Protokoll der Sitzung vom 17.05.2017

Meine Damen und Herren! Für die AfD-Fraktion spricht Herr Abg. Wurlitzer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrte Frau Zais, auch wenn uns Ideologien trennen, respektiere ich Sie und Ihre Arbeit hier im Plenum. Als ich aber diesen Antrag gelesen habe, war ich doch ein Stück weit erstaunt, denn er liegt qualitativ definitiv weit hinter denen, die Sie sonst einbringen.

(Zuruf der Abg. Petra Zais, GRÜNE)

Sie wollen ein Informationsportal für Asylbewerber – nicht nur für geflüchtete und zugewanderte Menschen – einrichten. Wir sollten hier von Anfang an die richtigen Begriffe verwenden, damit kein falsches Bild erzeugt wird. Weil wir gerade bei Sprache sind: Sie haben den Antragstext und auch die Begründung gegendert. Schon aus diesem Grund müsste man den Antrag ablehnen.

(Vereinzelt Lachen bei den LINKEN)

Wollen Sie die Internetseite und die Texte auf dieser Internetseite ebenfalls gendern? Ich frage mich, was der eine oder andere Asylbewerber sagen würde, wenn ER zum Beispiel mit „*innen“ angesprochen würde. Das überlasse ich einfach einmal Ihrer Fantasie, vor allem bei Asylbewerbern, die ein antiquiertes und mittelalterliches Frauenbild haben.

(Zuruf von den LINKEN: Wie bei Ihnen!)

Es gibt aber noch mehr Gründe, diesen Antrag abzulehnen. Auf einige möchte ich eingehen.

Aus der Begründung Ihres Antrages können wir drei Zielgruppen identifizieren, an die der Antrag gerichtet ist: erstens die Interessenten/Asylbewerber, zweitens die Unterstützer und drittens die Integrationskoordinatoren. Wir brauchen also eine Webseite auf Deutsch, und das mit einer Vielzahl verschiedener anderer Sprachangebote. Aber wie viele eigentlich? Ich meine: Wie viele Sprachen und Dialekte dürfen es denn sein? Wer soll das, bitte schön, alles übersetzen? Vor allem: Wer soll das regelmäßig pflegen? Und was ist mit Analphabeten, die nicht lesen und schreiben können?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Die gehen zu Ihnen!)

Ich glaube, mittlerweile dürfte den meisten klar sein, dass das Märchen von den Fachkräften, die unsere Gesellschaft bereichern sollen, die man mit Gold aufwiegen kann und auf die wir so dringend angewiesen sind, eben doch nur ein Märchen ist. Vielleicht sind die Fachkräfte gemeint, die vor allem unsere Kriminalitätsstatistik bereichert haben.

(Zuruf von den LINKEN: Nein!)

Vielleicht kann man das Kind auch beim Namen nennen und Folgendes sagen: Es war eine Lüge. Es war eine Lüge mit den Fachkräften. Sie kennen das. Eine Lüge muss nur groß genug sein und oft genug wiederholt werden, damit sie geglaubt wird. Das ist ein Instrument, dessen wir uns nicht bedient haben.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Wir haben auch nicht wie gewisse andere Leute die Geschäftsordnung des Bundestages geändert, um bestimmte Ziele zu erreichen.

Ich komme zurück zum Antrag. Es gibt derartige Internetportale, bei denen man gegebenenfalls nachbessern könnte. Das ist zum Beispiel KURSNET. Es ist ein Projekt, welches mit Bundesmitteln finanziert wird. Dies könnte mit verhältnismäßig wenig Geld bewerkstelligt werden. Ich habe dazu ein paar Links. Diese kann ich Ihnen gern zur Verfügung stellen, damit Sie nachschauen können.

