Stanislaw Tillich

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich selbst die Freude hatte, die Bund-LänderFinanzen intensiv mitberaten zu dürfen, ist es, so glaube
ich, in dieser Aktuellen Debatte angemessen, sich zu Wort zu melden.
Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit bei den Koalitionsfraktionen, nach den Beschlüssen des Bundestages und Bundesrates am 1. und 2. Juni dieses Ergebnis der Öffentlichkeit im Rahmen dieser Debatte vorzustellen und vielleicht auch dem einen oder anderen interessierten und geneigten Bürger etwas näherzubringen. Ich gehe davon aus, dass die Theorie stimmt, dass der Autofahrer darauf setzt, dass sein Auto fährt. Genauso erwarten die Bürgerinnen und Bürger, dass der Länderfinanzausgleich funktioniert und dass die Finanzierung des Freistaates Sachsen auch in Zukunft gesichert ist. Das ist mit diesem Ergebnis auch erreicht worden.
Weil es der eine oder andere vielleicht etwas oberflächlich angesprochen hat, möchte ich daran erinnern, dass wir vor dem beabsichtigten Ergebnis standen, dass der Solidarpakt II 2019 ausläuft, dass es ein Ende der Entflechtungsmittel und der Finanzierung des Gemeindeverkehrs gibt. Wir hatten Klagen des Freistaates Bayern und Hessens. Auch Frau Schubert wiederholte, dass es Ankündigungen des Landes Baden-Württemberg gab, dieser Klage beizutreten. Man wollte im Prinzip den Zahlerbeitrag der Beitrittsländer deutlich senken und damit auch das gesamte Ausgleichsvolumen reduzieren.
Außerdem haben wir 16 sehr verschiedene Länder mit den unterschiedlichsten Interessen sowie einen Bund, der in diesen Verhandlungen wiederum ganz eigene Interessen vorgestellt hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ergebnis ist trotzdem ein gutes, und darüber bin ich glücklich. Deswegen glaube ich auch, von der Entsolidarisierung der Länder zu sprechen ist etwas sehr oberflächlich. Wenn es einen 16:0-Beschluss der Länder gibt, dass sich die Länder einig waren über ein Ergebnis, das in wochenlangen, ja monatelangen Verhandlungen entstanden ist, dann ist das auch ein Ausdruck der Solidarität, der Solidarität insofern, als die Stärkeren den Schwächeren helfen.
Für mich und die anderen ostdeutschen Kollegen Ministerpräsidenten war es wichtig, dass zum ersten Mal die Chance bestand, mit dem Auslaufen dieses Bund-LänderFinanzausgleichs und des Solidarpaktes II Teil eines gesamtdeutschen Finanzierungssystems zu werden; das sind wir jetzt. Ab dem Jahr 2020 gibt es keinen Solidarpakt III, das heißt eine Regelung neben den bisherigen Länderfinanzausgleichsverhandlungen.
Herr Gebhardt, es ist aus meiner Sicht zumindest das Märchen, das Sie sich vom Bund haben aufbinden lassen. Es hat in der Vergangenheit natürlich einen Länderfinanzausgleich gegeben. Es gab aber keine Lösung dafür, wie man die besonderen Bedingungen der ostdeutschen Bundesländer darin widerspiegelt. Man hat es immer wieder versucht, aber nicht geschafft und deswegen immer die Lösung gefunden, einen Solidarpakt I und einen Solidarpakt II zu machen. Dass es das diesmal nicht gibt, ist eine der ganz großen Leistungen, die es nicht nur seitens der Länder gegeben hat. Es war natürlich notwen
dig, dass in diesem Fall auch der Bund eintritt. Es sind 9,7 Milliarden Euro, die der Bund mehr zahlt. Rechnen Sie bitte einmal nach, was er vorher für den Solidarpakt I und II gezahlt hat.
Natürlich mussten der Bund und die Länder darauf reagieren, dass es die Klageländer gab und sich ihre Bereitschaft, noch mehr einzuzahlen, in Grenzen hielt. Deshalb, glaube ich, ist es auch in Ordnung, dass der Bund eine Entlastung der Zahlerländer vornimmt und dass dies nicht zulasten der strukturschwächeren oder finanzkraftschwächeren Länder geht, sondern dass hier der Bundeshaushalt – am Ende des Tages ist es ein und derselbe Steuerbürger – diesen Ausgleich übernimmt.
Notwendig geworden ist das aber durch eine Idee, die einerseits in Nordrhein-Westfalen und andererseits im Bundesfinanzministerium geboren worden ist, auf das bisherige Instrument des Umsatzsteuervorwegausgleichs zu verzichten. Das hat die Verhandlungen insgesamt noch einmal deutlich verkompliziert.
Frau Schubert, Sie sagen, es sei wünschenswert, 100 % der Gemeindefinanzkraft zu haben. Ja, das war auch unser Ziel in den Verhandlungen; wir haben dafür vehement gestritten. Nur wollten die Klageländer von 64 auf weit unter 50 %. Übrigens wollte – nicht ganz so, wie Sie es dargestellt haben – der Kollege Kretschmann bzw. BadenWürttemberg in seiner Vollkommenheit und seiner Schönheit weiter herunter, als es die ausgehandelten 75 % sind. Wenn Sie sich die Bundesratsrede des Kollegen Kretschmann durchlesen, dann werden Sie bemerken, dass es ihm schwergefallen ist, diesem Ergebnis von 75 % zuzustimmen. Aber ich glaube, es ist ein schöner und guter Erfolg für uns und unsere Kommunen.
Ich möchte dazu noch Folgendes sagen; Herr Michel ist gerade darauf eingegangen: Die Überlegungen, die Sie, Frau Meiwald, gerade geäußert haben und die auch Herr Lenk in der Presse geäußert hat, sind wirklich theoretische Spiele eines Finanzmathematikers oder wie auch immer. Man kann so denken. Ich glaube aber, dass kein Bundesland so handeln wird, denn das würde die Attraktivität dieses Bundeslandes und seiner eigenen Gemeinden so weit schwächen, dass es am Ende des Tages im Prinzip ein Schuss nach hinten wäre.
Es werden also alle darum bemüht sein, hier letzten Endes auch darauf zu achten, dass die Einnahmen des eigenen Landes und der eigenen Kommunen steigen. Ich lasse mir gern einen Vorwurf machen; den hoffe ich aber so nicht aus Sachsen zu bekommen. Die Attraktivität für die strukturschwachen Länder, sich zu verbessern, ist etwas geringer – das muss vom Bund ausgeglichen werden –, nicht für die Zahlerländer. Das ist in der Tat richtig; hier gibt es ein kleines Element; damit hat auch der eine oder andere Finanzwissenschaftler, der das schon entdeckt hat, recht. Aber das sind bisher sehr wenige gewesen. Das heißt, hier gibt es bis 2030/2031 für uns einen Vorteil. Das ist darüber hinaus eine Kompensation, Frau Schubert, dafür, dass es nicht 100 % sind, dass wir, wenn wir besser werden, wie man so schön sagt, dies sofort oben abge
schnitten bekommen, sondern dass das letztlich in einer Art und Weise, die etwas günstiger für uns aussieht, geschieht.
Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Als ich die Verhandlungen beginnen durfte, stand 2019 für Sachsen und die anderen ostdeutschen Länder eine Null. Das heißt, wir hätten dann einen Länderfinanzausgleich in Höhe von 468 Millionen Euro bekommen, und das wäre es gewesen. Von da aus zu einem Ergebnis zu kommen, das heute 770 Millionen Euro lautet, das ist am Ende des Tages ein schwieriger Prozess gewesen, aber es ist gelungen. Dass heute insgesamt die Länder untereinander immerhin zwischen 16 und 18 Milliarden Euro als solidarische Grundleistung zur Verfügung stellen, ist auch erwähnenswert.
Ich möchte noch eine letzte Bemerkung machen, weil mich etwas ein bisschen ärgert, aber es ist eine gute Medieninformation seitens des Bundesfinanzministeriums und des Bundes. Wer sagt, der Bund muss die 9,5 Milliarden Euro allein aufbringen – ich hatte es eingangs gesagt –, der vergisst, gelegentlich darauf hinzuweisen, dass er dafür andere Lasten, die er in der Vergangenheit zusätzlich hat stemmen müssen, jetzt nicht stemmen muss.
Ich möchte noch einmal zu einem Satz kommen, der gefallen ist und der für mich in den Verhandlungen auch wichtig war. Wir wussten, dass wir mit den Regelungen, die wir getroffen haben, jetzt stärker in die Abhängigkeit der steuerlichen Entwicklung der Volkswirtschaft der Bundesrepublik Deutschland kommen. Aber es gab auch gerade seitens einiger Länder das Interesse – das waren nicht nur die starken Zahlerländer – und auch das Interesse des Bundes, der für uns nicht dynamische Einnahmen, sondern explizit statische Einnahmen vorsehen wollte, und das ab dem Jahr 2020 ff. Dass wir heute in einer Situation sind, dass von den 9,5 Milliarden Euro, die der Bund zusätzlich ins System bringt, 7 Milliarden Euro dynamisch sind, das ist letztendlich auch die Rechtfertigung dafür gewesen, dass wir in der Tat auf den Wegfall des Umsatzsteuervorwegausgleichs, der ja dynamisch gewesen wäre und dessen Einnahmen für uns dynamisch gewesen sind, haben verzichten können. Es ist also im Ergebnis dessen auch noch einmal eine positive Schlussbilanz.
Ich möchte noch einen Satz sagen, der mir wichtig ist. Ich glaube schon, dass nicht der Föderalismus darunter gelitten hat. Sicherlich ist es diskutabel, man kann darüber reden, ob der Bund das darf und dies letztlich auch im Grundgesetz verankert werden sollte, dass er die Schulhausbaumittel zur Verfügung stellt. Ich glaube, dass das aber auch deutlich macht, dass in manchen Ländern in der Vergangenheit das Geld, das zur Verfügung stand, anderweitig eingesetzt worden ist.
