Protokoll der Sitzung vom 17.05.2017

Wir haben kontrovers, aber zielgerichtet und nach meinem Empfinden überwiegend konstruktiv diskutiert. Ich denke, wir haben ein gutes Ergebnis erreicht, das die Zustimmung verdient, das uns handlungsfähig macht und uns als Übergangslösung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über den Vollzug der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams in die Lage versetzt, dessen Vollzug zu gewährleisten.

Den angesprochenen großen Entwurf werden wir – das sei vorweg gesagt – voraussichtlich Mitte dieses Jahres zur Anhörung geben. Darauf komme ich gleich zu sprechen.

Nun zur Sache: Bereits im letzten Plenum haben wir darüber diskutiert, was passieren muss, damit die Ausreise nach einem negativen Asylbescheid tatsächlich erfolgt. Ich habe gesagt, dass es eigentlich selbstverständlich sein sollte, der Ausreisepflicht, die immer erst nach gründlicher und genauer Prüfung unserer Behörden bzw. nach Einspruch und Entscheidung unserer Gerichte erfolgt, auch nachzukommen.

(Beifall des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Natürlich weiß ich auch: Für viele der Betroffenen ist es eine schwierige Situation. Die meisten haben sich Hoffnungen gemacht und vielleicht auch etwas anderes erwartet. Aber wenn die Behörden und abschließend die Gerichte so entschieden haben, dann ist es, meine sehr verehrten Damen und Herren, in einem Rechtsstaat, der wir einer sind, die relevante, entscheidende Größe, nach der wir uns richten müssen und richten werden.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich werden wir weiterhin versuchen, ausreisepflichtige Personen bei der Erfüllung ihrer Ausreisepflicht zu unterstützen und sie zur freiwilligen Rückkehr zu bewegen. Aber klar ist und bleibt in jedem Fall: Wenn auch ausreiseunterstützende Maßnahmen, wie die entsprechenden Programme, nicht greifen, wenn unsere Rückkehrberatung nicht den gewünschten Erfolg hat, dann ist die Abschiebung nun einmal die notwendige Konsequenz. Nach meinem Verständnis, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist alles andere Rechtsbruch.

(Beifall bei der CDU)

Ja, Frau Nagel, im Jahr 2016 haben wir in Sachsen insgesamt 3 377 Abschiebungen durchgeführt. Aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass es im Vorfeld teilweise zu erheblichen Schwierigkeiten gekommen ist bzw. andere geplante Abschiebungen sich verzögert oder verhindert haben.

Warum ist das so? Das habe ich bereits mehrfach gesagt; es gibt vielfältige Gründe: Personen tauchen unter, werden nicht angetroffen, Familienmitglieder werden versteckt und Meldeauflagen nicht eingehalten. Kurz gesagt: Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die es als Ultima Ratio notwendig machen, die betreffenden Personen – wir sprechen ausdrücklich von solchen Leuten, die sich rechtswidrig verhalten – bis zu ihrer Abschiebung festzuhalten, nachdem – das sei nochmals gesagt – mildere Mittel wie die angesprochenen Förderungen oder auch Leistungseinschränkungen wirkungslos geblieben sind.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir dafür die Voraussetzungen und machen uns perspektivisch von anderen Bundesländern unabhängig, zumal deren Kapazitäten sowohl in Sachen Ausreisegewahrsam als auch in Sachen Abschiebungshaft begrenzt sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahr 2015 hat der Bund eine Regelung in das Aufenthaltsgesetz eingefügt, wonach alternativ zur Abschiebungshaft ein Ausreisegewahrsam von maximal vier – geplant sind zehn – Tagen Dauer verhängt werden kann. Er macht also vor allem bei anstehenden Abschiebungen Sinn und darf nur auf Anordnung eines Richters erfolgen, und zwar auch nur dann, wenn der Ausreisepflichtige versucht, sich der Abschiebung zu entziehen. Damit ist auch klar: Die Betroffenen können dem Ausreisegewahrsam einfach dadurch entgehen, indem sie ihrer Ausreisepflicht freiwillig nachkommen.

(Beifall bei der CDU)

Bislang stand in Sachsen, wie Sie wissen, weder eine Einrichtung für den Ausreisegewahrsam noch für die Abschiebungshaft bereit. Das wird nun anders. Sowohl der Ausreisegewahrsam als auch später die Abschiebungshafteinrichtung werden bald – räumlich getrennt, aber in einem Objekt – in Dresden, in der Hamburger Straße, möglich sein. Ende 2017 wird der bauliche Teil des Ausreisegewahrsams dort fertig sein und voraussichtlich im Frühjahr 2018 die Abschiebungshaft.

Die mit dem Vollzug einhergehende Freiheitsbeschränkung – also die Frage nach dem Ob – ist ja bereits durch die bundesweite Regelung des Aufenthaltsgesetzes gesetzlich gesichert. Die darüber hinausgehenden grundrechtsrelevanten Eingriffsmaßnahmen – also die Frage nach dem Wie – werden nun nach dem vorliegenden Entwurf auf rechtlich sichere Beine gestellt. Grundsätzlich gilt dabei: Es sind nur solche Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes anzuwenden, die zur Durchsetzung der nicht freiwillig erfüllten Ausreisepflicht erforderlich sind.

