Daher darf man zwischendurch auch einmal sagen: Es ist gut gelaufen, was in den letzten 15 Jahren passiert ist – dank der hervorragenden Arbeit der Wismut. Wir wissen, dass noch große Aufgaben vor uns stehen, und wir freuen uns, dass wir die Partner gefunden haben, auch in der Bundesregierung, dies gemeinsam mit uns zu gestalten. Das sind wir den Menschen gerade im Erzgebirge schuldig.
Mit den Ausführungen von Staatsminister Dulig haben wir die erste Aktuelle Debatte abgeschlossen. Es gibt keinen weiteren Redebedarf.
Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte, Herr Kollege Bartl, Sie ergreifen jetzt das Wort für die einbringende Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der vergangenen Woche, vom 12. bis zum 14. Juni, tagte die Innenministerkonferenz in Dresden. Sieht man sich die bisher bekannt gewordenen Beschlüsse dieses Treffens an, so trifft die Charakterisierung meines Bundestagskollegen Jan Korte als „Überwachungsideenwettbewerb“ voll ins Schwarze.
Was hat der sächsische Innenminister also mit seinen Kollegen beschlossen? Zum Ersten die Harmonisierung der Landespolizeigesetze anhand eines Musterpolizeigesetzes. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat das
schon im Vorfeld gefordert; es dürfe angesichts der erhöhten Terrorgefahr keinen Flickenteppich mehr geben. Damit wird an einem Grundpfeiler des Föderalismus gerüttelt. Die polizeiliche Gewährleistung der inneren Sicherheit ist nach unserer Verfassungsordnung in erster Linie Sache der Länder, und zwar aus gutem Grund. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hatten den Missbrauch einer zentralisierten Polizei durch die Nazis noch lebhaft vor Augen. Die Aufteilung der polizeilichen Gewalten auf die Länderebene soll deren diktatorischen Missbrauch verhindern, zumindest erschweren. Nun soll aber Zentralisierung erfolgen. Damit wird der föderale Ansatz anno 2017 als störender Flickenteppich denunziert und damit zur Disposition gestellt.
Excercise von Polizei und Bundeswehr, das verfassungsrechtliche Verbot von Bundeswehreinsätzen im Innern auf, das aus ähnlichen historischen Gründen ins Grundgesetz gekommen ist.
Nach Ihrer Verlautbarung, Herr Staatsminister Ulbig, ist ein weiterer Meilenstein, so von Ihnen formuliert, auf den sich die Innenminister geeinigt haben, die Angleichung der Bewertungsmaßstäbe für sogenannte Gefährder in den einzelnen Ländern. Der Bundesinnenminister hat im Vorfeld der Konferenz sogar laut über eine zeitlich begrenzte Präventivhaft für Gefährder nachgedacht.
Wie ist der Begriff des Gefährders nun rechtlich definiert? Er ist auf überhaupt keiner gesetzlichen Grundlage definiert. Rechtlich betrachtet sind Gefährder weniger als Verdächtige. Der Verdächtige ist in der Behandlung bereits viel mehr als ein Rechtssubjekt ausgemacht. Aber die Innenminister schwafeln von Präventivhaft für diese Menschen. Das Prinzip der Unschuldsvermutung, das den Rechtsstaat nun wahrlich ziert, gilt für jedermann und ist Voraussetzung für ein rechtsstaatliches Strafverfahren generell.
Des Weiteren wollen die Innenmister im Kampf gegen den Terrorismus nun auch Kinder unter 14 Jahren durch den Verfassungsschutz überwachen und erkennungsdienstlich via Fingerabdruck überprüfen lassen. Dazu erklärt der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes völlig zutreffend: „Das deutsche Strafrecht sieht Strafmündigkeit aus gutem Grund erst ab 14 Jahren vor. Bei Kindern haben wir nun wirklich kein massives Sicherheitsproblem.“ Bei dieser Problemgruppe geht es um Prävention, um pädagogisch gezielte, professionelle Arbeit, aber nicht um überzogene Gesetzesänderungen.
Da ist der aus rechtsstaatlicher und grundrechtsstaatlicher Perspektive wahrliche Gruselkatalog noch längst nicht am Ende. Da wäre aus Sicht der informationellen Selbstbestimmung des Einzelnen die höchst fragwürdige Videoüberwachung mit biometrischen Gesichtserkennungen zu nennen. Daneben die ebenso bedenkliche Erweiterung der polizeilichen Befugnisse bei der DNA-Fahndung, die vom bisher möglichen einfachen Abgleich zur inhaltlichen Analyse nunmehr bis zur Benennung von Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie Herkunft der Verdächtigen ausgeweitet werden soll. Das muss man sich einmal vorstellen!
