Protokoll der Sitzung vom 28.01.2015

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde aus den Reihen der Fraktionen? – Das sehe ich nicht. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Frau Staatsministerin Dr. Stange, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Sodann, der

Antrag ist bereits in Umsetzung. Von daher brauchen Sie ihn heute auch nicht zu beschließen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Es ist eine Unterstützung für Sie!)

Planen, Suchen, Prüfen ist Handeln.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Vielleicht sei mir noch eine Bemerkung gestattet: Es gibt schon manchmal merkwürdige Wendungen in der Geschichte der eigenen Wahrnehmung. Im Jahr 2009 habe ich noch als eine meiner letzten Amtshandlungen im Haus die kulturpolitischen Leitlinien verabschiedet. Darin stand die Landesausstellung der Industriekultur. Dass ich sie jetzt mit umsetzen darf, finde ich besonders spannend. Von daher können Sie davon ausgehen, dass eine gewisse Leidenschaft dabei ist, diese Landesausstellung zum Erfolg zu führen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich würde ich gern hier darüber berichten, wo wir derzeit stehen. Vieles ist schon von meinen Vorrednern gesagt worden; denn wir haben auch kein Geheimnis daraus gemacht, an welchem Stand wir uns derzeit befinden. Da wir gegenwärtig im Benehmen mit dem Regionalkonvent Chemnitz – das ist die gesamte Region Südwestsachsen – ein Alternativkonzept für den Standort der 4. Sächsischen Landesausstellung sehr intensiv entwickeln und seit dem 18. Dezember – erst da wurde der Stadtratsbeschluss gefasst – ein zu prüfender Alternativvorschlag der Stadt Zwickau vorliegt, werde ich Ihnen heute in der notwendig gedrängten Form den aktuellen Stand nahebringen.

Zu Beginn des vergangenen Jahres hatte die Staatsregierung den Beschluss gefasst, die 4. Sächsische Landesausstellung im Jahr 2018 am Standort Zwickau – Zwickau ist Teil der Region Chemnitz oder, wie man manchmal sagt, von Südwestsachsen – durchzuführen und dazu den Horch-Hochbau als authentischen Ort zu nutzen, ein Netzwerk zu weiteren Orten mit industriekultureller Bedeutung zu knüpfen und ein Jahr der Industriekultur mit entsprechenden Aktivitäten durchzuführen.

Im Verlauf des vergangenen Jahres – das kann ich nachvollziehen – hat sich jedoch gezeigt, dass es nicht möglich ist, den Horch-Hochbau aufgrund rechtlicher, aber auch finanzieller Bedingungen für die Landesausstellung zu nutzen. Zu den genannten Argumenten sei auch erwähnt, dass die Nachnutzung des Horch-Hochbaus für die Stadt Zwickau nicht gesichert gewesen ist. Die Sanierung wäre deutlich teurer geworden, als vorher angenommen, aber auch die privatrechtliche Nutzung des Horch-Hochbaus hat es erschwert, dass dann die Stadt Zwickau ihr Stadtarchiv dort hätte unterbringen können.

Am 18. Dezember 2014 hat die Stadt Zwickau der Staatsregierung ein abgewandeltes Angebot für die Durchführung der Landesausstellung unterbreitet. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Landesregierung keine Veranlassung hatte, bevor die Stadt Zwickau nicht einen neuen Stadtratsbeschluss herbeiführt, definitiv davon auszugehen,

dass die Stadt Zwickau nicht an dem bisherigen Beschluss festhält. Deshalb war – so auch meine Ausführungen – erst mit dem Stadtratsbeschluss definitiv eine andere Situation eingetreten.

