Protokoll der Sitzung vom 16.12.2016

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Fraktionskollege André Wendt hat schon erörtert, welche Ansätze wir in der Großen Anfrage als sinnvoll erachten und welche als kritisch. Der Entschließungsantrag baut auf den Erkenntnissen aus der Großen Anfrage auf. Folgerichtig thematisieren Sie die lückenhafte Datenbasis, die zutage getreten ist. Die Staatsregierung muss hier nachbessern. Nachbessern muss aber auch DIE LINKE.

Gestern noch hat diese unseren Änderungsantrag abgelehnt, mit dem wir die Mittelerhöhung bei der Förderung des Ehrenamtes im Bereich des Brandschutzes und Katastrophenschutzes und bei der Nachwuchswerbung in den Bereichen Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst beantragten. Gestern wie auch heute mit

diesem Entschließungsantrag der LINKEN wird immer wieder auf den hohen Stellenwert der ehrenamtlichen Arbeit hingewiesen. Hier braucht es aber mehr als nur warme Worte für eine Würdigung.

DIE LINKE hatte gestern ihre Chance dazu und hat sie nicht genutzt. Das ist widersprüchliches Handeln. Wenn wir darauf hinweisen, wo Geld fehlt und wo es eingespart werden könnte, beschimpft uns Herr Stange zu Unrecht. Er wirft uns Spaltung der Gesellschaft vor. Dass aber in Wirklichkeit DIE LINKE an dieser Spaltung kräftig mitwirkt, verschweigt er gern. Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden, egal ob für Schulen, AsylErstaufnahmeeinrichtungen oder den Rettungsdienst.

Inhaltlich haben wir mit dem Entschließungsantrag ein Problem, sofern die Daseinsvorsorge des Rettungsdienstes in kommunale Verantwortung gelegt werden soll. Bei diesem Modellprojekt zur sektorübergreifenden Versorgung haben wir ebenfalls Bauchschmerzen. Wir sollten auf eine flächendeckende Unterstützung anstatt auf regionale neue Modellprojekte drängen. Ich nenne zum Beispiel die Portalpraxen. Wir werden deshalb dem Antrag nur in Punkt I zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Wir kommen somit zur Abstimmung über die Drucksache 6/7668. Es ist eine punktweise Abstimmung gewünscht. Ich beginne mit Punkt I. Wer möchte die Zustimmung geben? – Danke. Wer ist dagegen? – Danke. Wer enthält sich der Stimme? – Es gibt keine Stimmenthaltungen, aber eine ganze Anzahl von Stimmen dafür. Dennoch ist Punkt I abgelehnt worden.

Wer gibt die Zustimmung zu Punkt II? – Danke. Gibt es Gegenstimmen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, Stimmen dafür, dennoch ist Punkt II mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir kommen zu Punkt III. Wer möchte die Zustimmung geben? – Danke. Wer möchte ablehnen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, aber Stimmen dafür, dennoch wurde Punkt III mit Mehrheit abgelehnt.

Damit ist eine Gesamtabstimmung nicht mehr erforderlich. Meine Damen und Herren! Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Einführung eines Landesprogramms Schulsozialarbeit für Sachsen

Drucksache 6/7140, Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Hierzu können die Fraktionen wie folgt Stellung nehmen: CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Ich erteile nun der CDU-Fraktion das Wort. Herr Dierks, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der gestern abschließend beschlossene Doppelhaushalt sieht 15 Millionen Euro pro Jahr für die Schulsozialarbeit vor. Das ist ein großer sozialpolitischer Erfolg für diese Koalition. Deshalb möchte ich zunächst Frau Staatsministerin Klepsch ganz herzlich danken, dass sie sich in den Haushaltsverhandlungen so intensiv und nachhaltig für dieses wichtige Projekt starkgemacht hat.

(Beifall bei der CDU – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Wer hat es erfunden?)

Wir. Natürlich möchte ich aber auch nicht versäumen, meinen beiden Kollegen, Henning Homann von der SPD und Patrick Schreiber von meiner eigenen Fraktion, herzlich dafür zu danken, dass wir dieses Projekt gemeinsam und mit großer Kollegialität in den letzten Monaten vorangetrieben haben.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE – Christian Piwarz, CDU: Ruhe da hinten auf den billigen Plätzen! – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das hören Sie nicht gern!)

Frau Falken, Sie können gern eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie möchten.

