Protokoll der Sitzung vom 13.12.2016

Inhalten und den ausschließlich auf Medaillen orientierten Zielen ist sehr laut und reicht von den Athleten über die Sportverbände bis in die Politik. Ich habe es sehr begrüßt, dass unser sächsischer Sportminister, der er ja auch ist, Herr Ulbig, bereits im Vorfeld des Diskussionsprozesses und zu Beginn kritisiert hat, dass zum Beispiel am Anfang die Länder nicht einbezogen waren. Auch die Athleten sind erst sukzessive in die Reformdiskussion einbezogen worden. Hier gibt es tatsächlich erheblichen Nachbesserungsbedarf.

Vieles aus dieser Reform des Spitzensports ist zudem tatsächlich noch unklar. Die Frage zum Beispiel, mit welchen Auswirkungen Sachsen genau zu rechnen hat, was etwa die Reduzierung der Zahl der Bundesstützpunkte anbelangt, ist bislang auch nicht beantwortet. Auch die ganz entscheidende Frage, wie die finanzielle Untersetzung der Reform erfolgen wird, soll erst in den kommenden Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern geklärt werden.

Ich möchte an dieser Stelle Dr. Peter Seifert zitieren, den Ex-OB der Stadt Chemnitz und heutigen Präsidenten des LAC, der auf die Frage, was uns die Reform bringt, gesagt hat: „Sie wird uns nicht weiterbringen, weil es der falsche Ansatz ist. Man soll endlich die Spitzentrainer ordentlich bezahlen. Wegen der niedrigen Gehälter verlieren wir sehr viele gute Trainer, die ins Ausland gehen.“ Hier ergänze ich einmal: oder als Seiteneinsteiger ins sächsische Schulsystem. Außerdem gibt es kein Trainerstudium in Deutschland mehr, nicht einmal an der Sporthochschule Köln.

Ihre Redezeit, Frau Kollegin.

Das sind die Themen, die wir als GRÜNE auch in den nächsten Jahren im Ausschuss für Schule und Sport entsprechend diskutieren wollen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Mit Frau Kollegin Zais – sie sprach für die Fraktion DIE GRÜNEN – haben wir jetzt die erste Rederunde beendet. Wir eröffnen die nächste Runde. Ich sehe schon, der Vertreter der einbringenden CDU-Fraktion, Herr Kollege Rost, schreitet zielstrebig zum Rednerpult. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo sehen wir die Schwerpunkte der Sportförderung im Freistaat Sachsen? Grundlage dafür ist der Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2014. Es ist der erste Koalitionsvertrag im Freistaat Sachsen, in dem der Sport ein eigenständiges Kapitel hat.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das macht deutlich, welche Bedeutung beide Vertragspartner diesem Thema beimessen.

Die Koalition ist ein verlässlicher Partner des Sports. So heißt es im Vertrag. Das schlägt sich auch in den entsprechenden Haushaltsbeschlüssen nieder. In den letzten Jahren haben wir in erheblichem Maße Mittel für die Sportförderung bereitgestellt. In den Jahren 2015 und 2016 waren es 86 Millionen Euro. Für die Jahre 2017 und 2018, im neuen Haushalt, hat die Koalition jetzt beantragt, 93,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Kernpunkt dieser Mittel wird natürlich die Investition sein. Das ist in der Diskussion schon mehrfach angesprochen worden: die Sportinfrastruktur zu stärken. Hier sehen wir einen Schwerpunkt unseres Mitteleinsatzes.