Im Dezember hat sie ein abgewandeltes Konzept vorgelegt: einen Neubau für die Landesausstellung in einem zugegebenermaßen authentischen Areal der Industriekultur, das ich mir selbst angesehen habe, unmittelbar gegenüber dem Horch-Museum in einem ehemaligen Gewerbegebiet. Nach der Landesausstellung soll der Bau als neues Stadtarchiv genutzt werden, was auch das Nachnutzungskonzept für den Horch-Hochbau gewesen wäre. Nach diesem Angebot könnte die Landesausstellung – das ist mehrfach gesagt worden – erst im Jahr 2019 stattfinden.

Eine Landesausstellung zur Industriekultur im Jahr 2019 hätte im Vergleich zum vorhergehenden Termin den erheblichen Nachteil, dass damit im selben Jahr zwei große Ausstellungen laufen würden: die Landesgartenschau in Frankenberg – darauf ist hingewiesen worden – und die Landesausstellung zur Industriekultur. Wir sollten diese Termine entzerren, damit sich beide Großveranstaltungen nicht wechselseitig das Wasser abgraben und sich die überregionale Wahrnehmung unseres Landes jeweils auf ein Thema nicht schärfen lassen könnte.

Die Staatsregierung will deshalb daran festhalten, die Landesausstellung im Jahr 2018 durchzuführen. Das ist einer der Eckpfeiler bei der derzeitigen Neuplanung.

Meine Damen und Herren! Am 22. Dezember, unmittelbar nachdem die Stadt Zwickau den Beschluss gefasst hatte, habe ich ad hoc ein beratendes Fachgremium einberufen, dem der bereits genannte Prof. Albrecht angehörte – ein aus meiner Sicht international anerkannter Experte in Fragen der Industriekultur –, Herr Goller, Direktor der Tourismus Marketing Gesellschaft, Herr Prof. Vogel, Direktor des Deutschen Hygienemuseums Dresden – er begleitete bis zu diesem Zeitpunkt bereits die Planungen der Landesausstellung –, sowie Frau Mieth, Direktorin der Landesstelle für Museumswesen, und Herr Breuninger, der Vorsitzende des Museumsbundes. Eingeladen war auch der Präsident des Sächsischen Kultursenats, Herr Schramm, der allerdings kurzfristig erkrankte.

Diese – wie Sie sehen – Querschnittsberatergruppe hilft uns auch derzeit bei der Konzeption eines alternativen Ausstellungskonzeptes und berät uns bei der Entscheidung zwischen dem Zwickauer Angebot einerseits und der Alternative andererseits. Für diesen Rat von Experten sind wir und bin auch ich persönlich sehr dankbar, ebenso für die Hilfe durch den Regionalkonvent Chemnitz, mit dem vor wenigen Tagen ausführlich gesprochen wurde.

Worin besteht nun eine Alternative? Die zentrale Ausstellung, die branchenneutral oder branchenübergreifend sein soll – es ist schon davon gesprochen worden, dass wir sehr viele Branchen in die Industriekultur einbringen können –, wird nicht mehr auf einer Fläche von 5 000 Quadratmetern, sondern auf einer Fläche von 1 500 bis 2 000 Quadratmetern durchgeführt werden.

Liebe Kollegin Maicher, die anwesenden Experten – ich habe sie gerade genannt – haben uns bestätigt, dass es sehr wohl möglich ist, auf dieser Fläche eine überregional wirksame und sehr gute Ausstellung gestalten zu können; denn sonst hätten wir uns nicht auf diese Verkleinerung eingelassen. Es wird jetzt darauf ankommen – deshalb diese Verkleinerung –, die Zahl derer, die ein alternatives Ausstellungsangebot in der Region Südwestsach

sen/Chemnitz machen können, zu vergrößern. Das wäre mit einer Fläche von 5 000 Quadratmetern nicht ohne Weiteres möglich gewesen.

