Protokoll der Sitzung vom 17.05.2017

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

Wir haben doch das Problem, dass diejenigen, die ein hohes Einkommen haben, keine Kinder mehr haben, und nicht diejenigen mit niedrigen Einkommen.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Weil sie nicht mehr arbeiten gehen können!)

Entschuldigung, nein, das ist nicht der Fall.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Doch!)

Das ist ganz einfach. Gibt es in Afrika pro Familie sieben Kinder, weil sie dort so reich sind? Erzählen Sie nicht solchen Unsinn!

(Beifall bei der CDU – Zuruf von den LINKEN)

Wir haben eine Wohlstandsgesellschaft und wir sind existenziell auf Kinder angewiesen. Ich möchte den Punkt nicht weiter vertiefen. Es hat nichts damit zu tun, dass die Leute bei uns so arm sind und deswegen die Geburtenrate so niedrig ist. Es ist eine Frage, mit der wir uns beschäftigen müssen, weil sie existenziell ist. Wenn wir die Alterssicherungssysteme stabil halten möchten, dann brauchen wir künftige Beitragszahler und Kinder, die die Gesellschaft tragen und die Alterssicherung für die Senioren, wenn wir einmal alt sind, finanzieren.

(Beifall bei der CDU)

Das ist ein Thema, mit dem wir uns tiefergehend beschäftigen sollten.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Sie haben gesehen, dass wir Ihrem Antrag relativ wenig abgewinnen können. Deswegen werden wir ihn ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU-Fraktion war vertreten durch Herrn Kollegen Krauß. Nun spricht Frau Pfeil-Zabel für die SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Kindern in Sachsen geht es eigentlich ganz gut. Sie verbringen Zeit mit ihren Familien, genießen ein breites Freizeitprogramm, machen Sport, Musik und beschäftigen sich mit der Natur. Ihnen stehen in unserer reichen Gesellschaft sehr viele Möglichkeiten offen. Es gibt aber auch viele Kinder in Sachsen, denen dieses Glück nicht zuteil wird. Es sind Kinder, die in Armut leben und sich nicht so entwickeln können, wie es jedes Kind eigentlich verdient hätte.

Armut ist relativ. Arm sein heißt laut Statistik erst einmal, dass die Familie mit weniger als 60 % des durchschnittlichen Einkommens auskommen muss. In Sachsen betrifft dies circa 100 000 Kinder, auch wenn DIE LINKE momentan mit 150 000 Kindern auf ihrer Plakatkampagne wirbt. Wie genau diese Zahl zustande kommt, kann ich gegenwärtig nicht nachvollziehen.

Klar ist jedoch Folgendes: Jedes Kind ist ein Kind zu viel. Mir geht es bei der jetzigen Debatte nicht darum, welches Bundesland etwas besser oder schlechter macht. Klar ist, dass die Datenlage in Sachsen bezüglich der Kinder, die in Armut leben, gegenwärtig noch nicht so ist, wie wir uns das wünschen.

Der Antrag der LINKEN stellt umfangreiche Forderungen an den Freistaat. So wird zum einen ein Monitoring und

eine regelmäßige Berichterstattung gefordert, um politisch gezielt gegen Kinderarmut vorgehen zu können. Genau aus diesem Grund hat die Koalition im Jahr 2014 vereinbart, erstmals eine Sozialberichterstattung zu etablieren. Ich meine, dass wir uns bei dem Ziel einig sind.

(Zurufe von den LINKEN)

Die Koalition hat dazu einen anderen Weg eingeschlagen. Es war uns eben nicht genug, auf Teilaspekte der Lebensbedingungen zu schauen.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Was ist daraus geworden?!)

Wir wollten uns ein ganzheitliches Bild machen, um verschiedene Aspekte miteinander abgleichen zu können. Ja, auch wenn das Sozialministerium das Jahr 2016 nicht einhalten konnte, scheint die Berichterstattung nunmehr auf dem Weg zu sein. Wir erhoffen uns detaillierte und belastbare Erkenntnisse, nicht zuletzt über die Anzahl der Kinder, die in Sachsen in Armut leben bzw. von Armut bedroht sind.

DIE LINKE fordert in ihrem Antrag außerdem den Lebenslagenansatz zur Analyse der Kinderarmut. Dieser Ansatz fordert eine ganzheitliche Betrachtung von Lebenslagen von armen Eltern und deren Kinder. Das beinhaltet eben auch neben dem Einkommen die Bildung, die Wohnsituation sowie die Erwerbssituation der Betroffenen. Der letztgenannte Aspekt taucht in Ihrem Antrag leider nicht auf. Das überrascht mich beim Antrag der Fraktion DIE LINKE schon sehr. Es ist uns schlicht zu kurz gegriffen.

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

Ein Punkt ist meiner Fraktion besonders wichtig, wenn es um die Armutsbekämpfung speziell bei Kindern geht. Im Kern geht es doch um die Armut in den Familien. Die Kinder sind arm, weil die Eltern arm sind. Deshalb lautet unser Grundsatz, dass wir nicht nur mehr Arbeit, sondern mehr gute Arbeit in Sachsen brauchen. Wir brauchen Arbeit, von der diejenigen, die sie leisten, mit ihren Familien leben können. Leben heißt an dieser Stelle nicht überleben, sondern bedeutet Teilhabe der Eltern und ihrer Kinder.

Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns – entgegen dem vielfältigen Widerstand – war ein ganz wichtiger Schritt. Wir müssen in Sachsen nun auch die Tarifbindung steigern, damit die gute wirtschaftliche Entwicklung auch bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ankommt. Es gibt noch einiges nachzuholen. Der Förderbonus für Unternehmen bei der GRW-Förderung, die Tarife bezahlen, ist ein wichtiger Schritt des SMWA in Richtung gute Arbeit.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Vielleicht stellt ihr einmal einen Wirtschaftsminister! Der kann sich darum kümmern!)

Ja, er hat schon erste Schritte unternommen. Das habe ich gerade ausgeführt.

Ein runder Tisch zur Bekämpfung der Kinderarmut ist uns zu kurz gegriffen. Mit dem Beirat für Familien, der zukünftig nicht nur berichten, sondern auch das Ministerium beraten soll, werden alle Fragen rund um die Situation der Familien in Sachsen diskutiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns doch einig: Es macht uns wütend, wenn Kinder in Armut leben. In Sachsen gibt es Kinder, die in ihrem Leben noch nie mit ihren Eltern gemeinsam im Urlaub waren, deren Sachen ausschließlich aus der Kleiderspende stammen und die sich nie Gedanken machen können, ob sie Flöte oder Klavier spielen möchten. Armut in Deutschland und Sachsen hat ein anderes Gesicht als Armut in Mali, Vietnam oder Somalia. Armut im Freistaat bedeutet fehlende Teilhabe, schlechtere Perspektiven und einen sehr niedrigen Lebensstandard im Vergleich zu Gleichaltrigen. Für uns als SPD ist klar, dass Bildung, Betreuung, Freizeit und Kultur keinen finanziellen Zwängen unterliegen dürfen. Wir werden dies auch weiterhin im Sinne der sozialen Gerechtigkeit begleiten. Im politischen Machtverhältnis Sachsens ist es uns jedoch nicht möglich, dies gänzlich mehrheitsfähig zu machen. Der Antrag hilft uns leider an dieser Stelle keinen Schritt weiter.

Was mich an diesem Antrag jedoch ärgert, ist der Umstand, dass er den Anschein erweckt, dass keinerlei Unterstützungsleistungen für Kinder existieren, die aus einer armen Familie stammen. Das ist nicht der Fall. Eine solche Schwarzmalerei hilft uns nicht weiter.

(Beifall des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Klar ist, dass immer mehr geht. Daran arbeiten wir. Es gibt bis dato aber nicht Nichts. Die vorhandenen Instrumente müssen wir ausbauen und verbessern. Gerade in Bezug auf eine bedarfsgerechte Infrastruktur waren wir in den letzten zwei Jahren auch nicht untätig. Wir sorgen beispielsweise für gute Bildungsangebote von Anfang an. Hierin lag und liegt ein Schwerpunkt der Arbeit der Koalitionsfraktionen. Die Verbesserung des Betreuungsschlüssels war ein entscheidender Schritt, um mehr Qualität in die Kindertageseinrichtungen zu bringen. Wir haben die Eltern-Kind-Zentren etabliert. Wir überarbeiten die Förderrichtlinie für Familienverbände. Wir gründen einen Familienbeirat. Wir werden zukünftig Schulsozialarbeiter durch ein eigenes Landesprogramm fördern. All diese Maßnahmen, die die Koalition im Sinne der Kinder und ihrer Familien getroffen hat, dienen ebenfalls dazu, Kinderarmut vorzubeugen. Gerade beim Thema Schulsozialarbeit gelingt es uns zukünftig, fast flächendeckend ein gezieltes Angebot für unsere Kinder zu etablieren.

(Zurufe von den LINKEN)

Keine Frage, weder Eltern-Kind-Zentren noch Schulsozialarbeiter können Eltern einen Job verschaffen oder für ein höheres Einkommen kämpfen. Schulsozialarbeiter können aber die soziale Armut mindern. Sie können sensibilisieren und vermitteln. Dieser Antrag suggeriert eine Art Ohnmachtspolitik, die es so in Sachsen nicht

gibt. Dazu stehe ich an dieser Stelle auch. Mehr dazu möchte ich in Runde zwei sagen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Frau Kollegin PfeilZabel sprach für die SPD-Fraktion. Jetzt kommt Herr Wendt für die AfD zu Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich den Antrag der Fraktion DIE LINKE las, hatte ich ein Déjà-vu-Erlebnis. Ich hatte deshalb ein Déjà-vu-Erlebnis, weil in Ihrem Antrag Forderungen enthalten sind, die mit unseren bereits eingebrachten deckungsgleich sind.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach, Herr Wendt!)

Herr Gebhardt, hierbei sei beispielsweise auf den Antrag zum Unterhaltsvorschussgesetz mit der Drucksa

che 6/6167 und dem Antrag zur kostenlosen Schülerspeisung mit der Drucksache 6/6903 verwiesen.

(Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Neben den anderen Fraktionen haben auch Sie unsere Anträge ohne mit der Wimper zu zucken abgelehnt.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an den 10. November 2016, AfD-Antrag kostenloses Schulessen, Redebeitrag Frau Lauterbach, Fraktion DIE LINKE. Ihr Vorwurf damals – ich zitiere aus dem Plenarprotokoll: „Um ein kostenloses und gesundes Mittagessen für alle Schulkinder abzusichern, bedarf es einer gesetzlichen Grundlage.“

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Da hat sie ja recht!)

Absolut. Sie fordern aber jetzt in Ihrem Antrag das Gleiche, und ich frage mich, Frau Lauterbach, Herr Gebhardt: Wo ist denn Ihre gesetzliche Grundlage?

(Zurufe von den LINKEN)

Ich hoffe, ich habe da nichts übersehen. Zumindest habe ich nichts im EDAS gefunden.