Mit dieser Kampagne wollen wir die Gesellschaft öffnen. Ziel ist es, mit gemeinsamem Handeln letztlich alle zu überzeugen.
Meine Damen und Herren! Gleichwohl bleibt die Inklusion ein Prozess. Das ist ein Prozess, bei dem vor allem wir lernen, auch die politisch Verantwortlichen. Das zeigt sich ganz deutlich an dem Entstehungsprozess.
In einem ersten Schritt haben wir den Istzustand herausgearbeitet. Das war wichtig, wie auch die Diskussion und die Erarbeitung des Bedarfs und der konkreten Maßnahmen wichtig waren. Die Erarbeitung des Istzustandes hat gezeigt, dass wir bei Weitem nicht bei null beginnen.
Der Sächsischen Staatsregierung ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen seit vielen Jahren ein wichtiges Anliegen. Ich erinnere an Investitionen, an das Programm „Unsere Lieblingsplätze“ und an viele weitere kleine Schritte, die wir gegangen sind, auch ohne einen Aktionsplan zu haben.
Dennoch ist der Aktionsplan der Staatsregierung wichtig und richtig. Er ist ein weiteres Ergebnis mit vielfältigen Maßnahmen, mit vielfältigen Projekten aus allen Ministerien. Er beinhaltet Angaben zu Verantwortlichkeiten, Zeiträumen und Kosten. Das ist nicht so selbstverständlich.
Ich weiß, vielen geht der Aktionsplan nicht weit genug, weil er sich auf Maßnahmen der Staatsregierung beschränkt. Aber erstens müssen wir zuerst selbst tätig sein, um letztlich als Vorbild für die anderen Ebenen zu wirken, und zweitens ist mir wichtig, dass wir in dem Aktionsplan keine leeren Versprechungen zu Papier gebracht haben. Unter leeren Versprechungen verstehe ich Versprechungen, die dann andere umsetzen müssen. Wir wollten
keinen überbordenden Wunschzettel, dessen Wünsche keine Realität werden können. Wir wollten vielmehr einen Aktionsplan, der sich in der Praxis umsetzen lässt.
Ich kenne die kritischen Fragen zu den finanziellen Mitteln. Doch auch hier lohnt sich ein genauer Blick. Wir haben gestern den Haushalt des Freistaates Sachsen beschlossen. Dort finden Sie Finanzierungen in den einzelnen Ressorts wieder. Darüber haben wir im Vorfeld intensiv in unserer interministeriellen Arbeitsgruppe diskutiert.
Seien Sie versichert, dass wir nicht zuletzt mit der Evaluierung genau schauen werden, was in allen Bereichen der Staatsregierung passiert ist, wo Barrieren abgebaut wurden oder wo das eben noch getan werden muss. Damit meine ich nicht nur bauliche Barrieren. Ich meine genauso Barrieren in der Kommunikation miteinander.
Meine Damen und Herren! Nun geht es an die Umsetzung unseres Landesaktionsplanes. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Eine konkrete Maßnahme des Aktionsplanes ist die Weiterentwicklung des Sächsischen Integrationsgesetzes zu einem Inklusions-,Teilhabe- und Gleichstellungsgesetz. Dieses Gesetz ist ein gutes Beispiel dafür zu sehen, was der Aktionsplan verändert hat und wie es weitergeht.
Erstens. Wir werden die breite Beteiligung fortsetzen, eben „Nichts über uns ohne uns“. Das wollen wir in den Gesetzesvorhaben praktisch umsetzen.
Wir haben schon gute Erfahrungen, wie die Beteiligungsplattform des Freistaates Sachsen funktioniert. Ich erinnere mich noch an die erste Runde, die wir dazu im Landtag hatten, als Frau Zais uns darauf angesprochen hat, dass da noch nicht alles barrierefrei war. Das ist eben ein Lernprozess.
Zweitens. Wir werden „Nichts über uns ohne uns“ auch bei den inhaltlichen Entscheidungen berücksichtigen. So wird der Beauftragte der Sächsischen Staatsregierung nicht nur für die Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige da sein, sie sollen vielmehr mitentscheiden, wer Beauftragter in Sachsen wird.
Drittens. Wir schauen sehr wohl über den Tellerrand auf die anderen Ebenen. So werden wir zum Beispiel prüfen, wie die kommunalen Behindertenbeauftragten verankert sind oder verankert sein müssten. Wir werden dabei aber nicht mit dem Zeigefinger auf die Kommunen zeigen, sondern gemeinsame Wege finden, damit Menschen mit Behinderungen in Annaberg-Buchholz oder Görlitz genauso gut vertreten sind wie vielleicht in Chemnitz.