(Zurufe)

Im letzten Jahr hatte ich die Gelegenheit, Schulsozialarbeiter bei ihrer Arbeit in Chemnitz zu begleiten. Erst vergangene Woche habe ich in meinem Wahlkreis eine Oberschule besucht. Ich konnte mich über mehrere Stunden hinweg davon überzeugen, welche wichtige Arbeit Schulsozialarbeiter für die Schülerinnen und Schüler in diesem Land machen und welche Chancen diese Schulsozialarbeiter für Schülerinnen und Schüler eröffnen. Deswegen ist dieses Landesprogramm nicht zuvorderst der Erfolg einer Partei oder Koalition, sondern ein großer Schritt und ein großer Erfolg für die Schülerinnen und Schüler in diesem Land.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Schule besser wird, wenn sie Schulsozialarbeiter hat. Deswegen ist die Schulsozialarbeit auch keine x-beliebige Sozialleistung.

Sie ist gelebte Hilfe zur Selbsthilfe und sie setzt genau dort an, wo Lehrer sprichwörtlich mit ihrem Latein am Ende sind.

Die Situation an unseren Schulen hat sich in den vergangenen 20 Jahren verändert. Das liegt vor allen Dingen daran, dass sich auch die Gesellschaft verändert hat. Die Schule ist nicht mehr nur ein Lernort. Sie wird zunehmend zum Sozialisationsort, an den junge Menschen oft auch ihre sozialen und familiären Probleme mitbringen. Dass die Lehrer oftmals mit dieser Situation überfordert sind, ist kein Lehrer-Bashing. Es ist lediglich das Erkennen der Realität: Lehrer sind gut ausgebildet, Wissen zu vermitteln und in dieser Hinsicht pädagogisch tätig zu sein. Gleichzeitig haben sie aber weder die zeitlichen Ressourcen noch die Ausbildung dafür, qualitativ hochwertige sozialpädagogische Arbeit zu leisten.

Weil das der Fall ist, brauchen wir an den Schulen einen qualitativen und quantitativen Zuwachs an Schulsozialarbeitern. Sie sind es, die zielgerichtet mit den Jugendlichen ihre Probleme bearbeiten können, ob es bedauernswerte Zustände zu Hause, Mobbing oder auch Zukunftsängste mit Blick auf den Schulabschluss oder Beruf sind. Schulsozialarbeiter können dazu einen wichtigen Beitrag leisten, dass junge Menschen ihre Stärken erkennen, einen ordentlichen Schulabschluss machen und ihren eigenen Platz in unserer Gesellschaft finden, und zwar gemeinsam mit Lehrern und Eltern und nicht gegen sie. Für dieses Ziel ist das beschlossene Landesprogramm ein großer, wichtiger Schritt.

Wir möchten – das ist das Ansinnen der Koalitionsfraktionen – mit unserem Antrag die Einführung dieses Landesprogramms Schulsozialarbeit begleiten. Wir haben bereits im parlamentarischen Verfahren noch einmal zusätzliche Mittel für ein Begleitprogramm eingestellt. Das soll dafür sorgen, dass dieses Programm in qualitativer Hinsicht im gesamten Freistaat Sachsen zu einem Erfolg wird. Das Landesprogramm verbessert die Förderbedingungen im Vergleich zur bisherigen GSF-Förderung, es baut bürokratische Hürden ab und schafft eine solide finanzielle, fachliche und konzeptionelle Basis. Gerade für die letzten beiden Punkte hat der Landesjugendhilfeausschuss – dafür bin ich Patrick Schreiber besonders dankbar – mit der Fachempfehlung Schulsozialarbeit eine qualitativ hochwertige Grundlage erarbeitet, die natürlich auch zur Basis der Umsetzung dieses Landesprogramms werden soll.

Mit dem Landesprogramm Schulsozialarbeit geben wir viel Geld in die Verantwortung der kommunalen Ebene. Das war von Anfang an unser Ansinnen, weil wir gesagt haben, dass es keinen Sinn macht, von Dresden aus zu

entscheiden, wo im Landkreis Leipzig oder Nordsachsen gegebenenfalls ein Schulsozialarbeiter mit welchem Stellenanteil eingestellt werden soll. Die kommunale Ebene soll selbst entscheiden, wo in ihrer Gebietskörperschaft welche Stellenanteile notwendig sind. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das ist gelebte Subsidiarität.

Gleichzeitig dürfen wir aber nicht vergessen – das ist die ewig und immer wiederkehrende Botschaft, vor allen Dingen an die Fraktion DIE LINKE –, dass die Schulsozialarbeit eine kommunale Pflichtaufgabe ist. Deshalb ist auch ein angemessener Eigenanteil der kommunalen Ebene zur Finanzierung dieses Programms notwendig. Diesem Aspekt haben wir in unserem Antrag mit dem Hinweis Rechnung getragen, dass es durchaus sein kann, dass sich die Förderbedingungen bzw. der Eigenanteil für das erste Jahr der Einführung des Programms noch einmal reduzieren.

