Hierzu können jetzt die Fraktionen Stellung nehmen. Natürlich hat die einbringende GRÜNEN-Fraktion zuerst das Wort. Das Wort haben Sie, Herr Kollege Zschocke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Staatsregierung hat im November letzten Jahres einen neuen Abfallwirtschaftsplan beschlossen. Dieser wird aus unserer Sicht den Herausforderungen einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft nicht gerecht. Was fehlt, ist eine Strategie. Mit unserem Antrag wollen wir einen Beitrag dafür leisten, dieses Defizit auszugleichen.
Jährlich werden zum Beispiel mehr als eine Million Tonnen gefährlicher Abfälle nach Sachsen importiert. Warum ist das eigentlich so? Das lässt sich sehr gut am Beispiel der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft darstellen. Im Jahr 2005 baute die WEV in Cröbern für 100 Millionen Euro eine der größten Anlagen in Deutschland, die von den Abfällen aus dem Raum Leipzig nicht ausgelastet wird. Dieses Beispiel ist aber symptomatisch für die Abfallwirtschaft insgesamt in Sachsen. Der Leiter der Abfallwirtschaft aus dem Landkreis Bautzen brachte es schon im Umweltausschuss des Landtags – das war im Jahr 2013 – auf den Punkt: „Bei einem Restabfallaufkommen von derzeit 527 Tonnen/Jahr sind die sächsischen Anlagen theoretisch nur zu 64 % mit sächsischem Abfall ausgelastet.“
Unterm Strich steht in Sachsen einer Anlagenkapazität von über 840 000 Jahrestonnen ein stetig sinkendes Aufkommen gegenüber. Allein die Anlage in Cröbern hat 300 000 Tonnen Jahreskapazität. Also könnte dort mehr als die Hälfte des gesamten sächsischen Abfallaufkommens bearbeitet werden. Künftig wird aber ein Abfallauf
kommen in Sachsen erwartet, welches wirklich nur noch 50 % der Kapazitäten der vorhandenen Anlagen auslastet. Sich diesem Problem planerisch nicht zu stellen und sogar so zu tun, als gäbe es diese Überkapazitäten nicht, meine Damen und Herren, ist nicht hilfreich. Denn die Betreiber müssen wirtschaftlich arbeiten.
Deswegen haben sich einige auf Abfälle aus dem Ausland spezialisiert. In Cröbern schickte die WEV deshalb ihren Chef-Akquisiteur nach Italien. Und siehe da:
1 500 Kilometer mit dem Zug nach Sachsen. Sie kennen alle die Geschichte. Aber ich erzähle sie trotzdem, weil Überkapazitäten und Abfallimporte direkt zusammenhängen.
Nun gibt es das Argument, dass es doch besser sei, wenn Müll aus dem Ausland in modernen sächsischen Anlagen nach hohen Umweltstandards behandelt wird. Ja, aber das widerspricht dem Näheprinzip und dem Autarkiegrundsatz. Demnach sollte Abfall in einer der am nächsten gelegenen Anlagen beseitigt werden und möglichst zuerst im Inland. Denn Transporte verursachen Emissionen, Staub. Sie erhöhen aber auch das Risiko, dass gefährliche Substanzen austreten können. Es braucht also eine Strategie, wie die Überkapazität der sächsischen Anlagen schrittweise angepasst werden kann.
Herr Umweltminister Schmidt ist der Auffassung, dies sei keine Aufgabe des Landes, und verweist in der Stellungnahme zum Antrag auf die kommunale Selbstverwaltung. Er schreibt weiterhin, dass von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern auch gar kein Interesse an einer Steuerung der Abfallströme durch das Land geäußert wurde. Ja, aber das stimmt nicht ganz. Die Kreistage, zum
Beispiel von Bautzen und Görlitz, haben mit Beschlüssen schon im Jahr 2013 vom Freistaat ganz deutlich hierfür eine lenkende Rolle eingefordert.
Im Antrag geht es weiterhin um Kontrolle und Abfallüberwachung. Es gab in Sachsen, wie Sie wissen, bereits einige Strafverfahren wegen illegaler Transporte fragwürdiger Behandlungsverfahren oder ungesicherter Ablagerungen. Zudem gibt es häufig Brände in Abfallbehandlungsanlagen. Probleme bei der Abfallüberwachung wurden hier im Landtag im Abfalluntersuchungsausschuss in der letzten Legislaturperiode untersucht und auch sichtbar. Sie wurden im Bericht für alle nachlesbar dokumentiert und in den Minderheitenvoten, die zum Bericht gehören, bewertet. In Cröbern zum Beispiel wurden 18 Monate lang mit falsch deklariertem Hausmüll aus Neapel enorme Gewinne gemacht.
