Ich komme nun zu Ihren Zahlen in Bezug auf die Syrer. Wir haben keine anderen Zahlen genannt. Sie unterstellen uns aber, dass wir Panikmache betreiben.
Ja, das ist auch richtig. Sie werden es verstehen, wenn Sie Mathematik können würden. Ich nenne Ihnen die Zahlen. 660 000 Personen sind hier. Ein Teil davon hat schon die Familie nachgeholt. Diese kann man herausrechnen. Es bleiben noch 390 000 Personen übrig, die sie nachholen können. Die durchschnittliche syrische Frau bekommt 2,8 Kinder. Die Leute, die etwas weniger gebildet sind, bekommen mehr Kinder. Das können sechs oder sieben Kinder sein. Akademiker, wie bei uns auch, haben weniger Kinder. Die Zahl von 2,1 Millionen, die ich Ihnen vorgerechnet habe, ist absolut realistisch. Ich gehe von einer syrischen Durchschnittsfamilie aus.
Das war eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Wippel. Möchten Sie darauf reagieren? – Nein. Wir fahren in der Rednerliste fort. Herr Kollege Pallas, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren auf Antrag der AfD über den Vorschlag, den Familiennachzug für Geflüchtete stark einzuschränken. Wir haben es schon ein paar Mal gehört: Ziel ist es, einen Familiennachzug bei den Personen zu verhindern, die einen Flüchtlingsstatus nach Genfer Flüchtlingskonvention oder subsidiären Schutz erhalten haben. Nur noch politisch Verfolgten soll
diese Möglichkeit offenstehen. Der dann noch mögliche Familiennachzug soll wiederum zwingend versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Angehörigen oder Familien- oder Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII angewiesen ist. Wir werden diesen Antrag aus mehreren Gründen ablehnen.
Ich komme zunächst zur Grundintention. Der Antrag behauptet zwar, den Fehlanreiz beenden zu wollen, Ehepartner und Kinder allein zu lassen und diese im Falle einer völlig ungewissen Anerkennung als Schutzberechtigte nach Deutschland nachreisen zu lassen. Das klingt im ersten Moment fast schon fürsorglich von der AfDFraktion. In Wahrheit geht es aber nur darum, den Familiennachzug aus ganz prinzipiellen Gründen so umfassend wie möglich abzuschaffen. Die Äußerungen, Herr Wippel, die Sie soeben in Bezug auf das Sterben im Mittelmeer getätigt haben, sind angesichts der Äußerungen, die man vielfach aus der AfD in Sachsen und bundesweit zu hören bekommt, nicht glaubhaft. Sie möchten grundsätzlich keine Zuwanderung. Sie sagen es nur nicht offen.
Wenn wir beispielsweise die Zahlen der Asylgeschäftsstatistik des BAMF für das Jahr 2016 ansehen, zeigt sich, dass bei insgesamt 695 000 Entscheidungen über Asylanträge lediglich 2 100 Anerkennungen nach Artikel 16 a Grundgesetz stattfanden. Das sind lediglich 0,3 %. Darin waren bereits 245 Fälle eines Familienasyls enthalten. Wenn man nun noch die zweite Schranke anschaut, die Sie mit der Streichung der Ermessensklausel bei der Unterhaltssicherung einziehen möchten, dann zeigt sich, dass faktisch so gut wie keine Person mehr die Chance haben soll, trotz ihrer Aufenthaltsgestattung aus humanitären Gründen ihren Ehepartner oder die minderjährigen Kinder zu sich zu holen.
Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wird es damit so gut wie niemals möglich sein, mit ihren Eltern in Deutschland vereint zu sein. Hierbei ist die Verfolgung aus politischen Gründen noch deutlich seltener der Asylgrund. Selbst wenn dies einmal vorkommen sollte, ist nicht zu erwarten, dass beispielsweise 15-Jährige den Unterhalt für nachzuholende Eltern sichern können.