Deswegen kann ich den einen oder anderen Bundestagsabgeordneten verstehen, dass er stärkere Kontrollrechte seitens des Bundesrechnungshofs möchte. Mir passt das alles nicht. Mir hätte das Ergebnis der Finanzen gereicht. Das wäre auch eine Grundgesetzänderung gewesen, und
sie hätte komplett ausgereicht. Damit das Ergebnis aber am Ende stimmt, ist dies heute ein gutes Ergebnis.
Lassen Sie mich am Schluss noch zwei Personen ausdrücklich danken, ohne die dieses Ergebnis nicht zustande gekommen wäre. Zum einen meinem Kollegen Sellering. Bekannt ist, dass er sich aus dem politischen Leben verabschiedet hat, weil er erkrankt ist. Hätte es Kollegen Sellering nicht gegeben, wären wir als ostdeutsche Bundesländer nicht so erfolgreich gewesen, nämlich über die Parteigrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Eben an diesem Ziel zu arbeiten, das ist uns gelungen.
Zum Zweiten ist es einer meiner Mitarbeiter, der hinter mir sitzt, Herr Krönert, der mittlerweile die Achtung aller Mitarbeiter des Finanzministeriums des Bundes und der Finanzministerien der Länder eingeheimst hat, weil er maßgeblich an den Modellen, die wir entwickelt haben und die dann die Grundlage der Entscheidungen waren, mitgearbeitet hat. Ich glaube, darauf können wir auch stolz sein, dass wir gute Mitarbeiter haben, die dies ermöglichen.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition im Sächsischen Landtag, haben einen Antrag auf unverzügliche Einberufung einer Sondersitzung gestellt. Mit Blick auf das morgen beginnende NPD-Verbotsverfahren am Bundesverfassungsgericht war es mir wichtig, dass wir schon heute klar Stellung beziehen können. Deshalb hat auch die Staatsregierung um Einberufung einer Sondersitzung nach § 77 Abs. 5 der Geschäftsordnung gebeten.
Die Ermittlungen zum Brand einer zukünftigen Asylbewerbereinrichtung in Bautzen und den fremdenfeindlichen Störungen haben die Behörden übernommen. Diese werden mit Hochdruck vorangetrieben. Wie zum Beispiel in Freital, in Meißen, in Heidenau wollen wir auch in Bautzen schnell aufklären und die Täter vor Gericht bringen. Im Fall Clausnitz hat ein Ermittlungsteam den Sachverhalt umfassend aufgearbeitet und an die Staatsanwaltschaft übergeben. Am Freitag der vergangenen Woche hat der Sächsische Landtag im Rahmen seiner parlamentarischen Kontrollrechte seinerseits die Vorgänge in Clausnitz untersucht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemeinsam müssen wir Demokraten die widerlichen und immer wieder stattfindenden rechtsextremen Umtriebe in unserem Land bekämpfen, zurückdrängen und stoppen.
Ohne Wenn und Aber: Sachsen sagt Nein zur Fremdenfeindlichkeit.
Die Ereignisse erschüttern mich als Christ und als Politiker maßlos. Es geht um unser Land, und der großen Mehrheit der Menschen geht es gut. Es wird einem nichts geschenkt, aber mit Eigenverantwortung und Einsatz kann jeder aus seinem Leben etwas Sinnvolles und Zufriedenstellendes machen.
Auf der anderen Seite haben die Menschen viele Anstrengungen durch die tief greifenden Veränderungen seit 1990 erlebt. Die zunehmende Komplexität der Welt durch Globalisierung, Internet und Herausforderungen wie Kriege und Klimawandel und deren Folgen ist für viele nicht leicht. Einige Menschen in unserer Gesellschaft sind verunsichert und an den Rand gedrängt, weil sie sich benachteiligt fühlen. Die Lebensversicherung wirft keine Rendite ab, bei der Bank gibt es keine Zinsen, das Vertrauen in die Altersabsicherung schwindet, die Energiepreise und andere Lebenshaltungskosten steigen.
Es ist aber nicht zu entschuldigen, wenn man darauf mit Fremdenfeindlichkeit reagiert oder wenn man deshalb den extremen Rand stärkt, wo Rechtsradikale mit Hass und Gewalt ihre innere Verirrung und Verrohung an anderen, meist Schwächeren, auslassen. Besonders abscheulich und menschenverachtend ist es, wenn sie sich dafür diejenigen aussuchen, die vor Krieg und vor Vertreibung geflohen sind.
Es ist ein jämmerliches und abstoßendes Verhalten, wenn Flüchtlinge attackiert, Unterkünfte angezündet und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung missbraucht
werden.
Da werden Aufklärung, Freiheitskampf und Demokratisierung hinweggespült, der Humanismus wird durch Barbarei verdrängt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dafür darf es keinen Raum in Sachsen geben. Dagegen muss es den Widerstand aller geben, und wir müssen an die Ursachen heran, noch stärker unsere Werte verteidigen und die Radikalisierung bekämpfen.
Das „Nie wieder Krieg!“ muss zwangsweise in Deutschland auch heißen: Kein Rechtsradikalismus in unserem Land.
Die fremdenfeindlichen und rechtsextremen Ereignisse in Sachsen bilden eine lange Kette, die mich und uns alle beschämt. Ja, es stimmt: Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus, und es ist größer, als viele – ich sage es ehrlich: auch ich – wahrhaben wollten.
Es sind wenige Menschen, aber doch zu viele, die dem Rechtsradikalismus nicht widerstehen. Keiner wird so geboren. Aber zu vielen ist er vorgelebt worden oder sie lassen sich von den dumpfen Parolen verführen.
Zu viele Menschen stehen daneben oder sympathisieren damit auf dem Sofa. Mit einem schweigsamen Dulden, mit einem zustimmenden Nicken oder dem schnellen „gefällt mir“ auf Facebook legen auch sie die Axt an unsere Grund- und Werteordnung.
Ich habe im Juli im Plenum gesagt, Rassismus ist der Nährboden für Verbrechen. Dieser Nährboden ist das Fundament, um Menschen anzugreifen, unsere Werte zu verletzen und die Grundfesten unseres Staates zu zerstören. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir die Abwehrkräfte gegen den Rechtsextremismus stärken. Während von Bühnen gehetzt wird und Rechtsradikale randalieren, stehen viele Menschen in Sachsen dagegen auf oder setzen starke Willkommenszeichen. Sie sind fremdenfreundlich, sie zeigen das „Sachsen mit Herz“, zu dem ich im September letzen Jahres hier vor dem Plenum aufgerufen habe. Allen Bürgern und Initiativen, die so handeln, bin ich sehr dankbar.
Ich wehre mich daher dagegen, dass durch eine radikale Minderheit der gesamte Freistaat und seine Bürger in Misskredit geraten.
Die übergroße Mehrheit der Sachsen sind engagierte Menschen, die anständig und redlich dieses Land wieder aufgebaut haben und es gesellschaftlich und demokratisch tragen. Die Sachsen haben 1989 Freiheit und Demokratie erkämpft. Wir werden sie heute ebenso verteidigen. Wir Sachsen haben von der Hilfe anderer und deren Weltoffenheit profitiert. Wir wollen heute selbst hilfsbereit und weltoffen sein.
Mein Ziel ist es, dass ein starker Staat und aktive Bürger gemeinsam eine gesellschaftliche Mobilisierung in Sachsen schaffen, die unsere Werte verteidigt und Radikalisierung entschieden bekämpft. Das erreichen wir, wenn wir uns weiter um zukunftsfähige Arbeit, gute Bildung und umfassende Sicherheit für alle in unserem Freistaat Sachsen kümmern. Das erreichen wir, wenn wir bei der Integration den Dreiklang von Werten, Sprache und Teilhabe einhalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Kompass ist ein schlichter, aber damals wie heute wahrhafter Satz
aus der Bergpredigt: „Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen.“ In ihm stecken unsere demokratischen Grundwerte Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.
Die Freiheit und Würde des anderen nicht antasten, auf das Anderssein anderer nicht mit Ausgrenzung, sondern mit Toleranz reagieren und vor allem im anderen den Nächsten sehen und ihm helfen, wenn er Hilfe braucht. Nach diesem Maßstab ist das Reden und Handeln einer Minderheit moralisch unanständig, politisch undemokratisch und extremistisch sowie oft kriminell. Es reicht zu fragen, was wir erwarten würden, wenn wir Kriegsflüchtlinge wären und in einem fremden Land Zuflucht suchen würden: Nahrung, Unterkunft, medizinische Versorgung, vor allem aber Achtung und eine würdevolle Behandlung – nicht Hetzreden und Steinewerfer, auch nicht, dass die Häuser, in denen wir vorübergehend leben sollen, angezündet werden. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit gegenüber jedem Menschen, egal, woher er kommt, und egal, wie lange er sich bei uns aufhalten wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deshalb ist für jeden Demokraten klar: Solche Untaten sind ein Angriff auf unsere Werte, auf unsere Grundordnung, ja, auf uns selbst. Es ist ein Angriff auf Sachsen, auf Deutschland und alles, was Europa ausmacht. Jeder solcher Angriffe ist einer zu viel, jede Rede, die dazu anstiftet, ebenfalls. Wir alle gemeinsam müssen diese Angriffe abwehren. Radikalismus bekämpft man nicht mit Radikalismus!
