Die Wissenschaft hat vorgemacht, was an Gutem mittels Kooperation mit dem Bund möglich ist und welche Chancen wir gemeinsam nutzen können. Folgerichtig wurde auch der Artikel 104 c des Grundgesetzes neu gefasst. „Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen im Bereich der kommunalen Infrastruktur gewähren.“ Genau dies passiert jetzt, wenn der Bund 3,5 Milliarden Euro für eine Investition zur Verbesserung der Schulinfrastruktur bereitstellt.
Sachsen wird hieraus allein 178 Millionen Euro bekommen. Das kann für die Modernisierung der Schulen genutzt werden, ganz klassisch, Wärmedämmung oder Sanitäranlagen, aber auch für moderne Informationstechnologien oder Barrierefreiheit. Herr Barth, genau da sind wir beim Thema Digitalisierung, das Sie so kritisierten. Im Übrigen: Jedes dieser Investitionsprogramme ist ein kleines Konjunkturprogramm in unseren Städten und Regionen.
Für das zweite Paket des Bundes, das Ministerin Wanka bereits angekündigt hat, den „Digitalpakt Schule“, sollen 5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Hier ist noch vieles in Abstimmung, aber klar scheint auch hier zu sein: Der Bund investiert in Strukturen Breitband, WLAN, landesweite Server und Cloudlösungen.
Das Land muss im Gegenzug die Lehrpläne im Hinblick auf neue Kompetenzen sowie die Lehrerbildung reformieren. – Sie dürfen gern eine Nachfrage stellen, Herr Barth. – Auch dazu haben wir als Koalition bereits den Antrag „Digitale Entwicklung in der Schule fördern“ verabschiedet.
Wenn sich das Programm nach der Bundestagswahl konkretisiert, werden weitere 250 Millionen Euro nach
Sachsen fließen. Denkt man übrigens beide Programme zusammen, dann gibt es künftig das Schulmodernisierungsprogramm so, wie es die SPD im Bund vorschlägt.
Diese Beispiele zeigen, was wir durch Kooperation in Sachsen erreichen können. Der Bund hat übrigens bereits unter Kanzler Schröder im Jahr 2003 das Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ aufgelegt. Einige nannten das damals ideologisch. Inzwischen haben 95 % der sächsischen Schulen diese Ideologie erfasst, und zumindest nach dem uns letzte Woche zugegangenen Ranking der Bertelsmann-Stiftung ist Sachsen führend bei Ganztagsangeboten.
Das alles zeigt: Man kann die Bund-Länder-Kooperation erfolgreich gestalten. Unsere Ganztagsschule von morgen ist deshalb unter anderem mit Schulsozialarbeit verknüpft sowie mit Kinder- und Jugendhilfe. Wir wollen, dass dort multiprofessionelle Teams arbeiten und die Ganztagsschule ein Ort der Breitenbildung wird.
Für die SPD-Fraktion steht deshalb fest, dass wir mit den neuen Bund-Länder-Finanzbeziehungen nicht nur Planungssicherheit haben – das ist die eine Seite, Herr Gebhardt –, nein, –
– hier besteht die Chance, weiterhin Initiativen im Bildungsbereich mit dem Bund zu starten und gut zu nutzen.
Das war Kollege Mann für die einbringende SPD-Fraktion. Jetzt ergreift Frau Kollegin Meiwald für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es bleibt festzustellen, dass neben der Planungssicherheit für die Landeshaushalte allein die Tatsache, dass es der Bundesregierung diesmal nicht gelungen ist, die Länder gegeneinander auszuspielen, positiv ist – ebenso, dass die Länder bis zuletzt mit einer Stimme gesprochen haben –, und dennoch ist es dem Bund gelungen, die Länder strukturell zu erpressen.
Am 03.06. fragte „Die Welt“ unter der Überschrift „Bund deutscher Länder“, ob der Föderalismus langsam abgebaut wird. Das scheint tatsächlich der Fall zu sein, denn der Zentralstaat wurde gestärkt, der Länderfinanzausgleich faktisch abgeschafft, die Länder wurden entmachtet und geschwächt.
Ich will Ihnen das an zwei Beispielen, die heute schon angesprochen wurden, nochmals verdeutlichen. Zum einen die Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur: Das kommt einer Misstrauenserklärung an die Kompetenz der Länder gleich, obwohl das vor dem Hintergrund unseres Investitionsbedarfs auf den ersten Blick toll klingt. Ich zitiere hier Herrn Prof. Hans-Günter
Deutschen Landkreistages: „… mit Hinblick auf eines der letzten Gesetzgebungsreservate der Länder“, wie er sagt.