Der Umweltminister schreibt: Ja, das war so, aber das haben die staatlichen Behörden aufgeklärt. Ja, aber eben nicht die sächsischen. Die italienische Polizei hat bei groß angelegten Ermittlungen damals den Chefakquisiteur aus Cröbern erwischt. Dann hat das BKA ermittelt, und erst dann wurde in Sachsen jemand aktiv. Die Kontrollprobleme, die wir hier in Sachsen haben, die auch durch die schlechte Personalausstattung in den Behörden entstehen, werden aus unserer Sicht zu sehr ignoriert. Herr Schmidt, Sie verweisen lieber auf das elektronische Kontrollsystem. Ja, das ist eine wichtige, eine notwendige, aber leider nicht hinreichende Bedingung; denn darin stehen nur die Eigenangaben der Unternehmen. Ohne wesentlich mehr unangekündigte Kontrollen mit behördlichen Messungen wissen Sie nicht, ob die Unternehmensangaben tatsächlich stimmen. Fragen Sie einmal den Finanzminister. Ohne Betriebsprüfung vor Ort sinkt die Steuermoral. Wir brauchen auch im Abfallbereich ein effektives Kontrollsystem mit wesentlich mehr Vor-Ort-Kontrollen, als das bisher geschieht.
Im neuen Abfallwirtschaftsplan existieren auch keine Aussagen über die Wirksamkeit bisheriger Maßnahmen, insbesondere zur Abfallvermeidung und zum Recycling. Im Abfallplan von 2010 gab es dazu eine ganze Reihe konkreter Vorschläge zum Beispiel zur Wiederverwertung oder zur Wiederverwendung von Gütern oder auch zur Produktgestaltung, dass Produkte so gestaltet und designt werden, dass Abfälle von vornherein vermieden werden. Es gab Vorschläge zur Bioabfallnutzung, zur Kaskadennutzung. Für eine sinnvolle Fortschreibung wäre es notwendig gewesen, einmal zu analysieren und zu wissen, inwiefern all die im letzten Abfallwirtschaftsplan aufgeführten Ziele erreicht wurden.
Leider wird das vom Umweltministerium nicht analysiert, und auch hier sagen Sie, Herr Schmidt: Das ist ja gesetzlich nicht vorgeschrieben. Aber, meine Damen und Herren, einmal ehrlich: Muss es denn immer eine gesetzliche Vorschrift geben, um die eigenen politischen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen? Wir glauben das nicht. Unser Antrag gibt Ihnen die Möglichkeit, dies hier noch nachzuholen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Deutschen sind Weltmeister. Ja, logisch, im Fußball. Eigentlich sind ja nur die Mitglieder der Nationalmannschaft Weltmeister. Aber in diesem Fall nehmen wir das große Wir doch alle gern an. So gesehen sind wir auch Weltmeister in vielen anderen Disziplinen, zum Beispiel in der Formel 1. Wir sind auch Weltmeister der Brotvielfalt. Mehr als 300 Sorten gibt es bei uns.
Und wir sind Weltmeister der Mülltrennung. In einer Zeitungsmeldung ist zu lesen: 44 Millionen Tonnen Müll sortieren wir in Deutschland pro Jahr fein säuberlich in verschiedene Container und Tonnen. Das ist spitze, weltmeisterlich eben. Doch halt! Bevor wir uns zufrieden auf die Schulter klopfen – der ganze Müll, den wir fein säuberlich sortieren, wird auch produziert, und zwar von uns. So weltmeisterlich sind wir also wiederum nicht. Wir sind jedenfalls noch nicht Weltmeister in der Müllvermeidung.
Sehr geehrte Damen und Herren! Insoweit kann ich für meine Fraktion zumindest für den ersten Teil der Überschrift Zustimmung geben. Wir müssen uns weiterhin bemühen, dass die Produktion von Abfällen weiter reduziert wird, damit der Abfall gar nicht erst entsteht bzw. wieder getrennt werden muss; denn diese Trennung ist durchaus umstritten. Im Gelben Sack wird alles gemischt gesammelt und dann in den Sortieranlagen mühsam noch einmal getrennt. Die Folge ist außerdem, dass fast die Hälfte des auf diesem Weg gesammelten Abfalls am Ende doch verbrannt wird. Das scheint weder ökologisch noch ökonomisch zu sein.