Gegenwärtig sind wir gemeinsam mit dem Regionalkonvent dabei, diesen Ort in der Region zu finden. Ziel ist es, bis Anfang März einen Vorschlag auf dem Tisch zu haben, der dann im Fachgremium nach festgelegten Kriterien bewertet wird. Es ist außerdem beabsichtigt, dass die Landesausstellung nicht nur auf diese zentrale Ausstellung und einen zentralen Ort fokussiert wird. Das war bereits im Kabinettsbeschluss des Jahres 2014 vorgesehen. Allerdings wollen wir jetzt mit der Neukonzeption und mit der Verkleinerung der Ausstellungsfläche genau diesen fünf bis sieben authentischen Orten der Industriekultur ein größeres Gewicht im Gesamtgebilde der Landesausstellung geben.

Die Mittel sollen es ermöglichen, das, was die zentrale Landesausstellung branchenübergreifend zeigt, vor Ort konkreter zu dokumentieren – zum Beispiel in Zwickau, Chemnitz, Freiberg, Oelsnitz oder an anderen Orten –, sodass Branchen der Industriekultur ganz gezielt einbezogen und authentisch dargestellt werden können.

Mit dem Konzept kann im Übrigen dem Koalitionsvertrag, der nach dem ersten Regierungsbeschluss gefasst wurde, noch besser Rechnung getragen werden. Dieser verlangt, dass sich die Landesausstellung zur Industriekultur nicht nur auf den einen Ort und nicht nur auf die eine Landesausstellung konkret konzentriert, sondern dass sie breiter in Sachsen verankert wird. Es ist beabsichtigt, mit der Landesausstellung gleichzeitig auch den Startschuss – das hatten Sie, Frau Maicher, angesprochen – für den Aufbau der Route der Industriekultur im Sinne einer begründeten exemplarischen Auswahl von industriekulturellen Orten zu geben und damit eine Nachhaltigkeit dieser Landesausstellung im Sinne der Industriekultur zu begründen.

Meine Damen und Herren! Wichtig ist mir zu betonen, dass sich die Stadt Zwickau an diesem Verfahren selbstverständlich beteiligen und einen Vorschlag für einen anderen Ort der Landesausstellung mit auf den Weg bringen kann. Des Weiteren möchte ich hervorheben, dass aufgrund der verschärften EU-Vorschriften in den Leistungsphasen 1 bis 3 auch jeder andere Standort, ähnlich wie Zwickau, mit zeitlichen Problemen konfrontiert sein wird.

Eine Maßgabe, die bislang für alle sächsischen Landesausstellungen gegolten hat, wollen wir auch beibehalten. Es hat offenbar in den letzten Monaten immer wieder, auch heute, zu Fragen geführt, dass die zentrale Landes

ausstellung nicht in die urbanen Zentren Chemnitz, Dresden und Leipzig kommt. Sie soll dort nicht stattfinden, sondern ganz bewusst – so wie wir zum Beispiel auch mit dem „Tag der Sachsen“ oder mit der Landesgartenschau – in nicht urbane Räume gehen und damit diesen mehr Aufmerksamkeit widmen.

Ich betone dennoch – das habe ich bei jeder Gelegenheit getan, auch öffentlich –: Natürlich ist Chemnitz unser zentraler Ort der Industriekultur in Sachsen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU und den LINKEN)

Ich habe – ich sage es jetzt hier noch einmal, damit es im Protokoll festgehalten wird – auch immer wieder gesagt, dass, wenn wir die freie Wahl hätten, Chemnitz natürlich der erste Ort der Wahl wäre.

Aber ich möchte auch für die Zukunft noch einmal betonen: Wir sollten ein bisschen solidarisch sein im Land – und solidarisch sein heißt auch, dass die nicht urbanen Zentren, die vielleicht sonst nicht so in den Fokus gerückt wären, die Möglichkeit haben, dort, wo wir Landesmittel einsetzen – das ist bei der Landesausstellung der Fall –, genau diese Chance bekommen, einen Mehrwert für diese Region zu erhalten.

