschließlich auf politischen und wirtschaftlichen Vereinbarungen zwischen Regierungen beruhender Frieden keine Gewähr dafür bietet, dass er die einmütige, dauerhafte und aufrichtige Unterstützung der Völker findet und dass somit der Frieden, wenn er erhalten bleiben soll, im Geistigen und in der Solidarität der Menschheit begründet sein muss.
Das, finde ich, ist eine wunderbare Resolution, und es lohnt sich, sie hin und wieder einmal zu lesen. Sie ist 37 Jahre alt. Der Ansatz, der damals verfolgt worden ist, ist, dass dieser eine Tag, der 21. September, ein Tag der Gewaltlosigkeit sein soll – dieser eine Tag, und es ist nicht einmal in 37 Jahren gelungen.
Herr Hartmann hat vorhin zu meiner Einlassung zu den NATO-Truppenbewegungen gesprochen und gesagt, dass wir hier Verantwortung übernehmen müssen. Wir sind in der NATO und können nicht einfach wegschauen, sondern müssen unsere Verantwortung aus der Geschichte übernehmen. Deswegen vielleicht ein Vorschlag aus dieser Resolution: Wir haben eine Parlamentspartnerschaft mit dem Großen Rat des Schweizer Kantons Bern, vielleicht sogar eher als Freundschaft zu bezeichnen. Man könnte dies zum Beispiel auf eine neue Stufe stellen und sagen, dass wir uns auch vornehmen, gemeinsam mit diesem Kanton Treffen nicht nur mit Parlamentariern zu organisieren, sondern darüber hinaus auch einen Austausch von Familien, Schulklassen, Firmen und gesellschaftlichen Vereinen noch stärker voranzutreiben. Die Schweiz hat ja einiges an Diskussionspotenzial zu bieten, zum Beispiel Bezug nehmend auf die NATO-Mitgliedschaft Deutschlands. Die Schweiz ist ein Land mit einer anderen Geschichte, mit Erfahrungen in direkter Demokratie. Es ist ein Land, dass sich selbst als weltpolitisch neutral ansieht und damit aus sämtlichen Kriegen herausgehalten hat, ein Land auch mit einer interessanten Geschichte von Migration.
Vielleicht könnte das ein winzig kleiner Beitrag aus Sachsen dazu sein, sich an der Verständigung im Sinne dieser Resolution zu beteiligen.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um es vorwegzunehmen: Wir stimmen dem Gesetzentwurf der Fraktion der GRÜNEN für ein Gesetz über die Transparenz von Informationen im Freistaat Sachsen zu.
Wie Sie wissen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gingen die Initiativen in den vergangenen Legislaturen für ein solches Informationsfreiheitsgesetz auch von der LINKEN aus. Aus diesem Grund sind wir mit dem vorgelegten Entwurf auch weitgehend einverstanden. Natürlich haben unterschiedliche Fraktionen unterschiedliche Augenmerke in ihren Entwürfen, aber im Grunde sehen wir ihn als richtigen Schritt.
Wichtig ist, dass sich der Freistaat Sachsen endlich bei diesem Thema bewegt; denn wir sind eines der wenigen Bundesländer – um genau zu sein, eines von vier –, die immer noch kein Transparenzgesetz vorweisen können. Es ist wichtig, dass ein solches Gesetz kommt; denn wir regeln damit die weitere Augenhöhe zwischen Bürgerinnen und Bürgern einerseits und dem Staat und seinen Verwaltungen andererseits.
Es geht darum, Verwaltungstätigkeit transparenter und damit für die Menschen natürlich auch nachvollziehbarer und nachprüfbarer zu machen.
Ich will zunächst aber auf etwas anderes aufmerksam machen, was auch schon vom Kollegen Bartl im Jahr 2013 bemängelt wurde. Die Nichtexistenz eines sächsischen Transparenzgesetzes sorgt unter anderem eben auch dafür, dass wir als Freistaat nicht an der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten teilnehmen, zumindest nicht als offizieller Teilnehmer oder als offizielle Teilnehmerin bzw. nicht auf der gleichen Augenhöhe wie die
anderen zwölf beteiligten Bundesländer. Wir haben Ihnen das vor fünf Jahren gesagt. Damals ging es um die 26. Konferenz. Mittlerweile haben sechs weitere Konferenzen stattgefunden, leider, wie gesagt, ohne Sachsen.
Sie haben in Ihren Koalitionsvertrag – das ist von Frau Kollegin Meier schon angesprochen worden – das Informationsfreiheitsgesetz hineingeschrieben. Sie haben
geschrieben: „Wir erhöhen die Transparenz staatlichen Handelns, indem wir mit einem Open-Data-Portal mehrere Daten aus den staatlichen Bereichen öffentlich machen. Darüber hinaus werden wir einen Beirat ‚Digitale Wertschöpfung‘ gründen, der eine bessere Zusammenarbeit zwischen IT- und Softwareindustrie, Staatsregierung, Kommunen, Hochschulen und Anwenderbranche gewährleistet.“
Vielleicht sagen Sie dazu später noch etwas in Ihren Reden. Es wäre zumindest interessant für das Haus.
Wir finden, Sachsen muss endlich diesen Weg beschreiten, indem die aktive Bereitstellung öffentlicher Situationen im Internet zur Rechtspflicht wird.
