Protokoll der Sitzung vom 28.01.2015

Wir setzen die Aussprache fort. Für die Fraktion der CDU Herr Abg. von Breitenbuch, bitte sehr.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen nachher noch zur guten Nahrung kommen; Ausführungen dazu bringt mein Kollege Sebastian Fischer. Ich möchte hier noch einmal ganz deutlich ein Zeichen geben, und das geht insbesondere in Richtung Grün: Wir stehen hinter den sächsischen Landwirten.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das wollen wir als Koalition heute hier deutlich machen. Ich möchte dazu einen Artikel aus der „FAZ“ vorlesen, der gestern in der Zeitung stand: „Bulle tötet Bauern – Veganerverein feiert“.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Was?)

„Zwischen Landwirt und der Tierschutzorganisation Animal Peace ist ein heftiger Streit ausgebrochen. Die Aktivisten hatten auf ihrer Internet- und Facebookseite mit Schadenfreude“ – ich bitte Sie zuzuhören – „auf den tödlichen Unfall eines 61 Jahre alten Bauern im Bergischen Land reagiert. Der Milchbauer, der 60 Kühe hielt, war auf seinem Familienhof von einem Bullen attackiert worden. Animal Peace, das als gemeinnütziger Verein anerkannt ist, feierte den Bullen daraufhin als Helden und bezeichnete den getöteten Bauern als Sklavenhalter. ‚Und wieder steht ein Held aus unserer Mitte auf‘, war auf der Seite des Veganervereins zu lesen. Weiter hieß es: ‚Mögen ihm viele weitere Rinder in den Aufstand der Geknechteten folgen.‘“

(Heiterkeit des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

„Der Landwirt war im Stall tot von seinem Sohn aufgefunden worden. Am Montag griff der für eine kleinbäuerliche Landwirtschaft eintretende Bauernverband ABL die Tierrechtlerschaft an. Die Äußerungen seien widerlich, menschenverachtend und eine unerträgliche Verunglimpfung eines verstorbenen Landwirtes. ABL habe gegen die Verantwortlichen Strafanzeigen wegen Verunglimpfung eines Toten gestellt. Ebendies tat auch die Kreisbauernschaft Oberbergischer Kreis. Animal Peace nannte dies daraufhin eine bauernschlaue Hetzkampagne von

Genau diese Frage müssen Sie GRÜNE sich stellen lassen,

(Zuruf des Abg. Volkmar Zschocke, GRÜNE)

auch Herr Günther. Wie gehen Sie mit diesen Konflikten um, auf der einen Seite kleinbäuerliche Landwirtschaft zu fordern und auf der anderen Seite die Tiere gar nicht mehr halten zu wollen? Diese Fragen stellen wir Ihnen auch, denn wir wollen in die Mitte.

Seit Jahrzehnten, seit Jahrhunderten stellen wir uns als Bauern genau diese Fragen und wollen damit umgehen: Wie können wir mit Tieren leben, die gesund sind, die entsprechende tierische Leistungen bringen, die in Tierwohl gut unterwegs sind, und wie können wir sie vernünftig großziehen, halten, nutzen und mit ihnen leben? Diese Fragen stellen sich auf jedem Bauerhof, wo Tiere gehalten werden. Gerade Ökobetriebe brauchen Tiere, um den Düngerkreislauf überhaupt in Gang zu halten.

Insoweit ist mir völlig unverständlich, wie einseitig Sie Stimmungen aufnehmen, die vielleicht in unserer Gesellschaft wabern, und den gesamten Berufsstand in dieser Richtung ständig und immer wieder attackieren. Gerade die Berliner Woche scheint ja ein Hochfest zu sein, wenn man sich die Demonstrationen ansieht, wie unsachlich das alles auf den gesamten Berufsstand niederprasselt.

Wir stehen hinter den Bauern. Wir stellen uns auch hinter diese Familie in ihrem Unglück; das will ich deutlich sagen. Diese Häme, die hier ausgeschüttet wird, finden wir genauso widerlich, wie es in dem Zeitungsartikel geschrieben ist.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir stellen uns hinter die Landwirte, die in der Regel für ihren eigenen Boden Verantwortung tragen und über Generationen hinweg mit dieser Verantwortung groß geworden sind und leben, aber auch für die Verpächter, wenn sie das Land anderer bewirtschaften und verantwortungsvoll damit umgehen. Gerade im ländlichen Raum wird geschaut: Wie geht der mit meinem Boden um? Sonst wechselt der Boden zum besseren Wirt. Das sind Mechanismen, die im ländlichen Raum funktionieren, und da muss man die Wahrheit nicht neu erfinden.