Schließlich wollen die Innenminister auch Messengerdienste wie WhatsApp auf derselben rechtlichen Grundlage wie Telefonate und SMS überwachen lassen. Sie vergessen dabei bloß zu erwähnen, Herr Ulbig, dass damit die Endgeräte der Betroffenen stets gehackt werden müssen.
Damit ist letzten Endes der Zugriff nicht nur auf die für die Ermittlung relevanten Daten möglich, sondern auf die gesamten Daten.
Da bleibt vom Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis als im Grundgesetz verbrieftes Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr viel übrig
Da sollten es die Bundesverfassungsrichter so machen, wie es Heribert Prantl als Ratschlag in einer entsprechenden Kommentierung Ihrer Konferenz beschrieben hat: Man sollte statt den Sechsjährigen lieber den Innenministern die Fingerabdrücke abnehmen lassen.
Der Zeitgeist, Herr Staatsminister, der dem allem unterlegt ist, ist vor allem unter folgenden Aspekten schlicht und ergreifend rein abenteuerlich. Was Sie damit tun, ist im Grunde genommen, dem Terrorismus, den Sie bekämpfen wollen, Beihilfe zu leisten. Denn was hassen, was bekämpfen denn die Terroristen? Sie bekämpfen den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Sie hassen und bekämpfen die Freiheit des Einzelnen.
Die zweite Aktuelle Debatte ist eröffnet durch die einbringende Fraktion DIE LINKE. Es sprach Herr Kollege Bartl. Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Kollege Hartmann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Laie staunt, der Fachmann schweigt betroffen, Herr Bartl, wenn ich Ihren Ausführungen an der Stelle gelauscht habe.
Den Titel Ihrer Aktuellen Debatte aufgreifend, möchte ich feststellen: Seit dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz sind wir in einer anderen Republik, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Uhr hat sich
weitergedreht. Wir müssen feststellen, dass die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus keine abstrakte, sondern eine reale Gefahr ist. Sie ist im Übrigen auch eine reale Gefahr, wenn wir uns die letzten Monate in Sachsen verinnerlichen.
Grundsätzlich sollte daher alles Menschenmögliche getan werden, um ein Höchstmaß an Sicherheit für die Bevölkerung zu erreichen. Gleichwohl darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass absolute Sicherheit möglich ist. Aber es ist originäre Aufgabe des Staates, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen. Freiheit und Sicherheit sind zwei untrennbar miteinander verbundene Dinge.
Sicherheit ist immer nur relativ zu einer bestimmten Forderung und Erwartung zu bewerten. Forderungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, können sich ändern, wie sich in verschiedenen Umfragen zum Thema Sicherheit in Deutschland erkennen lässt. Die Bevölkerung hat eine klare Erwartung an die Politik, an den Staat, an seine Institutionen, an die Polizei, nämlich Schutz vor terroristischen Anschlägen zu gewährleisten, und zwar auch, wenn dies mit kleineren Einschränkungen verbunden ist.
Freiheitsrechte und Schutzrechte unterliegen einem permanenten Abwägungsprozess. Sie sind immer zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Freiheit und Sicherheit sollten sich idealerweise in Balance bewegen. Die Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus – und da können Sie hier vorn von Ihrer Redezeit Gebrauch machen und Ihre Sichtweise auf die Dinge gern vortragen – bedarf auch einer Bewertung der Sicherheitslage. Dazu brauche ich nicht am Anfang gleich immer die persönlichen Freiheitsrechte zu bemühen. Es geht auch nicht um pauschale Ermächtigungen, sondern um einen chirurgischen Instrumentenkasten für die Polizei, um auf Gefährdungssituationen entsprechend zu reagieren.
wahnhafte Züge an. Die digitale Realität – das möchten wir doch bitte schön zur Kenntnis nehmen – führt schon jetzt zum durchsichtigen Bürger, und zwar ohne Behördenschnüffelei. Jede Amazon-Bestellung, jede GoogleSuche, das Online-Banking, all das hinterlässt Spuren unseres Lebens. Das ist eine Realität. Das Internet ist nichts Abstraktes, sondern mittlerweile Teil unseres Lebens, unseres Handelns.