Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Wir lehnen es ab, unser Erfolgsmodell Deutschland infrage zu stellen – insbesondere durch Ziele, die eine Untergrabung unserer Strukturen anstreben. Wenn diese Organisationen Experimente anstreben, dann bitte in den Ländern, aus denen sie kommen bzw. mit denen sie sich immer noch verbunden fühlen.

Meine Damen und Herren, ich schließe mit einem Zitat von John Howard aus Australien – das kennen Sie: „Dies ist Unsere Nation, Unser Land und Unser Lebensstil. Ich

ermutige euch, einen weiteren Vorteil unserer großartigen Demokratie und Gesellschaft zu nutzen: das Recht, das Land zu verlassen, wenn ihr hier nicht glücklich seid. Wir haben euch nicht gezwungen, hierherzukommen.“

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Sie wissen schon, dass er ein Einwanderer nach Australien ist?!)

Ich denke, meine Damen und Herren, so können wir es wohl sehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Patrick Schreiber, CDU: Wir haben Sie auch nicht gezwungen, hierherzukommen! – Weitere Zurufe)

Das war Herr Spangenberg für die Fraktion AfD in der dritten Runde.

Wir könnten jetzt in der Rederunde fortfahren. Aber vorher sehe ich eine Kurzintervention. Am Mikrofon 1 steht Herr Böhme.

Herr Präsident, vielen Dank! Ich habe jetzt keine andere Möglichkeit laut Geschäftsordnung und kann nur die Möglichkeit der Kurzintervention nutzen. Ich kritisiere damit auch das Präsidium des Sächsischen Landtags, und zwar, wie es diese Aktuelle Debatte überhaupt zulassen konnte; denn ich frage mich wirklich, was dieses Thema – mit diesen Inhalten, mit diesen Aussagen von Herrn Spangenberg gerade eben – mit § 55 unserer Geschäftsordnung, Aktuelle Stunde, zu tun hat. Dort steht nämlich: „Eine Fraktion kann zu einem bestimmt bezeichneten Gegenstand der Landespolitik von allgemeinem und aktuellem Interesse eine Aktuelle Debatte …“

Herr Abgeordneter, ich muss Sie unterbrechen.

Ich reagiere damit auf die Rede von Herrn Spangenberg.

Sie beziehen sich jetzt auf –

– die Rede von Herrn Spangenberg.

– das Präsidium des Sächsischen Landtags und kritisieren, dass wir diese Tagesordnung so zugelassen haben?

Ich beziehe mich auf die Rede von Herrn Spangenberg und kritisiere nebenbei das Präsidium.

Wenn Sie sich nicht auf die Rede beziehen, dann müssen Sie – –

Habe ich doch gerade noch einmal gesagt.

Und worum geht es jetzt?

Ich beziehe mich auf die Rede von Herrn Spangenberg und frage mich, was das mit einer Aktuellen Debatte laut unserer Geschäftsordnung zu tun hat. Die Aktuelle Debatte soll von allgemeinem Interesse sein und aus einem aktuellen Anlass der Landespolitik beantragt werden.

(Patrick Schreiber, CDU: Das haben Ihre Vertreter im Präsidium aber nicht kritisiert, Herr Böhme!)

Aber ich kritisiere es jetzt.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ganz dünnes Eis! Wirklich ganz dünnes Eis!)

Ich stelle noch einmal fest, dass sich das soeben nicht auf den Redetext bezogen hat. Sie kritisieren hier das Präsidium und die Tagesordnung. So habe ich Sie jetzt verstanden.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Er bezog sich auf die Rede von Herrn Spangenberg! – Zuruf von den LINKEN: Die Rede passte nicht zu dem Tagesordnungspunkt! – Detlev Spangenberg, AfD, steht am Saalmikrofon.)

Herr Spangenberg, das war keine zulässige Intervention.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Was?)

Sie können darauf nicht reagieren.

Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen heraus? – Ich kann keinen feststellen.

Auch die einbringende Fraktion hat ihre Redezeit verbraucht.

Jetzt käme die Staatsregierung zu Wort. Sie wollen sprechen? – Bitte, Frau Staatsministerin. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe wirklich kurz überlegt, ob ich spreche. Es ist in der Tat so, weil man als Staatsministerin auch manchmal überlegt, ob man die richtigen Aufgaben erledigt, wenn man sich um Integration – um doppelte Integration – kümmert. Herr Spangenberg hat mir gerade bewiesen, dass dies dringend notwendig ist. Ich werde es also weiterhin tun, weil man sieht, was herauskommt, wenn man es nicht tut.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Genauso fühle ich mich darin bestätigt, dass wir als Freistaat Sachsen morgen der Koalition gegen Diskriminierung beitreten, das heißt die entsprechende Absichtserklärung unterzeichnen werden. Das, was Sie hier von sich gegeben haben, gerade was Ihr Frauenbild betrifft, ist eben Diskriminierung. Deswegen sind wir auch insoweit auf dem völlig richtigen Weg.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Doch nun noch einmal zu dem Inhalt dessen, was ich zumindest dem Tagesordnungspunkt, der zur Aktuellen Debatte aufgerufen worden ist, entnommen habe. Ich würde es gern von folgender Seite her betrachten: Laut Statistischem Jahrbuch 2015 hatten wir in Sachsen 2014 gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs um 8 889 Personen zu verzeichnen. Das ist der erste wirklich große, nennenswerte Zuwachs, den wir in Sachsen zu verzeichnen haben. Ich erwähne diese Zahl deswegen, weil wir in Diskussionen über den demografischen Wandel immer wieder Zahlen zu hören bekommen, die darauf hindeuten, dass wir schrumpfen. Wir verzeichnen also einen Zuwachs.