Ich möchte jetzt einmal ein paar Zahlen aus Dresden nennen, Stand 12. Mai. Es gibt acht BAMF-Integrationskurse mit zwölf bis 25 Plätzen: erster Kurs 14 Personen, ausgebucht. Zweiter Kurs 14 Personen, ein freier Platz. Dritter Kurs 25 Personen, komplett frei. Vierter Kurs 25 Personen, 24 Plätze frei. Fünfter Kurs 12 Personen, zwei Plätze frei. Sechster Kurs 15 Personen, drei Plätze frei. Siebenter Kurs 14 Personen, sechs Plätze frei. Achter Kurs 25 Personen, wieder komplett frei. Von 144 Plätzen sind 84 Plätze frei. Rund 60 % werden nicht genutzt.

Wie sieht es hier mit dem tatsächlichen Bedarf aus? Wieso werden die Ankommenden nicht sofort bei der Aufnahme in diese Kurse geschickt? Man lernt etwas,

man ist beschäftigt, man kann die Sprache lernen, auch wenn man nicht bleiben kann, und schafft damit eine ordentliche Grundlage für eine wirkliche Integration. Man kann vor allem den linksgrünen Trommelvereinen das Geld wegnehmen und den Sumpf der teilweise korrupten Asylindustrie trockenlegen.

(Beifall bei der AfD – André Barth, AfD: Genau!)

Ich komme zurück zum Antrag.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Die eben genannten Zahlen – – Wir haben genug Zeit, Sie können sich herausreden. Haben wir es?

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Dass Sie einmal sagen, dass wir dran sind. Herr Gebhardt, ich bin begeistert.

Die eben genannten Zahlen kann man in wenigen Minuten recherchieren. Dafür braucht man keine teure, neue und pflegeintensive Homepage. Wenn man für die unterschiedlichen Sprachniveaus zum Beispiel für Ärzte oder andere Berufsgruppen die Brücken- und Anpassungskurse darstellen möchte, in verschiedenen Sprachen und Dialekten, dann ist es ein Fass ohne Boden. Es ist Bürokratie ohne Ende. Das ist mit uns nicht zu machen. Wir sind für einen Grundkurs. Dafür gibt es aber entsprechende Portale. Den Rest kann man selbst recherchieren. Folgendes sagen wir ehrlich: Wer wirklich will, der kann auch. Das sind Hol- und keine Bringschulden.

Was ist mit dem Status der Großinteressenten: anerkannte Flüchtlinge, Asylsuchende mit guter Bleibeperspektive, Asylsuchende mit mittlerer Bleibeperspektive, Asylsuchende aus sicheren Herkunftsländern, EU-Zugewanderte sowie aus Drittstaaten geplante Zuwanderungen wie zum Beispiel der Familiennachzug. Wenn Sie das alles unter Zugangskriterien verstehen, dann ist dies in Ihrem Antrag relativ kurz gefasst und würde auf dem Internetportal wahrscheinlich auch zu kurz kommen.

Zum Schluss sprechen wir über das liebe Geld. Ich möchte ein Zitat aus der „Welt“ vorlesen: „Der Bundesrechnungshof prüfte Einstiegskurse, die Ende 2015 veranlasst und für die bis zu 400 Millionen Euro ausgegeben wurden. Es sei davon auszugehen, dass ein Großteil der eingesetzten Mittel de facto ins Leere lief. Die Bundesagentur habe keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um den Erfolg der Einstiegskurse strukturiert zu prüfen“, hieß es. Die Kurse seien aufgrund der schlechten Qualität des Lernmaterials von verschwindend gering bis zur Kursauflösung führenden Teilnehmerzahlen geprägt

gewesen. Bei den Abrechnungen habe es ebenfalls Unstimmigkeiten gegeben. Es seien einige Fälle von Doppelförderungen und -abrechnungen entdeckt worden. Zudem habe die Arbeitsagentur Sprachkurse für Kinder zwischen null und 13 Jahren abgerechnet, obwohl die Maßnahme als aktive Arbeitsmarktförderung gedacht war. Wunderbar.

