Protokoll der Sitzung vom 12.04.2017

(Zurufe von den LINKEN)

die Debatte auf die nächste Sitzung des Sächsischen Landtags zu setzen.

Zurück zum Revierkonzept: Endlich – muss man fast sagen – haben die Menschen in der Lausitz Planungssicherheit für die nächsten 25 bis 30 Jahre. Die LEAG hat in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld vernünftige Entscheidungen getroffen, indem sie nicht alle bergbaurechtlich gesicherten Abbaufelder ausbeutet. Dieses erfolgreiche Konzept kennen wir aus NordrheinWestfalen. Die betroffenen Umsiedler in der Region, die lange nicht wussten, wie es weitergeht, haben jetzt Gewissheit. Die Entscheidungen der LEAG – und das war klar – konnten nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen werden, sondern auch in Verantwortung für eine ganze Region.

Tatsache ist, dass die Nutzung der Braunkohle zur Energieerzeugung in Zukunft immer weniger eine Rolle spielen wird. Braunkohle ist der Klimakiller Nummer eins. Genau aus dieser Erkenntnis und aus dieser Verantwortung heraus haben wir eine Verpflichtung für den Klimaschutz in Sachsen. Dieser Verpflichtung stellt sich die LEAG mit dem neuen Revierkonzept.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, nun zu Ihrem Antrag: Ich denke, die Staatsregierung hat in ihrer Stellungnahme klargemacht, weshalb wir allein schon aus rechtlichen Gründen dem Antrag nicht zustimmen können. So fordert der Antrag unter anderem die Einsicht in Übernahmeverträge zwischen dem ehemaligen Betreiber Vattenfall und dessen Nachfolger EBH. Dass es sich dabei um privatrechtliche Verträge handelt, haben Sie offensichtlich übersehen, und das machen Sie gern. Sie verwechseln gern privates Eigentum, –

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

kommunales Eigentum, Landeseigentum und Bundeseigentum, und ich sage Ihnen, das tun Sie ganz bewusst. Sie tun das ganz bewusst auch in diesem Fall.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Nein, das tun wir nicht bewusst!)

Das finde ich sehr bemerkenswert. Ich bin mir sicher, dass das Sächsische Oberbergamt seine Aufgaben bei der Bestellung von Sicherheitsleistungen im Braunkohletagebau gewissenhaft und auf der Grundlage gesetzlicher Vorschriften sorgfältig und gründlich durchführt. Wenn Sie im Ausschuss richtig zugehört hätten, dann tun sie das auch. Im Ausschuss wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Oberbergamt im Wirtschaftsausschuss über die aktuellen Gutachten berichten wird. Aber das verschleiern Sie immer sehr gern, Frau Dr. Pinka. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Zurufe von den LINKEN)

Das Oberbergamt prüft derzeit auf der Grundlage seiner Befugnisse, die ihm durch das Bundesbergbaugesetz eingeräumt werden, in welcher Höhe die Sicherheitsleistungen für die aktiven sächsischen Braunkohletagebaue festgesetzt werden sollen. Dies geschieht im Zusammenhang mit der Beantragung der aller zwei Jahre anstehenden Hauptbetriebsplanzulassungen für die Tagebaue. Man könnte fast sagen, das ist Tagesgeschäft im Oberbergamt.

In diesem Fall kommt noch der Eigentümerwechsel hinzu, weshalb das Oberbergamt auf die Unterstützung von externen Sachverständigen bei der Bewertung der eingereichten Unterlagen zurückgreifen wird. Auch das ist in solchen Fällen ein ganz normaler Vorgang, Frau Pinka.

Wilder Aktionismus hilft uns also bestimmt nicht weiter, sondern gründliches Arbeiten und Prüfen. Genau das tut das Oberbergamt. Panikmache hilft uns ebenso wenig weiter, sondern jetzt haben wir mit dem Revierkonzept der LEAG Gewissheit, wie es mit den Tagebauen in Sachsen weitergehen soll.

