Valentin Lippmann GRÜNE: – Nein. Sie müssen sich als Partei natürlich auch das Verhalten Ihrer Mitglieder zurechnen lassen und das, was da an Auftritten passiert – auch in diesem Hause.
Das lässt regelmäßig Zweifel daran aufkommen, ob Sie hinter der parlamentarischen Demokratie stehen. – Das ist nicht „postfaktisch“. Sie müssen sich als Partei das Handeln Ihrer Mitglieder zurechnen lassen. Das werfen Sie anderen Parteien auch permanent vor.
Dieser permante Versuch, sich mit Einzelfällen herauszureiten, geht mir, gelinde gesagt, auf den Keks. Das hatten wir schon heute Vormittag.
Denn wenn wir schon bei der Ernsthaftigkeit Ihres Anliegens sind, muss ich Sie dann doch an die letzte Plenarsitzung zu diesem Thema erinnern. Ich zitiere ja ungern AfD-Abgeordnete, aber an dieser Stelle muss ich es einmal tun.
Auf meine Feststellung in der 31. Sitzung des Landtags, dass das Problem bei Tasern auch sein könne, dass sie beispielsweise nicht von zwei Beamten gleichzeitig eingesetzt werden dürften, was in Stresssituationen mitunter schwierig sein könne, und dass es in Stresssituationen auch nicht so einfach sei, dann richtig zu zielen, ergeht folgender geistreicher Zwischenruf des Abgeordneten Jörg Urban – ich zitiere aus dem Plenarprotokoll –: „Wenn man eine Nase Crystal drin hat, kann so was schon passieren!“ Danach vermerkt das Protokoll: „Heiterkeit der Abg. Jörg Urban und Uwe Wurlitzer“.
Werte Kollegen von der AfD, abgesehen davon, dass Sie damit implizit die Möglichkeit unterstellt haben, dass sächsische Polizisten Crystal konsumieren, was ich – gelinde gesagt – eine Frechheit finde, wurde dieses Niveau auch einer Debatte, in der es um potenziell tödliche Waffen geht, nicht gerecht. Auch das sind Gründe, die dazu führen, dass wir diesen Antrag schlicht ablehnen werden.
Bei den inhaltlichen Gründen, weshalb meine Fraktion Taser außerhalb von Spezialeinheiten ablehnt, kann ich im Wesentlichen auf meine damaligen Ausführungen verweisen. In gebotener Kürze: Bei einem Taser kann es sich um eine potenziell tödliche Waffe handeln, die dementsprechend einem rigiden Einsatzregime unterliegen muss. Es handelt sich eben nicht, wie Sie es gern hätten, um ein äußerst effektives Mittel körperlicher Gewalt. Faktisch werden Sie bei den Einsatzvoraussetzungen schlussendlich genau bei jenen für Schusswaffen anlangen müssen. Nehmen Sie das doch einmal zur Kenntnis.
Es besteht die erhebliche Gefahr des falschen Einsatzes und die Gefahr von Folgeschäden beim Einsatz in unangemessenen Situationen. Zum Problem der Ausbildung der Beamten hat Herr Kollege Stange schon hinreichend ausgeführt. Zudem sind Sie uns immer noch die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, in welchen konkreten Einsatzsituationen in Sachsen der Taser denn tatsächlich die bessere Wahl gewesen wäre.
Ich sage an dieser Stelle aber auch ganz deutlich in Ihre Richtung, Herr Kollege Fritzsche: Taser bei BFE, die unter anderem bei Versammlungslagen eingesetzt werden,
halte ich für genauso problematisch. Da haben wir es mit Menschenmassen zu tun. Das ist hochsensibel. Davon würde ich dringend abraten.
Ganz kurz zum Thema Bodycams: Was deren Einsatz angeht, ist die Fraktion GRÜNE in Sachsen skeptisch und ablehnend. Grundsätzlich handelt es sich um ein weiteres Überwachungselement gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die mit dem Einsatz der Bodycam noch stärker mit einer schon jetzt existierenden flächendeckenden Videoüberwachung überzogen werden. Ob dieser schwere Eingriff im Verhältnis zu dem vermeintlichen Nutzen steht, wage ich derzeit zu bezweifeln, zumal dies sehr stark von der Ausgestaltung abhängen würde.
Zudem bietet der Einsatz der Bodycam in bestimmten, aber gerade für den Beamten sensiblen Lagen durchaus Probleme. Ich verweise an dieser Stelle in aller Kürze nur auf zwei: Im Bereich des Versammlungsrechts gibt es enge Spezialvorschriften zur Videoüberwachung, bei denen ich Zweifel habe, ob der Einsatz von Bodycams rechtssicher möglich wäre. Bei Lagen im Bereich häuslicher Gewalt, von denen wir wissen, dass es nicht selten zu Angriffen auf Polizisten kommt, dürfte der Einsatz aufgrund der Unverletzlichkeit der Wohnung ebenso kaum möglich sein.