Abschließend ist Folgendes zu sagen: Da der Umfang des Projekts nicht genannt ist, ist folglich daraus auch nicht abzuschätzen, in welchem Zeitraum eine Umsetzung erfolgen kann. Verbunden damit ist eine Finanzierung nicht geplant. Deshalb lehnen wir den Antrag ab. Es handelt sich ausschließlich um einen Schaufenster- oder Wahlkampfantrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Diese kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Köpping, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in den letzten Jahren eine ganze Vielzahl von neuen und verbesserten Spracherwerbsangeboten in Sachsen etabliert, sowohl vom Bund als auch vom Land. Herr Kiesewetter hatte vorhin die Zahlen genannt, die für den Bund gelten.

Ich möchte benennen, was wir seit dem Jahr 2016 im Land gemacht haben. Wir haben zum Beispiel mit Blick auf die Bundesangebote circa 4 700 Teilnehmern die Möglichkeit gegeben, die deutsche Sprache zu erlernen. Das waren über 818 Kurse. Das Land hat seit dem letzten Oktober immerhin auf Basis von 380 Kursen 8 340 Teilnehmern den Sprachzugang ermöglicht. Das sind Kurse, die beim Bund die klassischen Integrationskurse darstellen. Sie kennen sie. Es sind die BAMF-berufsbezogenen Sprachförderkurse, die noch bis zum Ende dieses Jahres laufen. Die berufsbezogenen Sprachkurse, die Alphabetisierungskurse sowie die Zweischriftlerkurse sind neu. Beim Land ist das der Alphabetisierungskurs sowie der Kurs „deutsch sofort“ und „deutsch qualifiziert“. Dazu kommen noch weitere regionale und zielgruppenspezifische Angebote. Warum trage ich das vor? Herr Richter, das unterscheidet sich von dem Angebot, wenn ich Möbel von A nach B schaffen soll und eine Internetplattform schaffen möchte. Das geht nicht so einfach. Es ist ein sehr komplexes System. Deswegen wollte ich den Unterschied einmal herausstellen.

Ja, eine transparente Sprachkursübersicht ist wirklich wichtig, um teilnahmeberechtigte Personen gezielt zum geeigneten Kurs leiten zu können. Liebe Frau Zais, ich gebe Ihnen vollumfänglich Recht. Diese tragen zu einer optimalen Integration bei. Deshalb hat mein Haus auch eine Sprachkursübersicht über die vorhandenen Angebote erarbeitet. Diese muss auch immer wieder aktualisiert werden, weil Sprachkurse beginnen und enden. Das ist ein relativ hoher Aufwand, der dafür notwendig ist. Wir haben diese Kursübersicht an alle Abgeordneten verteilt. Wir haben sie im Rahmen unserer Gespräche an die Verbände verteilt. Sie steht auf unserer Internetseite. Wir haben gerade gehört, dass man die Kursangebote durch

aus findet, auch wenn sie mir noch immer nicht richtig vom Angebot her gefallen. Das ist nach wie vor schwierig.

Das entscheidende Instrument für die Transparenz im Bereich des Spracherwerbs bleibt aber trotzdem das KURSNET. Das KURSNET wird durch die Bundesagentur für Arbeit in das Netz gestellt. Deswegen ist es für uns nicht ganz so einfach, Veränderungen herbeizuführen. Auf diesen Punkt komme ich gleich noch einmal zu sprechen.

Die Integrationskursträger sind grundsätzlich durch das BAMF zur Eintragung verpflichtet. Das ist der erste Punkt. Gleiches gilt für die Sprachkurse des Bundes. Selbstverständlich haben wir dort auch unsere Kurse im Rahmen des Landessprachprogramms einstellen lassen. Dies haben wir auch im Zuwendungsbescheid festgelegt. Es ist somit verpflichtend.

Das Gute daran ist, dass wir ein bewährtes System nutzen. Dazu haben wir hier Diskussionen geführt. Es war von einem Wirrwarr die Rede. Das möchten wir in diesem Bereich nicht erneut aufbauen. Es sind aber auch andere Bildungsangebote über KURSNET abrufbar, wie beispielsweise die berufliche Grundbildung, Berufsvorbereitung zur beruflichen Grundqualifikation und Qualifizierungsmaßnahmen zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Diese können ebenfalls über KURSNET recherchiert werden.

