Protokoll der Sitzung vom 31.08.2017

Das nimmt mir aber nicht meine Überzeugung, dass aus Sicht der Kinder und zu deren Wohl die Ehe zwischen Vater und Mutter am besten zusammenbindet.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Das ist nicht zu fassen! Das ist doch dumm!)

Das gelingt nicht überall. Und von Frau Petry sind wir – das möchte ich festhalten, weil das für mein Abstimmungsverhalten auch entscheidend war – verschiedene gebrochene Versprechen gewohnt.

(Jörg Urban, AfD: Pfui!)

Aber dann möchte ich diesem verlogenen, inhaltsentwerteten Antrag auch nicht folgen, sondern mich weiterhin auf qualifizierte Anträge stützen.

(Zuruf des Abg. Uwe Wurlitzer, AfD – Jörg Urban, AfD: Pfui, pfui! Ganz schlecht! – Weitere Zurufe von der AfD)

Vielen Dank.

(Jörg Urban, AfD: Das war erbärmlich!)

Gibt es weitere Erklärungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ich kann ich den Tagesordnungspunkt schließen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 13

Keine Verschleierungstaktik auf Kosten der Bildung –

Sanierungsbedarf der sächsischen Hochschulen klar beziffern

Drucksache 6/10470, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die Fraktion GRÜNE, danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Frau Dr. Maicher, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Unser Finanzminister legt derzeit eine überraschende Reiseaktivität an den Tag. Pünktlich zum Bundestagswahlkampf ist er schwer damit beschäftigt, an Sachsens Hochschulen fleißig rote Bänder zu zerschneiden.

Die Hochschule Zittau/Görlitz darf sich über ein neues Lehr- und Verwaltungsgebäude freuen,

(Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Stefan Meyer und Thomas Colditz, CDU)

und die Fertigstellung des Paulinums an der Universität Leipzig hat der Finanzminister gleich einmal für eine voreilige Bauabschlussfeier genutzt,

(Thomas Colditz, CDU: Sehr gut!)

bemerkenswerterweise unter ausschließlicher Beteiligung diverser CDU-Größen.

Das Gebäude wird zwar erst im Dezember von der Uni Leipzig eröffnet, aber die Aussicht, sich mitten im Wahlkampf als Finanzminister inszenieren zu können, der bauliche Großprojekte voranbringt, war für den Finanzminister dann wohl doch zu verlockend. Beeindruckende

117 Millionen Euro hat dieser Neubau gekostet – mehr als doppelt so viel, wie ursprünglich veranschlagt.

Aber das ficht Herrn Unland nicht an. Viel interessanter ist die Tatsache, dass der Finanzminister ausschließlich bei prestigeträchtigen Bauten das so zu sehen scheint. Sobald es aber um die Sanierung und Instandhaltung der ganz normalen, aber alltäglich benötigten Hochschulinfrastruktur geht, erlahmt der Elan des Finanzministers merklich. Das ist fatal gerade für hervorragende Lehre und exzellente Forschung, die dauerhaft an unseren Hochschulen erhalten bleiben muss.

Ich erinnere an die Theologische Fakultät in Leipzig. Eigentlich war seit 2012 geplant, dass sie in ein anderes Gebäude umzieht, was zunächst instandgesetzt werden muss. Bis zur Fertigstellung wurde die Theologische Fakultät in einem Interimsgebäude untergebracht. Es stellte sich schnell heraus, dass diese Räume überhaupt nicht für den Lehrbetrieb geeignet waren. Es gab von Anfang an schwerwiegende Probleme mit der Raumluft. Gut, es sollte ja eigentlich nur ein Provisorium sein. Es gibt nur einen Haken: Für die Sanierung des angedachten Gebäudes war über Jahre gar kein Geld in den Haushalt eingestellt, und hätte der Landtag bei den letzten Doppelhaushaltsverhandlungen auf Initiative meiner Fraktion nicht interveniert, wäre es dabei wohl auch geblieben.