Außerdem – das noch einmal an die Adresse der Chemnitzer – werden die Chemnitzer im Sächsischen Industriemuseum in den nächsten Monaten eine neue Dauerausstellung bekommen. Damit richtet sich der Fokus ohnehin hinsichtlich der Industriekultur in diesem Jahr und sicher auch in den nächsten Jahren wieder auf Chemnitz, wenn es um die Industriekultur geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss sage ich noch einmal: Ich äußere mein Bedauern über den Wegfall des Horch-Baus. Ich habe ihn gesehen. Es wäre ein fantastischer Ausstellungsort gewesen. Mein Ziel bleibt es aber dennoch, die Landesausstellung im Jahr 2018 zu verwirklichen, und ich hoffe, das ist auch der Ehrgeiz der Orte, die uns jetzt ihre Vorschläge unterbreiten. Dabei wollen wir in einem nach fachlichen Kriterien durchgeführten auch transparenten Verfahren die Chancen einer regionalen Verankerung nutzen.

Seien Sie gespannt, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf die neuen Vorschläge, seien Sie gespannt auf die Landesausstellung. Ich freue mich darauf, denn die Industriekultur in Sachsen hat es verdient.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN und der Abg. Dr. Claudia Maicher, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE, Herr Abg. Sodann. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Stange! Wir wollten mit

unserem Antrag eine Neukonzeption erreichen, in der die Region Chemnitz bedacht, der Beschluss des Landtags vom April 2011 respektiert und die Ausstellung dezentral veranstaltet wird, und das im Jahr 2018, und – das geht an Sie, Frau Kliese – eine geschärfte Öffentlichkeit herstellen, und das haben wir erreicht. Ich freue mich, Frau Ministerin Dr. Stange, dass Sie unserem Antrag folgen und ihn schon umsetzen. Das ist wichtig für Sachsen und seine Außenwirkung.

(Zuruf von der SPD: … für Zwickau!)

Ja, und für Zwickau. Es ist schade, dass Sie sich von der CDU/SPD-Koalition nicht dazu durchringen konnten, unserem Antrag zuzustimmen. Hier geht es doch nicht um Befindlichkeiten gegen einzelne Fraktionen. Hier geht es doch um die Sache, um Sachsen, um die Bildung der Menschen und um die Empathie für ein riesiges Erbe.

Während meines Wahlkampfes wurde ich von meinem lieben Kollegen Klaus Tischendorf nach Olbernhau eingeladen. Ein Besichtigungstermin führte uns in die Saigerhütte Olbernhau/Grünthal.

(Christian Piwarz, CDU: Hee!)

Ja, einer ehemals in sich geschlossenen Industriegemeinde; gehört auch zum Kulturerbe – wenn Sie zuhören, können Sie vielleicht noch etwas lernen;

(Zuruf von der CDU)

einer ehemals in sich geschlossenen Industriegemeinde, Zentrum der Silbergewinnung und Kupferverarbeitung in Sachsen. Das Grünthaler Dachkupfer ist europaweit bekannt und deckt den Stephansdom in Wien, das Ulmer Münster genau wie die historischen Gebäude in Dresden. Extra für uns öffnete das erhaltene Kupferhammerwerk mit einem Vortrag und einer Präsentation.

Erstaunt hat mich, dass auch der Bürgermeister, Herr Dr. Steffen Laub von der CDU, zugegen war. Auf meine Frage, warum er denn bei diesem Termin dabei sei, wir kommen doch schließlich von der LINKEN, antwortete er: Hier geht es doch nicht um Parteizugehörigkeit, sondern um die Sache und den Erhalt des Kupferhammerwerks – und recht hat er.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Sodann, über den Antrag soll aber noch abgestimmt werden?

(Heiterkeit – Franz Sodann, DIE LINKE: Ja, bitte!)

Meine Damen und Herren, somit kommen wir zur Abstimmung. Wer der Drucksache 6/254 seine Zustimmung geben möchte, der hebe bitte die Hand. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Enthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden. Der Tagesordnungspunkt 11 ist beendet.