KURSNET bietet eine bundesweite einheitliche Plattform zur Recherche von Sprachangeboten und im Anschluss daran auch zur Recherche von Bildungsangeboten. Diese Komplexität bietet KURSNET an. Ich gebe zu, dass es Probleme gibt. Eines der Probleme, das wurde heute bereits angesprochen, ist wegen des gerade angedeuteten Umfangs der Komplexität die Bedienerfreundlichkeit. Ich stehe auf Ihrer Seite. Ich sehe dies ebenfalls. Zweitens ist ebenfalls wichtig, dass es noch nicht mehrsprachig zur Verfügung steht. Eine Nachbesserung ist hierbei ebenfalls notwendig. Wir wissen aber aus unseren Quartalsgesprächen mit dem BAMF, dass es zurzeit erhebliche Anstrengungen gibt, die Qualität und Vollständigkeit der Informationen für die berufsfördernden Kurse zu sichern. Wir als Landesministerium arbeiten dazu eng mit den Bundesbehörden zusammen, so wie wir es bei der Ausrichtung unserer Landessprachkurse bereits getan haben. Für den Teilnehmer ist es egal, ob er einen Landes- oder Bundessprachkurs besucht. Alles soll miteinander verbunden sein, je nachdem, wie sich bei der jeweiligen Person der Status ändert. Es war uns wichtig, dass wir keine Parallelstrukturen, sondern vorhandene Strukturen nutzen.

(Beifall bei der SPD)

Eine zusätzliche durch den Freistaat zu tragende und zu pflegende Plattform würde sowohl für die Träger der Sprachkurse – das bitte ich zu beachten – als auch für die öffentliche Verwaltung einen erheblichen Mehraufwand bedeuten, weil sie ihre Kurse bereits im KURSNET einstellen und zusätzlich auf unserer Plattform ständig aktualisieren müssten.

Das hieße, dass wir ein Parallelangebot erschaffen würden. Das würde aus meiner Sicht in der Tat weder zur Klarheit noch zur Transparenz beitragen.

Haben Sie etwas Geduld, geben Sie uns ein wenig Zeit, damit es qualitativ verbessert werden kann. Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind, was die Sprachangebote betrifft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Wir kommen zum Schlusswort. Das hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und es spricht Frau Abg. Zais. Bitte sehr, Frau Zais.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte zu unserem Antrag war nicht wirklich überraschend. Ich habe mir drei Punkte aufgeschrieben, auf die ich noch eingehen will. Unter Punkt 1 möchte ich grundsätzlich einmal betonen, dass es nicht das Ziel dieses Antrags war, den Umfang der Mittel usw., die Bemühungen der Staatsregierung, vor allem des Integrationsministeriums, zu kritisieren. Wenn ich mit den Menschen rede, ist man sehr froh, dass das Geld da ist, dass es funktioniert, dass sich die Gruppe der Berechtigten erweitert hat. Das war echt nicht der Punkt.

Der Punkt – und ich muss sagen, darauf sind alle Rednerinnen und Redner leider zu wenig eingegangen –, warum wir diesen Antrag gestellt haben, ist, dass wir bemerken, dass ein Perspektivwechsel notwendig ist, dass man sich einmal in die Situation des Menschen hineinbegibt, der selbstständig und eigenständig agieren will, die Sprache lernen, einen Beruf ausüben will, weil er einen Schulabschluss nachholen will oder Ähnliches. Ich glaube, wir sollten diesen Perspektivwechsel zulassen und fragen, wie unsere Angebote bei denen wirken, für die sie gemacht sind.

Unsere Zielgruppe sind nicht die vielen Sprachkursträger. Unsere Zielgruppen sollen die Menschen sein, die bei uns sind, von denen wir verlangen, dass sie die Sprache lernen, die oft auch selbst gern diese Sprache lernen möchten. Der zweite Punkt ist: Mit diesem Antrag wollen wir einen Perspektivwechsel.