An dieser Stelle könnte von Politik und der Gesellschaft sicher mehr getan werden. Hier sehen auch wir noch erhebliche Einsparpotenziale. Ob dies allerdings per Order di Mufti gegenüber dem Handel passieren kann, scheint zumindest fraglich. Deshalb ist dies auch als Ziel im Abfallwirtschaftsplan des Freistaates Sachsen festgeschrieben worden. Ziel der Staatsregierung ist es, die Erzeugung von Abfällen zu vermeiden, Abfälle als Ressource zu nutzen sowie Abfälle ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt zu bewirtschaften.
Sehr geehrte Damen und Herren! An dieser Stelle hören die Gemeinsamkeiten mit dem Inhalt Ihres Antrages aber ganz schnell auf. Was dann noch unter den Punkten 2 bis 6 kommt, hat mit der Wirksamkeit des Abfallwirtschaftsplanes und der Abfallvermeidung nichts bis gar nichts zu tun. Es handelt sich wieder einmal um eine ideologisch geprägte Abfallpolitik, die seit Jahren versucht, eines der modernsten und saubersten Abfallwirtschaftssysteme
Heute nennt man das neudeutsch „alternative Fakten“ oder „Fakenews“. Ich nenne das ganz einfach Unfug, und in der Schule würde man sagen: Note 6 – bitte setzen Sie sich.
Dass dies tatsächlich so ist, möchte ich nun begründen. Uns als CDU bleibt damit keine andere Wahl, als Ihren Antrag abzulehnen.
Sehr geehrte Damen und Herren! In der letzten Legislaturperiode hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, im sogenannten Abfalluntersuchungsausschuss Mitglied sein zu dürfen. Im Mai 2014 legte dieser nach unzähligen intensiven Zeugenanhörungen und langen Debatten einen sehr umfangreichen Abschlussbericht vor. Mein Kollege Jan Hippold sagte in der damaligen Abschlussdebatte im Landtag Folgendes:
„Außer Spesen nichts gewesen. Es gibt aus Sicht des Untersuchungsausschusses nach den Anhörungen zahlreicher Zeugen keinerlei Hinweise darauf, dass die staatlichen und kommunalen Behörden in Sachsen nicht die ihnen zugewiesenen Aufgaben zur Zufriedenheit und entgegen der zahlreichen europa-, bundes-, landes- und kommunalrechtlichen Vorschriften erledigt hätten. Es gibt auch keinerlei Hinweise darauf, dass bei Kenntnis von Missständen staatliche und kommunale Behörden, soweit erforderlich, nicht unverzüglich eingegriffen hätten, um diese Missstände zu beheben. Alle eingeleiteten Strafermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter von staatlichen und kommunalen Behörden wegen angeblichen Behördenversagens wurden mangels Tatverdacht vonseiten der Staatsanwaltschaft eingestellt.
Bezogen auf den Untersuchungskomplex sogenannter Italienabfälle ist festzuhalten, dass nach Bekanntwerden von Verstößen gegen die Genehmigung beim Import dieser Abfälle entsprechende Anzeigen bei den Ermittlungsbehörden erstattet wurden. Anschließend wurde durch das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft die Überwachung dieser Abfallströme im Freistaat Sachsen per Erlass klargestellt. Mit Blick auf das bereits in der vergangenen Woche vor dem vorgelegten Abschlussbericht präsentierte Minderheitenvotum stelle ich fest, dass GRÜNE und LINKE ohne jedwede Hinweise der Staatsregierung unterstellen, alles getan und gleichzeitig unterlassen zu haben. So soll die Staatsregierung zu Beginn des Ablagerungsverbotes unbehandelter Siedlungsabfälle ab dem Jahr 2005 Warnungen vor entstehenden Überkapazitäten ignoriert haben. Im nächsten Atemzug wird hingegen bemängelt, dass es im gleichen Zeitraum unterlassen worden wäre, den Bau neuer Anlagen der Abfallbehandlung zu fördern, die dann zu Überkapazitäten geführt hätten. Wie man daraus dann auch noch den Schluss ziehen kann, dass diese im Jahr 2005 zu einem Entsorgungsnotstand geführt haben soll, bleibt mir schlei
Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Zitat könnte ich meine Rede eigentlich beenden; denn die Rede meines Kollegen Hippold könnte heute im Detail noch einmal an dieser Stelle gehalten werden; denn die damalige Rede geht kurz und bündig auch auf die heute erneut auf der Tagesordnung gesetzten haltlosen Vorwürfe und Anschuldigungen ein.