Diese faktische Abschaffung des Familiennachzugs lehnen wir ab, weil wir die Verschärfung des Familiennachzugs weder mit dem in Artikel 6 des Grundgesetzes enthaltenen verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie noch mit den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention für vereinbar halten. Mir persönlich gefällt auch die Grundlogik dieses Antrags nicht. Dies geschieht frei nach dem Motto: Wenn wir die Menschen, die zu uns flüchten, nur schlecht genug behandeln und sie bewusst und dauerhaft von ihren nächsten Angehörigen trennen, obwohl sie selbst aus humanitären Gründen bleiben dürften, dann werden sie sich schon dagegen
Meine Damen und Herren! Es wäre gut, wenn die Möglichkeiten für humanitäre Unterstützungen in Deutschland nicht noch weiter beschnitten werden würden, als sie es jetzt schon sind. In den letzten Jahren haben im Rahmen diverser Änderungen in der Asylgesetzgebung bereits viele Verschärfungen Einzug gehalten. Allein seit Mitte 2015 wurde das Aufenthaltsgesetz durch 23 Gesetze geändert. Darunter befinden sich Gesetze wie das Gesetz zu Neubestimmung des Bleiberechts und Aufenthaltsbeendigung, die Asylpakete I und II, das Integrationspaket und das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht.
Diese Änderungen betrafen teils auch schon den Familiennachzug. So wurde einerseits im August 2015 mit dem Gesetz zur Neubestimmung der Bleiberechts der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte grundsätzlich erleichtert. Diese konnten nun einen Antrag auf Nachzug für die Kernfamilie stellen. Das war vorher nicht möglich. Dies galt auch dann, wenn sie nicht ausreichend Wohnraum und keinen gesicherten Lebensunterhalt vorweisen können. Vor der Gesetzesänderung konnten dies nur anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte. Herr Wippel, ich finde dies richtig, gerade mit Blick auf die Integrationsprobleme, die wir logischerweise haben, wenn alleinreisende Personen hier Aufenthaltsrecht bekommen, die in Sorge über ihre Angehörigen sind, die sich teilweise noch in den Krisengebieten befinden. Es ist nur nachvollziehbar, dass es sehr hilfreich wäre und ist, ihnen ein sicheres Umfeld hier zu schaffen. Das gelingt nun einmal nur durch den Familiennachzug.
Auf der anderen Seite wurde aber im März 2016 mit dem Asylpaket II der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte bis zum Jahr 2018 ausgesetzt. Ich sehe es als keinen Widerspruch an, wenn man sich einmal die Gesamtsituation zu dieser Zeit vor Augen führt. Wir alle haben es erlebt und waren tief beeindruckt von den Entwicklungen ab Mitte 2015 bis in das Jahr 2016 hinein – aus meiner Sicht weniger mit Blick auf die absoluten Zahlen derer, die nach Deutschland zugewandert sind, auch wenn das eine deutliche Steigerung zu vorher war. Nein, es waren vor allen Dingen die chaotischen Zustände bei der Einreise. Es war offensichtlich: Es brauchte eine Weile, bis die Prozesse in den zuständigen Behörden wieder einigermaßen funktionierten. In dieser Situation war es nachvollziehbar, dass man sich, auch wenn es hart klingen mag, Luft verschaffen wollte, damit die Abläufe in den zuständigen Behörden bei der Kontrolle des Grenzübertritts und der Einreise nach Deutschland wieder zum Funktionieren gebracht werden konnten.
Diese chaotischen Zustände sind inzwischen nicht mehr existent. Inzwischen laufen die Prozesse aus meiner Sicht relativ reibungslos. Aus diesem Grund gibt es auch überhaupt keinen Grund mehr, die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte über das Jahr 2018 hinaus auszuweiten. So und nicht anders sind
auch die entsprechenden Äußerungen von Vertreterinnen und Vertretern der Bundes-SPD zu sehen. Weil alle hier Wahlkampf gemacht haben, verzeihen Sie mir sicherlich den kurzen Verweis auf die Bundestagswahl.
Für weitergehende Änderungen im Bereich des Familiennachzugs allerdings sehen wir als SPD derzeit keinerlei Bedarf, insbesondere nicht für eine faktisch vollständige Abschaffung. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was sind die Stärken der AfD? Natürlich fällt mir die Antwort relativ leicht. Da ist zunächst die gekonnte Schwarz-Weiß-Malerei, die Sie uns immer wieder präsentieren. Wenn Sie von einer Sache richtig viel haben, dann ist es tatsächlich Ihr Maß an mangelnder Empathie. Deshalb werden auch unsere Vorstellungen von einer humanen Gesellschaft und wie wir darin zusammenleben wollen nie mit den Ihren konform gehen. Damit sage ich Ihnen nichts Neues, das wissen Sie von uns, und das ist gut so.