Ich verweise auf den DLG-Nachhaltigkeitsbericht, der dies sehr gut beschreibt. DLG ist die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft – eine sehr vernünftig und rational arbeitende alte Gesellschaftsstruktur in Deutschland, in der Forschung gut unterwegs ist – Frau Kagelmann –, die sich letztendlich an die Nase fasst und sagt: Was haben wir erreicht? Wie weit sind wir? Mit diesen Zahlen kann man meiner Meinung nach gut arbeiten. Selbstverständlich gibt es Dinge, die vielleicht verbesserungswürdig sind. Mit modernen Einsatzmethoden, moderner Düngung, modernen Grundbodenuntersuchungen – also mit allem, was in der modernen Gesellschaft gang und gäbe ist – arbeitet diese Branche. Menschen arbeiten auch daran, es gut zu machen.

Sie verweisen immer gern auf die schwarzen Schafe. Wir stellen diese selbstverständlich unter Aufsicht; ganz klar.

Bitte zum Schluss kommen.

Aber der Großteil der Bauern arbeitet vernünftig, und wir lassen uns in diesen Gefechten nicht zu irgendetwas hinreißen. Ganz im Gegenteil, wir stehen hinter der sächsischen und der deutschen Landwirtschaft.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Günther, bitte.

Eine Kurzintervention.

Bitte sehr.

Ich fühle mich gerade ein wenig wie im falschen Film, weil die Ausführungen, werter Herr Kollege von Breitenbuch, nicht allzu viel mit dem zu tun hatten, was wir hier vorgetragen haben. Man muss noch einmal klar feststellen: Wir werden uns überhaupt nicht in die Rolle drängeln lassen, dass wir gegen Landwirte sind. Ich habe davon gesprochen, dass wir die Bruttowertschöpfung erhöhen müssen, dass wir es für die Landwirte attraktiver machen müssen und dass wir in der Landwirtschaft eine Qualitätsoffensive brauchen. Was die Ausführungen über diesen Bullen und den Bauern mit uns zu tun haben, kann ich auch nicht sehen.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU, steht am Mikrofon.)

Dieses Vorgehen ist widerlich; da werden Sie bei uns nur Verbündete finden. Es ist ein schwieriger Stil, einem das hier unterzuheben.

Wir sind für eine Landwirtschaft, die ihre Leute ernährt, und wir wollen, dass der Beruf des Landwirts attraktiver wird. Das hängt auch damit zusammen, wie die in der Landwirtschaft herrschenden Bedingungen sind. Daran muss man einfach arbeiten. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern dafür braucht man ein Programm. Dann findet man auch Nachwuchs und Leute, die Hofstellen übernehmen und Landwirtschaft in einem ordentlichen Maß betreiben wollen.

Herr von Breitenbuch, Sie möchten erwidern?

Wie sollen denn Menschen in diese Branche eintreten, wenn sie nicht nur als Lebende ständig verunglimpft werden, sondern sogar im Tod? Es ist extrem, was ich als Beispiel aus der Zeitung von gestern hatte.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Hören Sie doch bitte zu. Wir haben hier eine Aktuelle Debatte, und selbstverständlich wird überspitzt. Selbstverständlich ist dieser Fall geeignet, Sie als GRÜNE zu hinterfragen mit dem, was Sie auf der Straße sagen und was Sie teilweise von Bauern fordern, die auch Ställe haben, die Vieh halten wollen und die täglich mit Tieren

umgehen müssen, wenn sie eine ordentliche, biologische Landwirtschaft betreiben.

Genau auf diesen Widerspruch möchte ich in der Aktuellen Debatte hinweisen. Wir versuchen zusammen mit der SPD in dieser Koalition eine Landwirtschaftspolitik zu betreiben – das habe ich deutlich gemacht und Herr Winkler hat es vorhin auch gesagt –, die selbstverständlich alle Landwirte im Blick hat: den großen, den kleinen, den langen und den dünnen und auch alle biologisch wirtschaftenden Betriebe und die konventionellen Betriebe. Das ist unser Ansatz, und dieser unterscheidet sich genau von dem, was Sie als GRÜNE mit Landwirtschaftspolitik derzeit in Deutschland fabrizieren. Da können Sie sich auch nicht wegdrücken; darauf erwarten wir Antworten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! In der Aussprache ist die SPD-Fraktion an der Reihe. Herr Abg. Winkler, Sie stehen schon parat; bitte.