Der Ausreisegewahrsam hat keinen Strafcharakter. Deshalb ist es falsch zu behaupten, mit dem Gesetz würden Ausreisepflichtige wie Straftäter behandelt werden.

Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einige Worte zu den vom Innenausschuss vorgeschlagenen Änderungen bzw. Ergänzungen. Ich bin dankbar und befürworte die zusätzlichen Regelungen. Es ist richtig und sinnvoll, Familien getrennt von anderen Ausreisepflichtigen unterzubringen, unbegleitete Minderjährige getrennt von Erwachsenen, und den Vollzug in der Ausreisegewahrsamseinrichtung durch einen Beirat

begleiten zu lassen, sodass an dieser Stelle auch maximale Transparenz gewährleistet ist. Außerdem ist der Rahmen zu schaffen, damit die betreffenden Stellen durch gut ausgebildetes Personal besetzt werden können.

Ich habe eingangs erwähnt, dass das heute vorliegende Ausreisegewahrsamsvollzugsgesetz ein Interim ist. Wir schaffen damit die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für den Ausreisegewahrsam und können so die Zeit überbrücken, bis das Gesetz über den Vollzug der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams im Freistaat Sachsen in Kraft tritt. Darin werden dann detaillierte Regelungen enthalten sein.

Bereits mit dem vorliegenden Gesetz wird es Möglichkeiten geben, in Sachen Abschiebung handlungsfähiger zu werden. Aber mit dem geplanten Abschiebungshaftgesetz werden wir in Sachsen auch bei Gefährdern, wie zum Beispiel Ben Harder, eine entsprechende Möglichkeit zur Verfügung haben, damit in Zukunft solche Leute nicht frei herumlaufen können. Deshalb bitte ich Sie abschließend um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Sächsische Ausreisegewahrsamsvollzugsgesetz, Drucksache 6/6352. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Drucksache 6/9561. Es liegen keine Änderungsanträge vor. Deshalb frage ich Sie, ob ich die Überschrift und die anschließenden Paragrafen nacheinander vorlesen darf oder ob Sie Einzelabstimmung beantragen. – Ich frage: Wer möchte Einzelabstimmung? – Ich sehe, dass dies nicht der Fall ist. Somit rufe ich die Überschrift auf, danach § 1 Ausreisegewahrsamseinrichtungen, § 2 Beirat, § 3 Dienstrechtliche Bestimmungen, § 4 Einschränkungen von Grundrechten und § 5 Inkrafttreten, Außerkrafttreten. Wer der Überschrift und den Paragrafen die Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Gegenstimmen und Stimmenthaltungen ist der Überschrift und den einzelnen Paragrafen mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich stelle nun den Entwurf Sächsisches Ausreisegewahrsamsvollzugsgesetz in der in der Zweiten Beratung beschlossenen Fassung als Ganzes zur Abstimmung. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmungsverhalten: Bei Gegenstimmen und Stimmenthaltungen ist dennoch der Entwurf als Gesetz beschlossen. Damit ist auch der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Neuregelung der Berufsakademie im

Freistaat Sachsen und Aktualisierung von gesetzlichen

Regelungen für den tertiären Bildungsbereich

Drucksache 6/7080, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/9551, Beschlussempfehlung des Ausschusses

für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Hierzu ist eine allgemeine Aussprache vorgesehen. Es beginnt die Fraktion der CDU, danach folgen DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun der CDU-Fraktion das Wort; Frau Abg. Fiedler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Ein Studierender an einer Berufsakademie hat sich meist sehr bewusst für die tertiäre Ausbildung entschieden. Die Gründe liegen hier in der aktuellen Attraktivität des Studiums: eine Vergütung,

eine Sozialversicherung, absolute Praxisnähe, die Aussicht auf Übernahme und ein inhaltlich nicht formeller akademischer Abschluss auf erster Ebene.“ – So beschrieb der Vorsitzende des Studentenrates der BA, Alexander Klaus, zur Anhörung des vorliegenden Gesetzentwurfes im Wissenschaftsausschuss klar und einleuchtend die Vorteile der Berufsakademie. Nicht zuletzt die Anhörung machte die Beliebtheit der Berufsakademie Sachsen bei der Wirtschaft wie bei jungen Menschen gleichermaßen deutlich. Unsere BA ist unverzichtbar, wenn es um die Gewinnung und Ausbildung des Nachwuchses für die

sächsische Wirtschaft geht. Die klare Ausrichtung am Markt und am einzelnen Interesse der Wirtschaft, das heißt, in Sachsen insbesondere der kleinen und mittelständischen Betriebe, die enge Verankerung in der Region und die schlanke Organisationsstruktur sind ihre Erfolgsfaktoren. Die Vermittlungsquote von über 90 % unterstreicht dies eindrucksvoll.

