Protokoll der Sitzung vom 12.04.2017

Das reicht gerade für einfache Anwendungen im Unterricht. In mehreren oder größeren Klassen und in anspruchsvollen Anwendungen funktioniert es eben nicht.

(Zuruf des Abg. Mirko Schultze, DIE LINKE)

An Schulen sind deshalb mindestens 500 Megabit notwendig, um digitalen Unterricht zu gestalten. Aber was reden wir eigentlich? 100 Megabit, 500 Megabit – mein Gott, wir schaffen es ja in Sachsen noch nicht einmal, flächendeckend DSL einzurichten! Wir haben – das hat Herr Ittershagen gerade selbst gesagt – an einer Grundschule, die gerade saniert worden ist, 1,2 Megabit. Das

reicht bei Weitem nicht aus, und Sie kommen als Staatsregierung der Aufforderung und den selbstgesteckten Zielen nicht nach, relativ schnell DSL umzusetzen, und träumen jetzt von einer Digitalisierung in der Bildung und an Schulen! Bitte wachen Sie auf und hören Sie auf, so zu tun, als ob!

Da wir gerade dabei sind: Wir schaffen es ja noch nicht einmal, im Landtag, hier im Plenarsaal eine vernünftige Internetverbindung herzustellen.

(Beifall bei der AfD – Christian Piwarz, CDU: Sie sollen hier auch diskutieren! – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Weiterhin wollen Sie die vorhandenen Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen für Lehrer im Themenbereich der digitalen Bildung und Medienkompetenz ausbauen. Das ist grundsätzlich nicht verkehrt, allerdings bleibt der Nutzen fraglich. Ich erinnere an eine unserer Kleinen Anfragen in der Druckstücknummer 6/8057.

(Christian Piwarz, CDU: Drucksache, Herr Wurlitzer! – Heiterkeit)

Lieber Herr Piwarz, wenn das alles ist, was Ihnen auffällt: traurig, sehr traurig!

(Christian Piwarz, CDU: Zu Ihnen fällt mir noch viel mehr ein!)

Sie haben natürlich recht, es heißt Drucksachennummer 6/8057. Es wird Ihnen trotzdem nichts nützen. Hierzu konnte uns die Staatsregierung noch nicht einmal sagen, ob die Lehrer ihrer Fortbildungsverpflichtung überhaupt nachkommen. Ein Ausbau der Fortbildungsangebote nützt nichts, wenn nicht kontrolliert werden kann, ob jeder Lehrer daran teilnimmt.

Sie wollen zusätzlich Informatikunterricht als Pflichtfach an der Oberschule, Klasse 7 bis 10, einführen und ein Profil Medien und Informatik für Gymnasien in den Klassen 8 bis 10. Ob das ein Schritt in die richtige Richtung ist, wage ich zu bezweifeln. Sie wissen, das Leistungsniveau der Schüler wird zusehends schlechter. Die Schüler können weniger rechnen, weniger schreiben, weniger lesen, und nun kommen Sie mit verpflichtendem Informatikunterricht um die Ecke. Bitte wachen Sie auf!

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE – Unruhe)

Meine Damen und Herren, auch wenn man den Eindruck gewinnen könnte, dass wir diesem Antrag grundsätzlich negativ gegenüberstehen, so ist das nicht richtig.

(Christian Piwarz, CDU: Aha! – Heiterkeit bei der CDU)

Aber man muss klar und deutlich sagen: Es kann nicht sein, dass wir hier lang und breit über Digitalisierung sprechen, wenn noch nicht einmal vor jeder Klasse ein Lehrer steht. Vielleicht erinnern Sie sich daran: In Sachsen herrscht noch immer akuter Lehrermangel. Es müssen scharenweise Seiteneinsteiger eingestellt werden. Der

Unterrichtsausfall ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ebenfalls gestiegen, und vom Zustand der Schulgebäude will ich gar nicht reden.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Also bitte, ja!)

Es geht also darum, Prioritäten richtig zu setzen. Diese liegen derzeit eindeutig in der Sicherung des Unterrichts an sächsischen Schulen und nicht in der Digitalisierung.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Sie sprechen über die Digitalisierung an unseren Schulen, obwohl wir dort andere, ernsthafte Schwierigkeiten haben. Lösen Sie die akuten Probleme des Lehrermangels, der Sanierung von Schulgebäuden, der flächendeckenden DSL-Versorgung! Machen Sie einen Schritt nach dem anderen, dann können wir nochmals über diesen Antrag reden, und dann werden wir einem solchen Antrag auch zustimmen – derzeitig nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD –

Analog für Deutschland! –

Sie haben

noch nicht einmal die Lehrer dazu!

Das ist doch Käse, was Sie erzählen! –

Wir haben es doch

nun schon dreimal gehört! Es wird doch

auch nicht besser, Herr Wurlitzer!)

Meine Damen und Herren, nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abg. Dr. Maicher. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für den Sozialforscher Nils Zurawski ist Überwachung heute so einfach, weil die Menschen die Erfassung personenbezogener Daten im Alltag nicht stört, weil sie – ich zitiere – „Teil des Konsums und deshalb so unsichtbar und scheinbar normal ist“.