Das Institut des Familiennachzugs – um zum Thema Ihres Antrages zu kommen – hat seine Wurzeln im Grundgesetz und trägt der großen Bedeutung von Familie und dem Familienverbund Rechnung. Das ist ein Thema, das Sie des Öfteren gern bemühen, vor allem, wenn es um deutsche Familien geht. Nicht ohne Grund verweist § 27 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf Artikel 6 des Grundgesetzes. Mit wirklich großem Bedauern in Richtung der Koalition, die auch auf Bundesebene regiert, muss ich sagen, dass dieses Recht insbesondere durch das Asylpaket 2 im März 2016 massiv eingeschränkt worden ist. Den Familiennachzug als Steuerungsinstrument für die Begrenzung der Zahl der Geflüchteten zu nutzen, lehnen wir ab. Wir sind damit nicht allein. Anfang des Jahres hat nach GRÜNEN und LINKEN auch die SPD auf Bundesebene dafür plädiert, den eingeschränkten Nachzug für subsidiär Geschützte aufzuheben, scheiterte damit allerdings am Widerstand der CDU – das haben wir gehört.
Widerstand kommt auch vonseiten der Kirchen, der NGOs und des Stellvertretenden UN-Flüchtlingskommissars sowie des Europarates, der Deutschland für diese Einschränkung rügte. Die Trennung von Familienangehörigen auf der Flucht, so die Experten, sei eines der größten Probleme, und verwehrter Familiennachzug verhindere nicht nur die Integration. Das ist auch unmenschlich. Deshalb ist es sicher oder wird Sie nicht verwundern, dass wir diesen Antrag ablehnen.
Ich möchte aber noch etwas zu dem sagen, was Kollege Voigt mit seinem Wahlaufruf für die CDU/CSU hier kundgetan hat. Ich finde es außerordentlich schwierig, wenn die CDU hier aufruft, diese Partei zu wählen, weil
sie als CDU genug dafür tun würde, Asylgesetze weiter einzuschränken, den Zuzug von Familienangehörigen zu verhindern. Was Sie hier treiben, ist ein Spiel mit dem Feuer. Meine große Sorge, Kollege Voigt, ist es, dass die Menschen dann – das wird in Sachsen passieren, davon bin ich überzeugt – gleich das Original wählen. Machen Sie eine Politik, die tatsächlich familienorientiert ist, unabhängig von der Herkunft des Menschen! Ich plädiere dafür, dass Sie dann hoffentlich einen Koalitionspartner auf Bundesebene haben, der anders drauf ist.
Mit Frau Zais sind wir am Ende der Rednerreihe angelangt. Wir können eine zweite Runde eröffnen. Das möchte die einbringende Fraktion? – Bitte, Herr Wippel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Ich habe verstanden: Sie wollen den Menschen helfen. Das ist natürlich in Ordnung. Das wollen wir auch. Wir werden Menschen aber nicht dann helfen können, wenn Deutschland so wird wie die Herkunftsländer, aus denen die Leute gekommen sind. Wir haben vorhin über das Beispiel der Syrer geredet. Jetzt stellen wir uns einmal vor, das sei jetzt nur die Gruppe der Syrer. Die Prognosen der UN für Afrika sagen: Bis 2050 wird sich die Bevölkerung dort auf 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. Sie wissen jetzt schon, was an der Mittelmeerküste los ist und wie die Zustände in Italien sind.
Wollen Sie wirklich, dass Europa so wird? Europa kann nicht so werden. Dazu kann ich Ihnen nur eines sagen: Dann wird dieses Boot Europa – um dieses Bild zu bemühen – kentern, und es wird keinen sicheren Hafen für uns geben. Wenn wir allerdings glauben, auf diese Art und Weise Hochbegabte zu uns zu bekommen – das fiel ja hier in der Debatte auch –, kann ich Ihnen eines klar sagen: Das wird in der Größenordnung nicht funktionieren, denn auch dieses Mittel ist nicht geeignet.
Zum einen noch einmal eine Feststellung in Richtung SPD: Helmut Schmidt ist nicht mehr Kanzler gewesen, weil er in Deutschland zwei Millionen Arbeitslose gehabt hat. Wir haben jetzt 2,5 Millionen Arbeitslose plus eine Million Unterbeschäftigte.