Einen kleinen Dissens haben wir, was die Frage der Kosten angeht. Wir stehen für den Grundsatz, dass im Prinzip alle Kosten frei sein sollten. Wenn überhaupt, dann sollten Kosten erhoben werden, die den Verwaltungsaufwand abdecken.
Ein letzter Punkt, der uns damals in unserem alten Gesetzentwurf in Drucksache 5/9012 sehr wichtig war, ist, dass wir mit diesem Gesetz eine Verfassungsänderung angelegt haben, und zwar in Artikel 34 der Verfassung des Freistaates Sachsen. Darin wollten wir der Informationsfreiheit und der Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen einen Verfassungsrang einräumen.
Wir hatten es damals so formuliert – ich will die Gelegenheit nutzen, es noch einmal in Erinnerung zu rufen –: „Jede Person hat das Recht auf Zugang zu den bei den Behörden und Einrichtungen des Landes, bei den Gemeinden und Landkreisen verfügbaren Informationen, soweit nicht gesetzlich geschützte Interessen Dritter oder überwiegende Belange der Allgemeinheit entgegenstehen.“
Das war damals in der Expertenanhörung im Jahr 2013 ausdrücklich für gut befunden und auch damals von der GRÜNEN-Fraktion unterstützt worden. Wir denken, dass dem Thema damit noch eine ganz andere Bedeutung gegeben worden wäre, welche die Transparenz, die Informationsfreiheit und mithin die Demokratie auch haben sollten.
Dennoch: Wir halten den Gesetzentwurf der Fraktion der GRÜNEN für einen großen Schritt in die richtige Richtung. Deswegen noch einmal von mir: Wir stimmen Ihrem Gesetzentwurf natürlich zu.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir besprechen einen gemeinsamen Antrag von CDU, SPD und GRÜNEN. Der wesentliche Punkt dieses Antrages, die Entfristung der Rehabilitierung von politisch Verfolgten in der DDR, geht auf eine Bundesratsinitiative des Freistaates Thüringen zurück. Dieser Initiative sind alle ostdeutschen Bundesländer beigetreten, um die genannte Entfristung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze in den Geschäftsgang zu bringen. Am 15. Dezember 2017 erfolgte eine erste Beratung mit der anschließenden Verweisung an die zuständigen Ausschüsse.
Im Grunde geht es um die Aufhebung der Antragsfristen in den Gesetzen der Rehabilitierung von Opfern politischer Verfolgung in der DDR. Der Antrag aus Thüringen mit der Drucksachennummer 74317 trägt die Unterschrift des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow.
Grund für die damalige Befristung der strafrechtlichen, verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierungsgesetze war ein Kompromiss zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern, der sowohl die Planungssicherheit der Länder als auch die Ansprüche der Betroffenen berücksichtigen sollte. Die Befristung ist damals auf den 31. Dezember 2019 bzw. 2020 festgelegt worden. Man hat zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich damit gerechnet, dass aus heutiger Perspektive wohl keine weiteren Anträge mehr gestellt würden, und man wollte auch eine Frist für eine Verjährung bzw. für einen Rechtsfrieden festlegen.
Doch tatsächlich sind in Thüringen damals allein 167 Anträge gestellt worden, die in diesen Bereich fallen. In Sachsen waren es um die 330 und bundesweit etwa 3 500. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass auch in den kommenden Jahren weitere Anträge gestellt werden, und auch wir finden, dass diese Möglichkeit weiter bestehen sollte. Auch die drei von Frau Kollegin Kliese genannten Fälle gehören dazu. Das sind die Punkte, denen wir zustimmen können.
Aber: Im Thüringer Landtag – dies wurde auch schon von Frau Meier gesagt – ist ein Antrag verhandelt worden, der auch auf das Schicksal von Heimkindern eingeht. Das ist eine Sache, die natürlich ebenfalls unsere Zustimmung findet. Allerdings findet sich in dem Antrag, der von DIE LINKE, SPD, GRÜNE und CDU gemeinsam im Thüringer Landtag eingereicht wurde, die Formulierung, dass man weiterhin sich verfolgungsbedingt in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befindlichen
Personen helfen will.
Was Sie daraus gemacht haben, ist: „Politisch Verfolgte befinden sich weiterhin verfolgungsbedingt in einer schwierigen Lage.“ Sie verallgemeinern also diesen Sachverhalt, und das ist zumindest an dieser Stelle schon
relativ fragwürdig. Das ist ein erster Hinweis von uns darauf, dass es vielleicht sinnvoll gewesen wäre, vor einer solchen Beschlussfassung im Plenum des Landtags eine Befassung im Fachausschuss vorzunehmen und dort vielleicht eine umfassende Anhörung durchzuführen, in der man sich intensiv mit diesem Thema hätte beschäftigen können.
Ein zweiter Punkt, den wir erheblich problematisch finden und mit dem wir ein größeres Problem haben: Und zwar geht es hierbei – das wurde ausschließlich von Herrn Modschiedler benannt – um die Aufhebung der Fristen im Stasi-Unterlagen-Gesetz.
Dabei haben wir ernsthafte verfassungsrechtliche Bedenken. Wir sprechen über sage und schreibe die dritte Fristverlängerung für die Auskunftsfristen in den §§ 20, 21, jeweils Abs. 1 Punkt 6 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes.