Vielmehr müssen Staat und Gesellschaft in Sachsen so stark sein, so überzeugend, so vertrauenswürdig, dass Rechtsextremismus sich nicht ausbreiten kann. Ein deutschlandweit bekanntes Bild dieser Geschlossenheit ist die Menschenkette am 13. Februar. Alljährlich schaffen wir dort eine Einheit, ein gemeinsames Verteidigen unserer Werte, wie ich es mir überall und immer wünsche. Genau dieses Miteinander will ich stärken und vergrößern durch konkrete Politik für alle Menschen in Sachsen, damit sie wissen: Wir kümmern uns um sie, von der Ausbildung über die medizinische Versorgung bis zum 800-Millionen-Euro-Programm für Kommunen. Wir
kümmern uns, wenn in der Lausitz fast 1 000 Arbeitsplätze bei Bombardier verloren gehen sollen. Wir müssen den vielen Menschen, die mit der Flüchtlingspolitik hadern, Gesprächsangebote machen, damit wir gemeinsame Antworten finden – sonst suchen sie sich diese woanders. Dann würden wir die Populisten und rechtsextremen Rattenfänger stärken, und genau das, genau das will ich nicht.
Wie bei meiner ersten Regierungserklärung erkläre ich auch jetzt: Ich will Ministerpräsident aller Sachsen sein. Ich will zusammenführen und nicht ausgrenzen, zusammenführen auf dem Boden von Moral, Sitte, Anstand, Demokratie und Recht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe im letzten Herbst beim 25. Jubiläum unseres Sächsischen Landtags angesichts der Gräben, die wir überall im Land spüren, und der Fremdenfeindlichkeit in Sachsen auf die Verletzlichkeit der Demokratie hingewiesen.
Ich sehe für die Stärkung der Demokratie drei wesentliche Aufgaben: Erstens. Wir müssen den Staat und die politische Bildung stärken. Zweitens. Wir brauchen eine starke Zivilgesellschaft und einen intensiveren Dialog mit den Bürgern auf allen Ebenen. Drittens. Wir brauchen eine erfolgreiche Integration und eine sachliche Debatte in der Flüchtlingspolitik, die unserer humanitären Verantwortung und den Möglichkeiten und Grenzen unserer Gesellschaft gerecht wird.
Zum starken Staat: Es ist falsch, Sachsen vorzuwerfen, wir hätten in den vergangenen Jahren nichts gegen den Rechtsextremismus getan.
Nach den ersten rechtsextremistischen Straftaten wurde 1991 die Sonderkommission Rechtsextremismus – oder „Soko Rex“, wie sie im Volksmund heißt – gebildet. Das 2013 gegründete operative Abwehrzentrum zur Ermittlung extremistisch motivierter Straftaten hat mehrere Hundert Ermittlungsverfahren gegen rechtsextremistisch motivierte Straftaten durchgeführt. Die weit überwiegende Mehrheit der Fälle ist aufgeklärt. In der Justiz haben wir Sonderdezernate zur Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität eingerichtet. Eine Vielzahl von Anschlägen auf Asylbewerberunterkünfte ist aufgeklärt. In vielen Fällen sitzen Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Das ist das Schrittmaß, welches ich erwarte: ermitteln, anklagen und verurteilen.
Das Internet hat sich zu einem Tatort entwickelt. Soziale Netzwerke sind zu Echoräumen von Fremdenhass und Extremismus geworden. Hier zeigt sich ein erschreckendes Bild geistiger Verrohung, die oft der Vorbote und Wegbereiter von Gewalt ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch das ist nicht zu tolerieren. Deshalb verfolgen wir intensiv diese Fälle und überall in Sachsen sind zahlreiche Verurteilungen wegen rechter Hetze im Internet erfolgt.
Meine Damen und Herren! Die Wirklichkeit in Sachsen zeigt uns, dass wir unseren Kampf gegen das Extreme und Radikale in unserer Gesellschaft noch mehr verstärken
müssen. Der Staat muss deutlich Stärke zeigen und durch konsequente und schnelle Strafverfolgung und Verurteilung deutlich machen: Hier bei uns gibt es null Toleranz.
Durch das Gewaltmonopol des Staates müssen wir unsere Bürger wie auch die Menschen, die zu uns nach Sachsen kommen, schützen und rechtsfreie Räume verhindern. Dazu braucht es die personelle Verstärkung von Polizei und Justiz.
Den geplanten Stellenabbau setzen wir aus.
Mindestens 500 junge Polizistenanwärter pro Jahr wird es, beginnend ab diesem Jahr, geben. Es ist wichtig, dass gerade junge, gut ausgebildete Sachsen den Weg zu Polizei und Justiz und in die Verwaltungen bei uns finden, damit wir mit neuen Ideen, starker Haltung und einer Leidenschaft für das Heimatland die Aufgaben auch bewältigen.
Es geht zudem um eine konkrete Arbeit der Polizei. Wir wollen die mobilen Einsatz- und Fahndungsgruppen stärken, damit die extremistische Szene spürt: Der Verfolgungsdruck ist da. Er erhöht sich, und er wird weiter zunehmen. Wir wollen damit die Effizienz der Gefahrenabwehr erhöhen und die Durchsetzungsfähigkeit der Polizei verbessern; denn hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, hinken wir im Ländervergleich hinterher. Das muss sich auch ändern. Ich will, dass unsere Polizisten vergleichbare gesetzliche und technische Möglichkeiten haben wie in anderen Ländern.
Neben dem Dank an unsere Polizistinnen und Polizisten für ihre Arbeit ist mir wichtig: Wir müssen die Autorität der Polizei stärken und den Respekt gegenüber den Polizistinnen und Polizisten in unserer Gesellschaft vergrößern.
Meine Damen und Herren! Zu einem starken Staat gehört auch, sich gegen die Feinde der Demokratie zur Wehr zu setzen. Sachsen hat sich bereits frühzeitig für ein Verbot der NPD starkgemacht und den Anstoß für das Verfahren gegeben. Als Präsident des Bundesrates werde ich morgen den Antrag der Länder begründen. Als Ministerpräsident habe ich persönlich erlebt, wie die NPD und ihre Anhänger gegen staatliche Einrichtungen und Amtspersonen hetzen. Sie wollen nichts anderes, als die freiheitlichdemokratische Grundordnung der Bundesrepublik
Deutschland beseitigen. Weil Rechtsextreme den Staat bekämpfen, dem wir dienen wollen, müssen wir die Rechtsextremen und ihre Sympathisanten bekämpfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! An der Schnittstelle zwischen Staat und aktiver Bürgerschaft arbeiten die Polizei, unsere Schulen, die Akteure der politischen
Bildung und zahlreiche Projekte, die der Freistaat Sachsen seit Jahren fördert. Eine entscheidende Rolle spielen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung, Lehrer und Polizisten. Ich erwarte von ihnen, dass sie Anwälte des Staates, Verteidiger unseres Grundgesetzes und auch Vorbilder im Kampf gegen Radikalisierung und Extremismus sind.
Ich bitte, dass sie aus innerer Überzeugung und demokratischem Dienstauftrag heraus die richtigen Prioritäten setzen und entschieden handeln. Gerade von uns im öffentlichen Dienst muss das Signal der Offenheit, der Unterstützung und der Rückendeckung für alle ausgehen, die sich um Demokratie und Weltoffenheit bemühen. Wir müssen Engagement ermöglichen und nicht verhindern.
Bei der Dankesveranstaltung am Freitagabend haben mir Flüchtlinge und schon länger bei uns in Sachsen lebende Ausländer berichtet, dass sie nicht nur an Sprachproblemen in Verwaltungen und anderswo scheitern, sondern auch das Gefühl haben, dass ein unvoreingenommener Umgang mit Fremden manch einem der Mitarbeiter noch schwerfalle. Wenn das so ist, müssen wir das ändern. Wir wollen helfen, die Sprachkompetenz zu verbessern, und die Überzeugung befördern, dass wir für Menschen und keine abstrakten Vorgänge Dienstleistungen erbringen.
Ein wichtiger Lernort der Demokratie sind unsere Klassenzimmer. Deshalb wollen wir Lehrerinnen und Lehrer unterstützen und deutlich besser befähigen, unsere Werte und Gesellschaftsordnung zu vermitteln, sich den tagesaktuellen Debatten zu stellen und Diskussionen mit den Schülern offensiv zu führen. Wir werden daher die Lehrpläne anpassen, um noch mehr Platz für die politische Bildung im Unterricht zu schaffen.
Schwerpunkt bilden dabei die Ober- und die Berufsschulen. Grundsätzlich müssen wir bei der politischen Bildung darauf achten, dass wir die richtigen Schwerpunkte setzen und die richtigen Zielgruppen erreichen, moderne Methoden einsetzen und uns mit Partnern vernetzen. Unser Ziel ist, dass aus starken Schülern starke Demokraten und weltoffene Sachsen werden. Ich wünsche mir, dass diese Bildungsziele durch die Erziehung in den Elternhäusern unterstützt werden.
Auf Landes- und kommunaler Ebene und in vielen Verbänden findet eine intensive politische Bildung statt, die wir weiter stärken werden, zum Beispiel auch die Landeszentrale für politische Bildung. Alle diese Aktiven leisten derzeit eine besonders wichtige und hilfreiche Arbeit. Deshalb möchte ich mich bei all diesen Menschen nochmals ausdrücklich bedanken.
Das vor zehn Jahren gestartete Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ wollen wir weiterentwickeln und seine Wirkung deutlich verbessern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allein ein starker Staat und Fördermittel reichen nicht aus, um den Kampf gegen die Radikalisierung zu gewinnen. Es braucht eine starke und aktive Zivilgesellschaft in Kirchen, Gewerkschaften, Unternehmen, Verbänden und Vereinen. Auch jeder Einzelne ist in seinem täglichen Handeln gefragt. Es gilt sich einzumischen, wenn der Kollege rechte Sprüche klopft, wenn die Nachbarin zu fremdenfeindlichen Demonstrationen geht oder Jugendliche sich statt im Sportverein lieber in rechten Kameradschaften die Zeit vertreiben.
