Protokoll der Sitzung vom 16.12.2016

Das war ein Beitrag in der Rededebatte. Wenn ich diesen von vorn halten soll, dann komme ich gern nach vorn.

Kommen Sie lieber nach vorn, wenn Sie keine Kurzintervention vornehmen möchten. Ich möchte Ihnen nur Redezeit verschaffen. Bitte.

Recht vielen Dank. Ich komme zum Stichwort Genomschneiderei, neue gentechnische Verfahren. Ich hatte das Stichwort nur kurz angerissen. Jawohl, jetzt haben wir wieder Druck auf die Debatte aufgebaut, die eigentlich – zumindest für Deutschland und, wenn wir genau sind, auch für Europa – bereits abgeschlossen war. Bis auf Spanien und einen Teil in Tschechien wird europaweit nichts angebaut, was gentechnische Organismen anbelangt. Jetzt kommen wir über die Technologie wieder neu unter Druck. Das halte ich für sehr gefährlich.

Deshalb sage ich Folgendes noch einmal ganz klar: Wer meint, den Hunger in der Welt technisch oder technologisch verhindern zu müssen, ist auf dem Holzweg. Hunger ist ein Verteilungsproblem zwischen Arm und Reich. Wir werden ihn nicht besiegen, weder mit goldenem Reis noch mit neuen gentechnischen Verfahren.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen sauber bleiben. DIE LINKE sagt Folgendes ganz klar: Auf diesem Holzweg werden wir nicht mitgehen. Wir müssen endlich den Widerspruch zwischen Arm und Reich klären. Wir müssen Ernährungssouveränität in den Entwicklungsländern sicherstellen. Somit lösen wir das Hungerproblem gleich mit.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, das war der Redebeitrag von Frau Abg. Kagelmann. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Abg. Winkler für die SPD-Fraktion, bitte. Die Redezeit beträgt 2 Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mich ja für diese zweite Runde angedroht. Ich möchte nur noch einmal ganz deutlich machen, dass Gentechnologie an

sich von mir nicht verteufelt werden soll; das will ich um Gottes willen nicht. Es gibt in der Medizin Erfolge, die sind genannt worden. Also das will ich nicht.

Ich möchte das Verfahren noch einmal ansprechen und bin dafür – ich denke, dass unser Landwirtschaftsminister darauf Wert legen wird –, dass diese Verbotsregelung in Zukunft bundesweit gilt und nicht landesweit, damit es nicht zu diesem Flickenteppich kommt. Es ist zwar gesagt worden, dass dies gar nicht möglich ist, aber ich denke, eine bundesweite Regelung wäre wesentlich besser als diese ländergeführte Regelung.

Der Bundestag befindet sich im Gesetzgebungsverfahren. Wie das abläuft, wissen wir zur Genüge. Am 16. Januar 2017 findet eine öffentliche Anhörung statt – das ist im Agrarausschuss schon gesagt worden – und anschließend die zweite Lesung. Ich bin optimistisch, dass es dort noch zu Änderungen des Regierungsentwurfes kommen wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Winkler. – Und nun für die AfD-Fraktion Herr Abg. Urban. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Agrogentechnik oder grüne Gentechnik? Ich finde es schon spannend, dass Sie den Begriff Agrogentechnik einführen; wahrscheinlich ist Ihnen der Begriff grüne Gentechnik einfach zu positiv besetzt.

(Beifall des Abg. Gunter Wild, AfD)

Herr Günther, Sie haben nicht aufgepasst. Natürlich habe ich auch Beispiele grüner Gentechnik angesprochen. Neben dem goldenen Reis hatte ich zum Beispiel auf die genveränderten Baumwollpflanzen hingewiesen. Und der Rest waren dann natürlich Beispiele aus den Bereichen rote Gentechnik und weiße Gentechnik, um zu zeigen, dass Gentechnik durchaus positiv besetzt sein kann und positiv besetzt ist – und Sie wissen das.