So wurde zunächst im Jahr 1991 eine Frist von 15 Jahren festgelegt, die im Jahr 2006 zum ersten Mal bis zum Jahr 2011 verlängert wurde, und Ende 2011 hat man dann die dritte Fristverlängerung auf das Jahr 2019 festgelegt, immerhin 30 Jahre nach dem Ende der DDR. Nun wollen Sie noch einmal an diese Fristen ohne jede nähere Begründung und sachlich rechtliche Diskussion.
Damit befinden wir uns im Kernbereich – das sollte in diesem Saal niemandem komplett egal sein – von Grundrechten. Deshalb erachten wir es als höchst bedenklich, dass Sie das Thema in dieser Weise heute behandeln wollen, quasi im Vorbeigehen, dass alle Rechtswirkungen ausgeblendet werden und auf unbestimmte Zeit alles freigehalten werden kann.
Ich gestatte keine Zwischenfragen, vor allem deswegen nicht, weil ich schon gesagt habe, dass eine Diskussion im Ausschuss vielleicht Sinn gemacht hätte.
Dass Sie jetzt anfangen, das durchzuziehen und mit Zwischenfragen die Diskussion anheizen wollen, ist ja schön, aber ich finde, dass das nicht richtig ist.
Wir befinden uns, wie ich es schon sagte, im Kernbereich von Grundrechten. Deshalb erachten wir das wirklich für bedenklich.
Unabhängig davon, dass Ihr Vorschlag der Entfristung in § 20 Abs. 1 Punkt 6 und in § 21 Abs. 1 Punkt 6 kaum noch einen praktischen Wert hat, stellen wir als LINKE fest, dass jeder Mensch Grundrechte hat. Jeder Mensch hat Grundrechte, auch diejenigen, die als IM oder hauptamtlich bei der Stasi tätig waren.
Ein Grundsatz besteht nun einmal darin, dass jeder Mensch auch das Recht hat, ihm jahrzehntelang zurückliegendes Fehlverhalten nicht ewig vorzuhalten bzw. es ihm zum Nachteil gereichen zu lassen. Vor allem müssen wir davon ausgehen, dass es Menschen gibt – das sollten auch Sie akzeptieren –, die sich vielleicht persönlich damit auseinandergesetzt haben, sich davon distanziert und vielleicht auch in ihrem persönlichen Umfeld im Gespräch mit anderen Menschen gebüßt haben. Vielleicht sollten wir das denjenigen nicht absprechen.
Weil es ein so schwergewichtiges Thema ist, kann man das meiner Ansicht nach nicht im Vorbeigehen im Landtag abhandeln.
Ein letzter Punkt, den ich eingangs nur am Rande angesprochen habe: In Thüringen hat der Landtag ebenfalls die Bundesratsinitiative und die Hilfen für die ehemaligen DDR-Heimkinder beschlossen, in dem Fall, wie gesagt, gemeinsam mit LINKEN, SPD, GRÜNEN und CDU.
Jetzt hat sich die dortige Landesregierung auf den Weg gemacht – nach drei Jahren im Amt –, um sich um diese Dinge der Rehabilitierung zu kümmern. Sie hatten jetzt zehn Jahre Zeit, etwas Praktisches zu tun, und kommen jetzt nach der Initialzündung aus Thüringen auf diesen Antrag. Das ist in Ordnung. Was wir allerdings schwierig finden, ist Folgendes: Sie haben noch vor wenigen Wochen, nach den Bundestagswahlen, erklärt – besonders diejenigen von der CDU –, dass es ein Umdenkprozess gibt und dass Sie es verstanden haben. Sie haben neue personelle Weichen gestellt; aber bisher bleibt die Beteuerung, dass Sie es verstanden haben, eine Deklaration. Hier hätten Sie die Chance gehabt, auch im Sinne der Betroffenen, gute und sinnvolle Lösungen gemeinsam mit der LINKEN zu suchen.
Wir haben erklärt, dass wir wesentliche Teile Ihres Antrages und der Bundesratsinitiative mittragen können. Jetzt liegt ein Antrag vor, bei dem wir erhebliche inhaltliche und rechtliche Bedenken haben und diesen Antrag insofern auch nicht mittragen können. Sie haben die Chance verpasst, ein wichtiges Thema ernsthaft und tiefgründig zu debattieren und
einen übergreifenden Beschluss hinzubekommen. Das tut uns vor allem auch für diejenigen leid, auf deren Rücken Sie hier Scheuklappen-Politik machen.
Also meine Rede bezog sich auf die Drucksache 6/12077. Da finden Sie unter Punkt II genau diese Punkte. Ich glaube, es ist relativ klar. Ich kann es auch noch einmal vorlesen: „... sich gegenüber dem Bund und im Bundesrat für eine Aufhebung der Fristen in der SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen und im Stasi-Unterlagen-Gesetz und ferner dafür einzusetzen, dass...“
Also, es steht ganz klar drin.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Thema verfehlt, Herr Kirmes! Was Sie machen, ist Schönfärberei.
In der ersten Runde dieser Aktuellen Debatte möchte ich darauf eingehen, wie es um die demokratische Kultur und die Demokratie in diesem Land steht, und ebenso darüber sprechen, wie sich ein Obrigkeitsstaat, wie er in dieser Debatte genannt wurde, ausdrückt. Ich stelle fest, dass besonders Sie von der CDU es mit der Demokratie nicht gut meinen. Sie haben in 27 Jahren Demokratie zumindest behindert, sie aber an vielen Stellen auch abgebaut.