Seit 2013 – das muss auch einmal festgehalten werden – haben wir die investiven Ausgaben auf einem sehr hohen Niveau im Freistaat Sachsen gehalten. Im Vergleich zu anderen Bundesländern sind wir da wirklich ein Spitzenreiter. Mit entsprechenden Förderprogrammen aus dem Sportförderprogramm unterstützen wir Kommunen und Vereine beim Bau und bei der Sanierung ihrer Anlagen. Ich möchte hier noch einmal deutlich betonen, weil das auch angesprochen wurde: Sport ist eine kommunale Aufgabe, meine Damen und Herren. Die Kommunen müssen auch hier ihrer Verantwortung gerecht werden und die entsprechenden Mittel einstellen. Wir haben ja darüber hinaus auch die Sächsische Gemeindeordnung im Jahr 2014 geändert und den Aufgabenkatalog um den Sport ergänzt.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Landessportbund als mitgliederstärkste Organisation im Freistaat. Er ist für uns ein wichtiger und verlässlicher Partner, und wir gestalten die Zusammenarbeit mit dem Landessportbund über den Zuwendungsvertrag. Das sorgt für Verlässlichkeit, sodass er seine vielfältigen Aufgaben auch wahrnehmen kann.

Ich möchte ein aktuelles, ein besonderes Projekt in der Zusammenarbeit mit dem Landessportbund herausgreifen: das Projekt der Regionaltrainer. Das wurde in der Diskussion auch angesprochen. Die Nachwuchsförderung, die Nachwuchssichtung sind wichtige Themen. Hier haben wir uns als Freistaat eingebracht und gemeinsam mit dem Landessportbund das Projekt der Regionaltrainer ins Leben gerufen. In den letzten drei Jahren hat sich die Anzahl der Regionaltrainer verdreifacht. 54 sind gegenwärtig im Freistaat Sachsen tätig, leisten dort eine sehr gute Arbeit, einen wichtigen Beitrag für das Sichtungs- und Unterstützungssystem, das übrigens in dieser Form auch einmalig in Deutschland ist.

Ein weiterer wichtiger Punkt für uns ist die akademische Trainerausbildung an der Sportwissenschaftlichen Fakultät. Diese Trainerausbildung ist gleichfalls einzigartig in Deutschland. Wir fördern sie, wir unterstützen sie, wir sehen diese Trainerausbildung als eine wichtige Aufgabe an. Für uns sind gut ausgebildete Trainer die Grundlage für Erfolge im Sport.

Ich möchte auf einen weiteren Schwerpunkt hinweisen: die Vereinbarkeit von Leistungssport, Beruf und Studium, Stichwort duale Karriere; die beruflichen Anforderungen

und die sportlichen Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Hier brauchen wir entsprechende Modelle. Wir sind hier in der Überlegung, wir sind hier im Gespräch auch mit Partnern, Hochschulen, Universitäten. Ich freue mich, dass ich gehört habe, dass die beiden Ministerien Wissenschaftsministerium und Innenministerium gegenwärtig über die Profilquote im Gespräch sind. Es freut mich, dass dort die Leistungssportler mit einem erleichterten Zugang für das Studium praktisch unterstützt werden.

Sportgroßveranstaltungen sind ein weiteres wichtiges Thema, um den Freistaat nach außen sportlich zu repräsentieren, nicht nur in der eigenen Struktur aktiv zu sein, sondern auch mit Sportgroßveranstaltungen für den Freistaat und für die einzelnen Regionen zu werben.

Als Letztes wurde die Unterstützung der Fanprojekte angesprochen. Auch das ist eine wichtige Aufgabe.

Die Redezeit.

Für uns ist es das Ziel, meine Damen und Herren, dass Sachsen auch in Zukunft Sportland bleibt.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Die ebenfalls einbringende SPD-Fraktion wird jetzt von Kollegen Vieweg vertreten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir auf den Spitzensport schauen, dann denken wir sicher auch immer zuerst an die Olympischen Spiele, an Weltmeisterschaften, an Europameisterschaften, an Deutsche Meisterschaften. Ich persönlich stelle mir dann immer auch die Frage: Was sind uns Medaillen eigentlich noch wert? Was sind wir noch bereit, in einer beteiligungsorientierten Bürgergesellschaft für sportliche Großereignisse auszugeben?

