Ich war wirklich irritiert über Ihre letzte Einlassung. Sie haben tatsächlich gesagt, der Strom solle dort produziert werden, wo er gebraucht wird. Wenn Sie das konsequent durchsetzen, dann ist es das Ende der Energiewende.
Das ist ein Konzept aus den Achtzigerjahren, das inzwischen nicht einmal mehr von den GRÜNEN unterstützt wird, weil wir in einem Industrieland sagen, der Strom muss dorthin geschafft werden, wo er gebraucht wird. Deshalb haben wir eine ganz andere Diskussion über die Energieerzeugung im Norden und den Energiebedarf im Süden.
Mit dem Argument, den Strom dort zu produzieren, wo er gebraucht wird, würden Sie komplett dem widersprechen, was Sie danach an Argumenten für eine Energiewende geliefert haben. Erklären Sie das einmal in einem Industrieland, wie mit diesem Argument Energiepolitik gemacht werden soll.
Zu Ihnen, Herr Urban. Sie machen es sich sehr einfach. Sie sagen einfach: Wir schaffen das ab. Erklären Sie aber bitte, wie Sie es tatsächlich organisieren wollen. Am Schluss geht es auch darum, dass wir mit der Realität umgehen müssen, indem wir unsere Verantwortung auch in internationalen Abkommen tragen und dann entscheiden müssen, wie die Kosten umgelegt werden. Darüber lässt sich immer streiten, ob es auf den Verbraucher umgelegt wird oder ob es über Steuern bezahlt wird. Am Schluss bezahlen es trotzdem alle.
Sich einfach nur hinzustellen und zu sagen, der Klimawandel stimme sowieso nicht, ihr macht sowieso alles falsch und wir sind die Einzigen, die es wissen, und werden alles abschaffen, ohne zu sagen, was Ihre konkrete Antwort ist – damit schaffen Sie nicht mehr Gerechtigkeit, sondern Sie schaffen eine Angstvorstellung bei den Leuten, weil Sie eben nicht konkret sagen, wie wir uns um diese Gerechtigkeitsfragen kümmern.
Wir sind bei dem Punkt, der hier angesprochen wurde. Es geht um Gerechtigkeitsfragen, für die Verbraucherinnen und Verbraucher und für unsere Wirtschaft. Deshalb kümmern wir uns darum, dass die Netzentgelte umgelegt und gerechter verteilt werden, im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und der Wirtschaft in Sachsen.
Danke, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Minister Dulig, weil Sie mich auf die Redispatchkosten direkt angesprochen haben, dazu noch einmal ein paar Bemerkungen. Sie entstehen bei uns etwa je zur Hälfte durch den Redispatch bei fossilen Kraftwerken und durch die Abregelung erneuerbarer Energien. Das ist Ausdruck der Tatsache, dass wir es uns im Osten leisten, letztlich durch eine widersinnige Energiepolitik zwei Energiesysteme gleichzeitig gegeneinander ankämpfen zu lassen und zu finanzieren.
Wir haben es mit einem gigantischen Überschuss an fossilen Kraftwerkskapazitäten und einem gleichzeitigen Ausbau erneuerbarer Energien zu tun. Das heißt, wenn wir mehr Netze bauen, um die Redispatchkosten zu vermeiden, dann haben wir höhere Netzentgelte, und wenn wir sie nicht bauen haben, dann haben wir die Redispatchkosten. Dafür gibt es nur eine Lösung: Man muss die Energiepolitik ändern und diese Überkapazitäten abbauen. Dann kann man auch die Redispatchkosten vermeiden.
(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Recht hat der Mann! Das ist der Grundfehler!)
Vielen Dank. Sie haben mich soeben bestätigt. Wir kümmern uns darum, dass die Energiekosten gerechter verteilt werden, dass die Netzentgelte umgelegt werden. Sie argumentieren jetzt nicht dahingehend, dass das nicht stimmte, sondern Sie wollen es nicht, weil ein Teil sozusagen Braunkohleenergie ist, was Sie in Ihrer Ideologie ablehnen. Sie bestätigen aber gerade das Argument, dass der Kostentreiber die Redispatchkosten sind. Das müssen wir angehen.
Von daher: Wenn Sie die Punkte ändern wollen, dann hat es erst einmal nichts mit unserer Forderung im Hinblick auf das Gesetz zu tun, sondern wir sind bei der generellen Frage, wie wir Energiepolitik machen wollen.
Die Redispatchkosten sind der Kostentreiber, und das darf nicht auf dem Rücken des Ostens finanziert werden.
Herr Dulig, Sie sagen, die AfD wolle einfach alles abschaffen. Ich habe in meinem Redebeitrag gesagt: Wir wollen einen sofortigen Stopp der Energiewende. In unserem Programm steht, wir wollen keinen weiteren Ausbau, das heißt Stopp der Energiewende. Das ist natürlich schon etwas differenzierter als die Aussage: Sie wollen einfach alles abschaffen. Wenn das die Art und Weise ist, wie Sie in einen scharfen Wahlkampf mit der AfD gehen wollen, dann kann ich nur sagen: Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Aus Gründen der Fairness möchte ich auf die Geschäftsordnung hinweisen und auf die bisherige Übung des Landtagspräsidenten zurückkommen. Ich möchte sie auf § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung hinweisen, wenn die Staatsregierung die Redezeit überzieht. Möchte jemand einen Antrag stellen? – Das ist nicht der Fall, meine Damen und Herren. Damit schließe ich die zweite Aktuelle Debatte und erkläre den Tagesordnungspunkt für beendet.
