Protokoll der Sitzung vom 12.04.2017

Auch darüber, Herr Heidan, haben wir schon x-mal gesprochen. Sie kennen wahrscheinlich das Grundsatzprogramm meiner Partei. Zumindest in Sachsen haben wir immer gesagt: Der Braunkohleausstieg muss 2040 abgeschlossen sein. Ich befürchte nur, die Zeit wird uns überholen und der Ausstieg kommt eher.

Ich würde gern fortfahren.

Bitte.

Was wir im Moment brauchen, sind nämlich nicht nur diese infrastrukturellen Maßnahmen. Wir brauchen Ideen, Konzepte, Projekte und Geld für eine ganze Region. Dafür tun Sie im Moment nichts Erkennbares. Die Lausitz und das mitteldeutsche Revier brauchen einen geordneten Strukturwandel. Die Entscheidung der LEAG könnte dafür eine Grundlage sein. Doch ohne massiven Druck der Politik droht tatsächlich ein Strukturabbruch.

Mir wurde der Sonder-Newsletter „Die Woche im Revier“ der LEAG zugespielt. Darin äußern sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LEAG zur Situation nach der Verkündung der neuen Bergbaustrategie. Es sind unter anderem O-Töne zu lesen wie: „Trotzdem liegt unsere Hoffnung in einer Fortführung des Tagebaus“ oder „Die vielen jungen Leute hier wünschen sich eine echte Perspektive“ oder „Die künftigen Einschnitte bei Ausbildung der Region werden uns schaden“ oder „Jeder kann nun für sich planen und mit seiner Zukunft umgehen“. Ich lese daraus eine starke Beunruhigung und Verunsicherung der Belegschaft, aber nicht die von Minister Dulig verkündete Planungssicherheit. Und da rede ich nur von der LEAGBelegschaft.

Was ist denn mit den anderen Betrieben im Umfeld der LEAG? Was ist mit der Region? Was bietet die Staatsregierung den Tagebauregionen als Hilfe an? Ich erkenne da gerade nichts, was den Herausforderungen gerecht wird.

Deshalb halte ich schlussendlich fest: Diese Regierung hat nichts in der Hand, wenn die LEAG uns am Nasenring weiter durch die Manege zieht. Die Staatsregierung hat im eigenen Haushalt keinerlei Geld für die Finanzierung des Strukturwandels in der Lausitz und in Mitteldeutschland. Wollen Sie wirklich ein zweites Desaster wie bei der

Sachsen LB? Die Sachsen LB kostete uns 2,7 Milliarden Euro – so viel Geld, wie in einer kompletten EUFördermittelperiode hier in Sachsen verbraucht wird. Was ist, wenn wir als Freistaat das Geld nicht aufbringen können? Wollen Sie, dass die Tagebaugebiete in der Lausitz und in Mitteldeutschland nach der Auskohlung verrotten?

Ich erwarte deshalb von der Staatsregierung, dass sie tätig wird, um eine Kostenabwälzung auf uns alle im Freistaat zu verhindern.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Auf Frau Dr. Pinka folgt jetzt Herr Lars Rohwer für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, ich habe lange überlegt, warum wir diesen Antrag der Fraktion DIE LINKE heute auf der Tagesordnung haben. Sie haben Ihren Antrag vor einem halben Jahr ins Parlament eingebracht, in den Geschäftsgang gegeben. Zugegebenermaßen merkt man beim Lesen, dass er veraltet ist.

Ich hatte dann noch die Hoffnung, dass Sie eine Aktualisierung bringen, aber bis zum Beginn dieser Debatte gab es keinen Ergänzungs- oder Änderungsantrag. So werden Sie jetzt erleben müssen, wie ich auseinandernehme,

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Oh!)

was Sie hier beschließen wollen und wie sich die Dinge verändert haben.

Damals, im Oktober 2016, als Sie Ihren Antrag in den Geschäftsgang gaben, klärten wir bereits, dass der Staat nicht in privatwirtschaftliche Verhandlungen zwischen zwei Unternehmen einzugreifen hat, denn das Sächsische Oberbergamt agiert grundsätzlich gemäß dem Bundesberggesetz, also nur auf der Basis der von Bergbauunternehmen eingereichten Betriebspläne.

Daran hat sich noch nicht so viel geändert, werte Kollegen. Erkennen Sie bitte an, dass die sächsische Landesverwaltung nach Dienstvorschrift und damit verbundenen Verwaltungsverfahren handelt und nicht das Orakel von Delphi befragt. – Das ist das Erste.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Kollege Rohwer?

Ja, wenn Frau Dr. Pinka etwas Erhellendes beiträgt.

Ja, ehe Sie so langsam weitersprechen, würde ich Sie gern einmal erhellen wollen. – Kennen Sie den Hauptbetriebsplan, der jetzt gerade aktuell ist, und die darin formulierten Passagen zu den Sicherheitsleistungen?

Frau Dr. Pinka, ich wollte das gerade ausführen.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Gut!)

Aber um das vielleicht trotzdem zu beantworten: Auch das steht nicht in Ihrem Antrag. Sie haben keine Aktualisierung vorgelegt. Was Sie in Ihrem Antrag stehen haben, stammt aus dem Oktober 2016. Sie können also gar nicht wissen, was erst seit 14 Tagen bekannt ist.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Das stimmt nicht!)

Deswegen habe ich gedacht: Wo bleibt der Ergänzungsantrag? Oder waren Sie zu faul, einen solchen einfach zu schreiben?