Hier erleben wir in den letzten Jahren eine wachsende Skepsis in Deutschland. Das zeigt die Entscheidung in München gegen die Olympischen Winterspiele 2022, das zeigt die Entscheidung in Hamburg gegen die Olympischen Sommerspiele 2024. Das ist nicht nur ein deutsches Problem, sondern auch ein europäisches. Wir schauen nach Stockholm, nach Barcelona, nach Krakau, nach Sankt Moritz, wir schauen nach Übersee, auch nach Boston – überall sind sportliche Großveranstaltungen am Volkeswillen gescheitert. Die Skepsis ist groß an den Machstrukturen im IOC, an den ausufernden Dopingproblematiken, an Umwelt- und Naturschutzfragen, aber manchmal ist es schlichtweg auch Angst, sich finanziell zu überheben.

Nur, was ist die Folge einer solchen Entwicklung? Ist die Folge, dass zukünftig sportliche Großereignisse, Olympische Spiele nur noch in autoritären Systemen stattfinden,

dass sie in Ländern stattfinden, in denen Natur- und Umweltschutz keine Rolle mehr spielen, wo am Ende des Tages nur diejenige Sportlerin oder derjenige Sportler die Medaille bekommt, der am besten gedopt ist? Die Liste der Ausrichterländer liest sich so, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen: Südkorea, China im Winter, Japan im Sommer. Das hat aus meiner Sicht auch nichts mehr mit Regionalproporz zu tun.

Das können wir alles nicht mit einem Beschluss im Sächsischen Landtag klären. Wir haben sicherlich eine Haltung zu den Machtstrukturen im IOC. Wir haben sicherlich eine Haltung dazu, ob es gut ist, dass Peking binnen 14 Jahren zweimal Olympische Spiel ausrichten soll. Wir können vor unserer eigenen Haustür kehren. Insofern bin ich dem Sportminister sehr dankbar, der als Vorsitzender des Ausschusses für Leistungssport sofort gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen eine Aktivität auf den Weg gebracht hat, die mit der Kleinstaaterei Schluss machen will und mit der sich die Länder aktiv in die Sportentwicklung des Bundes einbringen wollen. Ich glaube, dass die Initiative des Sportministers und diese Debatte im Landtag Impulsgeber für eine eigene Entwicklung in Sachsen sein können.

Meine Fraktion hat in der letzten Legislaturperiode hier einen Vorschlag gemacht. Meine Kollegin Hanka Kliese hat 2012 ein Sportfördergesetz in den Sächsischen Landtag eingebracht. Wir sagen, dass das die Grundlage für Gespräche über eine nachhaltige und verlässliche Sportförderung im Freistaat Sachsen sein kann. Wir haben in dem damaligen Gesetzentwurf verankert, dass es ein Investitionsprogramm für Sportstätten sowie eine bessere finanzielle Ausstattung der Kreis- und Landessportbünde geben soll. Wir haben gesagt, dass wir eine bessere Anerkennung für das Ehren- und auch für das Hauptamt brauchen. Außerdem haben wir verbesserte Teilhabemöglichkeiten für Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung gefordert. Wir glauben, dass das genau der richtige Ansatz ist.

(Petra Zais, GRÜNE, steht am Saalmikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, Herr Präsident!

Wenn ich auf die Haushaltsverhandlungen zurückschaue, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wie wir da fraktionsübergreifend für die 93,5 Millionen Euro gekämpft haben, wie wir das sozusagen als Pflichtaufgabe begriffen haben, für den Sport zu kämpfen, dann können wir für diese Pflichtaufgabe auch ganz leicht, wie in der Kultur, den gesetzlichen Rahmen schaffen.