Kurzum: Beide Maßnahmen lehnen wir auch politisch ab. Der Antrag ist zudem grundsätzlich nicht zustimmungsfähig. Somit werden wir mit Nein stimmen.
Das war der letzte Redner in der ersten Rederunde, Herr Kollege Lippmann, und wir treten jetzt in eine weitere ein. Vorher gibt es aber eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Urban zu diesem gerade gehörten Redebeitrag.
Vielleicht ist es auch eine persönliche Erklärung, weil von Herrn Lippmann gerade mein Zitat verwendet wurde. Ich wollte dazu nur noch ergänzen: Als wir diese Debatte hier hatten – –
Dann eine Kurzintervention. – Ich beziehe mich auf den Redebeitrag von Herrn Lippmann, der ein Zitat aus der letzten Debatte zu diesem Thema brachte, als ich gesagt habe, mit Crystal in der Nase kann man sich das wahrscheinlich vorstellen.
Wir hatten damals die Debatte, und Sie hatten vorgetragen, die Polizisten könnten sich mit den Tasern selbst verletzen. In diesem Zusammenhang hatte ich natürlich Herrn Beck vor Augen, weil wir gerade Herrn Beck und sein Crystal-Problem hatten, und ich habe mir vorgestellt: Ja, mit Crystal in der Nase kann man sich das wahrscheinlich so vorstellen, wie man dann herumballert und sich selber trifft. Also, es ging weniger um die Polizisten,
Das war eine Kurzintervention, und jetzt kann Herr Kollege Lippmann darauf reagieren, so er denn will – und er will.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, diese Richtigstellung von Herrn Urban bedarf keiner großartigen weiteren Ergänzung. Er hat gerade implizit das zugegeben, was ich behauptet habe: Er hat in Erwägung gezogen, dass Polizisten aufgrund des Konsums von Crystal sich im Einsatz mit Tasern beschießen könnten. – Danke.
Wir eröffnen jetzt eine weitere Rederunde. Ich eröffne sie. Herr Kollege Wippel spricht für die einbringende AfD-Fraktion.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Diese Heiterkeit ist schon erstaunlich, die durchaus entstehen kann, wenn man gewahr wird, mit welchem Pathos Herr Kollege Lippmann hier vorträgt und sich in voller Inbrunst der Überzeugung als alter Fachmann keine Situation vorstellen kann, in der der Taser der Polizei auf der Straße möglicherweise helfen könnte.
Sie haben natürlich zwei Anträge miteinander vermischt, nämlich den Antrag, den wir das letzte Mal hier hatten – –
Meine Damen und Herren, offensichtlich ist Ihnen allen entgangen, dass es ein Berichtsantrag war, in dem wir den Bericht begehrt haben und nicht den Einsatz. Dass Sie damals natürlich den Antrag nicht richtig gelesen haben und über den Einsatz debattieren, das ist – Entschuldigung – nicht meine Schuld, das Ihr persönliches Problem, da haben Sie Ihre Redezeit wahrscheinlich falsch eingesetzt. Sie hätten auch einfach ohne Debatte zustimmen können; dann hätten wir nämlich nachher keine Große Anfrage zu stellen brauchen.
Dann haben Sie gesagt, der Taser, eine weniger tödliche Schusswaffe, das wäre ja absurd. Da muss ich mit Ihnen einmal einen Ausflug ins Waffenrecht machen oder Ihnen eine Hausaufgabe aufgeben. Schauen Sie bitte einmal hinein, wie der Begriff der Waffe definiert ist; denn auch Spielzeugwaffen, die Sie im Laden bekommen, können durchaus per Definition Schusswaffen sein, und Sie stimmen mir sicherlich zu, dass diese Dinge in aller Regel
nicht tödlich sind, weil sie sonst nicht im freien Verkauf wären. Auch das sind Schusswaffen, und die sind nicht tödlich. So absurd, wie Sie das darstellen, ist es nicht. Absurd ist einfach nur Ihre völlige Freiheit von Sachkompetenz an dieser Stelle.
Dass bei Einsätzen des SEK natürlich nicht so oft die Schusswaffe oder der Taser oder sonstige Hilfsmittel der körperlichen Gewalt gebraucht werden, wie von einem Streifenpolizisten gebraucht wird, Kollege Stange, können Sie sich vielleicht vorstellen.