„Für die Schaffung der Bildungsinfrastruktur sind die Kommunen – und zwar alle, also nicht nur finanzschwache – zuständig. Sie sind deshalb darauf angewiesen, dass die jeweiligen Länder die Finanzausstattung gewähren, die ihnen laut Landesverfassungsrecht für die Erfüllung ihrer Aufgaben zustehen. Wenn das Grundgesetz nicht in der Lage ist sicherzustellen, dass die jeweils zuständige Staatsebene flächendeckend für eine qualifizierte Ausbildung der Kinder sorgen kann, stellt sich die Strukturfrage, ob wir unser föderales System weiterhin aufrechterhalten wollen und können.“
Meine Damen und Herren! Wenn wir den Föderalismus an dieser Stelle schon infrage stellen, dann sollten wir konsequenterweise über ein einheitliches Bildungssystem in der gesamten Bundesrepublik und beispielsweise über eine einheitliche Lehrerbesoldung nachdenken.
Ein zweites Beispiel ist die ebenfalls schon erwähnte Gemeindefinanzkraftzuweisung. Sechs Länder werden diese Zuweisung erhalten – der Osten und das Saarland. Auch hier steckt der Teufel im Detail. Ich wiederhole jetzt nicht das, was Frau Schubert schon gesagt hat. Auch uns würde die Einbeziehung von 100 % der Gemeindefinanzkraft auch für den Freistaat Sachsen sehr entgegenkommen, denn jeder Abschlag führt zu einer Verzerrung der Finanzkraft der Länder.
Generell birgt dieses System die Gefahren falscher Anreize und gegenläufiger Effekte. Unter anderem warnte Thomas Lenk, den wir hier alle sehr gut kennen, in der „F.A.Z.“ vom 5. Mai: „Ebenso führt eine Reduzierung der Finanzkraft auf kommunaler Ebene insgesamt zu einem Einnahmezuwachs. Das geht so weit, dass theoretisch eine Gemeindefinanzkraft von null für das einzelne Land einnahmemaximierend wäre – zulasten aller anderen Länder sowie des Bundes. Mit anderen Worten: Es lohnt sich eigentlich für einige Länder nicht, die Kommunen aus eigener Kraft zu stärken.“ Ist das das sächsische Modell? Das sei nur einmal als Frage gestellt.
Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin! Wenn jetzt auf die These von Herrn Lenk abgestellt wird, dann muss man ja sagen, dass diese letztendlich nur funktioniert, wenn ein Land die grundsätzlichen Steuern erhebt. Geben Sie mir recht, Frau Kollegin: Die These Lenk funktioniert nicht, wenn mehrere Länder Steuern erheben; sondern das ist eine rein theoretische Größe. Wenn wir mehrere Länder sind und die Steuer pro Kopf um einen Euro erhöht wird, dann kommen wir sofort in
Im Prinzip schon, aber Theorie ist Theorie und Praxis ist Praxis. Machen wir also weiter; den Demografiefaktor hatte ich erwähnt.
Das gesamte System folgt dem Muster: „Die Reichen gewinnen mehr und Arme gewinnen weniger“. Die Abhängigkeiten der Länder vom Bund sind gestiegen, die Belastung des Bundes ebenfalls und auch seine Kompetenzen. Es wurde auf die Erhebungsrechte für den Bundesrechnungshof, die Steuerverwaltung usw. verwiesen. Der Preis, den der Bund erhält, liegt also in der Erweiterung seiner Handlungsmöglichkeiten und der Stärkung des Nationalstaates. Ist aber der Preis zu hoch, den die Länder für ihre finanzielle Absicherung gezahlt haben? Ist der Föderalismus tatsächlich ein Auslaufmodell? Das wäre ein fatales Signal nach Europa, denn gerade dort orientiert man sich an dem bundesdeutschen föderalen System.
Apropos fatal: Herr Unland liebt es ja, den Teufel an die Wand zu malen. Ich will Ihnen zugute halten, dass die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich schwierig und komplex waren. Dass Sachsen aber am Ende mit null rausgeht, stand nie zu befürchten. Umso ärgerlicher sind seine notorische Knauserigkeit und seine Schuldentilgungspläne, und umso dreister sind seine Aussagen zum Personal.
Herr Tillich, bitte sorgen Sie dafür, dass Herr Unland dieses Mal gestoppt wird und dass sich im kommenden Doppelhaushalt ein eingepreister Länderfinanzausgleich und kein Stellenstopp wiederfindet. Das wiederum geht nur ohne Herrn Unland.