Wir haben allein in unseren DaZ-Klassen 9 641 Schüler.

(Carsten Hütter, AfD: Haben Sie auch die Lehrer?)

Auch in Sachsen führen wir, vor allem der Lenkungsausschuss, Verbändegespräche durch. Ich erinnere an den sogenannten Sachsen-Integrationsgipfel – wenn ich das übersetzen darf; denn in Ihrer schriftlichen Vorlage steht nicht, welchen Gipfel Sie genau meinen.

Ende April hatten wir immerhin 190 000 ausländische Personen in Sachsen. Das sind Männer, Frauen, Studierende, Professoren, Doktoranden, Arbeitnehmer, auch Geflüchtete, Unternehmer, EU-Bürger, nachgezogene Familienangehörige, hier Geborene, Auszubildende, Kinder. Wir haben einen Ausländeranteil von 5 %. Darüber mache ich mir, ehrlich gesagt, keine Sorgen.

Sorgen mache ich mir über das, was wir in Diskussionen wie der heutigen erleben. Wir erleben es aber auch in der gesamten Gesellschaft. Leider müssen wir über das Thema Spaltung reden, weil Ihre Worte manchmal eben auch Früchte tragen. Zum Glück ist dies nicht immer der Fall; denn wir haben einen großen Anteil an Menschen, die sich in diesem Bereich wirklich positiv bewegen und die uns unterstützen, sowohl im Ehrenamt als auch im Hauptamt; darauf komme ich gleich noch einmal zu sprechen.

Was haben wir in Sachsen denn getan? Wir haben die Wegweiserkurse eingeführt. Herr Kiesewetter ist schon darauf eingegangen. Aber ich würde es gern mit Zahlen untermauern: Wir haben 6 715 Teilnehmer in diesen Kursen unterrichtet. In unseren Landessprachkursen haben wir innerhalb von acht Monaten 8 340 Menschen unterrichtet. Auf dem Arbeitsmarkt haben wir ebenfalls Erfolge zu verzeichnen, auch wenn sie noch klein sind

und wir alle sie uns größer wünschten. Bereits 764 Menschen haben wir in Arbeit gebracht. Allein als Land haben wir circa 234 Sozialarbeiter eingestellt. Wir haben Arbeitsmarktmentoren eingestellt.

Warum erwähne ich das? Weil ich glaube, dass wir im Bereich der Integration durchaus Arbeitsplätze geschaffen haben – übrigens auch für viele deutsche Arbeitnehmer. Es sind Arbeitsplätze, die sozialversicherungspflichtig sind und die wirklich einer sozialen Aufgabe in unserem Land dienen. Mir hat das DRK bestätigt, dass selbst nach Auslaufen befristeter Arbeitsverträge viele Menschen im DRK bleiben und weiter Menschen helfen. – Das wollen Sie als Misserfolg werten? Ich kann Sie von der AfD nur einladen, sich das alles einfach einmal anzuschauen.

Ich war vor circa drei Wochen beim Kirchentag in Leipzig auf vier Veranstaltungen vertreten.

(Zuruf von der AfD: Wir sind ausgeladen worden!)

Ich war im Rahmen der Jüdischen Wochen in dieser Woche in der Jüdischen Gemeinde in Leipzig zugegen. In diesen Veranstaltungen sitzen Christen und Juden – übrigens auch Moslems – und reden gemeinsam über eine friedliche Zukunft, über ein friedliches Zusammenleben.

Ich war gestern Abend zu Besuch bei der TakvaGemeinde und habe – gemeinsam mit über 300 Menschen – am Fastenbrechen teilgenommen. Dort saßen Vertreter der Thomaskirche Leipzig, der Zivilgesellschaft, Helferinnen und Helfer. Das verstehe ich unter Integration. Das verstehe ich unter friedlichem Zusammenleben.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Carsten Hütter, AfD: Warum laufen dann die meisten Helfer wieder weg?)

Wenn Sie auch nur einen Funken dessen, von dem Sie reden, wirklich mit den Menschen, über die Sie reden, besprechen würden, dann würde vielleicht auch Ihr Verständnis ein kleines Stückchen anders aussehen und wachsen.

Herzlichen Dank.