Herr Präsident! Wenn ich jetzt die notwendige Redezeit hätte, würde ich ein wenig als Schlichter auftreten; an beiden Positionen ist etwas dran. Sicherlich stehen wir für nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft. Das ist unser Anspruch in der Koalition und das werden wir auch verfolgen.

Frau Kagelmann, wenn ich einmal kurz antworten darf: Bei mir ist das Glas halb voll und nicht halb leer. Die Nitratkonzentration ist um 15 % zurückgegangen, sagt der Nachhaltigkeitsbericht, und die Treibhausgasemission um 20 %. Der Energieeinsatz ist gesunken und unser Wasser ist sauberer geworden. Das sind alles Aspekte, was die Nachhaltigkeitsindikatoren betrifft, die durchaus wichtig sind für Landwirte. Man muss die Sache immer von beiden Seiten sehen. Das ist unser Anspruch in der Politik und dafür werden wir auch sorgen.

Wir wissen, dass im Vergleich zur Bundesrepublik unser Anteil an ökologischer Fläche oder an ökologischem Landbau niedriger ist als im Bundesdurchschnitt. 20 % sind unser Anspruch, und das haben wir auch im Koalitionsvertrag so verankert.

Wir begrüßen auch die Ankündigung des Bundesministers, einen Zukunftsplan Öko aufzulegen. Bisher gab es dafür keine einheitliche Strategie. Ich denke, das ist jetzt damit erfolgt, und es werden zum Beispiel diese 20 % Ökolandbau festgeschrieben, so auch in unserer Nachhaltigkeitsstrategie.

Auch auf EU-Ebene wird eine Überarbeitung dieser EUÖko-Verordnung angestrebt, die die Basis für das Biosiegel ist. Der ursprüngliche Entwurf ist mitnichten überarbeitungswürdig. Das sehen wir genauso. Hier sind Standards festgelegt worden, Standards zur Tierhaltung, einheitliche Standards, regelmäßige Kontrollen, Prozesskennzeichnung usw.

Zu den Aussagen der AfD sage ich lieber nichts; ich würde mindestens noch 20 Minuten dafür benötigen. Eigentumsverhältnisse spielen eine Rolle. Wie kann ich aus dem Stegreif irgendwelchen Leuten Land geben? Hier sind Strukturen entstanden, in denen man nicht einfach herumrühren kann. Das würde Rechte beschneiden. Das geht so nicht.

Aber in einem stimme ich zu: Landwirtschaft sollte sich vordergründig mit der Lebensmittelproduktion beschäftigen – das ist mein ganz persönlicher Eindruck und meine ganz persönliche Meinung – und nicht den Spagat üben zwischen Energie- und Lebensmittelerzeugung. Biogasanlagen sollten immer im Betriebskreislauf mit Tierhaltung betrieben werden, denn für mich ist die Energiefrage nicht auf dem Acker zu lösen; das muss ich einmal so deutlich sagen.

In einem anderen Punkt stimme ich Ihnen außerdem noch zu: dass dieser soziale Aspekt bei den Nachhaltigkeitsindikatoren eine große Rolle spielt und auch das Land an sich, unser schönes Sachsenland, unser ländlicher Raum. Hier sollte es uns in der Koalition weiter gelingen, diese zu unterstützen. Arbeitsplätze sollen nicht nur Geringverdienerarbeitsplätze sein, sondern auch Gutverdienerarbeitsplätze. Wir müssen dafür sorgen, dass Kindergärten dort weiter betrieben werden, dass Schulen oder Einkaufsmöglichkeiten vorhanden sind. Aber diesen Anspruch haben wir uns selbst gegeben und den werden wir auch durchsetzen und weiterentwickeln. Denn nur dann, wenn wir diese sozialen Faktoren im Auge behalten, ist auch Landwirtschaft zukunftsfähig und nachhaltig. Sie wissen, dass das unser Anspruch ist.

Wenn wir das alles beherzigen und auch den Ökolandbau fördern, so wie wir es uns im Koalitionsvertrag vorgenommen haben, dann ist es mir um unsere Landwirtschaft nicht bange, dann ist sie zukunftsfähig, nachhaltig und vor allem für uns alle.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen von den LINKEN? – AfD? – Bitte, Herr Abg. Urban.