Sie stehen all dem, was Sie nicht selbst kontrollieren können, skeptisch gegenüber, deshalb haben Sie sich im Freistaat Sachsen eine kleine, niedliche Monarchie eingerichtet, die jegliche Kritik an Ihrem Regierungsstil als Vaterlandsverrat brandmarkt.
Wir erinnern uns noch sehr gut an die Auftritte Ihres Fraktionsvorsitzenden Herrn Kupfer hier im Landtag mit seiner unangebrachten Presseschelte wegen der negativen Berichterstattung. Der politische Neuanfang in diesem Land hätte spätestens vor drei Jahren beginnen müssen, allerdings natürlich ohne eine CDU in der Landesregierung.
Dass es dazu nicht gekommen ist, liegt auch in der Verantwortung aller anderen Parteien, die es verpasst haben,
eine Option jenseits der CDU aufzuzeigen. Eine Demokratie lebt natürlich von wechselnden Mehrheiten.
Hier hat sich etwas verfestigt; dies zeigt sich an vielen Stellen: Sie verkaufen Trippelschritte – das haben wir gerade wieder gehört – als großen Wurf, und das merken die Menschen natürlich.
Jetzt liegen die Ergebnisse Ihrer Fraktionsklausur vor, und man muss feststellen: Sie haben eigentlich nichts begriffen. Zunächst leiden Sie an Wahrnehmungsproblemen über die Situation im Land. Das hat sich schon zu Zeiten des Monarchen „König Kurt“ in Sachsen manifestiert; wir alle erinnern uns an die Aussagen über die angebliche Immunität der Sachsen gegenüber Rechtsextremismus. Die Dinge, die einen negativen Beigeschmack haben, werden bestritten oder verharmlost, stattdessen wird lieber über Glanz und Gloria schwadroniert.
Auch gestern konnten wir wieder von einer Vielzahl von Rednern aus Ihren Reihen hören: Wir haben alles richtig gemacht; wir haben im Grunde nichts zu verändern, und wir halten Kurs. – Sie haben sich dieses Land zu eigen gemacht, selbst wenn es der Demokratie und der demokratischen Kultur im Land massiv schadet. Herr Zschocke nannte vorhin bereits ein Beispiel, wie es um die Vereine und Institutionen im Lande bestellt ist. Das Gleiche zeigt sich zu einem kleinen Teil beispielsweise hier: In den kleinsten Kommunen der Landkreise wird selbstverständlich zu Festveranstaltungen der CDU-Abgeordnete eingeladen und niemand sonst, und natürlich kann er dort ein Grußwort halten.
Weil Sie den Wahlkreis gewonnen haben – das ist Ihre Aussage. Aber es gibt eben nicht Mitglieder erster und zweiter Klasse im Sächsischen Landtag. Sie haben einen Alleinvertretungsanspruch, das ist das Problem in diesem Land.
Es geht weiter mit Ihrem unsäglichen Misstrauen gegenüber politischen Vereinen und Vereinigungen, die nicht unter Ihrer Kontrolle oder in Ihrer Abhängigkeit stehen. Die Extremismusklausel ist und bleibt etwas Demokratiefeindliches. Der unerträgliche Umgang mit Journalistinnen und Journalisten, die sich kritisch zu Ihrer Verantwortung äußern – Stichwort: Literaturfest Meißen –, all das passt in dieses Bild; und es gibt insgesamt wirklich schwerwiegende Probleme, die Sie der Demokratie zuführen.
Wir haben jetzt eine Veranstaltung der Stiftung Frauenkirche zum Forum Frauenkirche: „Sprengstoff (politische) Bildung. Wir müssen besser werden!“ Statt politische
Vertreter aus dem Landtag einzuladen, gibt es nur einen: den Ex-Parlamentarier Michael Kretschmer, der dort seine Position vortragen darf. Das ist politische Kultur in diesem Land!
Ich erinnere Sie an die Dialogforen und Beteiligungsformate zum Schulgesetz. Sie sind durch das Land gezogen und haben den Menschen suggeriert, ihre Meinung würde Sie interessieren. Am Ende haben nur ganz wenige Punkte Eingang in den Gesetzentwurf gefunden. Zu dieser ganzen Reihe von Problemen gehören auch die Biedenkopf-Tagebücher, die steuerfinanziert sind. Dies zeigt, wie Sie es mit dem Staat und dessen Menschen meinen.
Walther Rathenau sagte einmal: „Demokratie ist die Volksherrschaft nur in den Händen eines politischen Volkes, in den Händen eines unerzogenen und unpolitischen Volkes ist sie Vereinsmeierei und kleinbürgerlicher Stammtischkram.“ – Ich glaube, er hat Sie gekannt. Sie müssen wirklich einmal für einige Jahre in die Opposition.
Nun haben wir den Rücktritt des aktuellen Ministerpräsidenten. Vielleicht könnte man ihn als Monarch mit dem Namen „Stanislaw, der Freundliche“ bezeichnen; das wäre ganz schön. Aber was Sie jetzt machen, ist eben nicht, die Politik zu tauschen. Sie ändern Ihre politische Richtung nicht; wir haben es gerade noch einmal gehört. Sie halten Kurs. Sie tauschen lediglich das Gesicht aus, und das ist ein Problem.
Ich finde, je politischer die Menschen sind, desto stärker ist die Demokratie. DIE LINKE wird sich immer für eine Politisierung der Gesellschaft einsetzen. Das werde ich in der zweiten Runde besprechen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen wirklich wegkommen von diesem Verständnis, das Sie hier an den Tag gelegt haben, von dieser lähmenden und Demokratie zerstörenden Herrschaft.