Klar muss aber auch sein, dass die Ausweitung der Schulsozialarbeit nicht zulasten anderer Jugendangebote in den Landkreisen und kreisfreien Städten gehen darf, nicht zuletzt deshalb, weil Schulsozialarbeit dann besonders gut ist, wenn sie sich in eine funktionierende Jugendhilfestruktur einbettet und natürlich auch mit diesen sonstigen Strukturen vernetzt ist.

Deshalb ist es folgerichtig und muss auch Bedingung sein, dass der vollständige Abruf der Jugendpauschale erfolgt, bevor die Städte und Landkreise die Mittel des Landesprogramms Schulsozialarbeit abrufen können. Außerdem soll nach meiner und unserer Überzeugung das Programm auch nicht dazu dienen, bestehende kommunale Angebote der Schulsozialarbeit einfach nur durch günstige Landesmittel zu ersetzen. Das Landesprogramm soll dezidiert einen Ausbau der Schulsozialarbeit im Freistaat unterstützen, auch damit mehr Schüler von dieser wichtigen Jugendhilfeleistung profitieren können.

Damit – um auch einem häufig formulierten Vorwurf entgegenzutreten – bestrafen wir mitnichten diejenigen Kommunen, die bereits in eigener Verantwortung oder über die Jugendpauschale Schulsozialarbeit eingerichtet haben. Im Gegenteil, wir geben diesen Landkreisen und kreisfreien Städten die Möglichkeit, noch mehr Schulsozialarbeit in ihren Jugendhilfestrukturen zu implementieren.

Ich denke, wir alle sind uns einig, dass Schulsozialarbeit ihre Wirkung nachgewiesen hat. Der Freistaat macht sich auf diesem Feld ab dem kommenden Jahr mit großen Schritten auf den Weg. Die Koalitionsfraktionen haben die Gelegenheit genutzt, mit diesem Antrag nochmals ihre Prioritäten deutlich zu machen. Deshalb bitte ich Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Nun die SPDFraktion; Herr Homann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Koalition schafft das erste Mal in der Geschichte des Freistaates Sachsen ein eigenes Landesprogramm Schulsozialarbeit. Das ist in der Tat ein großer sozial- und jugendpolitischer Erfolg dieser Koalition. Dafür haben wir hart gearbeitet, Frau Ministerin.

Wir haben gestern beschlossen, dieses Landesprogramm mit 15 Millionen Euro im Jahr auszustatten, und wollen heute intensiver darüber diskutieren, wo wir mit einem solchen Landesprogramm hinwollen, weil: Schulsozialarbeit ist keine sozialpolitische Wohltat, sondern sie hat sich bewährt und ist ein wichtiger Baustein, um gute Bildungspolitik in einem Bundesland zu machen. Deshalb ist es wichtig, dass wir an dieser Stelle dieses Landesprogramm auf den Weg bringen.

Wir wollen mit dem Programm die bisherigen Ansätze, nämlich zum einen das Programm „Soziale Schule“ und zum anderen das Programm „Chancengerechte Bildung“, überführen und gleichzeitig ermöglichen, dass zusätzliche Projekte in Sachsen entstehen können.

Die 15 Millionen Euro, die wir jetzt an Landesgeld zur Verfügung stellen, entsprechen ungefähr einer Verdoppelung des Betrages, der bisher für Schulsozialarbeit in Sachsen zur Verfügung gestellt wird. Diese Verdoppelung zeigt, dass wir etwas Großartiges auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Aber es geht nicht nur ums Geld. Es geht auch um die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schulsozialarbeit. Wir müssen so ehrlich sein: Das Programm „Soziale Schule“, über das die meisten Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in

Sachsen beschäftigt waren, war kein gutes Programm. Die Bindung an europäische Mittel hat dazu geführt, dass es erstens unglaublich bürokratisch war, und zweitens waren die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn man es ehrlich formuliert, eine Frechheit.

Ein Programm, das verlangt, dass die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter vor der Sommerpause entlassen werden müssen, um darauf zu hoffen, dass man sie nach der Sommerpause wieder einstellen kann, kann auf Dauer keinen Erfolg haben, weil wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht gerecht werden und sich diese natürlich nach besseren Jobs umschauen. Deshalb ist dieses neue Landesprogramm auch ein wichtiger Beitrag, die Arbeitsbedingungen in der sozialen Arbeit in Sachsen zu verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Soziale Arbeit ist wichtig. Wir wollen mit dem Landesprogramm für Schulsozialarbeit natürlich eine Dienstleistung für die Schülerinnen und Schüler und für die Lehrerinnen und Lehrer anbieten, die auf einem sehr hohen fachlichen Standard stattzufinden hat. Wir finanzieren

keinen Verkäufer im Schulklub, sondern eine zentrale soziale Arbeit im schulischen Kontext.