Protokoll der Sitzung vom 16.03.2017

Man betrachtet beim Granit nur eine technische Barriere, wo es nicht einmal einen Behälter gibt, von dem man sagen kann, dass er für Tausende, geschweige denn für eine Million von Jahren hält. Das Kriterium gibt es nur im Granit.

Wir fordern keineswegs, dass der Freistaat Sachsen von der Landkarte verschwindet.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, tritt erneut ans Saalmikrofon.)

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte weiter ausführen.

Sie möchten keine Zwischenfrage.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Ich muss mich auch nicht mehr erheben?)

– Doch, bitte.

Ich habe Sie gerade gefragt.

Jetzt haben Sie mich sowieso unterbrochen, da können Sie auch fragen.

Ich war schon eher aufgestanden, aber das Kollegium da vorn hatte mich nicht gesehen.

Ich wollte Sie eigentlich fragen, ob Sie wissen, warum das Kriterium mit den 100° C jetzt von den Wissenschaftlern so diskutiert wird.

(Frank Kupfer, CDU: Das ist vollkommen unerheblich, es geht um die Gleichbehandlung!)

Ich hatte vorhin in meiner Kurzintervention darauf hingewiesen, warum Herr Prof. Kudla die Diskussion um die Veränderung von 200° C auf 100° C eröffnet hat.

Für mich ist das nicht die entscheidende Frage, die hier in einem wissenschaftlichen Vortrag zu unterlegen ist. Für mich ist die Frage, dass damit die Salzstandorte eine Gleichbehandlung gegenüber den anderen Standorten erhalten haben.

(Beifall bei der CDU)

Im Kristallinen ist das aber nicht der Fall. Man kann diese technische Barriere mit betrachten, das sogenannte Behälterprinzip, dann aber bitte überall und nicht nur im Kristallinen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte noch einmal entschieden zurückweisen, dass wir als Sächsische Staatsregierung hier nach dem SanktFlorian-Prinzip handeln. Ganz im Gegenteil, wir wollen nur eine Gleichbehandlung. Wenn man beim Auswahlprozess kristalline Formationen findet, die den Kriterien entsprechen, dann ist natürlich selbstverständlich auch in Gegenden mit kristallinen Gebirgsformationen ein Endlager möglich.

Zeigen Sie mir ein Sondervotum oder irgendwelche Erklärungen, in denen ich gesagt habe, dass wir das nicht in Sachsen wollen. Wir wollen nur eine Gleichbehandlung über alle geologischen Formationen und weiter nichts.

(Beifall bei der CDU)

Möchten Sie jetzt noch eine Zwischenfrage beantworten, Herr Staatsminister? – Bitte.

Sehen Sie die Möglichkeit, dass man vielleicht im Zuge der Diskussionen, nachdem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Erkunden angefangen haben, doch dazu kommt, zum Beispiel bei Salzstöcken, wo wir die Probleme mit den Wassereinbrüchen bei der Asse kennen, über eine technische Behälterlösung zu reden?

(Frank Kupfer, CDU: Das spielt doch alles gar keine Rolle!)

Wir sprechen über die Kriterien, die im Auswahlgesetz formuliert sind.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Die lassen sich aber ändern!)

Bei dem Auswahlprozess kann man natürlich, wenn man Schritt für Schritt vorgeht, zuerst nach geologischen Barrieren suchen, die die Sicherheit über einen sehr langen Zeitraum von vielleicht sogar einer Million Jahre gewährleisten. Wenn man da keine findet, muss man nach Standorten suchen, bei denen eine technische Barriere zusätzlich möglich ist. Das ist der Auswahlprozess.

Dieser Prozess verläuft übrigens wie folgt: Zuerst werden auf Basis der vorhandenen Daten sechs bis zehn Standorte ausgewählt. Dann werden diese oberirdisch untersucht, danach unterirdisch. Dann werden an zwei auszuwählenden Standorten Bergwerke niedergefahren. Aus diesen beiden Standorten wird am Ende einer für das Endlager ausgewählt. Dem versperren wir uns nicht. Ganz im Gegenteil, wir sind der Meinung, dass das Gesetz zur Standortsuche durchaus ausgewogen ist.

Wir kritisieren lediglich, dass bei einer wissenschaftlichen Suche, die Sie, Herr Mann, auch fordern, gleiche Kriterien angesetzt werden müssen. Das ist nicht der Fall.

(Beifall bei der CDU)

Den Vorwurf bezüglich des Sankt-Florians-Prinzips möchte ich zurückweisen. Es ist auch so, Herr Zschocke – Frank Kupfer hat es schon mehrfach angesprochen –, dass im AkEnd die kristallinen Formationen als Endlager nicht weiter betrachtet wurden. Darin saßen nur Wissenschaftler. Das war überhaupt nicht politisch motiviert. Auf politischen Druck – auch aus Ihrer politischen Richtung heraus – ist Kristallin wieder hereingekommen. So herum war es nämlich.

(Beifall bei der CDU – Frank Kupfer, CDU: Genauso war es!)

