Protokoll der Sitzung vom 16.12.2016

Wie souverän kann Afrika denn tatsächlich entscheiden, was auf seinem Acker landet? Wie souverän ist denn der Bauer in Asien, in Afrika tatsächlich?

Darum geht es. Das ist ethische Verantwortung, die Europa gegenüber den Entwicklungsländern hat, die Lateinamerika und Amerika gegenüber den Entwicklungsländern haben, und die mahne ich an.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr von Breitenbuch, möchten Sie erwidern? – Das ist nicht der Fall. – Herr Abg. Günther, nun sind Sie an der Reihe. – Eine Minute und 56 Sekunden haben Sie noch Redezeit.

Danke schön. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal zu den Auswirkungen. Wir sehen bereits, was passieren kann – siehe GVO –, etwa im Bereich Sojaanbau. Das findet in Amerika statt. Dort ist es eigentlich nicht mehr möglich, Soja zu erwerben, der nicht gentechnisch verändert worden ist. Wir sehen auch die Folgen, wenn man sagt, da könnten wir vielleicht einen geringeren Pflanzenschutz haben.

(Zuruf des Abg. Frank Kupfer, CDU)

Das wird hier immer vorgetragen. Genau das Gegenteil ist dort eingetreten. Die Pflanzen sind so gezüchtet worden, dass sie auf bestimmte Pestizide nicht reagieren. Diese werden aber immer weiter und weiter eingesetzt. Die Folgen sind auf der Welt zu beobachten.

Ich möchte zurückkommen zu den Ergebnissen dieser Debatte und weshalb wir sie überhaupt angestoßen haben. Aktuell debattieren wir – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Heinz, bitte.

Verschiedene größere Lebensmittelketten in Deutschland haben Sojaprodukte im Angebot und benennen das nicht als Sojamilch, sondern als Sojadrink, weil Milch ein geschützter Begriff ist im Gegensatz zu Fleisch, wo es Tofu-Wurst geben darf. Sie werben also damit, dass sie aus gentechnikfreien Produkten hergestellt sind. Wollen Sie damit sagen, dass sie den Verbraucher in die Irre führen, wenn Sie sagen, es gibt kein gentechnikfreies Soja zu kaufen?

Ich habe nur gesagt, dass, wenn man versucht, aus Amerika gentechnikfreies Soja zu importieren, das nicht möglich ist. Da können Sie sich gern mit Landwirten unterhalten, die das einmal probiert haben. Ich selbst benötige kein Soja, aber andere haben mir das so mitgeteilt. Da habe ich keine andere Auskunft. Dass Soja auch woanders angebaut wird, insbesondere auch in Europa angebaut werden kann, steht außer Frage. Deswegen ist es auch möglich, gentechnikfreies Soja zu erhalten. Wir haben heute diese Debatte gerade deswegen angestrengt, damit dieser Zustand erhalten werden kann, dass es noch eine Weltregion gibt und es diese Möglichkeit bei uns gibt, in der wir eine Zuständigkeit haben. Von daher sind wir hier wahrscheinlich auch im Konsens. Das unterstelle ich einmal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zurück zur Debatte, was ich in Bezug auf die Bundesratsvorlage feststellen konnte: Ich habe hier keinen gehört, der sagt, diese ganzen Nachteile, die dazu führen werden, dass das nicht funktioniert, was das angesprochene Ziel ist, dass man bundesweit zu einem wirksamen Schutz bzw. Verbot kommt, sind auszuschalten. Genau deswegen nehme ich für mich mit, dass der Landtag eigentlich einhellig der Meinung ist, dass das so nicht kommen darf. Das sehe ich als ganz klaren Arbeitsauftrag an die Staatsregierung: dafür zu sorgen, dass es tatsächlich so umgesetzt wird, wie wir es hier debattiert haben. Das wäre meine Schlussfolgerung aus dieser Debatte.

Ich danke allen für die Beiträge trotz der Differenzen zu all den anderen Themenbereichen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Günther. – Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktionen kann ich nicht erkennen. Herr Staatsminister, wünschen Sie das Wort? – Bitte sehr, Herr Staatsminister Schmidt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich auf das Schlusswort des Kollegen Günther eingehen. Heute ist hier eine Debatte geführt worden. Sie erwarten jetzt, dass die Staatsregierung diesbezüglich auch im Bundesrat agiert. Da verstehe ich die Debatte wiederum überhaupt nicht.