Das war jetzt die Fraktion DIE LINKE mit Frau Kollegin Meiwald. Jetzt könnte die AfD sprechen, ich sehe jedoch keinen Redebedarf. Wie sieht es mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.
Wir könnten eine dritte Rederunde eröffnen, sofern die einbringenden Fraktionen das möchten. Gibt es unter den anderen Fraktionen Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann kommt jetzt die Staatsregierung zu Wort. Herr Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat das Wort.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich selbst die Freude hatte, die Bund-LänderFinanzen intensiv mitberaten zu dürfen, ist es, so glaube
Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit bei den Koalitionsfraktionen, nach den Beschlüssen des Bundestages und Bundesrates am 1. und 2. Juni dieses Ergebnis der Öffentlichkeit im Rahmen dieser Debatte vorzustellen und vielleicht auch dem einen oder anderen interessierten und geneigten Bürger etwas näherzubringen. Ich gehe davon aus, dass die Theorie stimmt, dass der Autofahrer darauf setzt, dass sein Auto fährt. Genauso erwarten die Bürgerinnen und Bürger, dass der Länderfinanzausgleich funktioniert und dass die Finanzierung des Freistaates Sachsen auch in Zukunft gesichert ist. Das ist mit diesem Ergebnis auch erreicht worden.
Weil es der eine oder andere vielleicht etwas oberflächlich angesprochen hat, möchte ich daran erinnern, dass wir vor dem beabsichtigten Ergebnis standen, dass der Solidarpakt II 2019 ausläuft, dass es ein Ende der Entflechtungsmittel und der Finanzierung des Gemeindeverkehrs gibt. Wir hatten Klagen des Freistaates Bayern und Hessens. Auch Frau Schubert wiederholte, dass es Ankündigungen des Landes Baden-Württemberg gab, dieser Klage beizutreten. Man wollte im Prinzip den Zahlerbeitrag der Beitrittsländer deutlich senken und damit auch das gesamte Ausgleichsvolumen reduzieren.
Außerdem haben wir 16 sehr verschiedene Länder mit den unterschiedlichsten Interessen sowie einen Bund, der in diesen Verhandlungen wiederum ganz eigene Interessen vorgestellt hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ergebnis ist trotzdem ein gutes, und darüber bin ich glücklich. Deswegen glaube ich auch, von der Entsolidarisierung der Länder zu sprechen ist etwas sehr oberflächlich. Wenn es einen 16:0-Beschluss der Länder gibt, dass sich die Länder einig waren über ein Ergebnis, das in wochenlangen, ja monatelangen Verhandlungen entstanden ist, dann ist das auch ein Ausdruck der Solidarität, der Solidarität insofern, als die Stärkeren den Schwächeren helfen.
Für mich und die anderen ostdeutschen Kollegen Ministerpräsidenten war es wichtig, dass zum ersten Mal die Chance bestand, mit dem Auslaufen dieses Bund-LänderFinanzausgleichs und des Solidarpaktes II Teil eines gesamtdeutschen Finanzierungssystems zu werden; das sind wir jetzt. Ab dem Jahr 2020 gibt es keinen Solidarpakt III, das heißt eine Regelung neben den bisherigen Länderfinanzausgleichsverhandlungen.
Herr Gebhardt, es ist aus meiner Sicht zumindest das Märchen, das Sie sich vom Bund haben aufbinden lassen. Es hat in der Vergangenheit natürlich einen Länderfinanzausgleich gegeben. Es gab aber keine Lösung dafür, wie man die besonderen Bedingungen der ostdeutschen Bundesländer darin widerspiegelt. Man hat es immer wieder versucht, aber nicht geschafft und deswegen immer die Lösung gefunden, einen Solidarpakt I und einen Solidarpakt II zu machen. Dass es das diesmal nicht gibt, ist eine der ganz großen Leistungen, die es nicht nur seitens der Länder gegeben hat. Es war natürlich notwen
dig, dass in diesem Fall auch der Bund eintritt. Es sind 9,7 Milliarden Euro, die der Bund mehr zahlt. Rechnen Sie bitte einmal nach, was er vorher für den Solidarpakt I und II gezahlt hat.
Natürlich mussten der Bund und die Länder darauf reagieren, dass es die Klageländer gab und sich ihre Bereitschaft, noch mehr einzuzahlen, in Grenzen hielt. Deshalb, glaube ich, ist es auch in Ordnung, dass der Bund eine Entlastung der Zahlerländer vornimmt und dass dies nicht zulasten der strukturschwächeren oder finanzkraftschwächeren Länder geht, sondern dass hier der Bundeshaushalt – am Ende des Tages ist es ein und derselbe Steuerbürger – diesen Ausgleich übernimmt.