Meine Damen und Herren! Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache in der bekannten Reihenfolge erteilt, zunächst die AfD-Fraktion und dann die Fraktionen CDU, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es folgt die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht wird.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Heute geht es um die Änderung der Sächsischen Landkreisordnung. Im Kern geht es darum, dass hauptamtliche Bürgermeister nicht mehr zugleich Kreisräte sein sollen.
Vielleicht darf ich mit einer Frage beginnen: Haben Sie schon einmal eine Gans gesehen, die sich selbst die Federn ausrupft, damit es andere schön warm haben?
Spätestens seit der Weihnachtsgans Auguste wissen wir, dass Gänse ziemlich intelligente Tiere sein können. Sie haben ja während meines Redebeitrags die Möglichkeit, mir so eine Gans hier vorbeizubringen. Dann erübrigt sich vielleicht auch unser Gesetzentwurf.
Meine Damen und Herren! So wie die Gans auf ihr Gefieder aufpasst, so passen natürlich Bürgermeister auch auf ihre Gemeinden auf, und das ist auch richtig, denn das ist ihre Aufgabe.
Aber nehmen wir einmal die Kreisumlage als Beispiel. Die Kreisumlage, das ist natürlich das Geld, das der Landkreis auf gut Deutsch den Gemeinden abnimmt, damit er seine Aufgaben erfüllen kann, unabhängig davon, dass die Kreise natürlich noch andere Möglichkeiten im Wege der Finanzierung haben. Natürlich macht das niemand gern: Kein Bürgermeister gibt gern sein Geld an den Landkreis ab, und das ist auch klug, denn er möchte ja wiedergewählt werden.
Außerdem möchte er ja auch das Beste für seine Gemeinde, und seine Bürger möchten auch nicht das Zweit- oder Drittbeste für ihre Gemeinde, sondern sie möchten, dass der Bürgermeister für sie das Beste herausholt.
Insofern wäre der Bürgermeister, wenn er sich nun in beiden Funktionen neutral verhalten würde, entweder kein guter Bürgermeister oder kein guter Kreisrat. Da muss er sich entscheiden; denn er kann dem Wählerwillen weder in der einen noch in der anderen Form gerecht werden. Dieser Konflikt ist also nicht nur theoretisch. Er ist schlicht und ergreifend praktisch vorhanden, und dies jedes Mal wiederkehrend.
Ein weiterer Punkt, warum wir dieses Gesetz wollen, ist die Gefährdung der Kontrollfunktion des Kreises über die Gemeinden. So hat zum Beispiel der Landkreis die Rechtsaufsicht über die Gemeinden. Gibt es jetzt hier ein Problem, könnte es eines geben? – Möglicherweise.
Schauen wir uns einmal an, wie das Ganze aussieht. Wer trifft denn die Entscheidungen über das Personal im Landkreis? Das macht das Hauptorgan, wenn es diese Entscheidungsbefugnis nicht abgetreten hat. Wer ist das Hauptorgan? Das Hauptorgan ist der Kreistag. Wer sitzt im Kreistag? Die Kreisräte und unter ihnen auch hauptamtliche und ehrenamtliche Bürgermeister. Also, Sie sehen, dass hier der Kontrollierte den Kontrolleur kontrollieren soll. Das kann ja nicht funktionieren; das ist klar. Wenn die Rechtsaufsicht ihrer Arbeit nachkommt und vielleicht dem einen oder anderen Bürgermeister zu sehr auf die Füße tritt, dann finden das die Bürgermeister natürlich auch nicht toll. Nun kann man sich zwar einmal einen Gegner leisten. Aber man kann sich vielleicht nicht 13 oder 24 Gegner innerhalb der Kreisratsschaft leisten; denn die Kreistage sind nicht so übermäßig groß. Derarti
Der dritte Punkt. Mit dem Verfahren, wie wir es jetzt haben, ist der Bevorzugung eigentlich Tür und Tor geöffnet, frei nach dem Motto – wir haben es in den Ausschussberatungen ja auch gehört –: Da kann man doch als Bürgermeister für seine Gemeinde im Kreistag richtig etwas machen. Ja, das gilt aber auch umgedreht. Wenn man nämlich nicht im Kreistag ist, kann man für seine Gemeinde eben nichts machen.
Nehmen wir einmal das Beispiel Straßenbau. Der Landkreis oder der Kreistag entscheidet natürlich darüber, welche Straßenbauvorhaben im Landkreis denn umgesetzt werden. Sind jetzt die Bürgermeister und hauptamtlichen Bürgermeister gleichzeitig natürlich Mitglieder im Technischen Ausschuss und im Kreistag, entscheiden sie an dieser Stelle in eigener Sache. Also wird man sich natürlich absprechen und sagen: ach, na ja, mal eine Straße bei mir, dann eine Straße bei dir. Natürlich werden auch andere Gemeinden an die Reihe kommen; so ist es ja nicht. Aber im Zweifel gehen die Bürgermeister, die selber darüber entscheiden, nicht leer aus, und das ist das Problem.