Einige deutsche Solarunternehmen überlebten den Niedergang, weil sie sich auf Hochtechnologie und auf Nischenprodukte spezialisierten, zum Beispiel auf hocheffiziente Solarzellen, Solarstrom für Selbstversorger oder Komplettsysteme für Gewerbetreibende sowie intelligente Steuerungen. SolarWorld, der Branchenprimus, ging einen anderen Weg. Mit der politischen Initiative „EU pro sun“ setzte man EU-Zölle auf Solarpaneele aus chinesischer Produktion durch. Subventionen, Lobbyismus und Protektionismus sind das Geschäftsmodell solcher politischen Vorzeigevisionäre, wie Herrn Asbeck, nicht Innovation und Wettbewerb. Unternehmen und Unternehmer, wie SolarWorld und Herr Asbeck gedeihen dort am besten, wo Politiker versuchen, den Erfolg ihrer Ideologie mit den Steuermilliarden der Bürger zu erkaufen.
Die Zukunft von SolarWorld wird davon abhängen, ob der Insolvenzverwalter einen Investor mit einem zukunftsfähigen Geschäftsplan findet, ob die Mitarbeiter zukunftsfähige Produktideen entwickeln. Mit der Politisierung der Firmeninsolvenz, so wie wir sie gerade im Landtag betreiben, tun wir weder dem Unternehmen noch den Mitarbeitern einen Gefallen. Denken Sie an die Firmen Holzmann oder Schlecker. Die Einmischung der Politik in das Insolvenzverfahren war für den Markt meist ein Signal dafür, dass das Unternehmen endgültig gescheitert ist. Solche Signale braucht SolarWorld absolut nicht.
Die CDU-Fraktion hat noch Redezeit. Wird das noch gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Damit haben wir die Aktuelle Stunde geschafft. – Entschuldigung, Herr Minister Dulig. Bitte, selbstverständlich.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage mich, wie die Art und Weise der Debatte auf die Beschäftigten wirkt, die gerade ganz andere Sorgen haben. Ich frage mich, wenn ich die Pressemitteilungen von LINKEN und GRÜNEN wenige Stunden nach Insolvenzanmeldung gelesen habe, was das bei den Beschäftigten auslöst. Ich sage Ihnen ganz klar, schon in Rücksicht auf die Schicksale um die es geht, eine parteipolitische Profilierung auf dem Rücken der Beschäftigten geht nicht.
Weder politischer Aktionismus noch energiepolitische Grundsatzdebatten können jetzt geführt werden, wenn es darum geht, das Unternehmen zu retten. Das müssen wir bitte voneinander trennen. Ich bitte auch um Redlichkeit der Argumente. Ich freue mich, Frau Pinka, dass Sie heute bei der Debatte klargestellt haben, dass Sie auch der Meinung sind, das Unternehmen als Erstes retten zu wollen. In Ihrer Presseverlautbarung haben Sie etwas anderes gesagt. Sie haben von der Landesregierung als Erstes eingefordert, wovon Sie jetzt der Meinung waren, das müsse am Schluss stehen.
Siehe „Freie Presse“ Stichwort An-Institut, Stichwort Auffanggesellschaft, als politische Lösung definiert, wenige Stunden, nachdem der Insolvenzantrag gestellt wurde.
Herr Dr. Lippold, ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal mit Vertretern von SolarWorld gesprochen haben. Es geht darum, jetzt den Fokus darauf zu richten, was machbar ist und auf welcher Basis wir die Informationen nutzen können. Eines ist klar – zumindest hier müssten Sie mir einen Nachweis bringen, abgesehen von der ideologischen Debatte –: Die konkrete Energiepolitik in Sachsen hat nichts mit der Insolvenz von SolarWorld zu tun.
Um hier einmal sachlich darzustellen, was in den letzten Tagen eigentlich passiert ist und wo wir gerade stehen: Für die SolarWorld AG wurde am letzten Freitag das Insolvenzverfahren eröffnet, genauso wie für SolarWorld Industries Sachsen GmbH und SolarWorld Innovations GmbH. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Horst Piepenburg aus Düsseldorf bestellt. Der Insolvenzverwalter beabsichtigt, den Betrieb des Unternehmens sicherzustellen.