Mit unseren beiden Extremismuskonferenzen in Riesa und der Vier-Säulen-Strategie gehen wir den Weg, die Akteure in diesem Bereich besser zu unterstützen und zu vernetzen. Die Abwehrkräfte der Gesellschaft sind in Sachsen in den vergangenen Wochen noch einmal stärker geworden, zum Beispiel auch in Bautzen, wo nach dem Brandanschlag eine Plakataktion auf der Friedensbrücke gegen Gewalt und für eine weltoffene Stadt durchgeführt wurde.
Ich selbst war in Bautzen und habe mit dem Bürgermeister, engagierten Bürgern, Feuerwehrleuten und Polizisten gesprochen, um deutlich zu machen: Die Stadt und ihre Bürger sind jetzt nicht auf sich allein gestellt. Das Gleiche haben Herr Dulig in Bautzen und Frau Köpping in Clausnitz getan. Aus dem Engagement der vielen Sachsen ziehe ich die Zuversicht, dass wir ändern können, was jetzt schiefläuft. Daraus ziehe ich die Zuversicht, dass wir dabei erfolgreich sein werden. Aber es wird ein Prozess, und wir werden viel Ausdauer brauchen.
Ich habe gelernt, dass sich einige engagierte Bürger alleingelassen fühlen, dass sich in Initiativen nicht ausreichend unterstützt fühlen. Einige haben dazu auch deutlich öffentlich Kritik geäußert. Ich bin für die offenen Worte und den Wunsch nach Dialog dankbar. Ich sehe darin einen Auftrag an das Land, aber auch an die Kommunen, die Zusammenarbeit mit den Initiativen und Ehrenamtlern zu verbessern. Dabei scheint es nicht immer nur um das Geld zu gehen. Oft ist es auch der Wunsch, eine klare Haltung als Rückendeckung zu spüren.
Oft ist es auch der Wunsch, sich nicht allein zu fühlen. Deshalb wollen wir die Kommunen bei der Vernetzung und Strukturbildung im Ehrenamt zusätzlich unterstützen.
Menschen zusammenbringen, gemeinsam nach Lösungen suchen, das waren auch die Ziele unserer laufenden Dialogveranstaltungen, vor allem im Frühjahr 2015. Wir setzen sie fort.
Ganz klar gibt es für einen Dialog Regeln. Hetze und Fremdenfeindlichkeit sind Ausschlusskriterien, und wer
Menschen angreift und Häuser anzündet, hat kein Gespräch verdient, sondern eine harte Strafe.
Wer auf eine Demo geht, muss sich sehr gut überlegen, mit wem er da mitstreitet oder mitläuft. Wer teilnimmt, teilt auch das, was dort gesagt wird.
Auf der anderen Seite schließe ich aber auch niemanden vom Dialog aus, nur weil er eine andere Meinung hat als ich oder nicht die Meinung der Mehrheit oder der veröffentlichten Meinung entspricht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen alles tun, damit politische Entscheidungen besser verstanden werden, damit wieder Vertrauen in die Demokratie und in die staatlichen Institutionen wächst und die Zivilgesellschaft durch noch mehr Engagement gestärkt wird. Deshalb wollen wir als Regierung gemeinsam mit den verschiedensten regionalen Partnern mit noch mehr Dialogangeboten im Land präsent sein. Die Demokratiekonferenz, zu der ich am 30. Mai dieses Jahres einlade, wird sich mit politischen Beteiligungsformen beschäftigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die große Mehrheit in Sachsen ist bei der Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen solidarisch, weltoffen und hilfsbereit. Dafür bin ich dankbar.
Ich bin auch dankbar, dass durch die mediale Vermittlung dieser Offenheit gegenüber Fremden das Bild Sachsens komplettiert wird. Diese Beispiele ermutigen. Es gibt aber auch Mitbürger, die Fragen haben und sich Sorgen machen, die Angst vor Fremden haben, selbst dann, wenn noch kein einziger Asylbewerber im Ort ist. Diese Menschen aufzugeben, sie in eine Ecke zu stellen, ist falsch. Vielmehr müssen wir alles versuchen, die Angst vor dem Fremden oder der notwendigen Veränderung zu nehmen.
In vielen Gemeinden schaffen Bürgermeister, Abgeordnete, Kirchen-, Vereins- und Behördenvertreter gemeinsam Diskussionsplattformen zur Information, zur Aufklärung und zum gegenseitigen Kennenlernen.
In der Asyl- und Flüchtlingspolitik brauchen wir eine sachliche Debatte darüber, wie wir unserer christlichen und humanistischen Pflicht im Rahmen unserer Möglichkeiten gerecht werden, wie wir zu schnelleren Asylverfahren kommen, die für alle Klarheit bringen, und wie wir konsequent diejenigen zurückführen können, die nicht bleiben dürfen, damit wir die Kraft und Ressourcen haben, denjenigen bei der Integration zu helfen, die bleiben dürfen.
Die Staatsregierung will eine schnelle und für beide Seiten erfolgreiche Integration mit Herz und Verstand ermöglichen. Unsere Rechtsordnung und unsere Werte anzuerkennen ist das, was wir von den Menschen einfordern, die bei uns bleiben wollen, genauso wie das Erler
nen unserer deutschen Sprache. Auf der anderen Seite müssen wir ihnen helfen, zu einer schnellen Teilhabe durch Arbeit und Bildung zu kommen. Auch hierbei wollen wir über unsere Lösungen mit gesellschaftlichen Gruppen und Initiativen diskutieren und diese im Dialog weiterentwickeln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! So dringend die Herausforderungen sind und so wichtig ein gewisses Tempo bei deren Lösung ist: Gründlichkeit und Nachhaltigkeit dürfen nicht ausgeschlossen werden. Unser Fahrplan steht. Wie bereits angekündigt, werden wir am Freitag zu einer außerordentlichen Kabinettssitzung zusammenkommen. Wir werden erste Entscheidungen treffen. Wir werden ein erstes Handlungsprogramm zur Integration beschließen. Wir werden uns bewährte Programme und Verfahren nicht nur anschauen, sondern auch verändern und weniger erfolgreiche neu definieren. Wir werden uns dazu auch mit diesem Hohen Hause beraten.
Die langfristigen Maßnahmen und deren finanzielle Absicherung werden wir mit dem Haushaltsverfahren für das Jahr 2017 und das Jahr 2018 beschließen, welches mit der Eckwerteklausur in wenigen Tagen beginnt.
Wir werden die Voraussetzungen dafür schaffen, Bundes- und Landesprogramme auch bestmöglich miteinander zu verzahnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verteidigung unserer Werte, der Kampf gegen Radikalisierung und Fremdenfeindlichkeit sowie eine erfolgreiche Integration – diese Ziele leiten die Arbeit der Staatsregierung und mich persönlich. Ich bin mir bewusst, dass wir dafür einen langen Atem brauchen. Es geht an vielen Stellen um eine überzeugende Haltung. Es geht überall um ein entschiedenes und ein dauerhaftes Handeln. An diesem Handeln werden wir gemessen.
Nur gemeinsam, als starker Staat und als aktive Bürger, werden wir erfolgreich sein. Ich persönlich bin dazu entschlossen und werde nicht nachgeben, damit Sachsen das ist, was es sein soll: eine gute Heimat für alle und ein weltoffenes Land.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zuerst möchte ich mich bei den Koalitionsfraktionen recht herzlich bedanken, dass sie diese Aktuelle Debatte heute auf die Tagesordnung genommen haben. Es gibt mir die Gelegenheit, Sie über die neuesten Ergebnisse der Bund-Länder-Finanz
verhandlungen zu informieren und letztendlich auch über den Zwischenstand.
Am 3. Dezember haben sich die Länder nach langwierigen und harten Verhandlungen auf einen gemeinsamen Vorschlag zur Zukunft der Bund-Länder-Finanzen geeinigt. Ich möchte Sie noch einmal an Folgendes erinnern: Im Jahr 2013 gab es den Auftakt für diese Gespräche. Die Ausgangssituation war alles andere als rosig, zumindest für uns als ostdeutsche Bundesländer.
Klar war erstens, dass nach der gesetzlichen Lage der Solidarpakt II Ende des Jahres 2019 ausläuft. Zweitens war in der Diskussion zuvor, aber auch zwischen dem Jahr 2013 und heute immer wieder deutlich geworden, dass vor allem unsere westdeutschen Kollegen reklamierten, dass damit letztendlich auch der Aufbau und Aufholprozess der ostdeutschen Länder im Jahr 2019 abgeschlossen ist und jetzt auch im Hinblick auf die Nöte der westdeutschen Länder diese im Rahmen der BundLänder-Finanzen stärker zu berücksichtigen sind.
Deswegen bin ich glücklich, dass es uns gelungen ist, am 3. Dezember einen Beschluss herbeizuführen, bei dem keiner überstimmt wurde. Wir haben miteinander 16 : 0 eine Vereinbarung getroffen und damit auch eine Position gegenüber dem Bund, die eine starke ist. Ich habe deutlich gemacht und mit meinen Kollegen darauf bestanden, dass die Vereinbarung in der Gesamtheit gilt. Das heißt, die Vereinbarung gilt in der Gesamtheit, wenn es zu den Gesprächen mit dem Bund kommt – sowohl in Bezug auf die Elemente im Einzelnen als auch auf die daran angehängten Finanztabellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe darauf hingewiesen, dass die Gespräche von Anfang an schwierig waren. Es ist letztendlich auch nachvollziehbar, weil es Aufgabe und Ziel der Länder ist, auch nach dem Jahr 2019 erstens die Schuldenbremse einhalten zu können und zweitens den Gestaltungsspielraum für Investitionen für alle 16 Bundesländer zu sichern. Drittens ist es letztendlich bei den Bund-Länder-Finanz
verhandlungen das Ziel gewesen, die Voraussetzungen auf der Länderseite dafür zu schaffen, um für die Zukunft verlässlich planen zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gab natürlich auch den Streit, ob dies der entscheidende Moment ist. Wir befinden uns im Jahr 2015. Die neue Regelung soll ab dem Jahr 2020 gelten. Es gab gute Argumente der einzelnen Kollegen – auch aus dem Kreis der ostdeutschen Länderkollegen –, die Verfassungsklage in Karlsruhe abzuwarten und eine spätere Vereinbarung zu treffen, weil der zeitliche und vielleicht auch inhaltliche Druck größer wären. Wir haben für uns entschieden, dass das zeitliche Fenster da ist und jetzt die Zeit genutzt werden muss. Wir haben deswegen – auch als Freistaat Sachsen – vor Weihnachten noch einmal die Initiative ergriffen und zu uns in die Landesvertretung eingeladen. Am Abend des 2. Dezember wurden mehr oder weniger die Weichen gestellt.