Die benötigten 4,3 Millionen Euro für die Sanierung des Gebäudes für die Theologische Fakultät wollten Sie, Herr Unland, einfach nicht herausrücken. Jetzt ist es ja zumin

dest teilweise angedacht im Haushalt. Aber es ist eben auch nur eine Sanierung und kein schöner neuer Prachtbau, den Sie mit viel Tamtam eröffnen können.

Natürlich kann man jetzt sagen, dass Gelder nun einmal nicht unbegrenzt vorhanden sind und Prioritäten gesetzt werden müssen, und ich bin mir sicher, dass das jetzt in der Debatte gleich kommen wird, und das stimmt auch. Umso ärgerlicher ist es aber, wenn Gelder in Millionenhöhe liegenbleiben, wie wir es zum Beispiel im Haushalt mit den BAföG-Geldern gesehen haben.

Die weitaus bitterere Wahrheit ist aber, dass diese Art der Leuchtturmfinanzpolitik in Sachsen System hat. Was schön und neu funkelt, wird gemacht, während der Bestand stiefmütterlich behandelt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das sehen wir auch in allen anderen Bereichen, aber eben hier und heute ganz deutlich bei den Hochschulen.

Das sage nicht ich Ihnen, sondern das sagt der Sächsische Rechnungshof in aller Deutlichkeit. Im Jahresbericht für 2016 stellt er fest, dass sich allein an der Uni Leipzig ein Sanierungsbedarf in Höhe von 140 Millionen Euro angestaut hat. Im Jahr zuvor hatte sich der Rechnungshof die TU Dresden angeschaut und hier sogar einen Sanierungsbedarf von 500 Millionen Euro ausgemacht. Damit existiert an nur zwei von 14 sächsischen Hochschulen ein Sanierungsbedarf, der das gesamte Baubudget, das wir für 2017 im Haushalt für den Hochschulbau eingeplant haben, um 540 Millionen Euro übersteigt.

Wie konnte es so weit kommen? Auch auf diese Frage hat der Sächsische Rechnungshof eine eindeutige Antwort. Ich zitiere exemplarisch aus dem Bericht zur Uni Leipzig: „In den Jahren 2009 bis 2015 wurden lediglich zwischen 3,6 und 4,7 Millionen Euro als Bauunterhaltsmittel im Haushaltsansatz pro Jahr bereitgestellt, obwohl der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement deutlich höhere Finanzbedarfe geltend gemacht hat. Eigene Berechnungen des Sächsischen Rechnungshofes zeigen Bauunterhaltsbedarfe für die Universität Leipzig zwischen rund 10,2 und rund 15,3 Millionen Euro pro Jahr.“

Man kann es nicht schönreden. Diese Zahlen sind alarmierend – übrigens auch bei der Berufsakademie. Auch dort hat die Kluft zwischen angesammeltem Bedarf und bewilligten Baumitteln allein im Jahr 2016 312 000 Euro betragen. Auch an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften sieht es nicht besser aus. Allein die Hochschule Zittau/Görlitz, Herr Dr. Meyer, hat dieses Jahr einen Bedarf an Bauunterhalt von fast 1,3 Millionen Euro. Im Haushalt für Bauunterhalt ist aber kein einziger Euro eingestellt.

Was noch schlimmer ist: Diese Zahlen sind dem Finanzministerium schon lange bekannt. Die Bedarfszahlen wurden vom Staatseigner SIB gemeldet, sie landen aber regelmäßig im Giftschrank des Finanzministers. Es ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen, den Landtag als Haushaltsgesetzgeber über die desolate Lage bei der

Baufinanzierung unserer Hochschulen zu unterrichten. Schlimmer noch: Selbst nachdem der Rechnungshof auf das Problem aufmerksam gemacht hat, scheut Herr Unland Transparenz weiter wie der Teufel das Weihwasser.