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Die Menschen nicht nur in den Braunkohleregionen erwarten von uns eine verlässliche Politik. Sie erwarten zu Recht, dass wir uns um die Folgen der Tagebaue kümmern und sicherstellen, dass die Renaturierung und die Wiederherstellung von Natur und Landschaft nach Beendigung des Abbaus finanziell abgesichert sind. Ich versichere Ihnen, dass wir jetzt, da wir mit dem Revierkonzept Planungssicherheit haben, den Strukturwandel aktiv angehen werden. Aber der Wandel darf nicht nur in Dresden oder in Berlin vorgegeben werden; er kann nur gelingen, wenn wir die Menschen vor Ort einbeziehen und hier gemeinsam nach Lösungen suchen. Der Strukturwandel in den sächsischen Braunkohleregionen ist eine klimapolitische Notwendigkeit und damit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Diese Aufgabe müssen wir gemeinsam schultern für die Begrenzung der Erderwärmung genauso wie für neue Arbeitsplätze in der Lausitz. Aktionismus und Panikmache helfen uns nicht. Aus diesem Grund lehnt meine Fraktion Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Gerade hörten wir Herrn Kollegen Vieweg von der SPD-Fraktion. Als Nächster spricht für die AfD-Fraktion Herr Kollege Urban.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Was die Antragstellerin hier mit den Zutaten aus dem Schwarzbuch von Greenpeace zusammengekocht hat, ist eine ziemlich ungenießbare Mahlzeit. Für ein wenig populistische Kapitalismuskritik mag es noch reichen. Die Worte „windiger Investor“ oder „tschechischer Finanzoligarch“ mit dem Braunkohlethema zu verrühren – für einen guten Antrag reicht das nicht. Ich möchte Ihnen auch die Gründe für diese Kritik nicht schuldig bleiben.

Im ersten Antragspunkt wird die Staatsregierung aufgefordert, eigene nachvollziehbare und allgemeine Vorstellungen für den aktiven Braunkohletagebau zu entwickeln. Entschuldigung, aber die Staatsregierung wird vor allem an ihrem Handeln und weniger an ihrer Vorstellungskraft gemessen. Wir können wohl getrost davon ausgehen, dass die Staatsregierungen der letzten Jahrzehnte durchaus Vorstellungen zur Braunkohlewirtschaft entwickelt haben und das auch weiter tun werden. Was ist das also bitte für eine Aufforderung?

Ihre nächste unbedingte Forderung, unverzüglich Sicherheitsleistungen für die kommenden Hauptbetriebsplanzeiträume festzulegen, steht im offensichtlichen Widerspruch zu Ihrer eigenen Antragsbegründung. Dort schreiben Sie, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelt. Was denn nun? Unbedingte Festsetzung oder Ermessensentscheidung? Da müssen Sie sich schon entscheiden! Und wie heißt es immer so schön: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.

Ich hoffe, dass Sie beim Lesen der Rechte über die Urfassung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung aus dem Jahr 1977 hinausgekommen sind. Der damalige Entwurf enthielt tatsächlich noch die Formulierung: „Die Behörde muss …“ Der historische Gesetzgeber hat sich aber nach Abwägung von Für und Wider in seiner Gesetzesbegründung letztendlich schon damals dafür entschieden, dass die Behörde einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Sicherheitsleistungen für die Vorsorge zur Wiedernutzbarmachung der Oberflächen hat. Dieser Ermessensspielraum ist mithin im Wortlaut des Bundesberggesetzes verankert. Im § 56 Abs. 2 Bundesberggesetz heißt es: „Die Behörde kann …“, nicht „Die Behörde muss …“ Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Sachzusammenhang. Es wird ausdrücklich auf § 55 Bundesberggesetz verwiesen. Darin heißt es: Die Zulassung eines Betriebsplanes „ist“ zu erteilen, wenn …

Meine Damen und Herren von der Linksfraktion! Ihre Vorschläge sind in diesen Punkten weder Fisch noch Fleisch. Sie wären im Punkt 2 allerdings rechtswidrig, soweit die Staatsregierung danach handeln würde. Folgerichtig und im Einklang mit unserer Rechtsordnung prüft

das Sächsische Oberbergamt ohnehin den Sachverhalt und bereitet eine Ermessensentscheidung vor. Oder wollten Sie hier ohne Kenntnis der erforderlichen Unterlagen die Ermessensentscheidung des Oberbergamtes schon vorwegnehmen? Ja, ideologisch ist das denkbar, rechtlich aber eher nicht.