Ich komme nun zur Einschätzung. Ich gehe davon aus, dass mit dem Beschluss vom 3. Dezember in der Ministerpräsidentenkonferenz die Deutsche Einheit im 25. Jahr – auch mit Blick auf die Finanzverfassung – vollendet werden kann. Was bisher galt, war durchaus erfolgreich. Es war aber eigentlich nur auf die westdeutschen Länder zugeschnitten. Diese hatten im Wesentlichen seit 1969 in der geltenden Finanzverfassung eine ihren Aufgaben entsprechende angemessene Ausstattung durch Steuereinnahmen. Die ostdeutschen Länder wurden zwar seit dem Jahr 1995 in den Länderfinanzausgleich einbezogen, waren aber wegen ihrer Steuerschwäche stets und dauerhaft auf zusätzliche Mittel angewiesen. Das leistete der von 1995 bis 2004 geltende Solidarpakt I und der von 2005 bis 2019 geltende Solidarpakt II. Diese zusätzliche Unterstützung wird – wie geplant – auslaufen. Damit wird das Nebeneinander von Solidarpakt und Länderfinanzausgleich aufgehoben. Künftig sollen alle 16 Länder die Einnahmen, die sie zur angemessenen Erfüllung ihrer verfassungsgemäßen Aufgaben brauchen, direkt aus dem System der Steuerverteilung erhalten. Dabei wird ihre eigene Entwicklung berücksichtigt. Die ostdeutschen Länder sind damit nicht mehr Bittsteller für ihre Sonderbedarfe, sondern gleichbehandelte Vollmitglieder im System der Steuerverteilung.
Meine Damen und Herren! Damit bin ich bei dem Lösungsvorschlag der Länder. Der Länderfinanzausgleich und der stets kritisierte Umsatzsteuervorwegausgleich werden abgelöst. Sie werden in der bisher bekannten Form nicht mehr fortgeführt. Statt drei Stufen soll es künftig zwei Stufen geben. Der Länderanteil an der
Umsatzsteuer soll grundsätzlich nach Einwohnerzahl verteilt werden. Zu- und Abschläge bei der Verteilung sollen künftige Unterschiede in der Finanzkraft ausgleichen. Die Ausgleichsbeiträge berechnen sich nach einem linearen Tarif in Höhe von 63 %. Die kommunale Finanzkraft wird dabei zu 75 % berücksichtigt, das heißt, um 11 Punkte höher als bisher. Die besonderen Einwohnerwertungen der Stadtstaaten und der besonders dünn besiedelten Länder bleiben unberührt. Es wird allgemeine Bundesergänzungszuweisungen geben. Der Anglei
chungsgrad wird auf 80 % des Fehlbetrags festgesetzt. Maßstab dafür sind 99,75 % des Länderdurchschnitts. Das sind alles erfolgreiche Ergebnisse aus Sicht der ostdeutschen Länder, aber nicht nur aus Sicht der ostdeutschen Länder, sondern auch der finanzschwachen Länder.
Es werden Bundeszuweisungen zum Ausgleich der Finanzkraftunterschiede der Gemeinden eingeführt.
Fehlbeträge werden hier zu 53,5 % ausgeglichen. Maßstab sind 80 % des Durchschnitts der Gemeindesteuerkraft. Meine Damen und Herren! Das Wichtige an diesen Zahlen ist Folgendes – das ist etwas für die Haushaltsexperten –: Alle Einnahmen, die uns letztendlich zur Verfügung stehen, sind dynamisch. Der Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft der Gemeinden wird so vom Bund und von den Ländern gemeinsam getragen. Daneben werden Bundeszuweisungen für Forschungsförderung neu eingeführt. Dem Saarland und Bremen werden zur Haushaltsentlastung Sanierungshilfen in Höhe von jeweils 400 Millionen Euro gewährt. Das gesamte Paket hat ein Volumen von knapp 9,7 Milliarden Euro. Darüber muss mit dem Bund verhandelt werden. Unser Ziel ist, dass es in der zweiten Etappe – letztendlich ist das auch das Ergebnis dieser Bund-Länder-Finanzgespräche – unverändert bleibt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können damit deutlich machen, dass wir uns mit Blick auf das Jahr 2019 im Rahmen dessen bewegen, was uns der Bund auf der Basis von 2014 angeboten hat. Ich werde jetzt noch einmal konkret für Sachsen die Vorteile dieses Ergebnisses aufzeigen. Ich gehe davon aus, dass, wenn die Verhandlungen mit dem Bund erfolgreich sind, wir am Ende sogar besser dastehen als gegenwärtig. Für Sachsen und die ostdeutschen Länder waren der Umsatzsteuervorwegausgleich und die Solidarpaktmittel bisher überlebensnotwendig. Beides wird nun abgeschafft. Es gibt aber einen adäquaten Ersatz. Mit dem neuen Finanzierungsmechanismus werden diese Gelder mehr als ausgeglichen.
Das hat vor allem mit der Zusammensetzung der 9,7 Milliarden Euro zu tun, die der Bund letztendlich auch beisteuert. Darin eingerechnet sind die Fortführung des Bundesprogramms in Höhe von rund 333 Millionen Euro nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und sogar die dynamische Fortsetzung der Entflechtungsmittel, die bisher statisch waren, in Höhe von 2,6 Milliarden Euro – und das zeitlich unbegrenzt.
Die letzte Tranche der SoBEZ-Mittel wird also kein Endpunkt sein, sondern Ausgangspunkt für eine neue Ära der Finanzbeziehungen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden sich die Frage stellen: Wie geht das jetzt weiter? In dieser Woche wird es die ersten Gespräche mit dem Bundesfinanzminister geben. Ich gehe davon aus, dass es uns gelingen wird, im Januar diese Gespräche mit dem Bundesfinanzminister, gegebenenfalls auch mit den Koalitionsspitzen, abzuschließen. Da die Veränderungen so gravierend sind – ich sprach von einer grundsätzlichen Änderung des Länderfinanzausgleiches –, wird es einer Verfassungsänderung bedürfen. Diese ist dann noch auf den Weg zu bringen.
Meine eindringliche Bitte heute an Sie ist: Unterstützen Sie uns parteiübergreifend auf diesem Weg; denn es ist ein guter Weg, den alle 16 Länder gemeinsam eingeschlagen haben. Nun gilt es, die Gespräche mit dem Bund, den Bundestagsfraktionen, dahin gehend zu führen, dass diese diesem Ergebnis zustimmen können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anschläge von Paris sind barbarischer, menschenverachtender Terrorismus. Wir alle haben sie gesehen, die schrecklichen Bilder aus Paris, Menschen, die getötet, verletzt wurden, Menschen, die geweint haben.
Aber, meine Damen und Herren, ich habe auch Bilder gesehen, die für mich unvergesslich sind, nämlich Menschen, die, als sie das Stadion verließen, die französische Nationalhymne, die Marseillaise, anstimmten und damit, glaube ich, deutlich machten, dass sie sich nicht unterwerfen lassen, sondern sie haben ein Signal gesendet: Wir Franzosen lassen uns nicht unterkriegen. Sie sangen das Lied von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz Europa trauert mit den Franzosen und mit Frankreich um die Opfer der Anschläge von Paris – auch wir hier in Sachsen und in Deutschland. Am Montag dieser Woche haben an vielen Orten in unserem Freistaat Menschen mittags um 12 Uhr innegehalten und waren in Gedanken besonders bei den Familien und den Angehörigen der Opfer.
Es ist gut, dass auch wir heute hier im Sächsischen Landtag deutlich machen: Wir sind Europäer, wir sind Demokraten, wir lieben unser Leben in Freiheit. Uns geht
dieses Schicksal Frankreichs etwas an. Auch wir sind gefordert, unsere Werte, unsere Art zu leben, zu verteidigen. Die Verbrechen von Paris müssen aufgeklärt, Hintergründe und Zusammenhänge müssen deutlich werden. Das wird uns helfen, richtige Schlüsse zu ziehen und Vorverurteilungen zu vermeiden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der menschenverachtenden Brutalität der Terroristen setzen wir mehr Demokratie entgegen.
Wir werden alles dafür tun, unsere Bürger besser zu schützen, und wir werden die Feinde der Demokratie und der Freiheit verfolgen. Wir werden besonnen, nicht arglos, aber entschlossen reagieren, um zu bewahren, was unsere Gesellschaft heute, aber auch morgen stark macht, nämlich die Freiheit des Einzelnen, die Gleichheit der Würde, die Brüderlichkeit im Umgang miteinander.
Frankreich und die Franzosen haben trotz der großen Trauer hierbei schnell zur Tat gefunden und verdienen dabei unsere europäische, aber auch die internationale Unterstützung. Der G-20-Gipfel hat dazu vor wenigen Tagen wichtige Beschlüsse gefasst. Dazu gehört auch, die finanziellen Quellen des Terrorismus auszutrocknen. Wirken können diese Beschlüsse nur, wenn die Staaten sie gemeinsam in konkretes Handeln umsetzen, Flughäfen und Grenzen stärker kontrollieren und die Zusammenarbeit der Geheimdienste verbessern. Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder haben unverzüglich reagiert. Die Grenzkontrollen wurden verstärkt. An
Bahnhöfen und an Flughäfen ist die Präsenz der Polizei deutlich erhöht worden.