Ich will Ihnen einige Beispiele nennen, was wir tun könnten. Wir als LINKE wollen lebendige Kommunen, starke Städte und Gemeinden, in denen bürgerschaftliches Engagement nicht nur möglich ist, sondern intensiv gefördert wird. Wir wollen starke Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte, die etwas zu entscheiden haben und über denen nicht permanent das Damoklesschwert der Finanzierbarkeit und der Pflichtaufgaben hängt.
In den vergangenen 27 Jahren kam es in Sachsen, in seinen Landkreisen und Kommunen, zu unzähligen Privatisierungen in allen Bereichen. Das hat die Entscheidungsspielräume vielfach auf ein Minimum reduziert.
Selbst Sie als CDU wissen, wie schwer es ist, Menschen für ein Mandat in einem Stadrat, in einem Kreistag oder in einem Gemeinderat zu begeistern. Selbst Sie wissen das!
Wir wollen den Menschen in diesem Land mehr Mitsprachemöglichkeiten einräumen. Dabei geht es einerseits natürlich um Beteiligungsformen auf allen Ebenen und in möglichst vielen Bereichen. Es ist wichtig, dass eine Demokratie diejenigen einbezieht, die etwas zum Gemeinwohl beizutragen haben.
Wir wollen, dass das Know-how, das so viele Personen haben, auch ein Mehrwert für diese Gesellschaft ist. Wir sind neugierig auf die Akteure in Dorf, Stadt und Land. Wir wollen deswegen, dass sie sich umfassend einbringen können.
Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen auch wichtige Änderungen des Petitionsrechts erreichen. Es muss doch möglich sein, dass die vielen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat besser Gehör finden und dass mehr Möglichkeiten geschaffen werden, in konkreten Fällen zu helfen. Ich fand die Ausschussreise des Petitionsausschusses nach London und Edinburgh in dieser Hinsicht wirklich faszinierend; denn dort gibt es die Kultur, dass der Staat auch in der Lage ist, sich für Fehler zu entschuldigen, dass der Staat seinen Einwohnern sagt: Ja, wir haben einen Fehler begangen. Wir gestehen den Fehler ein und entschuldigen uns dafür. – Das ist so einfach! Ich finde, dass wir insoweit noch viel Luft nach oben haben. Das ist ein ganz einfacher Schritt, den auch wir gehen könnten.
Wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wollen die direkte Demokratie in Sachsen stärken und engagiert ausbauen. Wenn man mit 5 % in den Sächsischen Landtag
gewählt werden kann, dann muss es auch möglich sein, ein Quorum auf 5 % abzusenken, damit die Volksgesetzgebung wirklich den gleichen Stellenwert bekommt wie eine Wahl zum Sächsischen Landtag. Wenn wir die Sächsische Verfassung ernst nehmen, dann haben wir zwei gleichberechtigte Gesetzgeber. Ich glaube, da dürfte es gar keine Frage nach dem Ob geben, sondern nur danach, wie wir es schnellstmöglich umsetzen können. Das wäre nur ein minimaler Schritt, aber ein wirklich großer Beitrag zur demokratischen Kultur, zur Diskussionskultur in diesem Freistaat.
Was ist denn das Problem? Wir können doch nicht annehmen, dass 126 MdL klüger seien als 3,3 Millionen Menschen. Die Debatten und Diskussionen, die damit einhergingen, wären doch ein wahnsinniger Vorteil für diese Gesellschaft. Wir hören erst einmal, was die Menschen dazu zu sagen haben, wenn es Entscheidungen zu treffen gilt. Das ist doch wertvoll. Ich glaube, wir sollten darüber noch einmal intensiv diskutieren.
Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen, dass die Vereine, Initiativen und Organisationen sich in die gesellschaftliche Debatte einbringen können, und zwar ohne dass der Staat ihnen Misstrauen entgegenbringt. Demokratie ist eben nichts Feststehendes oder Abgeschlossenes, nichts, was man nur einmal in der Legislatur bestätigt und was dann okay ist. Demokratie ist vielmehr ein ständiger Aushandlungsprozess, ein ständiger Aushandlungsprozess zwischen Regierenden und Regierten. Solange Sie das nicht verstehen, so lange werden Sie auch Demokratie nicht verstehen.
Dann muss man noch eines sagen: Wir müssen in diesem Land die Grundrechte als lebendigen Bestandteil von Demokratie wieder stärken. Ich rede zum Beispiel von der Frage der Demonstrationen. Demonstrationen und Versammlungen sind eben kein Teufelszeug, wie Sie es oftmals darstellen. Es ist eben nicht so, dass die Leute, die demonstrieren wollen, Bittsteller sind. Sie wollen ein Grundrecht ausüben.
Die Wahrnahme dieses Grundrechts muss nicht nur gewährleistet sein, sondern es muss sehr viel weiter liberalisiert werden.
Noch ein konkretes Beispiel: Nach der Befragung der Staatsminister werden wir eine längere Debatte zur politischen Bildung an Schulen haben. Ich habe gerade gelesen, dass der Ministerpräsident insoweit Fehler einsieht, das heißt, dass es Fehler gegeben hat. Ich finde, dass Sie jetzt Gelegenheit hätten, einmal wirklich etwas zum Parlamentarismus beizutragen, und zwar, dass Sie hier nicht nur mit uns kritisch diskutieren, sondern dass Sie am Ende auch einmal über Ihren Schatten springen und wirklich mitmachen, um an der politischen Kultur hier, aber auch an der politischen Bildung etwas zu ändern.