In der Endlagerkommission ist es – im Gegensatz zu dem, was Sie hier fälschlicherweise dargestellt haben – nie herausgenommen worden. Die ganze Zeit ist in der Endlagerkommission Kristallin mit betrachtet worden. Das ist auch im Bericht enthalten. Auf dieser Basis ist das Standortauswahlgesetz beschlossen worden. Auch das war in Ihrer Aussage falsch.

Wir werden in der uns noch zur Verfügung bleibenden Zeit natürlich auch auf Bundesebene weiter darauf hinwirken, dass verschiedene Kriterien doch noch überdacht werden. Dazu zählt auch das Thema Veränderungssperre. Es ist klar, dass wir das auch versuchen werden. Dort fehlt uns in gewissen Bereichen die Unterstützung. Ich hatte mir diese durch die Diskussion hier im Landtag erhofft. In Teilen bin ich Ihnen sehr dankbar, dass wir die Unterstützung bekommen haben, leider nicht vollumfänglich.

Das Thema Rossendorf ist eine Folge der Herangehensweise an das Auswahlgesetz und schon in der Endlagerkommission. Das Exportverbot schränkt am Ende den Export von Brennstäben aus Forschungsreaktoren ein, außer in Jülich in Nordrhein-Westfalen, außer in Garching in Bayern. Die sächsischen Brennstäbe sind davon nun einmal betroffen. Aufgrund eines Fehlers – nennen wir es einmal so – im Einigungsvertrag müssen wir das Ganze auch noch finanzieren. Auch hier fordern wir keine Sonderbehandlung, sondern eine Gleichbehandlung.

Frau Dr. Pinka, dass hier ein Forschungsinstitut, ein Helmholtz-Zentrum als angebliche Kompensation für die Brennstäbe eingerichtet worden ist, ist schon sehr weit hergeholt. Wir haben noch viele andere Forschungsinstitute, nicht nur in Sachsen, sondern auch darüber hinaus, die der Bund mitfinanziert. Wenn Sie das in einen Topf werfen, vergleichen Sie wirklich Dinge, die man nicht vergleichen darf.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Zur Thematik Brennstäbeexport aus Rossendorf wird meine Kollegin Frau Stange noch einige Ausführungen machen.

Ich möchte an dieser Stelle klarstellen, dass wir die ganze Zeit in sehr engem Kontakt waren. Wir schreiben das nicht jedes Mal in die Zeitung, haben aber eng zusammengearbeitet. Da gibt es überhaupt keine Frage. Es gab dabei auch in der Staatsregierung ein ganz enges Miteinander. Dafür herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Die beiden Staatsminister teilen sich in die 10 Minuten. 3 Minuten sind jetzt noch übrig. Bitte, Frau Staatsministerin Dr. Stange.

Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nichts bringt so viel Aufregung wie Kernbrennstäbe oder Kernstrahlung, wie auch immer. Ich habe wenig Zeit, etwas dazu zu sagen. Ich will nur eine Anmerkung machen.

Ich finde es ganz prickelnd, dass Bundestag, Landtage und wer auch immer über Dimensionen von einer Million Jahre entscheiden. Mir wäre es schon ganz recht, wenn wir die nächsten zehn Jahre im Blick hätten. Deswegen komme ich zu dem Thema Exportverbot.

Herr Zschocke, ich habe nicht ohne Grund zwischengerufen, dass Sie vielleicht das Jahr sagen sollten, aus dem dieser Brief stammt. Dieser Brief ist mit Sicherheit zehn Jahre alt. Damals war ich auch in Verantwortung, und wir haben in der Zeit einen Export gemacht. Damals haben übrigens die GRÜNEN mit Ausnahme eines Kollegen bei Ihnen nicht dagegen protestiert. Zu diesem Zeitpunkt sind wir noch davon ausgegangen, dass es bis 2036 geschafft wird, tatsächlich einen Endlagerstandort in Deutschland zu etablieren.

Das hat sich in den letzten Jahren als nicht machbar erwiesen. Im Jahr 2010 wurde zum letzten Mal der Versuch unternommen – leider ohne Zustimmung des BMU, des Bundesministeriums für Umweltschutz –, der aber gescheitert ist, entsprechend einem Vertrag mit der Atomenergiebehörde – nicht nur mit Russland, Amerika und Deutschland, sondern auch die Atomenergiebehörde war daran beteiligt – noch exportieren zu können. Dieser Vertrag ist jetzt noch einmal bis 2024 verlängert worden. Wir hätten also noch die Chance, auf der Grundlage dieses Vertrages zu exportieren.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Zur nochmaligen Beruhigung: Ich nehme Sie gern mit zum VKTA und wir lassen uns dort noch einmal vor Ort zeigen – was ich damals ebenfalls gemacht habe –, dass die Wiederverwendung der bestrahlten Kernbrennstoffe auch in Majak unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde erfolgt.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Bitte schätzen Sie ab, was das eine und das andere bedeutet, deshalb thematisieren wir das, und deshalb bin ich hier auch etwas leidenschaftlich. Wir sprechen über das

Jahr 2036, nicht über eine Million Jahre. Wir müssten im Jahr 2020 beginnen, die Genehmigungen einzuholen, um hier ein Zwischenlager einzurichten. Ab dem Jahr 2020 müssten wir die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Die ersten Schätzungen sagen, es seien mindestens 150 Millionen Euro.

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