Auch in Sachsen tun wir alles, um solche Angriffe zu verhindern. Es gibt gegenwärtig keine konkreten Hinweise auf Anschläge bei uns. Aber wahr ist leider auch: Vor skrupellosen, vor barbarischen Terroristen gibt es keine absolute Sicherheit. Aber wir tun alles für die maximale Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen. Deshalb stärken wir Polizei und Justiz mit mehr Personal und einer modernen technischen Ausstattung. Deshalb wird es zukünftig mehr Polizei in Sachsen geben, und auch die Personalausstattung der Justiz wird gestärkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weil Demokratie die Herrschaft des Volkes ist, muss sich auch das Volk wehrhaft zeigen. Dazu gehört, dass wir die Debatten in unserem Land sachlich führen, gerade jetzt enger zusammenrücken und nicht das Trennende betonen, sondern die Gemeinsamkeiten suchen.
Wir alle sind aufgerufen, unsere Freiheit gemeinsam zu leben – als Bürger, als Demokraten, als Europäer. Wir leben Freiheit, wenn wir blindem Hass und roher Gewalt unsere Menschlichkeit entgegensetzen. Wir lieben Freiheit, wenn wir dazu beitragen, die Kriege zu beenden, vor denen so viele fliehen; denn immer mehr Menschen fliehen vor dem Terror und ihrer Heimat und suchen bei uns Schutz. Wir werden unserer Aufgabe gerecht, wenn wir deutlich machen: Solidarität und Sicherheit sind kein Widerspruch. Sie gehören zusammen. Wir werden der Aufgabe gerecht, wenn sich die, die zu uns kommen, konsequent in unsere Rechts- und Werteordnung integrieren und wenn wir sie von Anfang an dabei unterstützen.
Meine Damen und Herren! Es sind die Bilder, die wir gesehen haben, die die Terroristen wollen, die in unsere Wohnzimmer gelangen, damit wir zaudern und verunsichert sind, meine Damen und Herren. Doch jetzt gilt es mehr denn je, dass wir für unsere Grundwerte eintreten und diese auch leben.
Der norwegische Regierungschef Stoltenberg hat angesichts der furchtbaren Anschläge im Jahr 2011 in Oslo etwas gesagt, was, glaube ich, für uns heute genauso gilt, wie es damals für die Norweger richtig war. Ich zitiere: „Noch sind wir geschockt, aber wir werden unsere Werte nicht aufgeben. Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit.“
Meine Damen und Herren, diese Worte von Jens Stoltenberg sollten uns in unserem Handeln hier in Sachsen täglich Mahnung sein, aber letztendlich auch leiten.
In diesem Sinne herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich mich mit dieser Erklärung an Sie, an die Bürger im Land und alle Menschen, die auf Sachsen schauen, wenden.
„Ein Willkommen ist nicht zu viel verlangt“ – mit diesen Worten drückt Jürgen Opitz aus, was doch eigentlich selbstverständlich sein sollte: ein Mindestmaß an Menschlichkeit.
Menschlichkeit zeichnet die überragende Mehrheit der Sachsen aus. Aber eine enthemmte Minderheit besudelt und beschämt unser ganzes Land in einer Art und in einem Ausmaß, die ich mir nicht habe vorstellen können. Sie haben Mitmenschen angegriffen, terrorisiert und verängstigt. Hier erheben sich Menschen über Menschen, ohne sich auch nur irgendwie für deren Leben und deren Schicksale zu interessieren. Gewalttätige Extremisten und alle, die sie haben gewähren lassen, die sie unterstützt haben, die – ich kann das nicht verstehen – auch mit
Kindern hinter ihnen hergezogen sind, haben vor der Unterkunft in Freital und an dem Wochenende von Heidenau unsere Grundordnung verlassen und unseren gesellschaftlichen Frieden bedroht.
Diese Personen haben sich außerhalb der sächsischen Bürgerschaft gestellt. Sie haben ihre hasserfüllten Gedanken durch konkrete Gewalt ausgelebt. Das macht mich sprachlos. Sie haben einen gefährlichen Schatten auf die Weltoffenheit Sachsens geworfen, die Weltoffenheit, von der unser aller Zukunft abhängt. Dafür gibt es kein Verständnis, keine Toleranz. Dagegen muss es den Aufstand aller in unserem Land geben.
Ich selbst werde gesellschaftliche Gruppen einladen, um die Stärke der sächsischen Demokratie mit ihnen zu besprechen. Gemeinsam mit Arbeitnehmervertretern, dem Kultursenat bis hin zum Landessportbund und der Wohlfahrt will ich für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft nicht nur werben, sondern auch arbeiten. Das liegt mir am Herzen.
Was mir ein besonderes Anliegen ist: Ich möchte Lehrer einladen, um mit ihnen zu diskutieren: Wie gut bilden unsere Schulen in Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt aus? Unser Ziel muss es doch sein, dass alle Schüler überzeugte sächsische Staats- und Weltbürger werden.
Feinde der Demokratie und Rassisten haben das Fundament des zivilisierten Miteinanders in Deutschland verlassen. Sie haben versucht zu zerstören, was Tausende Sachsen Tag für Tag verteidigen und mit Leben erfüllen: unsere Werte von Humanismus und Nächstenliebe, Toleranz und Gewaltfreiheit. Diese Werte sollten von allen eingehalten werden und müssen gegenüber allen Menschen gelten, auch gegenüber Kommunalpolitikern und gegenüber Mitgliedern der Staatsregierung. Man kann Politik kritisieren, man kann anderer Meinung sein. Aber das Minimum ist doch Respekt – vor dem Amt, aber auch vor der Person im Amt.
Ich möchte Jürgen Opitz, dem Bürgermeister von Heidenau, auch hier, im Sächsischen Landtag, nochmals danken – für seinen Mut, seine Courage, seine klare Haltung. Er hat nach den unerträglichen und verstörenden Ereignissen in seiner Stadt Stellung bezogen und deutlich gemacht: Es wurden nicht verhandelbare Grenzen überschritten. Eine
Minderheit beschädigt einen Ort, der doch anders ist. Viele Heidenauer helfen den Flüchtlingen. Sie leben unsere Werte – wie Mitmenschlichkeit – durch ganz praktisches Handeln. Jürgen Opitz und sein Handeln – das ist unser Sachsen. Das ist ein Maßstab für Sachsen. Er steht für viele Bürgermeister in unserem Land. Er ist Vorbild für diejenigen, die künftig Asylbewerber in ihrer Stadt willkommen heißen werden. Das ist Jürgen Opitz.
Meine Damen und Herren! Heute ist Weltfriedenstag. Hass zerstört Frieden. Hass zerstört Freiheit. Hass zerstört Demokratie und Gemeinschaft. Hass zerstört Wohlstand. Hass macht einsam und arm. Die „geballte Wut“, wie es die Protestierer selbst nennen, schlägt der Politik in unserem Staat entgegen zu einer Zeit, in der es unserem Land und dem Durchschnitt der Menschen gut geht. Wir haben in Sachsen 40 Jahre SED-Diktatur hinter uns gelassen. Wir begehen den 70. Jahrestag des Kriegsendes. Sollte es uns nicht auch heute noch glücklich machen, in Freiheit, Frieden und Selbstbestimmung zu leben?
Wir Sachsen haben seit 1989 viel Hilfe durch Westdeutsche erfahren. Wir können doch nicht vergessen haben, dass wir unseren Wohlstand gerade auch der Unterstützung und Solidarität anderer verdanken, einer Solidarität, die uns auch in schweren Stunden – wie in den Fluten – nie alleingelassen hat.
Ich rufe uns alle hier im Parlament, aber auch Kirchen, Arbeitgeber, Gewerkschaften, Vereine und Verbände – alle Bürger unseres Freistaates – auf: Schauen wir auf unser Land und bekennen wir uns noch deutlicher zu einem Sachsen mit Herz! Der Herzschlag ist da. Leipzig wehrt sich gegen dumpfe Demonstrationen. AnnabergBuchholz freut sich über Flüchtlinge. An vielen Orten werden sie willkommen geheißen. Abertausende Sachsen spenden, helfen, engagieren sich. Ich möchte, dass dieser Herzschlag stärker zu spüren ist. Er soll nicht zu überhören sein.
Flüchtlinge sind Menschen, die zu uns kommen, denen wir helfen müssen. Wenn sie bleiben dürfen, sollten wir in ihnen noch mehr sehen. Machen wir aus den Flüchtlingen unseren Nachbarn, unseren Kollegen, unseren Sportkameraden. Jedem Flüchtling, der nach einem Asylverfahren bei uns bleiben darf, sage ich: Lernen Sie unsere Sprache, finden Sie eine auskömmliche Arbeit bei uns, erleben Sie unsere Kultur und bereichern sie diese. Teilen Sie unsere Werte und werden Sie ein Bürger im Freistaat Sachsen.
Um diese Herausforderung der vielen Asylbewerber zu bewältigen, braucht es in unserem Land einen spürbaren Ruck der Barmherzigkeit, wie es der neue Landesbischof, Dr. Rentzing, am Samstag von uns gefordert hat. Es ist unsere humanitäre Pflicht, den Menschen zunächst ein
Dach über dem Kopf zu geben, und das ist nicht die Pflicht der Regierung und des Staates allein. Es geht uns alle an, wenn Menschen in unser Land kommen und Hilfe brauchen.
Die Staatsregierung ist zunächst auf die Zusammenarbeit mit unserer kommunalen Familie angewiesen, denn dort leben dann die Asylbewerber. Morgen werden Martin Dulig und ich uns wieder mit Landräten und Bürgermeistern zusammensetzen und den weiteren Weg besprechen. Die Städte und Gemeinden können sich auf unsere Unterstützung verlassen.