Ich komme zum Schluss. Wir als LINKE stehen für die Stärkung der Demokratie in allen Bereichen im Zusammenspiel mit Humanismus und Solidarität. Ich glaube, das ist in der Rede klar geworden.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Urban, Sie haben vorhin eingefordert, dass man dem Vorredner zuhören möge. Deswegen will ich das jetzt von Ihnen einfordern. Sie haben nämlich dargestellt, ich habe die Worte „Sprengstoff(politische) Bildung“ in die Debatte gebracht, aber ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass es eine Veranstaltung in der Frauenkirche gibt mit dem Titel „Sprengstoff(politische) Bildung – wir müssen besser werden“. Da können Sie nicht einfach so eine Sache aus dem Zusammenhang reißen und so tun, als ob ich hier eine Wortkreation gebracht hätte, von der man nicht genau weiß, wo sie hingehört. Also, es handelt sich um eine Veranstaltung, nehmen Sie das einfach zur Kenntnis.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Gerade hatten wir eine Aktuelle Debatte der Koalition zu guter Arbeit und guten Löhnen, und schon wenige Stunden später müssen wir darüber sprechen, wie ernst es der Koalition mit diesem Thema ist, vor allem in einem Bereich, wo Sie es selbst in der Hand haben.
So haben Sie in der Förderrichtlinie des Programms „Weltoffenes Sachsen“ vom 07.03. dieses Jahres festgelegt, dass Gehälter die E 9 nicht übersteigen dürfen bzw. nicht mehr förderfähig sind. Wir sprechen zwar nur von einem kleinen Mosaikstein der Demokratieförderung, aber allein an dieser einen Tatsache wird deutlich, wie ernst es Ihnen um die Förderung der Demokratie in diesem Freistaat ist.
Noch einmal zum Sachverhalt. Es ist bereits vorhin zitiert worden, worum es dabei geht: „Die Personalausgaben sind nur bis zur Höhe der Vergütungsgruppe E 9 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zuwendungsfähig.“
Nur zur Erinnerung, worum es sich bei einer E 9 handelt: Mit der Gehaltsgruppe E 9 beginnen die akademischen Gehaltsgruppen. Es ist also die niedrigste Gehaltsgruppe für Menschen mit einem Bachelor oder einem Fachhochschulabschluss. Für Personen mit Diplom oder Master muss man wenigstens eine E 13 ansetzen. Wir als LINKE wollen das; denn es ist wichtig, dass wissenschaftliche Arbeit mit einem Entgelt auf einem üblichen Niveau erfolgt. Sie wollen das offenbar nicht. Deswegen haben Sie zu dem Thema auch nichts gesagt. Sie haben es nicht begründet.
Dieser Feststellung steht in diesem Punkt V der Zuwendungszweck der Richtlinie gegenüber. In Punkt I.1 heißt es: Der Zweck ist weiterhin auch eine Verstärkung solcher Projekte durch lokale und regionale Vernetzung sowie wissenschaftliche und beratende Begleitung. Oder in Punkt II.1 h): Gefördert werden Projekte, die durch beratende und wissenschaftliche Begleitung von Projekten eine nachhaltige Entwicklung innovativer Handlungskonzepte initiieren.
Wenn Sie das damit zu erreichen versuchen, werden Sie es nicht schaffen. Mit Ihrer Deckelung der Gehälter für Demokratieprojekte stellen Sie die komplette wissenschaftliche Arbeit im Bereich zivilgesellschaftlicher Gruppen infrage. Sie fördern nicht Modellprojekte, sondern Sie verhindern genau das für die Zukunft, denn es ist ein ernsthaftes politisches Problem, das wir hier haben.
Natürlich dürfen Projekte auch mehr zahlen, das steht so drin. Aber sie müssen es aus Eigenmitteln tun. Wer also mehr zahlen will, um attraktiv für wissenschaftliches Personal zu sein, der muss beim Projektzweck oder an anderen Stellen kürzen. Das bringt natürlich Vereine mit diesem Ansatz in eine Schieflage.
Wie gesagt, wir reden über ein kleines Mosaiksteinchen der Demokratiearbeit, die in diesem Land so bitter notwendig ist. Genau dieses Beispiel macht sehr deutlich,
dass Sie nach wie vor ein Problem mit Zivilgesellschaft haben und welches Bild vom Staat Sie an sich haben.
Sie haben im Punkt III der Förderrichtlinie, den ich vorhin zitiert habe, eine Ausnahme formuliert, wenn es um die Förderfähigkeit der E 9 geht. Diese Ausnahme kann anscheinend durch ein anderes Votum des Beirates zum Tatbestand werden.
Damit kommen wir zu einem zweiten Problem, das damit zusammenhängt. Nach großen Ankündigungen, dass dieser Beirat für das „Weltoffene Sachsen“ wieder eingesetzt würde, ist Ihnen das genau nach zweieinhalb Jahren in dieser Legislatur gelungen.