Wenn Sie für die Zukunft wirklich etwas ändern wollten, müssten Sie die Staatsregierung auffordern, sich im Bundesrat für eine Gesetzesnovellierung des § 56 Bundesberggesetz einzusetzen. Das tun Sie aber nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren, nun zu einigen weiteren Antragspunkten: Soweit Sie in Ihrem Antrag die Sicherstellung der Verfügbarkeit der Rücklagen sowie die Überführung der Finanzmittel in einen landeseigenen Fonds fordern, verkennen Sie wieder die rechtlichen Möglichkeiten der Staatsregierung. Die Rücklagen der Bergbauunternehmen sind grundsätzlich Teil der bilanziellen Unternehmensvorsorge. Die Sicherstellung haben Sie bereits unter Punkt I als Sicherheitsleistung gefordert. Was wollen Sie dann hier noch? Für über Sicherheitsleistungen hinausgehende Zugriffsrechte existieren keine rechtlichen Grundlagen.

Sie als Linksfraktion möchten natürlich gern in privatrechtliche Verträge und in Betriebsvorgänge der Unternehmen hineinregieren. Das kann man von Ihnen als Sozialisten und Kommunisten auch erwarten.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Hallo?!)

So weit geht aber die Sozialbindung des Eigentums in unserem Rechtsstaat nicht.

(Zurufe von den LINKEN)

Vielmehr schützen Artikel 14 Grundgesetz sowie die Rohstoffsicherungsklausel das Eigentum umfassend. Das wissen auch Sie, meine Damen und Herren von der einbringenden Fraktion. Die Staatsregierung kann nicht ohne gesetzliche Grundlage Vermögenswerte Dritter enteignen und in einen landeseigenen Fonds des Freistaates Sachsen überführen. Was Sie hier beantragen, ist entweder naives Wunschdenken oder billiger Populismus.

Zudem gehen Ihre Berichtsforderungen zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens bzw. Ihre Forderung auf Erhebung der Wasserentnahmeabgabe für Braunkohleunternehmen ins Leere; ich verweise hier nur auf die Ausführungen der Staatsregierung. Die Unternehmen legen bereits regelmäßig Jahresabschlüsse und Lageberichte vor und zahlen auch schon Wasserentnahmeabgaben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn der Antrag der einbringenden Fraktion inhaltlich völlig missglückt ist, so bleibt doch die Frage offen, wer am Ende die Zeche bezahlt, wenn die Renaturierungskosten nicht mehr aufzubringen sind. Hat der Gesetzgeber dem sächsischen Steuerzahler womöglich am langen Ende einen Bärendienst erwiesen, indem er keine klaren Regeln für den Unternehmensverkauf im Bergrecht – §§ 22 und 23 – geschaffen hat? Inwieweit die Behörde die Verkaufsdetails steuern kann, ist leider juristisch umstritten.

Unsere Sächsische Staatsregierung hat es bisher verschlafen, über Bundesratsinitiativen eine diesbezügliche juristische Klarstellung durchzusetzen. Dass wir Sachsen für diese Schlafmützigkeit unserer Regierung am Ende mitbezahlen, ist also nicht ausgeschlossen. Dass diese Rechnung dann sehr hoch werden kann, liegt maßgeblich an der wirtschaftsfeindlichen Politik unserer schwarzroten Bundes- und Landesregierung sowie an unserer Bundeskanzlerin. Frau Merkel hat die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft zur Chefsache erklärt und somit den Tagebau- und Kraftwerksbetreibern schlichtweg die Geschäftsgrundlage entzogen.

(Beifall bei der AfD – Frank Kupfer, CDU: Das ist an den Haaren herbeigezogen!)

Wer keine Gewinne macht, kann auch keine Rücklagen bilden. Der Steuerzahler muss sich also nicht wundern, wenn er am Ende wieder einmal die Rechnung für eine kurzsichtige Regierungspolitik zahlen muss.

(Zuruf von der CDU: Sie leben auf einer Insel, Herr Urban!)

Wir lehnen den vorliegenden Antrag aus den genannten Gründen in vollem Umfang ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr

Dr. Lippold, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, früher war tatsächlich manches anders. Nach einem Tagebau kam immer der nächste Tagebau, aus dessen Gewinn dann die Folgekosten des Vorgängers bezahlt wurden. Aber seit einigen Tagen, als die LEAG selbst die Staatsregierung aus ihren „Braunkohle-forever-Träumen“ geweckt hat, muss doch wirklich jedem hier klar sein, dass es diese nächste Generation des Tagebaugeschäfts nicht mehr geben wird. So reden wir jetzt über die Finanzierung der langfristigen Folgekosten der letzten Generation von Braunkohletagebauen. Es geht bei der Frage nach der Sicherheit und der Auflösbarkeit von Rückstellungen nicht um das heutige Geschäft, meine Damen und Herren. Es geht nicht darum, ob ein Bergbauunternehmen im letzten Jahr liquide war und für das Folgejahr eine Fortführungsprognose hat.