Ich danke ausdrücklich der Stadt Chemnitz und ihren Bürgern. In dieser sächsischen Großstadt wird seit Jahren Großartiges für die Aufnahme von Flüchtlingen geleistet. Ich danke auch der Stadt Schneeberg, in der es nach den schweren Protesten von 2013 eine breite Welle der Solidarität und Unterstützung gibt. Ich danke Böhlen, Görlitz, Meißen, Perba – allen Orten in Sachsen und allen Bürgern, die sich der Verantwortung stellen.
Ich bitte darum, dass sich alle der Verantwortung stellen: Eigentümer möglicher Immobilien, wenn wir um Unterkunft bitten, und auch die Nutzer von Turnhallen, Nachbarn einer Asylunterkunft, die Gesellschaft der Stadt, in der wir Flüchtlinge unterbringen müssen. Die neuen Zahlen des BAMF haben eines ganz deutlich gemacht: Wir stehen vor einer ungeahnt großen Aufgabe. Wir stehen vor einer Aufgabe, die Land und Kommunen nur im gemeinsamen Schulterschluss auch mit dem Bund schaffen können.
Aber wir werden das schaffen, meine Damen und Herren. Davon bin ich überzeugt. Wir werden an dieser Herausforderung wachsen müssen. Auch da sage ich: Auch das schaffen wir. Dafür sind aus meiner Sicht drei Dinge wichtig:
Erstens. Es ist jetzt die Zeit, in der wir uns um die beste Lösung kümmern müssen. Aber gewinnen wir bitte mehr Verständnis füreinander! Ich wünsche mir weniger Vorwürfe und mehr Zusammenhalt. Kommunikationszeiten, Entscheidungswege werden sich ständig den neuen Bedingungen anpassen müssen. Es ist – das haben die Bundeskanzlerin und auch ich mehrfach gesagt – kein Normalbetrieb, in dem wir uns gegenwärtig befinden. Menschen brauchen schnelle Hilfe. Wir brauchen schnelle Entscheidungen, ob die Menschen bleiben dürfen oder nicht, und schnelle Entscheidungen, wo wir die Menschen unterbringen.
Zweitens. Wir können diese Herausforderungen nur bestehen, wenn wir die Stärken unseres Landes erhalten. Zu diesen Stärken gehört die Rechtsstaatlichkeit. Daher: Neben der Demokratie gilt es auch, unseren Rechtsstaat zu verteidigen. Extremisten und Gewalttäter müssen verfolgt werden. Straftaten vor, aber auch in Asylbewerberheimen müssen konsequent geahndet und Asylverfahren schneller entschieden werden, und die Entscheidung muss konsequent und zügig umgesetzt werden. Nicht jeder, der zu uns kommt, hat ein Recht, auch hier zu bleiben.
Zum Erhalt der Stärken gehört auch: Es sind wegen der Kosten für Unterbringung und Betreuung keine Abstriche in anderen Politikbereichen geplant.
Drittens. Die Flüchtlinge aufzunehmen heißt auch, dass sie nicht nur ein Dach über dem Kopf haben, sondern sie werden auch Teil unserer Gesellschaft. Deshalb müssen wir zum einen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernstnehmen und Antworten geben. Ich erhalte viele Briefe. Viele Bürger erklären mir in ganz ruhiger und sachlicher Art, womit sie gerade hadern. Das respektiere ich, und wir müssen es in unserer Politik beachten. Ich will eine Gesellschaft, die zusammenhält, nicht nur in Hochwasserkatastrophen, sondern immer.
Meine Damen und Herren! Ich schaue besonders auch auf die Menschen, die in diesen Wochen enorm gefordert sind, weil sie bei der Aufnahme, der medizinischen Betreuung, der Bearbeitung von Anträgen, der Unterbringung oder der allgemeinen Unterstützung ihren Dienst verrichten. Das alles schaffen wir heute, das schaffen wir morgen, das schaffen wir noch im kommenden Jahr. Aber auf Dauer werden wir es kaum in dieser Größenordnung schaffen. Dabei geht es nicht um das Geld in unserem relativ reichen Land. Es geht auch nicht allein darum, wie viele Ausländer wir aufnehmen können. Die Herausforderung ist, dass die vielen Menschen, die zu uns kommen, viele helfende Hände brauchen. Die Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern wird uns an die Grenzen führen, Grenzen der Einsatzfähigkeit von Menschen, an Grenzen der Beschaffung von Materialien, wie Containern und Sanitäreinrichtungen.
Ich sage Ihnen das nach Gesprächen mit Einsatzleitern, die 30-Stunden-Schichten haben, Mitarbeitern, die Tag für Tag von 6 bis 23 Uhr Flüchtlinge aufnehmen, Ärzten, die zusammen 200 Untersuchungen am Tag bearbeiten, Polizisten, die für den Schutz ihren Kopf hinhalten und verletzt werden, Kommunalpolitikern, die bedroht werden, und Ehrenamtlichen, die sich jede freie Minute für Flüchtlinge und deren Zusammenhalt in unserem Land engagieren. Diese Menschen haben ein großes Herz, eine unglaubliche Leistungskraft und einen unbändigen Willen zu helfen. Ich denke, ich spreche auch in Ihrem Namen, wenn ich diesen Menschen an dieser Stelle herzlich danke.
Ich fühle mich auch für diese Menschen verantwortlich, die mir deutlich sagen: Irgendwann können wir nicht mehr. Ich begrüße daher, dass wir heute diese Sondersitzung haben und der Landtag eine Debatte über die Zukunft unserer Asylpolitik begonnen hat. Führen wir sie sachlich und mit humanitärer Perspektive! Führen wir sie mit Herz! Wir brauchen diese Debatte, und wir müssen mit Sicherheit noch weitere Schritte gehen, Schritte hin zu
einer wirklichen europäischen Asylpolitik mit sicheren Grenzen, fairer Verteilung und effizienten Verfahren.
Das Verhalten Ungarns hat es deutlich gemacht: Wir müssen schneller an Lösungen arbeiten, die die Situation für alle entspannen und Schritte hin zu einer erfolgreichen Integration der Menschen, die bei uns in Sachsen bleiben, gehen. Aber es gilt: ein Schritt nach dem anderen. Zuerst müssen wir die Würde aller Menschen sichern, die zu uns kommen, und ihnen ein Dach über dem Kopf sichern.
Meine Damen und Herren! Es gibt hasserfüllte Menschen, aber es gibt so viel mehr Bürger, die uneigennützig anpacken und Menschlichkeit ganz konkret werden lassen.
Dazu gehören Sachsen in den Erstaufnahmeeinrichtungen, die in unseren Städten und Gemeinden zu ihrer Verantwortung stehen. Dazu gehören Sachsen, die ihren Dienst beim DRK, den Maltesern, den Johannitern, dem THW und anderen Hilfsorganisationen leisten. Und es sind die vielen ehrenamtlichen Sachsen, die hinsehen, die helfen, sich für eine menschliche Gesellschaft einzusetzen. Sie alle machen unser Sachsen zu einem Sachsen mit Herz.
In diesem Sinne wünsche ich mir: Führen wir heute und zukünftig die Debatte um die richtige Asylpolitik.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wenn wir morgen in die parlamentarische Sommerpause gehen, liegt das erste Jahr der 6. Legislaturperiode hinter uns. In diesem Jahr ist in Sachsen sehr viel passiert. Deshalb ist es mir wichtig, hier und heute noch einmal das Wort zu ergreifen.
Ich habe vor zwei Wochen die Unterkunft für Asylsuchende in Freital besucht und mit den Flüchtlingen und den Verantwortlichen vor Ort gesprochen.
Am Sonntag darauf war ich in Meißen, wo es einen feigen Brandanschlag auf eine geplante Unterkunft für Asylbewerber gegeben hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mich ganz persönlich machen diese Ereignisse zutiefst betroffen. Sie verletzen mein christliches Menschenbild und die gesellschaftlichen Werte, die mir, aber, wie ich glaube, auch Ihnen allen wichtig sind. Denn es geht um Menschen, die – wenn auch vielleicht mit einer anderen Religion, einer anderen Hautfarbe oder einer anderen Kultur – Asylsuchende sind. Asylsuchende sind Menschen, die bei uns Schutz und ein besseres Leben suchen.
Mich machen die Bilder von überfüllten Booten und den Flüchtlingslagern im Nahen Osten und in Afrika zutiefst traurig. Wen, frage ich, können diese Bilder kaltlassen? Es geht um Menschen, die vor Krieg und Katastrophen auf der Flucht sind, Menschen, die für ein sicheres Leben viel
aufs Spiel gesetzt haben – manchmal sogar ihr eigenes Leben. Diese Menschen müssen bei uns gut aufgenommen werden. Sie haben Anspruch auf ein faires Asylverfahren und eine gute Unterbringung. Dieses Bekenntnis gilt für alle: das Land, alle Landkreise, alle Städte und Gemeinden. Es gilt für den gesamten Freistaat Sachsen.
Hass oder Gewalt gegen diese und gegen alle anderen Menschen verurteilen sicherlich wir alle auf das Schärfste; ich für meinen Teil zumindest tue es. Ich erwarte, dass alle im Freistaat Sachsen dem entschieden entgegentreten; denn hier hört jegliche Toleranz auf.
Ich sage es klar und deutlich: Rassismus ist eine Schande! Rassismus ist der Nährboden für Verbrechen. Diesen Nährboden darf es nicht geben. Wir müssen uns immer wieder bemühen, rassistische und menschenverachtende Haltungen aus den Köpfen zu bekommen.
Dabei darf niemand wegsehen, wenn eine Minderheit in unserem Land gegen alle Werte von Moral und Anstand verstößt. Denn es ist unsere Pflicht, die Pflicht der großen Mehrheit, sich dagegen zu stellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die anhaltenden Flüchtlingsströme sind für Europa, Deutschland und
Sachsen eine enorme Herausforderung. Es ist eine große Aufgabe, bei der wir immer wieder vor neue Situationen gestellt werden. Sicherlich haben auch wir Fehler gemacht. Die Kommunikation auf und zwischen den verschiedensten Ebenen der Verwaltung ist nicht immer gut gelungen.