Insofern haben wir gar keine Schwierigkeiten, zumal nominell. Nehmen wir einmal an, Sie hätten recht. Sie würden genau das machen wollen, nämlich den Fachkräftebedarf über die Dritte-Welt-Länder decken. Wir müssen feststellen, dass Sie diese Länder schwächen werden.
Wir können uns vergleichsweise die Gruppe der Türken in Deutschland anschauen, die ja nun auch im weitesten Sinne dem arabischen Raum zuzuordnen ist. Wie sieht es denn mit der Integration dieser Leute aus? Eurostat hat
herausgefunden und die Zahlen veröffentlicht: 48 % der Türken im erwerbsfähigen Alter sind Nicht-Erwerbspersonen. Das heißt, sie haben keine Arbeit und sie suchen sich auch keine Arbeit. Friedrich Schneider von der Uni Linz hat herausgefunden, dass 28 % des türkischen Inlandsproduktes durch Schwarzarbeit erarbeitet werden. Meine Damen und Herren! So werden wir keine Sozialsysteme in Deutschland auch nur ansatzweise sichern können. Dazu kommen noch höhere Geburtenraten bei diesen Leuten. Wo hier der Gewinn für Deutschlands Zukunft sein soll, ist mir völlig schleierhaft. Zur Integration – mehrfach in der Debatte gefallen – haben wir eine andere Auffassung. Sie haben recht: Wir wollen keine Integration dieser Menschen hier. Wir wollen keine Einwanderung in dieser Größenordnung haben.
Diese Menschen sollen für eine gewisse Zeit Schutz bekommen. Das ist Asylrecht, das ist personengebunden. Wir stehen mit dieser Meinung nicht allein. 68 %, das sind mehr als zwei Drittel, haben die Erwartung, dass die Leute nach Kriegsende auch wieder nach Hause gehen. Deshalb ist die Richtung Familiennachzug eine völlig falsche, die Sie da einschlagen.
Die Integration in dieser Größenordnung ist mit dem Blick auf die Vergangenheit in Deutschland unmöglich. Außer, Sie glauben vielleicht, dass Sie es mit 50 Milliarden Euro Steuergeldern pro Jahr und ganz viel Wollen dann wirklich schaffen können. Aber ich glaube nicht, dass Sie es schaffen können. Das sehen wir zum Beispiel an den Mhallami-Arabern, die ja als Miri-Clan zum Beispiel besonders kriminell sind. Der Libanon und Syrien sind sehr nahe beieinander. Das sind im Grunde dieselben Leute. Wir werden ähnliche Probleme bekommen, und die Ansätze dazu sehen wir schon.
Ich habe mich mit Leuten unterhalten, ich denke mir das nicht aus. Einer, der geschäftlich viel in Afrika zu tun hatte, sagte mir: Pünktlichkeit ist dort, wenn der Tag stimmt. So wird unsere Wirtschaft in Zukunft nicht funktionieren. Ich habe mich mit dem ehemaligen AlJazeera-Journalisten Aktham Suliman unterhalten. Er sagte zu mir: „Vergesst es, es klappt nicht. Zum Beispiel der Beruf des Bäckers. Den möchte keiner ausüben, weil er kulturell nicht anerkannt ist. Da heißt es: Was bist du? Du bist Bäcker? Hast du nichts gelernt? Die Leute wollen ein weißes Hemd und einen Schlüsselbund.“ Das waren
Mit einigen wenigen Personen können wir das hinbekommen, vielleicht insgesamt mit 100 000 in Deutschland, die man über einen langen Zeitraum integrieren könnte. Aber wir werden es doch nicht mit Millionen von Menschen in Deutschland schaffen können. Auch der Chef der Bundesagentur für Arbeit aus Dresden hat sich in der Zeitung entsprechend geäußert. Er hat gesagt: „Wir werden zehn Jahre brauchen, um 20 bis 40 % dieser Leute in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Bei einigen wenigen geht es schneller, bei vielen dauert es länger, bei einigen wird es nie funktionieren.“ Das passt auch mit den Zahlen zusammen, die ich vorhin im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit der Türken in Deutschland erwähnt habe.
Meine Damen und Herren! Es wird nicht funktionieren. Diese Leute werden unsere Rentensysteme nicht sichern. So wird auch die Integration nicht funktionieren. Die SPD kann sich freuen, weil die Türken in Deutschland prozentual die größte SPD-Wählergruppe sind.