Es geht in der Logik der Folgekostenfinanzierung durch Auflösung bilanzieller Rückstellungen darum, ob wir heute sicher wissen, dass ein solches Kohleunternehmen für die Zeit nach der Kohle ein Geschäftsmodell hat – und zwar bis zum Ende der Bergbaufolgenbeseitigung. Wer dieser Logik entkommen will, der muss zum Instrument der Sicherheitsleistungen greifen. Genau deshalb werden diese überall gegenüber privaten Bergbauunternehmen erhoben – außer bei der Braunkohle.

Für die Frage nach der Erforderlichkeit von Sicherheitsleistungen ist es an dieser Stelle auch völlig irrelevant, ob ein solches Unternehmen groß oder klein ist, ob es sich seriös anhört oder nicht, ob die Manager mit geradem, ehrlichem Blick und festem Händedruck begrüßen oder nicht. Einzig maßgeblich ist, ob sicher auszuschließen ist, dass künftig der Verlust finanzieller Leistungsfähigkeit drohen könnte – und zwar über einen Zeitraum bis lange nach Ende des aktiven Bergbaus. Ist das nicht sicher auszuschließen, so hat die Erhebung einer Sicherheitsleistung die Regel zu sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie hat sich nun im letzten halben Jahr seit diesem Antrag die Risikosituation geändert? Mit der Übernahme durch EPH steht heute nicht mehr der schwedische Staat hinter langfristigen finanziellen Verpflichtungen im Milliardenbereich, sondern – durch eine Reihe von Barrieren geschützt – ein 95-prozentiger Gesellschafter namens Kretinsky, der noch mit vielen anderen Dingen spekuliert.

Übrigens: Haben Sie beim SMWA und beim Oberbergamt den Aktiendeal im EPH-Gesellschafterkreis wenige Tage nach der Vattenfall-Übernahme zur Kenntnis genommen? Das steht in jedem Finanzinvestoren-Lehrbuch. Wo die 1,7 Milliarden Euro sind, ist demnach fast egal. Die Frage ist, wem sie nach der Beleihung der Unternehmenswerte als Sicherheit dienen werden – dem Freistaat Sachsen jedenfalls nicht.

Zum Thema Risikoerhöhung: Das Braunkohlengeschäft und der Energiepark ist auch nicht mehr durch langfristige Lieferverträge durch ein Staatsunternehmen abgesichert, sondern es hängt von Lieferverträgen mit der eigenen Unternehmensgruppe ab.

Zum Stichwort „Neues Revierkonzept der LEAG“: Die Laufzeiten bis zur Renaturierung sind gegenüber den bisherigen Planungen teilweise drastisch reduziert. Das Geld wird früher gebraucht. Das heißt für die abgezinsten heutigen Rückstellungen: Wegen einer veränderten Zinslaufzeit besteht umgehend Anpassungsbedarf. Wie das die Stabilität des Geschäftsmodells insgesamt beeinflusst und damit die spätere Möglichkeit des Oberbergamts, bei neuer Risikobewertung überhaupt noch Sicherheitsleistungen einfordern zu können, wissen Sie nicht. Denn unsere Forderungen nach einem Stresstest gegenüber veränderten Rahmenbedingungen für das Geschäftsmodell haben Sie ja ignoriert. Eine neue Risikoposition ist das allemal – zusammen mit der völlig unklaren neuen Genehmigungslage.

Welche Maßnahmen hat nun die Staatsregierung in der Zwischenzeit zur Risikoreduzierung ergriffen? Das Oberbergamt hat die Unternehmen aufgefordert, jährlich den Jahresabschluss und den Lagebericht einzureichen. Ja, was soll das? Das ist genau das gleiche Datenmaterial, das sich jedermann vom elektronischen Bundesanzeiger abrufen und herunterladen kann. Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, wie die Auflage, dieses nun vom

Unternehmen in gedruckter Form zugeschickt zu bekommen, die Sicherheit der öffentlichen Haushalte gegen Bergbaufolgekosten erhöhen soll. Oder meinen Sie, die gesparten Druckkosten könnten das leisten?