Noch einmal zum Sachverhalt. Es ist bereits vorhin zitiert worden, worum es dabei geht: „Die Personalausgaben sind nur bis zur Höhe der Vergütungsgruppe E 9 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zuwendungsfähig.“
Nur zur Erinnerung, worum es sich bei einer E 9 handelt: Mit der Gehaltsgruppe E 9 beginnen die akademischen Gehaltsgruppen. Es ist also die niedrigste Gehaltsgruppe für Menschen mit einem Bachelor oder einem Fachhochschulabschluss. Für Personen mit Diplom oder Master muss man wenigstens eine E 13 ansetzen. Wir als LINKE wollen das; denn es ist wichtig, dass wissenschaftliche Arbeit mit einem Entgelt auf einem üblichen Niveau erfolgt. Sie wollen das offenbar nicht. Deswegen haben Sie zu dem Thema auch nichts gesagt. Sie haben es nicht begründet.
Dieser Feststellung steht in diesem Punkt V der Zuwendungszweck der Richtlinie gegenüber. In Punkt I.1 heißt es: Der Zweck ist weiterhin auch eine Verstärkung solcher Projekte durch lokale und regionale Vernetzung sowie wissenschaftliche und beratende Begleitung. Oder in Punkt II.1 h): Gefördert werden Projekte, die durch beratende und wissenschaftliche Begleitung von Projekten eine nachhaltige Entwicklung innovativer Handlungskonzepte initiieren.
Wenn Sie das damit zu erreichen versuchen, werden Sie es nicht schaffen. Mit Ihrer Deckelung der Gehälter für Demokratieprojekte stellen Sie die komplette wissenschaftliche Arbeit im Bereich zivilgesellschaftlicher Gruppen infrage. Sie fördern nicht Modellprojekte, sondern Sie verhindern genau das für die Zukunft, denn es ist ein ernsthaftes politisches Problem, das wir hier haben.
Natürlich dürfen Projekte auch mehr zahlen, das steht so drin. Aber sie müssen es aus Eigenmitteln tun. Wer also mehr zahlen will, um attraktiv für wissenschaftliches Personal zu sein, der muss beim Projektzweck oder an anderen Stellen kürzen. Das bringt natürlich Vereine mit diesem Ansatz in eine Schieflage.
Wie gesagt, wir reden über ein kleines Mosaiksteinchen der Demokratiearbeit, die in diesem Land so bitter notwendig ist. Genau dieses Beispiel macht sehr deutlich,
dass Sie nach wie vor ein Problem mit Zivilgesellschaft haben und welches Bild vom Staat Sie an sich haben.
Sie haben im Punkt III der Förderrichtlinie, den ich vorhin zitiert habe, eine Ausnahme formuliert, wenn es um die Förderfähigkeit der E 9 geht. Diese Ausnahme kann anscheinend durch ein anderes Votum des Beirates zum Tatbestand werden.
Damit kommen wir zu einem zweiten Problem, das damit zusammenhängt. Nach großen Ankündigungen, dass dieser Beirat für das „Weltoffene Sachsen“ wieder eingesetzt würde, ist Ihnen das genau nach zweieinhalb Jahren in dieser Legislatur gelungen.
Schauen wir einmal auf die Zusammensetzung des Beirates, dann sind wir ganz schnell wieder auf dem Boden sächsischer Realität angekommen. Im Beirat sind genau zwei Mitglieder des Landtags vertreten, und zwar jeweils von CDU und SPD, aber keiner von der Opposition. Also nur die Regierungskoalition ist vertreten. Das erinnert mich sehr an die Aussage von Franz Josef Strauß. Er hat damals gesagt: Wir brauchen keine Opposition, wir sind schon Demokraten.
Das zeigt ziemlich deutlich das Verständnis von Politik und Gesellschaft, das Sie haben. Was diese Ausnahmeregelungen, die über diese E 9 hinausgehen, unter dem Strich bedeuten, können wir uns ausmalen.
Nach wie vor trägt für das Programm „Weltoffenes Sachsen“ auch der Innenminister Ulbig eine Mitverantwortung. Deutlicher kann man sein Misstrauen gegenüber zivilgesellschaftlichen Initiativen und Demokratievereinen nicht zeigen.
Am 10. Juli dieses Jahres war er wieder da, der Generalverdacht. Weil zwei Tage zuvor beim G20-Gipfel in Hamburg die Lage völlig eskaliert ist, wusste wenige Stunden später CDU-Generalsekretär Tauber wieder etwas zur Sache beizutragen. Ich zitiere: „Es war ein Fehler, die Demokratieerklärung abzuschaffen.“
Das war zwei Tage nach dem Hamburger G20-Gipfel. Gleich darauf kommen das deutliche Nicken und das sofortige Einverständnis mit solchen populistischen Einlassungen. Das stößt in Sachsen immer wieder auf offene Ohren.
Als sei das nicht schon genug, fällt dem Kollegen Dierks – einem der beiden MdLs, die im WOS-Beirat vertreten sind – auch noch etwas zum Thema ein, und zwar, dass die Ereignisse in Hamburg eine tolle Gelegenheit wären, um mal eben mit dem Finger auf das Alternative Jugendzentrum in Chemnitz zu zeigen, ganz nach dem Motto: Haltet den Dieb! Damit haben Sie zwar den Weg in die Schlagzeilen geschafft, aber ein Beitrag zur Stärkung von Demokratie, zur politischen Vielfalt wurde zu einem offenen Diskurs. Wie wir das gesellschaftliche Zusammenleben gestalten wollen, dazu taugt es definitiv nicht.
Genau aus dem Grund sollten Sie ernsthaft überlegen, ob Sie die richtige Person in diesem Beirat sind.