Ich habe mit Herrn Piepenburg telefoniert und sage hier auch mit großem Respekt ihm gegenüber: Er hat den Vertrauensvorschuss mehr als verdient, nicht nur weil er schon mehrere große Unternehmen wie SinnLeffers, Strauss oder MG Rover erfolgreich durch Insolvenzen geführt hat. Er hat bei der Betriebsversammlung auch den Beschäftigten deutlich gemacht, dass er Lösungen will, dass er ein Partner ist. Ich habe großes Vertrauen in ihn. Er gilt als erfahrener Sanierungsexperte; das stimmt uns zuversichtlich.
Wir haben verabredet, dass wir uns weiterhin regelmäßig in den Informationsaustausch begeben, denn selbstverständlich haben wir ein großes Interesse daran, als Staatsregierung nicht erst am Ende eines Prozesses einzusteigen, sondern den Prozess aktiv zu begleiten.
Wir als Wirtschafts- und Arbeitsministerium haben gegenüber dem Unternehmen und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets unsere Gesprächsbereitschaft deutlich gemacht und alle Gesprächsangebote angenommen. Wir stehen seit Längerem mit dem Betriebsrat und der Geschäftsleitung der Freiberger Unternehmen der SolarWorld in Kontakt. Deshalb, Herr Dr. Lippold, bin ich mir nicht ganz so sicher, wann Ihr letztes Gespräch wirklich stattfand und mit wem Sie es geführt haben – das können Sie ja gern noch einmal erklären. Wir jedenfalls sprechen seit Wochen über die Restrukturierungspläne von SolarWorld. Da ging es um Sozialpläne, es ging um die Begleitung der Restrukturierungspläne. Diese galten noch bis Freitag, 18 Uhr.
Dann kam die Insolvenzanmeldung. Da darf man, wenn man vorher tatsächlich all diese Gespräche geführt hat, auch einmal sagen, dass es einen kalt erwischt hat, weil das mit dem, was wir vorher mit allen Beteiligten besprochen hatten, nichts zu tun hatte. Deshalb sage ich Ihnen: Ich weiß nicht, ob Sie eine Glaskugel hatten, aber uns, die wir an den Gesprächen teilgenommen hatten, hat es kalt erwischt. Wir sind davon ausgegangen, dass wir mit der Begleitung der Restrukturierungspläne eine Perspektive für das Unternehmen bekommen – trotz aller schwierigen Umstände, die auf den Weltmärkten vorherrschen.
Ich kann nur wiederholen: Wir stehen aktuell natürlich mit allen Beteiligten im Gespräch, um alle Möglichkeiten wahrzunehmen, den Prozess unterstützend zu begleiten. Soweit für SolarWorld als Ganzes oder für die Freiberger Tochterunternehmen eine positive Fortführungsprognose gegeben ist, käme zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs während einer Umstrukturierung bzw. einer Investorensuche natürlich auch die Gewährung eines Massedarlehens durch die Förderbanken der betroffenen Bundesländer, also Sachsens, Thüringens und Nordrhein-Westfalens, in Betracht. Über alles Weitere, über alle anderen Maßnahmen sprechen wir dann, wenn wir mehr wissen.
Die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ist seit Längerem schwierig, das wurde heute schon deutlich ausgedrückt. Um meinen Anfangssatz zu wiederholen: Die Energiepolitik in Sachsen hat nichts mit der Insolvenz zu tun. Der harte globale Wettbewerb läuft nicht fair ab.
Da muss ich Henning Homann ein wenig korrigieren: In China wird das 1,3-Fache der gesamten Weltproduktion staatlich subventioniert,
wird zu Dumpingpreisen noch unter Herstellungskosten produziert. Das sind die Voraussetzungen, unter denen wir natürlich auch die Zukunft eines solchen Unternehmens bewerten müssen.
Die von der EU verhängten Strafzölle gegen Dumping im Solarmarkt haben in den letzten Jahren immer weniger gegriffen. Über die Sinnhaftigkeit lässt sich auch streiten. Aber wir stehen nun einmal in diesem Wettbewerb. Im Zuge dessen sind in der Vergangenheit bereits alle anderen großen deutschen Hersteller vom Markt verschwunden.
Andere wiederum haben ihre Geschäftsmodelle angepasst. Das Dresdner Unternehmen Solarwatt beispielsweise hat nach seiner Insolvenz 2014 den Massenmarkt verlassen – Herr Vieweg ist darauf eingegangen. Das Geschäftsmodell, auf den Premiummarkt zu setzen, funktioniert. Deshalb kann eine Insolvenz auch eine Chance sein. So sollten wir auch herangehen. Das bietet dem Unternehmen nämlich die Perspektive, durch die Anpassung seines Geschäftsmodells weiter zu bestehen.