Tatsache ist und bleibt aber: Niemand weiß, wie viele Menschen wo in der Welt gerade zu diesem Zeitpunkt aufbrechen, um in Deutschland Schutz und ein besseres Leben zu finden. Deshalb stehen wir vor einer Aufgabe, die uns nicht nur heute, sondern auch in den kommenden Jahren fordern wird. Denn es wird lange, sehr lange dauern, bis Kriege und Krisen beendet und vor allem bewältigt sind. Es werden also noch viele Flüchtlinge zu uns kommen. Europa und Deutschland müssen beweisen, dass wir damit umgehen können. Hier beweist sich, ob wir unsere westlichen Werte leben, wie stark Humanismus und unsere Zivilisation sind. Aufklärung und Freiheit, Menschlichkeit und Toleranz sind mehr denn je gefragt.
Aber ich wünsche mir auch, dass wir in unserem Land über das Thema Asyl anständig diskutieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir viele Probleme lösen können, wenn wir Fragen beantworten, Unwissenheit begegnen oder Missverständnisse beseitigen. Wir müssen uns bemühen, die Herzen der Menschen zu erreichen. Das geht nur im Gespräch, das geht nur im Dialog.
Sachsen war und ist ein weltoffenes Land. Diese Weltoffenheit hat einen Rahmen: Wer in Sachsen leben und arbeiten möchte, muss seine Herkunft und seine Überzeugung nicht verleugnen oder verstecken. Im Gegenteil, er soll unsere Gesellschaft damit bereichern. Das heißt aber auch, dass er unsere Werte teilt, dass er unsere kulturellen Wurzeln, die gewachsenen Strukturen und das gesellschaftliche Miteinander akzeptiert und sich an die Spielregeln hält.
Dazu gehört auch und vor allem, dass er unsere Sprache lernt. Ich bin überzeugt, wenn uns diese Übereinkunft gelingt, können wir die Geschichte Sachsens als weltoffenes Land weiter fortschreiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich erwarte auch, dass sich der Bund deutlich stärker finanziell engagiert; denn es handelt sich nicht nur um eine Aufgabe für die sächsischen Städte und Gemeinden oder für den Freistaat Sachsen, sondern es ist eine gesamtstaatliche Aufgabe.
Die Staatsregierung ihrerseits verbessert die Bedingungen für die Erstaufnahme in Sachsen. Am Dienstag hat das
Kabinett dazu umfangreiche Beschlüsse gefasst, die Ihnen der Innenminister gestern erläutert hat. Die Kommunen bitte ich, sich beherzt der Aufnahme von Asylbewerbern anzunehmen; denn wir haben viele unzählige Beispiele in Sachsen, wo dies gut gelingt. Lernen wir auch hier voneinander.
Ich möchte an dieser Stelle denjenigen danken, die sich bei uns um die Asylsuchenden kümmern. Das gilt insbesondere den Mitarbeitern in den Verwaltungen und in der Landesdirektion, den Landkreisen und Gemeinden, aber vor allem auch den vielen ehrenamtlichen Helfern in den Städten und Gemeinden vor Ort.
Ich finde es bewundernswert, wie sie nach allen Kräften daran arbeiten, eine gute Aufnahme von Menschen bei uns zu schaffen. Wir tun das Mögliche, dass diese Bedingungen besser werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Asylpolitik ist keine Willkür. Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. Unser Grundgesetz fasst damit in Worte, was sich aus unserer christlichen abendländischen Kultur und aus den schrecklichen Erfahrungen der NS-Zeit herleiten lässt. Das Grundrecht auf Asyl ist ein wichtiges Bekenntnis von uns Deutschen zu Schutz und Hilfe für Menschen, die bedroht sind. Asyl ist ein Beitrag Deutschlands in einer Welt, die nach wie vor noch Kriege und Krisen kennt. Wir fragen dabei nicht zuerst, woher der Mensch kommt, was er mitbringt. Zuerst bieten wir Hilfe an. Das ist christlich. Das ist humanistisch.
Ich kann verstehen, dass es Menschen gibt, die davon träumen, in Europa ein Leben mit mehr Wohlstand zu führen, ohne davor vor Kriegen geflohen zu sein. Auch sie haben alles zurückgelassen. Ich sage ganz klar: Auch sie haben ein Recht darauf, ein faires Asylverfahren zu bekommen und sich bei uns sicher zu fühlen. Auch sie dürfen nicht Hass und Gewalt spüren.
Meine Damen und Herren! Wir können hier in Europa und in Deutschland aber nicht alle Probleme dieser Welt lösen. Wer das Grundrecht auf Asyl missbraucht, verletzt Recht und Gesetz. Er erschwert auch, dass denen geholfen wird, die wegen Krieg und Verfolgung unsere Hilfe brauchen. Wer in der Debatte den Missbrauch leugnet oder sich vor Problemen mit Asylbewerbern aus einzelnen Ländern wegduckt, zerstört Vertrauen in unseren Staat und in seine Verfahren.
Unsere Aufgabe ist es, dass die Asylverfahren so schnell wie möglich entschieden werden. Daran anschließen muss sich eine zügige Integration der Menschen in unsere Gesellschaft. Wir müssen dafür Angebote machen, damit sie unsere Sprache lernen und hier arbeiten können. Auf
der anderen Seite muss auf die Ablehnung des Asylgrundes konsequent eine zügige Ausreise erfolgen. Das heißt auch, unsere Rechtsordnung ist nicht disponibel. Aber auch die, die wir abschieben, sollen zu Hause sagen können: Ich bin nach einer schwierigen Flucht in Sachsen gut behandelt worden; ich durfte zwar nicht bleiben, aber die Deutschen sind anständig mit mir umgegangen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Staatsregierung hat in den vergangenen Monaten zu vier gesonderten Dialogforen eingeladen. Übrigens noch einmal für diejenigen, die es bislang nicht gewusst haben: Es waren keine Auserwählten. Sondern es gab mehr Bewerber als Plätze. Deshalb gab es ein notariell beglaubigtes Auslosverfahren. Es waren Bürger aller gesellschaftliche Gruppen, auch Asylsuchende unter denjenigen, die an den Dialogforen, selbst am ersten Dialogforum, teilnahmen. Das wollte ich der Vollständigkeit halber hier noch einmal erwähnen.
Mitglieder der Staatsregierung und ich haben vor allem eines gemacht: zugehört. Wir konnten erklären, wir konnten oft auch überzeugen. Ich danke allen, die als Mitglieder ihrer Fraktionen diese Dialogforen durch ihre Teilnahme aktiv begleitet haben. Wir sind als Politiker eigentlich ständig im Dialog. Aber ich weiß auch, dieser Dialog muss ordentlich geführt werden. Wer menschenfeindlich, rassistisch oder extremistisch ist, mit dem spreche ich genauso wie Sie auch nicht.
Im Ergebnis der Dialogforen will ich, dass wir uns über neue Formen demokratischer Prozesse Gedanken machen. Ich werde daher mit Partnern aus Österreich und der Schweiz nächstes Jahr zu einer Sächsischen Demokratiekonferenz einladen. Ich bitte Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, weiter im Dialog zu bleiben. Wir müssen immer wieder vor Ort Entscheidungen aus Brüssel, aus Berlin und Dresden einordnen und erklären. Wir werden dabei nicht jeden überzeugen, aber es versucht zu haben – auch das macht Demokratie aus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft meistern, wenn wir stetig an einer wichtigen Voraussetzung arbeiten: Unser Freistaat muss ein starkes, ein erfolgreiches Land bleiben, das allen Bürgern Sachsens und denen, die zu uns kommen, ein gutes Leben ermöglicht. Vor wenigen Wochen haben wir dazu den Haushalt des Freistaates Sachsen verabschiedet. Er ist, wie ich damals sagte, ein Zukunftswerk. Viele Bereiche werden wir damit stärken. Wir setzen unsere Vorhaben auf der Basis des Koalitionsvertrages um.
Wir stellen im laufenden Schuljahr über 1 000 Lehrer unbefristet ein und werden insgesamt in den nächsten Jahren 6 100 Lehrerinnen und Lehrer neu einstellen. Unser Ziel muss sein, dass von diesen Einstellungen alle Regionen des Landes gleichermaßen profitieren.
Ich möchte an dieser Stelle den Lehrerinnen und Lehrern danken, die sich auch um die Integration von Flüchtlingskindern kümmern. Besonders die Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache sind wichtige Paten für diese Kinder und helfen beim Start in ein neues Leben in Sachsen.
Ich möchte aber auch eine zweite Berufsgruppe namentlich erwähnen: unsere sächsischen Polizistinnen und Polizisten. Sie sind in den vergangenen Monaten immer wieder besonders gefordert gewesen. Wir haben zur Stärkung der Polizei den Einstellungskorridor erweitert. Die zusätzlichen 100 Kräfte werden wir in Schneeberg an einem neuen Standort ausbilden. – Ich warte hier auf den Beifall von Kollegen Colditz.
Die Kommission zur Zukunft der sächsischen Polizei hat auch ihre Arbeit aufgenommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Staatsregierung steht die Sicherheit aller Menschen in Sachsen an erster Stelle. Sicherheit schafft Freiheit. Sicherheit schafft Lebensqualität. Deshalb muss die Polizei für die Bürgerinnen und Bürger da sein, wo sie auch gebraucht wird.
Die sächsischen Polizistinnen und Polizisten leisten einen sehr schweren Dienst. Einsätze wie in Leipzig, als randalierende Chaoten durch die Stadt zogen, Angriffe auf Polizeidienststellen, das Attackieren von Beamten bei Demonstrationen und Fußballspielen und Gewaltausbrüche gegenüber der Polizei sind nicht hinzunehmen.