Dieses Erfolgsmodell wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf weiter profilieren. Die vorgeschlagenen Weiterentwicklungen erfolgen auf Empfehlung des Wissenschaftsrates. So soll unsere BA eine stärkere Selbstständigkeit, eine höhere Eigenverantwortung als Anstalt des öffentlichen Rechts erhalten. Unsere Berufsakademie mit ihren sieben Standorten hat zukünftig einen Präsidenten, einen Kanzler, einen Aufsichtsrat und eine zentrale Geschäftsstelle, die akademieübergreifende

Aufgaben übernimmt. Wir finden es richtig, dass der Sitz der BA dauerhaft festgelegt wird. Mit Glauchau wurde ein Standort definiert, an dem zum einen eine Einrichtung der BA etabliert ist und bereits vor mehreren Jahren die Geschäftsstelle der BA selbst eingerichtet wurde und seitdem erfolgreich arbeitet.

Es wird die Möglichkeit von Beteiligungen an Unternehmen eröffnet und die Drittmittelfähigkeit hergestellt. Die Dozenten werden aufgewertet und das Berufungsverfahren deutlich vereinfacht, indem zukünftig durch die Berufsakademie und nicht mehr durch das Ministerium Dozenten als Professoren berufen werden.

Mit unserem Änderungsantrag im Wissenschaftsausschuss haben wir die Personalvertretung der Studenten ermöglicht, den Aufsichtsrat um eine Vertretung der Professoren aus der BA selbst ergänzt, dem Präsidenten ein Initiativrecht für Aufsichtsratssitzungen eingeräumt und die BAföG-Auszahlung, wie vom Landkreistag gewünscht, nicht mehr gesetzlich zentral festgelegt, sondern an die einzelnen Standorte verlagert. Damit haben wir einen guten Gesetzentwurf noch ein kleines Stück besser gemacht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal verdeutlichen, dass es heute allein um die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Berufsakademie geht, nicht um ihre finanzielle Ausstattung. Das ist eine Frage, die im Haushaltsverfahren zu klären ist. Heute können wir weder die derzeitige finanzielle Ausstattung der BA nachverhandeln noch Vorbeschlüsse für den nächsten Haushalt treffen. Die Koalition hat aber sehr wohl den Bedarf, beispielsweise was die Eingruppierung der Dozenten/Professoren betrifft, vernommen und als Hausaufgabe für zukünftige Haushalte mitgenommen.

Aber auch bis zum nächsten Haushalt wird sich die Berufsakademie weiterentwickeln können. Anfang der Woche haben beispielsweise das Finanz- und das Wissenschaftsministerium die Pläne für die repräsentative Unterbringung der Berufsakademie Plauen im modernen Campus Amtsberg vorgestellt. Im September 2018 soll das circa 20 Millionen Euro teure Lehr- und Multifunkti

onsgebäude fertig sein und damit zur Steigerung des Standortes Plauen beitragen.

Neben einer guten Personalausstattung gehört ein guter baulicher Zustand der Einrichtung genauso zur Attraktivität der BA. Hier sind wir – auch dank der hohen Investitionsquote des Freistaates – auf einem sehr guten Weg.

Wir haben uns für die Aufnahme vieler Empfehlungen des Wissenschaftsrates in das vorliegende Gesetz entschieden. Darauf bin ich schon eingegangen. Wir haben auch die Empfehlung übernommen, die BA nicht in eine duale Hochschule umzuwandeln, und das aus guten Gründen: Die Berufsakademie ist ein wesentlicher Bestandteil unseres erfolgreichen Ausbildungssystems in Sachsen, welches im Wissenschaftsbereich aus Universitäten, Fachhochschulen und der Berufsakademie besteht. Genau diese Dreiteilung sowie die klare Unterscheidung und Profilierung dieser drei Einrichtungen machen dieses System so erfolgreich, und es ist unsere Aufgabe als Landespolitiker, dass dies auch so bleibt.

Duale Hochschule bedeutet das Angebot von Bachelor- und Masterabschlüssen. Master bedeutet Interdisziplinarität, Internationalität und kontinuierliche Forschung, das bedeutet – das leuchtet sicher ein – eine deutlich höhere Personal- und Infrastruktur. Woher diese kommen soll, ohne zulasten der anderen Hochschulen in unserem Land zu gehen, bleibt bei den Fordernden offen. Auch die Aussage, dass dieser Titel zur Steigerung der Attraktivität beitragen würde, leuchtet nur wenig ein. Heute schon stammt rund ein Drittel der Bewerber von außerhalb Sachsens, wohingegen nur 1 % der Bewerber an der dualen Hochschule in Thüringen aus unserem Bundesland kommt.

Gewährleistet sein muss die Durchlässigkeit zur Belegung eines Masterstudiums an einer Hochschule. Das wurde in der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf im Wissenschaftsausschuss noch einmal explizit bestätigt. Hierzu zitiere ich den Rektor der Fachhochschule Mittweida: „Die Absolventen der BA sind hochwillkommen bei uns.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir geben dem vorliegenden Gesetzentwurf heute gern unsere Zustimmung, verbunden mit dem Signal und der Motivation an unsere Berufsakademie, ihren Weg weiter fortzugehen. Bleiben Sie bitte weiter so erfolgreich, wir unterstützen Sie dabei gern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)