Der Freistaat wird selbstverständlich eine für die Zukunft tragfähige Lösung unterstützen. Zudem bietet der Freistaat für eine positive wirtschaftliche Entwicklung natürlich gute Voraussetzungen. Standortvorteile wie gut ausgebildete, motivierte Beschäftigte sowie ein geeignetes Umfeld an Zulieferern und Dienstleistern sind eine ganz wesentliche Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg.
Sollte der Erhalt der Arbeitsplätze nicht oder nicht in vollem Umfang gelingen, macht mir dennoch Hoffnung, dass wir eine robuste sächsische Wirtschaft haben. Sachsen befindet sich in einer guten wirtschaftlichen Situation. Die Wirtschaft ist stabil, sie wächst, sie ist differenziert. Gute Fachkräfte werden gebraucht.
Kollege Ittershagen ist auch auf Freiberg eingegangen. Allein Freiberg hat 20 500 Arbeitsplätze, 730 gewerbesteuerzahlende Firmen und nur 2 % Arbeitslosigkeit. Insgesamt bietet der Halbleiterstandort Sachsen durchaus Beschäftigungsperspektiven.
Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, und das ist die eigentliche Schwierigkeit: Selbst wenn wir wissen, dass die wirtschaftliche Situation in Sachsen und in Freiberg gut ist, lohnt es sich, um jeden einzelnen Arbeitsplatz bei SolarWorld zu kämpfen, denn dort werden die Prinzipien guter Arbeit eingehalten. Mit SolarWorld haben wir ein Unternehmen, das nicht nur in einer Zukunftsbranche tätig ist, sondern auch fair und ordentlich nach Tarif bezahlt.
Deshalb ist es natürlich unser Ziel, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten, auch wenn die Verantwortung
jetzt beim Insolvenzverwalter liegt. Wir begleiten diesen Prozess aktiv, um Lösungen im Interesse der Beschäftigten zu bekommen.
Entschuldigung. – Meine Damen und Herren, jetzt haben wir die Debatte und den Tagesordnungspunkt 1 wirklich abgeschlossen.
Für die Staatsregierung berichtet zunächst der Herr Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Martin Dulig, zum Thema „Innovationspotenzial der Elektromobilität für Sachsen nutzen“. Zur Einbringung stehen 10 Minuten zur Verfügung, danach haben die Fraktionen die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen.
In der zweiten Runde kommt das Thema der SPDFraktion hinzu: „Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft in Sachsen“.
Ich bitte nun Herrn Staatsminister Dulig um seine Einführung; 10 Minuten Redezeit. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sachsen ist einer der führenden Mobilitätsstandorte in Deutschland und Europa. Darauf können wir zu Recht stolz sein. Zugleich stellt die Elektromobilität die gesamte Branche vom Premiumhersteller bis hin zum Zulieferbetrieb vor neue Herausforderungen. Für diese wollen wir gewappnet sein.
Der Wandel bringt ebenso große Chancen mit sich. Diese wollen wir für die Menschen in Sachsen nutzen, wollen Wohlstand und Beschäftigung sichern, Zukunft sichern. Aus diesem Grund ist die Strategie „Synchrone Mobilität 2023“ entstanden. Dabei geht es um vernetzte und automatisierte Mobilität von morgen. Beispielsweise können ÖPNV und Individualverkehr verschmelzen. Die Strategie beinhaltet fast 20 Forschungsprojekte in unterschiedlichen Stadien. Sieben sind bereits bewilligt und tragen dazu bei, dass wir unseren Vorsprung halten und weiter ausbauen können.
Das SMWA ist deutlich in Vorleistung gegangen, beispielsweise mit über 8 Millionen Euro aus der Technologieförderung. Zahlreiche weitere Projekte befinden sich in der Prüf- und Bewilligungsphase. Hierfür schließen wir neben Programmen des Freistaates auch Förderprogramme der EU und diverser Bundesministerien auf. Hinzu kommen in erheblichem Umfang Eigenmittel der beteiligten Unternehmen.
Es geht aber auch darum, die richtigen politischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Daher gilt mein Dank der
Kompetenzstelle Effiziente Mobilität für ihre anspruchsvolle Moderationsleistung in diesem komplexen Feld.