Meine Damen und Herren! Damit der Prozess hin zur inklusiven Gesellschaft gelingt, brauchen wir vor allem eine nachhaltige Rückkopplung. Nur so können wir unsere bisherigen Steuerungsmechanismen immer wieder kontrollieren.
Ich möchte Sie dazu einladen, mitzuwirken und weiter Ihre Meinung zu sagen. Das bringt uns letztlich alle bei diesem Prozess voran.
Der Aktionsplan ist weder Start noch Ziel. Der Aktionsplan ist vielmehr – so sehe ich das – eine wichtige Etappe, die wir gemeinsam geschafft haben. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle versprechen, dass die Staatsregierung sich weiterhin dafür einsetzt, eine umfassende Teilhabe zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen. Da stehe ich stellvertretend für meine Ressortkollegen.
Lassen Sie uns weiter gemeinsam auf diesem Weg gehen „Behindern verhindern“. Die anschließende Fragestunde wird sich diesem Thema noch weiter widmen.
Die Fraktionen haben nun in der ersten Runde die Möglichkeit, Fragen zum Berichtsthema der Staatsministerin zu stellen. Wir beginnen mit der CDU-Fraktion. Die Fragen, bitte.
Danke, Herr Präsident! Frau Ministerin, das Bundesteilehabegesetz hat gegenüber dem ersten Entwurf erhebliche Änderungen erfahren. Gibt es Situationen zu unserem Landesaktionsplan, die wir im Landesaktionsplan noch nicht bedacht haben, bzw. wie sehen Sie die Verbindung beider Instrumente insgesamt?
Vielen Dank, Herr Krasselt. Wir haben uns zunächst mit ganzer Kraft auf den Aktionsplan konzentriert. Die nächste Aufgabe wird die Konzentration auf das Bundesteilhabegesetz sein. Wir haben bereits am Dienstag hier im Landtag über das Bundesteilhabegesetz und die Auswirkungen für den Freistaat Sachsen gesprochen.
Im Aktionsplan selbst finden wir zum Beispiel bei der Prüfung der Finanzierbarkeit von persönlicher Assistenz den Ansatz zum Bundesteilhabegesetz. Wenn wir uns die Regelung in § 78 des Bundesteilhabegesetzes zur Finanzierung von persönlicher Assistenz für Menschen mit Behinderung ansehen, dann ist dort der Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeit zu prüfen. Damit haben wir wieder den Schulterschluss zum Aktionsplan.
Wir sehen dort einen engen Zusammenhang. Für uns wird als Nächstes anstehen, dass wir das Bundesteilhabegesetz, die Auswirkungen auf Landesebene im Jahr 2017 umsetzen. Wir müssen letztlich den Träger der Eingliederungshilfe bestimmen. Wir müssen das Bedarfsermittlungsinstrument herausarbeiten. Dazu gibt es – das habe ich bereits am Dienstag kurz angesprochen – eine Arbeitsgruppe. Diese Arbeitsgruppe wird im Januar beginnen, damit wir die landesgesetzlichen Regelungen – es waren drei Gesetzlichkeiten, die wir letztlich ändern müssen – wirklich hier im Landtag beschlossen bekommen. Unser Ziel ist der 01.01.2018.
Nur eine Frage, gut. – Unser Antrag wurde gestern nicht beschlossen. Wie wird im SMS die Koordinierung welcher im Aktionsplan nicht nur einem Ressort zugeordneten behindertenpolitischen Aktivität konkret erfolgen?
Es ist wichtig, wenn wir einen Aktionsplan verabschiedet haben, dass wir die Kontrolle behalten. Kontrolle bedeutet für mich in erster Linie Kontrolle durch dieses Hohe Haus. Die Damen und Herren Abgeordneten werden kontrollieren, wie der Aktionsplan letztlich umgesetzt wird.
Wenn wir nun zur Koordinierung kommen: Bei ressortübergreifenden Themen, bei ressortübergreifenden behindertenpolitischen Aktivitäten wird weiterhin die Verantwortung in meinem Ressort liegen. Wir werden die Koordinierung übernehmen.
Bei Maßnahmen, bei denen mehrere Häuser beteiligt sind, gibt es ein federführendes Ministerium, welches die Hauptverantwortung trägt und die Koordination übernimmt. Es ist aber – das möchte ich an dieser Stelle betonen – in interministeriellen Arbeitsgruppen immer sehr deutlich angesprochen worden, dass alle Häuser, alle Ministerien, alle voranstehenden Minister die Verantwortung für ihren Teil tragen. Sie sind verantwortlich, die Maßnahmen, die im Aktionsplan stehen, umzusetzen, und sie sind verantwortlich, auf dem Weg weiterhin die Federführung für ihr Haus innezuhaben.