Die Durchdringung unseres Lebens mit digitalen Prozessen bringt neue Herausforderungen, auf die die Politik Antworten geben muss. Digitale Bildung muss fester Bestandteil von Schule sein, um jungen Menschen ein souveränes Leben in der digitalen Welt zu ermöglichen. In den Zielen digitaler Bildung finden sich die Ziele der Medienbildung ebenso wie der Einsatz digitaler Medien als Unterrichtsmedien wieder. Beides muss man nicht neu erfinden, und manchmal braucht es vielleicht diesen neuen Begriff, um Schwung in eine Sache zu bringen. Das geht für mich auch in Ordnung, solange man das grundsätzliche Anliegen nicht verkürzt.

Digitalisierung betrifft zudem immer mehr Lebensbereiche. Bald wird durch das Internet der Dinge und künstliche Intelligenz beinahe jede Alltagshandlung über Kleidung, in der Wohnung oder am Arbeitsplatz messbar. Das bringt Vor- und Nachteile mit sich. Wer aber eine Abwägung treffen will, braucht die digitale Bildung.

Damit diese mit all ihren Aspekten zum Normalfall in unseren Schulen wird, ist natürlich ein Konzept notwendig. Der vorliegende Antrag zielt auf ein solches Konzept und umfasst dafür wesentliche Inhalte, und auch wenn wir zum Teil andere Akzente setzen, werden wir dem Antrag zustimmen. Ich möchte aber seitens der GRÜNENFraktion einige Hinweise geben.

Das Kultusministerium unter Brunhild Kurth hat lange Zeit seine Hausaufgaben nicht gemacht. Es gibt derzeit kein aktuelles Konzept zur breiten Verankerung von Medienbildung. Als wir das mit unserem GRÜNENAntrag im Herbst 2014 gefordert haben, hat das SMK abgewunken.

Jetzt kommt im Jahr 2018 ein unterfinanziertes Pilotprojekt, und die Koalitionsfraktionen haben das SMK zu einer Gesamtstrategie zur Medienbildung aufgefordert. Seit September 2016 erarbeitet eine Expertengruppe für das SMK eine Konzeption „Medienbildung und Digitalisierung in der Schule“, so steht es in der Stellungnahme zum Antrag der Fraktion DIE LINKE.

In Punkt 1 des Antrages werden wichtige Leitplanken für diese Konzeption aufgestellt. Eine Gesamtstrategie zur Medienbildung in Sachsen erübrigt sich jedoch damit nicht. Sicherlich werden Sie, Frau Staatsministerin, erläutern können, in welchem Verhältnis das schulbezogene zum allgemeinen Konzept stehen soll.

In Punkt 1 h wird der Fokus der Koalitionsfraktionen auf das Fach Informatik deutlich. Zwar werden hier wichtige Grundkenntnisse, zum Beispiel über Algorithmen, vermittelt, aber informatische Bildung allein ist noch keine digitale Bildung. Die KMK-Strategie von 2016 stellte fest, dass die Einbindung der digitalen Welt in jedem Fach notwendig ist. Nur so ist sichergestellt, dass Schülerinnen und Schüler nicht nur etwas über Algorithmen auf Facebook lernen, sondern sich auch mit der Macht von Facebook auseinandersetzen.

In Punkt 2 des Antrags wird die Förderung der technischen Ausstattung an schuleigene Konzepte für deren Einsatz geknüpft. Der Antrag soll die Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka auf Ebene des Freistaats ergänzen. Richtig ist hier, dass methodisch-didaktische Konzepte notwendig sind. Schulen sollen aktiv dabei unterstützt werden und müssen auch personelle und organisatorische Voraussetzungen erbringen können. Zur Ausstattung gehören aber auch die Wartung und die Erneuerung der Technik, wofür die Kosten langfristig eingeplant werden sollten.

In Punkt 3 wird richtigerweise die Stärkung und die Verbindlichkeit von digitaler Bildung in der Lehrerbildung gefordert – das halte ich für einen sehr zentralen Punkt –, denn ohne medienpädagogische Kompetenzen wäre eine moderne Ausstattung nur teurer Schmuck.

Punkt 4 behandelt die Notwendigkeit schneller Internetanschlüsse, ist aber recht unverbindlich, denn die Schulen sind vom allgemeinen Breitbandausbau abhängig. Die

Antragssteller in den Ausbaugebieten muss man sicherlich nicht daran erinnern, Schulen zu berücksichtigen.

Auch die Zielstellung ist zaghaft angesetzt, denn schon heute kann ein Anschluss mit 50 MBit zu langsam sein, wenn mehrere Klassen gleichzeitig das Netz nutzen. Dazu bräuchte es eher 500 MBit, wie Prof. Christoph Igel vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz gegenüber der „Freien Presse“ geschätzt hat.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir hoffen, dass dieser Antrag Bewegung aufseiten der Staatsregierung nach sich zieht; bei den technischen Fragen wie bei den Fragen der Qualifizierung sowie bei der organisatorischen Unterstützung und den Kooperationen mit den Schulen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde in der Aussprache. Es gibt Redebedarf für eine zweite Runde. Zunächst für die CDU-Fraktion Herr Abg. Dierks. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht zunächst zu Ihnen, Frau Falken. Ich weiß nicht, ob Sie beobachtet haben, seit wie vielen Jahren wir uns inzwischen mit dem Thema digitale Bildung auseinandersetzen, wie viele Veranstaltungen wir zu dem Thema gemacht und wie oft wir uns dazu positioniert haben.

Insofern kann ich diesem Verdacht, dass wir bei Ihnen irgendetwas abgeschrieben hätten, eine klare Absage erteilen.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Das ist aber auch nicht wirklich schlimm!)