Ich habe zwei Anfragen an das Finanzministerium gestellt, die eine ganz einfache Frage zum Inhalt hatten: Ich wollte wissen, welche Baubedarfe seit 2009 für die anderen sächsischen Hochschulen und für die Berufsakademie gemeldet wurden. Was ich als Antwort erhalten habe, spottet jeder Beschreibung und zeigt im Übrigen auch, welche Achtung der Finanzminister dem Parlament, also dem Haushaltsgesetzgeber, entgegenbringt. Statt endlich Farbe zu bekennen, wollte mir das Finanzministerium erklären, wie die Aufstellung des Doppelhaushalts funktioniert. – Danke, Herr Prof. Unland, aber als Abgeordnete des Sächsischen Landtags weiß ich das.

Was ich und das Parlament nach wie vor allerdings nicht wissen, ist, wie hoch der Baubedarf an unseren Hochschulen tatsächlich ist. Ich weiß nur, dass die Aussagen des Finanzministeriums, dass der Sanierungsbedarf in voller Höhe im Haushalt abgedeckt wäre, eine finanzpolitische Märchenstunde ist. Deshalb ist unser Antrag so wichtig und dringend notwendig.

Wir fordern, dass endlich reiner Wein eingeschenkt wird, was die tatsächlich benötigten Baumittel an den Hochschulen und der Berufsakademie anbelangt. Und wir wollen wissen, welche Baubedarfe in den letzten acht Jahren tatsächlich vorhanden waren. Der Landtag und die Öffentlichkeit haben ein Recht darauf zu erfahren, wie groß die Lücke bei diesen notwendigen Sanierungen wirklich ist.

Außerdem erwarten wir, dass das Finanzministerium seine „Kopf-in-den-Sand-Politik“ aufgibt und gemeinsam mit den Hochschulen und der Berufsakademie ein Konzept erarbeitet, aus dem klar hervorgeht, mit welchen Maßnahmen und bis wann der Sanierungsstau aufgelöst werden kann. Dieses Konzept muss natürlich vor den nächsten Doppelhaushaltsverhandlungen vorliegen.

Es ist ganz klar, dass es nicht von heute auf morgen gelingen wird, die Versäumnisse aufzuholen, und Baumaßnahmen müssen natürlich geplant werden, sie müssen in Auftrag gegeben und durchgeführt werden, und das braucht Zeit. Aber wir brauchen eben eine realistische Zeitschiene, die aufzeigt, bis wann es möglich sein wird.

Schließlich ist das Parlament nicht nur dazu da, den Haushalt zu beschließen; wir kontrollieren auch die Staatsregierung. Deshalb fordern wir, dass dem Landtag künftig einmal pro Jahr ein Fortschrittsbericht vorgelegt wird, aus dem hervorgeht, wie es mit dem Sanierungsstau an den Hochschulen bestellt ist.

Ich bitte Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, im Interesse unserer Universitäten, unserer Hochschulen für angewandte Wissenschaften und der Berufsakademie und auch in der Achtung unserer eigenen verantwortlichen Aufgaben als Parlament und Haushaltsgesetzgeber: Stimmen

Sie für mehr Transparenz beim Thema Finanzbedarf der Hochschulinfrastruktur in Sachsen. Es ist dringend notwendig.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Meine Damen und Herren, nun die CDU-Fraktion; Herr Abg. Dr. Meyer. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau

Dr. Maicher, aus Ihrer Rede ist deutlich geworden, dass es Ihnen weniger um die Baumittel an sich geht, sondern eher darum, die Verwaltung mit der Erhebung von diversen Zahlen zu beschäftigen; ich werde gleich näher darauf eingehen. Das eigentliche Thema haben Sie jedenfalls nicht in den Vordergrund gerückt.

Ich will noch einmal deutlich machen – das kann man mit Fug und Recht sagen –, dass der gegenwärtige Doppelhaushalt 2017/2018 die Schwerpunkte auf Bildung, Ordnung und Sicherheit legt. Die Ausgabenquote für Bildung bewegt sich mit 31 % konstant auf sehr hohem Niveau.

Auch die generelle Investitionsquote im Freistaat Sachsen ist mit 15,7 % eine der höchsten in ganz Deutschland. Daher können Sie nicht pauschal behaupten, dass wir zu wenige Mittel in Investitionen steckten. Auch in die Hochschulen fließen nicht zu wenige Mittel.