Schauen wir einmal auf die Zusammensetzung des Beirates, dann sind wir ganz schnell wieder auf dem Boden sächsischer Realität angekommen. Im Beirat sind genau zwei Mitglieder des Landtags vertreten, und zwar jeweils von CDU und SPD, aber keiner von der Opposition. Also nur die Regierungskoalition ist vertreten. Das erinnert mich sehr an die Aussage von Franz Josef Strauß. Er hat damals gesagt: Wir brauchen keine Opposition, wir sind schon Demokraten.
Das zeigt ziemlich deutlich das Verständnis von Politik und Gesellschaft, das Sie haben. Was diese Ausnahmeregelungen, die über diese E 9 hinausgehen, unter dem Strich bedeuten, können wir uns ausmalen.
Nach wie vor trägt für das Programm „Weltoffenes Sachsen“ auch der Innenminister Ulbig eine Mitverantwortung. Deutlicher kann man sein Misstrauen gegenüber zivilgesellschaftlichen Initiativen und Demokratievereinen nicht zeigen.
Am 10. Juli dieses Jahres war er wieder da, der Generalverdacht. Weil zwei Tage zuvor beim G20-Gipfel in Hamburg die Lage völlig eskaliert ist, wusste wenige Stunden später CDU-Generalsekretär Tauber wieder etwas zur Sache beizutragen. Ich zitiere: „Es war ein Fehler, die Demokratieerklärung abzuschaffen.“
Das war zwei Tage nach dem Hamburger G20-Gipfel. Gleich darauf kommen das deutliche Nicken und das sofortige Einverständnis mit solchen populistischen Einlassungen. Das stößt in Sachsen immer wieder auf offene Ohren.
Als sei das nicht schon genug, fällt dem Kollegen Dierks – einem der beiden MdLs, die im WOS-Beirat vertreten sind – auch noch etwas zum Thema ein, und zwar, dass die Ereignisse in Hamburg eine tolle Gelegenheit wären, um mal eben mit dem Finger auf das Alternative Jugendzentrum in Chemnitz zu zeigen, ganz nach dem Motto: Haltet den Dieb! Damit haben Sie zwar den Weg in die Schlagzeilen geschafft, aber ein Beitrag zur Stärkung von Demokratie, zur politischen Vielfalt wurde zu einem offenen Diskurs. Wie wir das gesellschaftliche Zusammenleben gestalten wollen, dazu taugt es definitiv nicht.
Nein, danke.
Genau aus dem Grund sollten Sie ernsthaft überlegen, ob Sie die richtige Person in diesem Beirat sind.
Die Fraktion DIE LINKE hat einen eigenen Antrag zum „Weltoffenen Sachsen“ im Geschäftsgang, denn wir haben noch erheblichen Redebedarf. Wir wollen die Kultur des Misstrauens beenden. Wir wollen die Potenziale, die es in dem Förderprogramm tatsächlich gibt, stärken. Wir empfinden eine starke Zivilgesellschaft, die vielen Ehrenamtlichen, die Vereine, die Organisationen, die Ausstellung „Bildungsfarben“, die Aufklärungsveranstaltungen, auch die Sport-Events und die anderen Aktivitäten als Bereicherung und als Wert für diese Gesellschaft. Sie und insbesondere die CDU sehen das anders.
Frank Richter hat das ziemlich gut zusammengefasst. Er sagte: „Wer Bekenntnisse verlangt und Debatten vermeidet, meint es nicht gut mit der Demokratie.“ Und der Mann hat recht.
Ganz viele Menschen, die sich engagieren, tragen tagtäglich in vorderster Linie einen Teil Ihrer Versäumnisse weg. Erkennen Sie das endlich an! Im Moment haben wir die Situation, dass Sie mit der Art, wie Sie dieses Programm verwalten, den Titel „Weltoffenes Sachsen“ selbst demontieren. Sie haben dringenden Handlungsbedarf. Wir werden das immer wieder thematisieren und es Ihnen nicht durchgehen lassen. Dem Prioritätenantrag der GRÜNEN stimmen wir als LINKE zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zwanzig Jahre, so lange lebt ein Mann aus Pakistan bereits in Deutschland, konkret in der sächsischen Kleinstadt Geithain. Er engagiert sich dort in der Initiative für ein weltoffenes Geit
hain. Er spricht nahezu perfekt Deutsch und hilft beim Dolmetschen. Er ist Mitglied in der Stadtgesellschaft und aktiver Nachbar. Jetzt lebt er seit dem Widerruf seiner Aufenthaltserlaubnis in einer Duldung. Das betrifft nicht nur ihn, sondern auch seine erwachsenen Kinder, die dadurch trotz guter Ausbildung Schwierigkeiten haben, einen Job zu bekommen. Das sind Fallstricke gesetzlicher Fehlregelungen, die die Tür zu einem ordentlichen Aufenthaltsstatus verschließen. In diesem konkreten Fall ist es die nicht selbst verschuldete, fehlgeschlagene Passbeschaffung.
Wie die GRÜNEN zu Recht aufzeigen, ist eine ganze Reihe von schon lange in Sachsen lebenden Menschen auf diese Duldung zurückgeworfen. Es handelt sich um Menschen, die eigentlich längst Teil dieser Gesellschaft sind, denen die gleichberechtigte Teilhabe aber aufgrund ihres fehlenden Status verwehrt bleibt. Die Duldung ist eben kein Aufenthaltsstatus, sondern lediglich eine Art Gnadenrecht.
Hier möchten wir als LINKE eine größere Durchlässigkeit erreichen. Ein Ansatz sind die mit dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und zur Aufenthaltsbeendigung veränderten bzw. neu geschaffenen §§ 25 a und 25 b des Aufenthaltsgesetzes.