Die Fraktion DIE LINKE hat einen eigenen Antrag zum „Weltoffenen Sachsen“ im Geschäftsgang, denn wir haben noch erheblichen Redebedarf. Wir wollen die Kultur des Misstrauens beenden. Wir wollen die Potenziale, die es in dem Förderprogramm tatsächlich gibt, stärken. Wir empfinden eine starke Zivilgesellschaft, die vielen Ehrenamtlichen, die Vereine, die Organisationen, die Ausstellung „Bildungsfarben“, die Aufklärungsveranstaltungen, auch die Sport-Events und die anderen Aktivitäten als Bereicherung und als Wert für diese Gesellschaft. Sie und insbesondere die CDU sehen das anders.
Frank Richter hat das ziemlich gut zusammengefasst. Er sagte: „Wer Bekenntnisse verlangt und Debatten vermeidet, meint es nicht gut mit der Demokratie.“ Und der Mann hat recht.
Ganz viele Menschen, die sich engagieren, tragen tagtäglich in vorderster Linie einen Teil Ihrer Versäumnisse weg. Erkennen Sie das endlich an! Im Moment haben wir die Situation, dass Sie mit der Art, wie Sie dieses Programm verwalten, den Titel „Weltoffenes Sachsen“ selbst demontieren. Sie haben dringenden Handlungsbedarf. Wir werden das immer wieder thematisieren und es Ihnen nicht durchgehen lassen. Dem Prioritätenantrag der GRÜNEN stimmen wir als LINKE zu.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ ist ein großer Erfolg – Ausrufezeichen!
Über 100 Projekte von über 70 Vereinen in Sachsen werden gefördert. Tausende von ehrenamtlichen Sächsinnen und Sachsen engagieren sich dort Tag für Tag. Es ist eine wichtige Arbeit; denn wir alle wissen, dass wir in diesem Land mit Menschenfeindlichkeit große Probleme haben. Diese Leute sind das gute, sind das lächelnde, sind das engagierte Gesicht Sachsens, die wir mit diesem Landesprogramm unterstützen. Dabei ist jeder der 4,15 Millionen Euro im Jahr gut investiertes Geld, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Mit diesen 4,15 Millionen Euro können wir uns im Übrigen im Bund-Länder-Vergleich sehen lassen. Das muss auch gesagt werden, denn es wird über unsere Probleme in Sachsen – oft nicht zu Unrecht – berichtet. Ich finde es aber wichtig zu sagen, dass in diesem Land
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalition verfolgt im Kampf gegen Rassismus und Neonazismus in Sachsen in dieser Legislaturperiode eine klare Strategie: Im Rahmen des Programms „Weltoffenes Sachsen“ stärken wir die Prävention. Dazu haben wir im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Integration und Gleichstellung unsere Kräfte gebündelt. Gleichzeitig stellen wir das Verhältnis zur Zivilgesellschaft auf eine neue Basis. Wir wollen uns nicht mehr länger gegenseitig misstrauen, sondern wir wollen eine neue Zusammenarbeit. Deshalb hat diese Koalition die Extremismusklausel abgeschafft.
Gleichzeitig haben wir im Dialog mit der Zivilgesellschaft die Förderrichtlinien für das „Weltoffene Sachsen“ überarbeitet. Es sind jetzt die Kritikpunkte angeklungen. Auch in den Rückmeldungen, die ich bekomme, gibt es Fragen zur E 9. Aber in allen Briefen, die ich bekomme, steht am Anfang erst einmal, was wir in dieser Richtlinie alles gut gemacht haben. Ich will nur ein Beispiel nennen: Es ist eine dreijährige Projektförderung möglich. Zeigen Sie mir einmal ein anderes Programm im Sozialbereich, in dem so etwas möglich ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Dieses Landesprogramm zeigt damit ganz deutlich: Wir nehmen die Bedrohung von rechts in diesem Land ernst. Wir haben seit Langem verstanden, dass die Stärkung der Demokratie kein Hobby ist, sondern die Stärkung der Demokratie braucht auf der einen Seite Ehrenamt, aber auch gute, starke und professionell arbeitende hauptamtliche Strukturen.
Jetzt heben die GRÜNEN auf einen Aspekt ab. Sie suggerieren schon in Ihrer Überschrift etwas, was nicht stimmt. Das möchte ich im Folgenden darlegen: Sie sagen, dass mit dieser Klausel das Landesprogramm geschwächt würde.
Erstens: Das, was mit dieser Regelung passiert, ist nichts Neues. Es wird einzig und allein die seit Jahren geltende Verwaltungspraxis niedergeschrieben.
Den Fall, dass irgendjemandem ein Teil seines Lohnes weggenommen würde, weil es angeblich auf E 9 gedeckelt wird, gibt es gar nicht. Auch bisher war es so, dass jeder, der einen Antrag auf Fördermittel für eine Stelle gestellt hat, die höher als E 9 war, dies schriftlich begründen musste. Das ist genau so, wie es derzeit in der Förderrichtline steht. Das war früher im Verwaltungshandeln schon so. Deshalb läuft Ihre Argumentation ins Leere.
Ich will es noch einmal sagen: Die Regelung hat einen nächsten Satz. Diese Regelung lautet – Zitat –: „Ausnahmen sind im Einzelfall möglich.“
Ja! – Jetzt ist die Frage, was bedeutet das denn „im Einzelfall“? „Im Einzelfall“ bedeutet nicht – wie Sie es interpretieren –, dass nur in ausgewählten, ganz wenigen Fällen eine Ausnahme möglich ist, sondern jeder Einzelfall begründet werden muss.
Deshalb bin ich Ihnen dankbar, dass Sie diese Debatte im Sächsischen Landtag initiiert haben. Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass wir hier noch einmal klarstellen können, dass niemandem etwas weggenommen wird.