(Heiterkeit des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Wenn Sie das wollen, dann hätten Sie die Debatte im letzten Plenum führen müssen; dazu ist es zu spät. Entweder macht man es vorher, um das Abstimmungsverhalten der Staatsregierung im Bundesrat zu beeinflussen, oder man macht es danach, also im Januar, um diese Abstimmung zu bewerten. Wenn aber gerade diese Abstimmung im Bundesrat stattfindet und Sie uns jetzt auffordern, wie wir uns dort verhalten sollen, dann macht diese ganze Debatte keinen Sinn. Das muss ich ganz klar sagen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Valentin Lippmann, GRÜNE: Sind Sie so unflexibel? – Weiterer Zuruf von den GRÜNEN)

Das hätten wir das letzte Mal im Plenum genauso diskutieren können. Es hat auch diese Debatte wieder gezeigt, dass man den Umgang mit der Gentechnik mit allen Aspekten vermischt diskutiert. Es gibt ernährungsphysiologische Aspekte. Man hat Angst, gentechnisch veränderte Organismen zu sich zu nehmen. Es gibt rechtliche Aspekte. Da ist gerade der Patentschutz zu nennen. Es gibt ethische Aspekte, ob man überhaupt in das Erbgut eingreifen soll.

Es wird vom Welthunger bis zum Anbau in Amerika alles vermengt. Daraus resultiert Verwirrung und daraus resultiert auch Angst. Diese Angst der Bevölkerung akzeptieren wir selbstverständlich. Deshalb sind wir uns auch im Koalitionsvertrag einig geworden, dass wir ein klares Bekenntnis abgeben wollen. Wir wollen eine erstmals einheitliche deutsche Regelung und keinen Flickenteppich in Deutschland, wenn es um den Anbau und die Zulassungen gentechnisch veränderter Organismen geht.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich werde jedem Landwirt, wenn es ihm möglich sein sollte, gentechnisch veränderte Organismen anzubauen, davon abraten, weil er auch die Folgen abschätzen muss. Da geht es mir nicht darum, dass ich Angst habe, das zu essen. Es ist wissenschaftlich auch nichts Schädliches nachgewiesen. Es geht um rechtliche Folgen, Akzeptanz in der Bevölkerung und es geht um Feldvernichter, dass Landwirte Ziele persönlicher Angriffe sind. Das sollte

man beachten. Ich persönlich würde es nicht tun, auch wenn ich als Landwirt dies anbauen könnte, was aus diesen Erfahrungen resultiert.

Zurück zum Bundesrat. Es ist so, dass ein Gesetzentwurf vorliegt. Dieser Gesetzentwurf ist meines Erachtens nicht zielführend in dieser Vorlage. Deshalb gibt es – und da sind wir uns in den Bundesländern recht einig – Korrekturbedarf. Das ist überhaupt keine Frage. Es gibt auch eine Vorgeschichte. Wir haben uns als Freistaat Sachsen in der Agrarministerkonferenz genauso wie in der Umweltministerkonferenz mit den anderen Bundesländern klar dafür ausgesprochen, eine bundesweit einheitliche Lösung zu finden, wenn es um Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen geht. Da diese Beschlüsse immer einstimmig sind, kann man daraus folgern, dass alle Bundesländer diesbezüglich gleicher Meinung waren.

Es gibt heute im Bundesrat zahlreiche Änderungsanträge, um den Korrekturbedarf an diesem Gesetzentwurf, den wir auch sehen, umzusetzen. Diese Änderungsanträge werden wir, bis auf einen, alle mittragen. Da sind wir uns parteiübergreifend einig, ob es nun SPD/grün-regierte oder unionsregierte Umwelt- und Agrarressorts sind. Das tragen wir gemeinsam mit.

Einen einzigen Kritikpunkt sehen wir bzw. es gibt einen Punkt, den wir nicht mittragen werden: Wir sind der Meinung, dass wir durchaus Forschung weiter ermöglichen sollten. Wir wollen selbst wissen, wie man mit der Thematik bzw. den Problemen umgeht. Wir wollen das selbst bewerten können. Deshalb sind wir nicht der Meinung, dass man auch die Forschung verbieten sollte.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das Ergebnis, das wir am Ende mit diesen Änderungsanträgen vorfinden, wird natürlich noch nicht das Nonplusultra sein. Soviel ich weiß, werden auch die von den GRÜNEN mitregierten Länder dem mit den Änderungsanträgen veränderten Gesetzentwurf zustimmen. Denn die Alternative wäre ein Flickenteppich. Ich glaube, dass der dann veränderte Gesetzentwurf zustimmungsfähig ist. So werden wir das auch handhaben. Ich gehe fest davon aus, dass er auch verabschiedet wird.