Das 2015 auf Bundesebene durchgesetzte Gesetz muss allerdings in Gänze als klare Asylrechtsverschärfung bezeichnet werden; denn damit wurde unter anderem das Instrument des Ausreisegewahrsams geschaffen. Die beiden genannten Neuregelungen – Frau Zais hat schon darauf hingewiesen – scheinen immerhin der kleine, aber traurige Kompromiss zu sein, den die SPD in dieser Verhandlung durchsetzen konnte. Auch wenn diese lang geforderte stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete einen Strohhalm bedeutet, greifen die Regelungen trotzdem zu kurz. Vor allem aber müssen wir anhand der Zahlen feststellen, dass die Zielgruppe nur bedingt erreicht wird.
Auf die Zahlen wurde gerade hingewiesen. Ich will das auch noch einmal tun. Es gab die Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten, nach der im Moment
33 000 Menschen seit mehr als sechs Jahren geduldet hier leben, davon 25 000 Menschen sogar seit mehr als acht Jahren. Anfang 2017 hatten nur 898 dieser geduldeten Menschen bundesweit ein Bleiberecht nach § 25 b. Ähnlich sieht es bei den Jugendlichen aus. Insgesamt leben 12 900 geduldete Jugendliche seit mehr als vier Jahren in Deutschland, und nur 3 200, also ein Viertel, haben eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 a. Die Zahlen für Sachsen hat meine Kollegin Frau Nagel im vergangenen Jahr abgefragt. Da wurden im Jahr 2015 ganze 25 Anträge für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende gestellt. Von denen wurden damals übrigens 24 bewilligt. Im Dezember 2016 waren es 38 Anträge, von denen noch 26 bewilligt wurden. Bei § 25 b der Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration waren es 2015 19 Anträge mit neun Bewilligungen und 2016 54 Anträge mit 26 Bewilligungen.
Die Zahlen sind allerdings – das muss man dazu sagen – nicht belastbar, denn manche Landkreise und kreisfreien Städte arbeiten keine Zahlen zu. Somit ist ein lückenloser Blick über die Wirkung dieser Gesetze verwehrt. Es zeigt sich also, dass nur ein kleiner Teil der Betroffenen Anträge stellt, und es zeigen sich in Sachsen auch klare regionale Unterschiede.
Die Analyse, dass das an den verschiedenen Praxen der Ausländerbehörden, der Landkreise und der kreisfreien Städte liegt, ist aus unserer Sicht sehr nahe liegend. Wir haben kürzlich mit einem Antrag auf dieses Problem reagiert und gefordert, dass die Staatsregierung Verfahrenshinweise nach dem Vorbild der Ausländerbehörde in Berlin erarbeitet, die eine kalkulierbare und einheitliche Praxis der Ausländerbehörden in Sachsen ermöglichen. Schließlich darf die Chance, ein Aufenthaltsrecht zu bekommen, keine Frage des Glücks sein, ob man zufälligerweise durch Bescheid der Stadt Leipzig oder dem Landkreis Görlitz zugewiesen wurde.
Wir unterstützen die von den GRÜNEN beantragte und unter anderem vom Sächsischen Flüchtlingsrat erhobene Forderung, die sächsischen Ausländerbehörden anzuweisen, langjährig geduldete Menschen ausdrücklich proaktiv über die Bleiberechtsmöglichkeiten der §§ 25 a und 25 b zu beraten und zu informieren. Ich bitte Sie, nicht zu erwidern, dass die Inanspruchnahme dieser gesetzlichen Regelung die Sache der Geflüchteten selbst wäre; denn wie wir wissen, haben sogar sehr gute Anwälte große Probleme, das alles zu durchschauen. Gerade vor diesem Hintergrund und dieser Art, wie das am Fließband durch das Bundesparlament gebracht wurde, ist es auf jeden Fall dringend notwendig.
Zu unterstreichen ist auch, dass es in Sachsen keine aus öffentlichen Geldern finanzierte Verfahrensberatung gibt – Beratung im rechtsstaatlichen Sinne –, die dazu dienen soll, die Adressaten der Gesetze in die Lage zu versetzen, diese zu verstehen und die gesetzlichen Möglichkeiten zu nutzen.
Auch den weiteren Punkt des Antrags unterstützen wir. Fachverbände, Praktiker und Praktikerinnen, die mit jungen Geflüchteten arbeiten, verweisen zu Recht darauf, dass die Altersfrist von 21 Jahren – bis zum Erreichen dieses Alters müssen die jungen Leute den Antrag nach § 25 a gestellt haben – viel zu knapp ist. Deshalb fordern wir die Heraufsetzung auf 27 Jahre. Das macht Sinn und würde damit dem Wirkungskreis des Kinder- und Jugendgesetzes entsprechen.
Die 27-er Altersgrenze wäre auch vor dem Hintergrund logisch, dass junge Menschen nach der Flucht oft ganz andere Probleme zu meistern haben. Stichwort: Traumatisierung und grundsätzliche Neuorientierung, dass Bildungswege zumeist nicht mit 18, 19 oder 21 Jahren aufhören, sondern vor dem Hintergrund des Erlernens einer neuen Sprache, des Nachholens von Schulabschlüssen und der Berufsorientierung viel mehr Zeit ins Land geht, als es bei dem Gros der hier geborenen Menschen