Die rote Gentechnik ist übrigens die Gentechnik im medizinischen Bereich – Diagnostik, Entwicklung von Impfstoffen oder auch die direkte Beeinflussung von Körperzellen.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Aber nicht Veränderungen der Gene des Menschen!)

Und die weiße Gentechnik ist die Gentechnik, die wir in industriellen Prozessen einsetzen. Bei der Nahrungsmittelherstellung, aber auch bei einfachen technischen Prozessen kommen inzwischen Organismen zum Einsatz.

Was ist nun grüne Gentechnik? Die grüne Gentechnik ist die Veränderung von Erbmaterial in Pflanzen und Tieren mit dem Ziel, die Pflanzen resistenter zu machen gegen negative Umwelteinflüsse, aber vor allen Dingen auch gegen Schädlinge.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Wo wird die Grenze gezogen?)

Es gibt allerdings zwei wesentliche Probleme mit genveränderten Pflanzen und Tieren, die im Einzelfall durchaus auch Anbauverbote rechtfertigen sollen.

Erstens. Genveränderte Organismen können sich gegebenenfalls unkontrollierbar ausbreiten, durch Auskreuzen, aber auch durch den Weitertransport mittels Bakterien und Viren in andere Organismen. Die Folgen auf Flora und Fauna sind sehr schwer abschätzbar. Deshalb sind selbstverständlich gerade im Bereich der grünen Gentechnik umfangreiche Labor- und Feldversuche notwendig, bevor eine Anbaugenehmigung erteilt wird.

Es ist zweitens der Trend zur Patentierung von Tieren und Pflanzen. Das führt zur Marktbeherrschung durch weltweit agierende Agrarkonzerne. Bereits heute kontrollieren 74 % des weltweiten Marktes an Pflanzenschutzmitteln nur sechs Konzerne. 71 % des Weltsaatgutmarktes werden von sieben Unternehmen dominiert. Das führt natürlich am Ende zu einer wachsenden Abhängigkeit der Landwirte, und es birgt die Gefahr, dass sich das Eigentum an Saatgut am Ende in wenigen Händen konzentriert.

Im Bundesrat wird heute der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Opt-out-Richtlinie der EU behandelt. Es geht darum, das Anbauverbot für gentechnisch veränderte Organismen in Deutschland gesetzlich neu zu regeln.

Die eigentliche Frage ist: Wird es leichter oder wird es schwerer für den Bund und die Länder, sich gegen den Anbau neuer Genpflanzen auszusprechen? Bei einem bundesweiten Verbot haben wir jetzt einen Entwurf, der das Einvernehmen von sechs Bundesministerien vorsieht, gleichzeitig zwei Drittel der Bundesländer benötigt, um ein Genverbot zu beantragen, und die Bundesländer haben nur 35 Tage Zeit, um substanziiert zu begründen, warum sie ein Anbauverbot wollen.

Die Begründungslast liegt zurzeit entsprechend der Vorlage bei den Bundesländern; auch das Klagerisiko für die gerichtliche Auseinandersetzung mit Konzernen liegt bei den Bundesländern und nicht bei den zuständigen Bundesbehörden. Das ist extrem unbefriedigend. Ich glaube, unter diesen Rahmenbedingungen ist es auch sehr unwahrscheinlich, dass es so zu einem bundesweiten Verbot von gentechnisch veränderten Organismen kommen wird. Es besteht die Gefahr eines Flickenteppichs unterschiedlicher Regelungen in den einzelnen Bundesländern.

Die Schlussfolgerung muss sein, dass der Entwurf der Bundesregierung nachgebessert werden muss und dringend nachgebessert werden soll. Ziele der Nachbesserung müssen sein, die Abhängigkeit unserer Lebensmittelversorgung von wenigen multinationalen Konzernen zu verringern und natürlich die Risiken für die Biodiversität und auch für das Saatgut zu minimieren. Es braucht eine einfache und klare Ablehnung der gentechnisch veränderten Organismen durch den Bund. Dafür sollte das Veto

von zwei Bundesländern oder -ministerien ausreichend sein, um den Verbotsprozess in Gang zu bekommen.