Bei der allgemeinen Diskussion über die Gentechnik mahne ich zur Sachlichkeit. Die Debatte war in großen Teilen sachlich, das möchte ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Es wurden viele wichtige Aspekte aus allen Fraktionen genannt. Wir sollten uns aber auch spezifisch über einzelne Punkte und Aspekte der Diskussion über die Gentechnik widmen. So, denke ich, können wir auch zur Aufklärung bei der Bevölkerung beitragen. Wir können sogar auf der einen Seite Risiken benennen, auf der anderen Seite aber auch Ängste nehmen. Das soll das Ziel einer Debatte sein.

(Beifall bei der CDU, der SPD und Staatsregierung)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Meine Damen und Herren! Die zweite Aktuelle Debatte ist abgeschlossen und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Befragung der Staatsminister

Für die Staatsregierung berichtet zunächst die Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz, Frau Barbara Klepsch, zu dem Thema „Aktionsplan der Staatsregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, Teilhabe ermöglichen, Sachsen barrierefrei gestalten“. Hierfür stehen nach § 54 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung bis zu 10 Minuten Redezeit zur Verfügung. Anschließend haben die Fraktionen über eine Dauer von insgesamt 35 Minuten die Möglichkeit, der Staatsministerin Fragen zu ihrem Bericht sowie zu einem weiteren Themenkomplex zu stellen.

Als weiteren Themenkomplex hat die Fraktion AfD das Thema „Organspende in Sachsen – Spendenbereitschaft erhöhen – Manipulationen verhindern“ genannt.

Meine Damen und Herren! Es gilt wieder die Festlegung, dass in der ersten Fragerunde nur Fragen zum Berichtsthema der Staatsregierung gestellt werden. In den weiteren Runden können die Fragen sowohl dieses Thema als auch den von der Fraktion AfD benannten Themenkomplex betreffen.

Meine Damen und Herren! Ich erteile nun der Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz, Frau Barbara Klepsch, das Wort. Bitte sehr, Frau Staatsministerin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im Oktober haben wir im Kabinett den Aktionsplan der Sächsischen Staatsregierung zur Umsetzung der UNBehindertenkonvention beschlossen. Ich finde, darauf können wir alle zusammen stolz sein. Wir haben etwas wirklich Gutes geschaffen, vor allem den Teil, der auch teilweise kritisch diskutiert wurde; denn wir haben sehr, sehr viel Wert auf den Beteiligungsprozess gelegt.

Lassen Sie mich bitte einen kurzen Blick zurückwerfen.

Fast genau 15 Jahre ist es her, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit einer Resolution den Einsatz eines Ad-hoc-Komitees beschloss. Das war der Grundstein für eine grundlegend wichtige Änderung in der Behindertenpolitik, ein Paradigmenwechsel weg von der Fürsorge hin zur bedingungslosen Teilhabe. Mit der

Ratifizierung durch den Bundestag 2009 sind dann die Inhalte der Konvention in bundesdeutsches Recht übergegangen. Das war ein ganz wichtiger Schritt, der letztlich auch uns den rechtlichen Rahmen vorgab.

Ich weiß, dass es immer wieder große Kritik gab, dass es in Sachsen eben noch weitere sechs Jahre gedauert hat, bis die Erstellung des Aktionsplanes begann. Und doch: Das Ergebnis hat sich gelohnt.

Besonders wichtig finde ich, dass uns dieser umfangreiche Beteiligungsprozess gelungen ist, eben „Nichts über uns ohne uns“. Das ist der Anspruch, den wir gesetzt haben. Menschen mit Behinderungen als Experten in eigener Sache – nur so kann Inklusion im Freistaat Sachsen gelingen. Aber Inklusion kann eben auch nur mit der gesamten Gesellschaft gelingen. Deshalb richten wir uns mit der Kampagne – Sie wissen, sie ist mit einem Augenzwinkern verbunden – „Behindern verhindern“ bewusst an Menschen ohne Behinderungen, die bisher wenig Berührungspunkte mit dem Thema hatten.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich unseren fünf Botschaftern, die diese Kampagne hervorragend für uns begleiten, Danke sagen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Mit dieser Kampagne wollen wir die Gesellschaft öffnen. Ziel ist es, mit gemeinsamem Handeln letztlich alle zu überzeugen.