Nichts hat sich geändert. Es sind keine neuen Informationen hinzugekommen. Keine der unter Nr. 2 bis 6 aufgezählten Anschuldigungen oder Versäumnisse werden dadurch besser oder richtiger. Der Untersuchungsausschuss-Abschlussbericht hat an mehreren Stellen ausführlich und nachvollziehbar feststellen können, dass an diesen Vorwürfen nichts dran ist.
Zusammengefasst bedeutet dies erstens tatsächlich: Sachsen hat eines der modernsten Entsorgungskonzepte in Deutschland. Zweitens: Die Entsorgungsunternehmen und deren Anlagen werden umfassend kontrolliert. Drittens: Die Behörden erfüllen ihre Aufgaben gewissenhaft und ordnungsgemäß. Viertens: Verstöße gegen Vorschriften wurden und werden geahndet. Fünftens: Eine Überdimensionierung der Anlagen kann nicht durch das SMUL beeinflusst werden. Zudem kann von einer Überdimensionierung nicht gesprochen werden.
Im Namen meiner Fraktion und der vielen fleißigen, auf der Grundlage von Recht und Gesetz agierenden Mitarbeiter in der Abfallverwaltung sowie in zahlreichen Abfallentsorgungsunternehmen weise ich Ihre Anschuldigungen aufs schärfste zurück.
Alle genannten Missstände sind in 99 % der Fälle nicht existent bzw. konnten seitens der Opposition im Untersuchungsausschuss nicht nachgewiesen werden. Ja, natürlich gibt es auch schwarze Schafe wie in jeder anderen Branche auch; das wird sich nie vermeiden lassen. Allerdings sind dies Ausnahmen und daher nicht würdig, hier genannt zu werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Am Schluss meiner Rede noch einige Worte zu Punkt 4 Ihrer Forderungen. Wie bekannt ist, bin ich nebenbei noch Bürgermeister einer kleinen, ländlich geprägten Gemeinde. Hier haben die meisten Einwohner ein Eigenheim mit Garten, wo man Gemüse und Obst anbaut, Kaninchen und Hühner züchtet. Jeder Einwohner macht seinen eigenen Haufen im Garten. Im Gegensatz zu Herrichts damaliger Antwort bleibt der Garten nicht sauber. Dieser Kompost wird zur vollbiologischen Produktion neuer Pflanzenerde genutzt. Damit bleibt der Bioabfall im Dorf – und dort sollte er auch bleiben. Lassen wir also die Kirche im Dorf!
Eine flächendeckende Umsetzung der Kaskadennutzung von Bioabfällen kann daher weder gewollt sein noch in die Realität umgesetzt werden. Noch eine weitere Tonne, noch mehr Bürokratie, noch mehr Aufwand – und das auf dem Land! Nicht mit uns!
Sehr geehrte Damen und Herren! Bitte verstehen Sie mich an dieser Stelle nicht falsch: Wer das so möchte, soll es gern tun. Aber zur Pflicht machen kann man es nicht. Es soll weiterhin Bioabfall-Sammlungen geben, der Grünschnitt soll weiterhin zentral eingesammelt und anschließend im Kaskadensystem verwertet werden können. Wenn man aber auf dem flachen Land zu weit geht, schwindet die Akzeptanz und es wird mehr Frust produziert, als man Gutes erreicht. Daher Finger weg von einer landesweiten Pflicht!
Sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie sehen können, ist Ihr Antrag leider wieder einmal nicht zustimmungsfähig. Entgegen aller Aussagen des Untersuchungsausschuss-Abschlussberichts werden immer wieder die gleichen unwahren Behauptungen vorgetragen. Immer wieder werden die gleichen Behauptungen deswegen nicht wahrer.
Deshalb appelliere ich an Sie: Halten Sie Abstand davon, solche Anträge im Plenum zu diskutieren. Im Interesse einer interessanten Debattenkultur hier im Plenum und zur Vermeidung hundertfacher Wiederholungen sage ich: Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen.