Protokoll der Sitzung vom 11.04.2017

Antrag der Fraktion AfD

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion AfD das Wort. Das Wort ergreift Herr Kollege Hütter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor circa 14 Tagen erschien das Buch „Inside Islam“ von Constantin Schreiber. Konstantin Schreiber hat sich die Arbeit gemacht, insgesamt 13 Moscheen und Gebetsräume in ganz Deutschland aufzusuchen und sich vor allen Dingen mit den Reden, die dort gehalten worden sind, auseinanderzusetzen. Er spricht hervorragend arabisch und ist zu dem Schluss gekommen, dass es einige Fragen aufwirft, was in diesen Moscheen gepredigt wird.

Was genau wird gepredigt? Wie viele Gemeinden gibt es in Deutschland überhaupt? Wer finanziert sie? Welche Kontakte haben diese Moscheen und Gebetsräume ins Ausland? Diese Fragen stellen sich nicht nur in Köln, Bremen, Dortmund und Hamburg. Nein, es reicht schon ein Blick nach Pirna, Riesa oder Meißen, um fragwürdige Netzwerke und Auslandskontakte ausfindig zu machen.

Dort betreibt die sogenannte Sächsische Begegnungsstätte SBS unter anderem Gebetsräume. Wenn man sich mit SBS im Internet auseinandersetzt und danach googelt, hat man als ersten Treffer die Internetseite der SBS. Dort heißt es: Die SBS ist eine multikulturelle Begegnungsstätte für alle Menschen, unabhängig von ihrer Ethnie, Nationalität, Religion und Sprache. Ihr Ziel ist es, eine Verbindung zwischen der alteingesessenen Bevölkerung und den Migranten auf lokaler und regionaler Ebene herzustellen und einen aktiven Beitrag für ein besseres, friedliches Miteinander zu schaffen.

Sie betreibt unter anderem in Dresden, Leipzig, Meißen, Pirna, Zittau und Görlitz Gebetsräume. In Pirna und Görlitz hat sie Eigentum erworben; sie ist weiter auf Expansionskurs. – Das hört sich zunächst harmlos an –

Mieten, Kaufen, Pachten ist als solches ja nichts Verbotenes.

Sucht man aber weiter im Internet, so kommt man schnell auf gegenläufige und sehr interessante, eher schon besorgniserregende Artikel. Ich zitiere von mdr.de: „Muslimbrüder kaufen sich in Sachsen ein. Das Sächsische Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet einen zunehmenden Einfluss der radikal-islamischen Muslimbruderschaft in Sachsen. Laut Verfassungsschutzpräsident Gordian Meyer-Plath nutzt die Bruderschaft den Mangel an Gebetsstätten in Sachsen, um ihre Vorstellungen eines politischen Islam zu verbreiten und ankommende Flüchtlinge in Strukturen zu integrieren. Dies geschehe über Einrichtungen wie die Sächsische Begegnungsstätte SBS.“

Ich zitiere weiterhin: Verbindung zu Muslimbruderschaft – schwere Vorwürfe in der ZDF-Sendung „Frontal 21“ gegen Dresdner Muslime: Reicht der lange Arm der Muslimbrüder bis Dresden? – Ja, sagt der in Kairo geborene deutsch-ägyptische Politologe Hamed Abdel-Samad.

Weiter von sz-online: Islamische Organisation widerspricht Verfassungsschutz. In einem offenen Brief an Riesas OB räumt die SBS ein, bei einem Logo sehr ungeschickt gehandelt zu haben.

Weiterhin aus der „Sächsischen Zeitung“: Wir lassen uns nicht manipulieren. Die Verbindung zwischen SBS und den Muslimbrüdern wird auch unter Muslimen in Riesa kritisch diskutiert.

Weiterhin aus der „Frankfurter Allgemeinen“: Verfassungsschutz warnt vor Muslimbrüdern in Ostdeutschland. Die Muslimbruderschaft gibt sich in Deutschland weltoffen und tolerant. Der Verfassungsschutz warnt jedoch, dass die Organisation in Sachsen und Thüringen demokra

tiefeindliche Strukturen aufbaut. Ziel sei die Durchsetzung eines politischen Islam.

Nächstes Zitat von Cicero Online: Integration als Sünde: Der Moschee-Islam verhindert die Integration der Muslime in Deutschland.

Weiterhin von mdr.de: Beratungsstelle KORA wird in Sachsen aktiv mit einer Personalstelle und 200 000 Euro Budget. – Frau Petra Köpping, ich weiß nicht, was Sie damit bewirken wollen.

(Staatsministerin Petra Köpping: Das erzähle ich Ihnen noch! – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Jedoch stehe ich der Sache sehr positiv gegenüber, da wir ja 2014 auch als AfD schon gefordert haben, dass wir uns auch um den religiösen Extremismus in Sachsen kümmern müssen. – Es wäre schön, wenn Sie mich zu Ende reden ließen, Herr Lippmann, dann wäre klar, worauf ich hinauswollte.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das ist verlogen, was Sie machen!)

Ja, natürlich, indem ich das zitiere, was die Medien bringen, ist es verlogen. Wahrscheinlich ist es für Sie sogar noch Hetze, Herr Lippmann.

Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Kollege Hütter.

Gut, ich werde in der zweiten Runde weiter darauf eingehen.

(Beifall bei der AfD)

Die zweite Aktuelle Debatte ist durch die einbringende AfD-Fraktion eröffnet; es sprach gerade Herr Kollege Hütter. Es geht jetzt weiter mit CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE; Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die CDU spricht Herr Kollege Hartmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Laie staunt – der Fachmann schweigt betroffen. Herr Hütter, so ganz war das Ziel Ihrer Reise nicht erkennbar; aber Sie haben sicherlich in der zweiten Runde Gelegenheit, uns noch etwas mehr teilhaben zu lassen.

In der Tat ist es so, dass wir uns auch in Sachsen mit den Herausforderungen des politischen Islam, mit Islamisten auseinandersetzen müssen. Wir müssen konstatieren, dass aktuell eine ganze Reihe von Aktivitäten der Muslimbruderschaft auch in Sachsen stattfinden. Nicht nur der Einfluss in Moscheen, in islamischen Gemeinden – auch der Erwerb von Immobilien gehört dazu. Zu Recht weist an der Stelle der Sächsische Verfassungsschutz und ihr Präsident auf die Problemstellung und die Gefahren hin – insbesondere auf die Gefahren einer politischen Einfluss

nahme des Islam. Dabei spielt auch die sächsische Begegnungsstätte SBS eine Rolle.

Die Muslimbruderschaft versucht Einfluss auf muslimische Zentren zu erlangen, und sie versucht es auch über finanzielle Mittel, deren Herkunft zweifelsohne oftmals auch im arabischen Raum zu suchen ist. Sie versucht es auch mit freundlichen, wohlgesinnten, aber hervorragend geschulten Persönlichkeiten.

Im Übrigen ist diese Problemstellung auch in den muslimischen Gemeinden sehr bekannt. Sie sorgt nämlich auch da für sehr viel Unruhe und Verunsicherung. Das herauszuarbeiten ist das Wesentliche bei dieser Debatte, in der wir über Religionsfreiheit und den Islam reden und in der wir über politische und fanatisch-religiöse Strukturen von Islamisten sprechen. Das ist für diese Debatte nicht ganz unwesentlich,

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Markus Ulbig)

insbesondere, da nämlich ein Teil der Muslime, die in unserem Land leben, genau vor solchen politischen islamistischen Strukturen geflohen ist.

In der Debatte ist es ganz schwierig, den Spannbogen zu ziehen von einer sehr gemäßigten, rein religiös unserer Glaubensfreiheit entsprechenden Bewertung islamischer Gemeinden über Muslimbruderschaften, bis hin zu ISStrukturen. Die Muslimbruderschaft strebt die schrittweise Umgestaltung aller arabischen Staaten islamistischer Prägung an. Es ist eine am Koran und der Sunna orientierte Staatsordnung. Dies gilt im Übrigen auch für Länder, in denen sunnitische Muslime leben. Die Muslimbruderschaft setzt aber – das kann man vor allem in der arabischen Welt sehr gut sehen – auf die Strategie der Einflussnahme in religiöse, politische und gesellschaftliche Bereiche.

Es handelt sich, wenn wir es auf Deutschland beziehen, um kein rein sächsisches Phänomen – wir beobachten es im gesamten Bundesgebiet; wir beobachten es auch in anderen europäischen Staaten. Nicht ohne Grund hat auch das Bundesamt für Verfassungsschutz auf diese Problemstellung hingewiesen. Laut dem Verfassungsschutz zählen die Muslimbrüder zu den sogenannten Legalisten. Das ist auch wichtig für die Bewertung. Legalisten sind Mitglieder islamischer Organisationen in Deutschland, die bestrebt sind, über islamistische Ideologie ihre Vorstellungen von Gesellschaft und Leben auf legalem Wege durchzusetzen – in Deutschland unter anderem über die Islamische Gemeinschaft in Deutschland e. V. Das ist ganz klar auch in den Strukturen zu trennen.

Allerdings – das bleibt hervorzuheben – sind die Ziele der Muslimbruderschaft mit unseren freiheitlich-demokratischen Werten, mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der AfD)

Zentrale Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung wie Religionsfreiheit oder Geschlechterfreiheit werden abgelehnt.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird auch die Muslimbruderschaft, werden auch deren Strukturen zu Recht durch den Verfassungsschutz beobachtet. Das Landesamt für Verfassungsschutz unterstützt an dieser Stelle auch die Sensibilisierung im Umgang mit den Muslimbruderschaften. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt auch für meinen zweiten Redebeitrag: Wir müssen auf der einen Seite einen verantwortungsvollen Umgang mit muslimischen Gemeinden, ihren Problemstellungen und Herausforderungen suchen – bis hin zu der Frage, wie wir auch für die Ausübung der Religionsfreiheit Räume schaffen können – und auf der anderen Seite müssen wir auch ganz klar über die Trennung von den islamistischen Strukturen, zu dem Einfluss der Muslimbruderschaft in Sachsen und in Deutschland sprechen, so wie wir auch die Frage der Finanzierbarkeit anders klären müssen.

Dazu gehört auch, meine sehr geehrten Damen und Herren – und damit schließe ich meinen ersten Redebeitrag –, dass wir uns darüber bewusst werden, was freie Religionsausübung ist und was islamistische Gefahr für unsere Gesellschaft bedeutet.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das war Kollege Hartmann, CDU-Fraktion. Jetzt spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Richter.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zum Einstieg in diese Debatte einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Ich will nicht auf einzelne Strukturen, Gruppen oder Ähnliches eingehen, sondern auf Demokratie in dem Zusammenhang, wie es im Debattentitel steht.

Sie haben in der ersten Runde eine Reihe von Zeitungszitaten gebracht; aber was am Ende gefehlt hat, sind Vorschläge zum Umgang. Der Debattentitel ist „Keine Begegnungsstätten für Demokratiefeinde – Asylsuchende und deutsche Staatsbürger vor Islamisten schützen“. Als ich den Titel las, habe ich mich ziemlich gewundert: Ausgerechnet Sie von der AfD wollen Asylsuchende vor Islamisten schützen?

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der beste Schutz für Menschen, die zu uns fliehen, vor den Fängen bzw. dem Einfluss der Islamisten ist das deutsche Asylrecht. Der übergroße Teil der Menschen, die zu uns kommen, flieht genau vor einer Situation bzw. aus einer Region, in der Islamisten die Oberhand haben. Deswegen ist die Debatte, die Sie hier führen wollen, eine unehrliche; denn es geht Ihnen nicht um Geflüchtete und Asylsuchende – das ging es Ihnen noch nie –, erst recht nicht um deren Würde und deren körperliche Unversehrtheit.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Was macht eigentlich Demokratie aus? Die Bekämpfung von menschenfeindlichen Einstellungen, von Ausgrenzung, von religiöser und politischer Gewalt erfordert eine Debatte mit zwei wesentlichen Strängen. Der eine Strang betrifft die Aufrechterhaltung des demokratischen Rechtsstaates, das heißt, wir dürfen Freiheit und Demokratie nicht zulasten eines Sicherheitsgefühls schleifen. Auch den zweiten Strang finde ich sehr wichtig – darauf will ich jetzt näher eingehen –: die Notwendigkeit einer engagierten und gefestigten Zivilgesellschaft. Genau darauf kommt es an. Nur dort, wo eine starke, zivilisierte Bürgerschaft existiert und sich in gesellschaftliche Prozesse einbringt, finden Leute, die sich gegen ein friedliches, gegen ein demokratisches, gegen ein solidarisches Miteinander stellen, keine Anknüpfungspunkte.

Grundsätzlich muss man davon ausgehen, dass niemand als Demokratie- oder Menschenfeind geboren wird. Menschen werden dazu gemacht – durch das Umfeld, in dem sie leben, oder durch sonstige Umstände. Andererseits finden demokratiefeindliche Vorstellungen und menschenfeindliche Einstellungen dort besonders guten Nährboden, wo sich die Demokratie zurückzieht. Das ist meiner Ansicht nach der Punkt.

Deswegen ist es wichtig, dass diese Gesellschaft allen Menschen, die hierherkommen, die hier leben, gleichermaßen anbietet, sich in Diskussionsprozesse und in die Entwicklung dieses Landes einzubringen, und zwar mit all ihren Unterschieden und all ihren Vorstellungen. Es ist Aufgabe des Staates, diese Möglichkeiten für Partizipation und Teilhabe zu schaffen. Deswegen finde ich den Vorschlag von Frau Ministerin Köpping gut, interreligiöse Runde Tische in den Landkreisen einzurichten. Das ist ein erster wichtiger Schritt, ein wirklicher Beitrag zum richtigen Umgang mit Menschen, die zu uns kommen.

Wir LINKE haben ein anderes Menschenbild als Sie von der AfD; das ist vollkommen klar. Wir haben die Vorstellung von einer offenen und demokratischen Gesellschaft. Dafür bieten Sie keinerlei Ideen an. Sie haben auch keine Idee vorgetragen, wie die Menschen, die das Bedürfnis nach Religionsausübung haben – manche Menschen wollen Religion ausüben, auch die muslimische Religion –, dabei unterstützt werden können. Für diese Menschen machen Sie keinerlei Angebot. Das überlassen Sie anderen.

(Carsten Hütter, AfD: Darum geht es doch gar nicht! Es geht um die Art der Predigten, die dort gehalten werden!)