(Oh-Rufe von den LINKEN – Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU – Zuruf von der CDU: Wahrscheinlich!)

Noch eine Zwischenfrage?

Ich hatte Sie gerade gefragt, ob Sie den Hauptbetriebsplan 2016/2017 kennen und die Formulierungen zu den Sicherheitsleistungen in einem schon erteilten Hauptbetriebsplan. Dieser war zu dem Zeitpunkt, als dieser Antrag in den Geschäftsgang ging, schon bekannt.

Ja, aber noch einmal, Frau Dr. Pinka: Sie sprechen etwas an und Sie fragen mich nach etwas, das ich in Ihrem Antrag überhaupt nicht wiederfinde.

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Deswegen hätte ich, wenn Sie das jetzt schon ansprechen, ja gedacht, dass Sie Ihren Antrag aktualisieren. Das haben Sie aber nicht getan. Also steht es auch nicht zur Debatte.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Lachen bei den LINKEN)

Darüber hinaus ist es, wie ich gerade ausführen wollte, soeben erst zwei Wochen her, dass die LEAG ihr neues Revierkonzept für die Lausitz vorgelegt hat. Vor genau 14 Tagen wurde entschieden, welche Tagebaue weiter ausgekohlt und welche Felder nicht mehr aufgeschlossen werden. Natürlich wird diese grundlegende Entscheidung – das werden auch Sie zugeben müssen – einen erheblichen Einfluss auf die zukünftige Betriebsführung der LEAG haben und damit verbunden natürlich auch auf die Betriebspläne, welche das Oberbergamt jährlich prüft.

Die Betonung liegt dabei auf „jährlich“. Geben Sie den Behörden des Freistaates Sachsen also bitte die Zeit, die sie brauchen, um nach allen Regeln des Bundesbergrechts zu prüfen und zu entscheiden. Anträge wie der hier von der Opposition eingereichte sind sicherlich gut gemeint und sollen einen unnützen politischen Druck aufbauen, der sich anschließend jedoch in substanziell hochgradig windigen Plattitüden und Forderungen erschöpft.

Fordern kann man vieles, doch müssen jene politischen Ansprüche auch vernünftig sein und der Realität entsprechen. Kein Lehrer in diesem Freistaat würde die Klassenarbeit seines Schülers mit dem Prädikat „mangelhaft“ bewerten, bevor er die zu bewertende Arbeit selbst gesichtet hat. Genau dies tun Sie aber mit Ihrem heute vorliegenden Antrag.

Ich erkenne an, dass Sie sich um die Lausitz sorgen. Frau Dr. Pinka brachte im vergangenen Monat an dieser Stelle sogar ihre Angst zum Ausdruck.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Die habe ich heute noch!)

Lassen Sie mich aber sagen, dass weder Angst noch ein chronisches Misstrauen gegenüber der sächsischen Landesverwaltung und der LEAG gute Berater sind,

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Bei dieser Regierung und Koalition habe ich Angst! – Gegenruf des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Wir haben bei Ihnen auch Angst!)

um für Mensch, Natur und Energietransformation einen praktikablen Fahrplan zu entwickeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fakt ist an dieser Stelle doch, dass die LEAG mit dem neuen Revierkonzept unter Beweis stellt, dass sie eben kein – wie von Ihnen so oft unterstellt – kapitalistisches Raubtier darstellt, sondern dass sie Verantwortung für Mensch und Umwelt übernimmt.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Die Inanspruchnahme des Sonderfelds Mühlrose bei gleichzeitigem Verzicht auf eine weitere Ausdehnung des Tagebaus ist Ausdruck eines gesunden Abwägens zwischen Mensch, Natur und den wirtschaftlichen Belangen des Unternehmens.

Gleichzeitig verzichtet die LEAG bis Ende 2020 auf betriebsbedingte Kündigungen und steht nach wie vor zu allen tariflichen Einigungen. Ich finde, das schafft Vertrauen in der Region und baut Ängste ab. So macht man das eben richtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass sich die LEAG mit dem vorgelegten Revierkonzept so beeilte und nun Klartext spricht, ist für die CDU-Fraktion ein eindeutiges Indiz für die sehr vernünftige und lebensweltliche Unternehmenskultur des Konzerns.

Das neue Revierkonzept orientiert sich an den mit der Energiewende gesetzten Klima- und Ausbauzielen für erneuerbare Energien, was nun unter Beweis stellt, wie die Energietransformation Schritt für Schritt und mit Augenmaß vollzogen werden kann, ohne Mensch, Natur und das Staatsbudget zu überfordern.

Geht es um Letztgenanntes, so wird das Oberbergamt in den kommenden Monaten intensiv prüfen, ob der Betriebsplan der LEAG der angestrebten Wiedernutzbarmachung der in Anspruch genommenen Flächen gebührend

Rechnung trägt. Schließlich wird dies die Zulassung des bergrechtlichen Betriebsplans gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 7 des Bundesbergbaugesetzes bedingen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die sächsischen Staatsbeamten im Oberbergamt einen vernünftigen Job machen. Dafür sorgt jeden Tag die Sächsische Staatsregierung.

Ist Ihnen dies noch nicht genug, so kann ich Ihnen versichern, dass sich ebenfalls der Rechnungshof mit diesem Thema befasst hat, um seinerseits die finanziellen Risiken für den Steuerzahler zu minimieren. Wir kennen alle den Bericht, der nicht öffentlich ist.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Ha, ha!)