Bei übergreifenden Themen liegt die Verantwortung in meinem Haus. Wir werden den Aktionsplan evaluieren. Auch dort wird herauszuarbeiten sein: Funktioniert es, funktioniert es nicht? Auch das wird ein weiteres Thema sein.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Frage zielt in eine ganz ähnliche Richtung wie die von Frau Schaper. Also kann ich auch gleich noch etwas nachsetzen, weil es aus meiner Sicht noch nicht vollständig beantwortet war. Mir geht es auch um die einzelnen Ressorts, um die Ministerien.
Wir hatten einmal vereinbart, dass das Sozialministerium die Federführung hat und die anderen Ressorts eigenver
antwortlich, so wie Sie es eben beschrieben haben, rückmelden müssen, was ihnen wichtig ist und welche Gelder sie brauchen. Mich interessieren konkret: Wie kam von den Ministerien die Rückmeldung? Wie ist dabei der Rücklauf? Wie konkret ist das vor allem schon?
Ich habe einen konkreten Rücklauf aus dem SMWK, weil dies direkt im Haushalt mit Wortlaut und mit Summe angemeldet war. Ich habe mir letzte Woche im SMAC, im Archäologie-Museum, die ersten Ergebnisse angeschaut, die daraus erwachsen und in Richtung barrierefreies Museum entstehen. Das ist ganz toll. Wie haben die anderen Ministerien jetzt vorgelegt? Was haben diese angemeldet? Haben Sie vielleicht auch ein Beispiel, was diesbezüglich passiert?
Die interministerielle Arbeitsgruppe hat regelmäßig getagt. Zur interministeriellen Arbeitsgruppe hat es einzelne Arbeitsgruppen gegeben, und in den Arbeitsgruppen waren die Ministerien vertreten. Diese waren thematisch besetzt. Dort haben die Häuser eigenständig ihre Themen angemeldet. Der Bereich vom SMWK, das möchte ich an dieser Stelle sagen, hat zum Beispiel sehr vorbildlich funktioniert. Dort sind Maßnahmen, finanziell untersetzt, angemeldet und diskutiert worden.
Es sind letztendlich nicht alle Maßnahmen – ich denke, das gehört zur Vollständigkeit dazu – in den Aktionsplan eingeflossen. Man hat sehr verantwortungsbewusst die Maßnahme hinterfragt: Ist sie für den Aktionsplan geeignet? Man hatte insgesamt ein Budget von 5 Millionen Euro zur Verfügung. Die Entscheidung, Maßnahmen aufzunehmen, die Finanzierung sicherzustellen und letztlich die Maßnahmen umzusetzen, wurde gemeinsam getroffen. Dabei hat es eine sehr gute Zusammenarbeit gegeben, in den anderen Häusern ebenfalls.
Das eine oder andere Haus muss vielleicht für sich künftig noch stärker die Notwendigkeit erkennen; denn wir sprechen jetzt über den Aktionsplan, der verabschiedet ist, mit 200 Maßnahmen, die definiert sind. Unser Ziel ist es, weiter daran zu arbeiten. Es werden noch zusätzliche Maßnahmen kommen, die im derzeitigen Aktionsplan noch gar nicht Bestandteil sind.
Wenn eine Förderrichtlinie verabschiedet ist – das ist die Aufgabe der Ministerien –, dann muss das Thema Menschen mit Behinderung immer mit im Blick sein. Es muss ein Selbstverständnis in den einzelnen Häusern entwickelt werden. Auf diesem Weg befinden wir uns. Das ist noch ein Prozess, damit bin ich ganz bei Ihnen. Deswegen sage ich Ihnen: Wir fangen nicht bei null an. Wir sind mittendrin, und wir werden weiter an diesem Prozess arbeiten müssen.
Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsministerin! Auch wenn naturgemäß von den Oppositionsfraktionen oft Kritik kommt, möchte ich mich trotzdem für Ihr Engagement bedanken, ebenso für das Engagement Ihrer Ressorts, weil sie sich dieses Themas angenommen haben.
Ich möchte aber nun die Frage stellen, denn es ist eine Fragerunde: Nach Artikel 30 der UN-Behindertenrechtskonvention soll den Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport ermöglicht werden. Könnten Sie vielleicht noch einmal kurz darstellen, was diesbezüglich bereits gemacht worden ist bzw. wie es da in Zukunft aussehen wird? – Vielen Dank.
Herr Wendt, Danke für diese Frage, denn genau darauf zielt der Aktionsplan ab. Es soll allen Menschen im Freistaat Sachsen – allen, ganz gleich, mit welcher Behinderung oder nicht Behinderung – die gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. Auf diesem Weg befinden wir uns, aber wir sind noch nicht am Ziel. Ich denke, da sind wir uns auch einig.