Aber genauso notwendig ist, dass wieder mehr Saatgutforschung und -züchtung an Hochschulen und Instituten stattfindet, gern auch mit Agrargentechnik.

Dafür müssen Bund und Länder in Zukunft mehr Geld bereitstellen. Ernährungssicherung, Risikominimierung und Forschungsförderung müssen gerade bei der grünen Gentechnik in der Verantwortung demokratischer und staatlicher Strukturen bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Ich frage zunächst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Keine Wortmeldungen. – Herr Abg. von Breitenbuch für die CDU-Fraktion, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kagelmann, ich möchte noch einmal zu Ihrem Thema Hunger kommen; das wäre ein Thema von Arm und Reich. Wenn wir in unsere eigene sächsische Geschichte schauen, in die Zeit der industriellen Revolution: dass die industrielle Revolution möglich war, weil davor die Landwirtschaft effizienter wurde mit neuen Verfahren, unter anderem durch Züchtung, aber auch vielen anderen Dingen, die es uns ermöglichten, die Bevölkerung in Sachsen – in Leipzig, in Chemnitz, in den großen Städten, in den industriellen Ballungskernen Zwickau, Freital etc. zu ernähren: Das heißt, wir haben in unserer eigenen Landesgeschichte das Beispiel, dass es nicht nur Arm und Reich ist – natürlich ist das immer ein Thema –, sondern dass selbstverständlich auch mit technischem Fortschritt und Einsatz Dinge zum Besseren kommen.

Und dass wir von unserer moralisch hohen Warte unserer eigenen Geschichte jetzt sagen, dass in Afrika oder Asien diese Technologien nicht berechtigt sind, sie anzuwenden, um menschliches Leben zu ermöglichen, um Menschen gesund zu erhalten etc., diese moralische Höhe sollten wir nicht einfach stehen lassen.

Ich sehe das anders, ganz deutlich aufgrund unserer eigenen sächsischen Landesgeschichte.

(Beifall bei der CDU)

Nun noch einmal zu dem Punkt große Konzerne und zu der großen Angst. Ich als Landwirt weiß doch selbst, bei wem ich bestelle und wen ich unterstütze. Das habe ich doch selbst in der Hand. Bisher habe ich das auch in der Hand. Ich bin frei, mit wem ich arbeite.

Das Nächste ist: Gerade diese neue Technologie von Emmanuelle Charpentier, die ich angesprochen habe, ist eine Technologie, die auch kleine Züchter anwenden können. Das ist nicht auf die Großen beschränkt. Es ist gerade das Interessante daran, dass hier auch diese kleineren Züchterhäuser wieder Luft bekommen, nachdem man

lange dachte: Es geht nur ins Große. Das macht die Sache so interessant. Deswegen sollten wir aufpassen, in den Mustern von vor fünf Jahren zu diskutieren. Wir sollten uns wirklich den Realitäten stellen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Günther für die GRÜNEN, bitte. Sie haben noch eine Minute Redezeit.

(Kathrin Kagelmann, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Kagelmann, ist das eine Kurzintervention? – Das muss in Zukunft bitte schneller gehen. – Bitte, Frau Kagelmann.

Der Weg, Herr Landtagspräsident, ist von der hinteren Reihe durchaus etwas länger. – Recht vielen Dank.

Herr von Breitenbuch, darauf möchte ich gern noch einmal ganz kurz reagieren. Selbstverständlich haben Sie rückblickend auf die vergangenen hundert Jahre auch in Europa sicherlich recht. Ich habe vom heutigen Zustand der Welt gesprochen. Und wenn Sie Afrika ansprechen: Wir reden über die grüne Gentechnik, über eine Hochtechnologie, die in hoch spezialisierten Laboren entwickelt wird. Und entwickelt wird sie von fünf großen Gentech-Konzernen. Keiner dieser Konzerne ist in Afrika angesiedelt.

Wie souverän kann Afrika denn tatsächlich entscheiden, was auf seinem Acker landet? Wie souverän ist denn der Bauer in Asien, in Afrika tatsächlich?