Wir sagen: Planbarkeit und Verlässlichkeit für den Sport im Freistaat brauchen ein Sportfördergesetz. Wir wünschen uns mit Ihnen im nächsten Jahr eine ganz intensive Debatte um die Zukunft des Leistungssports. Lassen Sie uns gemeinsam eine Lösung finden. Wir freuen uns darauf, für den Sport im Freistaat weiter zu streiten.

In diesem Sinne: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und Sport frei!

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Kollege Vieweg sprach für die einbringende SPD-Fraktion. Jetzt sehe ich an Mikrofon 3 eine Kurzintervention von Frau Kollegin Zais.

Danke, Herr Präsident! Da sich Kollege Vieweg vielleicht – ich weiß es nicht – vor meiner Frage gefürchtet hat, möchte ich eine Kurzintervention machen.

Wir haben von Kollegen Vieweg gehört, dass es möglicherweise um einen eigenen sächsischen Weg in Fragen des Leistungssports geht. Ich möchte für unsere Fraktion bemerken, dass wir das für außerordentlich schwierig halten. Im Moment haben wir die Trennung, dass für den Spitzensport der Bund zuständig ist und es für den Nachwuchssport die Länder sind. Ohne Nachwuchssport gibt es keinen Spitzensport. Trotzdem haben wir das Problem, dass der Bund zum Beispiel lediglich zwischen 17 und 18 Millionen Euro Sportförderung im investiven Bereich für die Länder zur Verfügung stellt. Ich glaube, das sind die Probleme, um die wir uns kümmern müssen, dass zum Beispiel diese künstliche Trennung aufgehoben wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier einen spezifischen sächsischen Weg gibt. Das muss zwischen dem Bund und den Ländern vereinbart werden.

Noch eine Bemerkung: Wir freuen uns natürlich, wenn die Koalition das Sportfördergesetz, das in der letzten Legislatur durch die SPD eingebracht wurde, im Sächsischen Landtag beschließen lässt. Da sind wir gern dabei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war eine Kurzintervention von Frau Kollegin Zais. Auf diese Kurzintervention könnte reagiert werden. Möchten Sie reagieren, Kollege Vieweg? – Das kann ich nicht erkennen.

Dann geht es weiter in der Rednerrunde. Für DIE LINKE spricht jetzt Frau Kollegin Meiwald.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kommen wir zu Teil 2 Ihrer Aktuellen Debatte, der Reform als Impulsgeber. Ich möchte gern auf zwei, drei Kernpunkte der Reform näher eingehen, die auch für Sachsen relevant sind.

Ganz grob: Die Reform des Leistungssports beinhaltet eine Neuausrichtung der Kaderstruktur, eine Abkehr vom bisherigen Rückwärtsrechnen und dem dazu einzuführenden mathematischen Monster Potas, dem Potenzialanalysesystem, und die Einführung neuer Förderklassen. Dennoch scheint das Sammeln von Medaillen weiterhin im Zentrum zu stehen.

Herr Vieweg hat auf die Krux hingewiesen, Medaillensammeln versus sauberer Sport oder versus Doping. Das will ich hier nicht vertiefen.

Es scheint – zumindest wird das immer behauptet – der Athlet im Mittelpunkt zu stehen. Aber die ersten kritischen Stimmen kamen von den Sportlern selbst. Insofern ist das zu hinterfragen, wie ich am Rande bemerken möchte.

Wichtig für die Sportler sind die Bedingungen und die Trainer. Auf die Trainersituation wurde schon eingegangen. Lassen Sie mich das kurz vertiefen.

Wir haben ein großes Problem mit der Befristung der Trainer und mit deren Bezahlung, was dazu führt, dass Trainer, die wir hier haben, in andere Bundesländer oder gar ganz andere Länder abwandern. Wir haben ein Problem damit, dass es das Berufsbild des Trainers im Spitzensport eigentlich gar nicht gibt. Ich bitte die Staatsregierung, sich dafür einzusetzen, dass die akademische Trainerausbildung in Leipzig wieder den Stellenwert bekommt, den sie früher einmal hatte.