Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Thema verfehlt, Herr Wendt!)

Gibt es noch weiteren Redebedarf seitens der Fraktionen? – Wenn das nicht der Fall ist, hat jetzt Frau Staatsministerin Köpping das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein wichtiges Thema, das wir heute auf der Tagesordnung haben – daher herzlichen Dank, dass Sie es heute in die Aktuelle Debatte eingebracht haben. Mir ist es schon wichtig, dass wir das auch im Landtag diskutieren, zumal die Diskussion gezeigt hat, wie breit gefächert die Meinungen zu diesem Thema sind: Brauchen wir das? Brauchen wir das nicht? Ist es notwendig oder ist es nicht notwendig?

Ich würde gern zum Ausgangspunkt gehen: Wir haben das im Koalitionsvertrag vereinbart. Es ist heute schon erwähnt worden, dass das Sachsenmonitoring gezeigt hat, dass 32 % der Sachsen mit Homosexualität ein Problem haben und diese für unnatürlich halten. Wir haben aber gleichzeitig auch die Lage, dass wir einen unrühmlichen zweiten Platz unter den Bundesländern einnehmen, was Homophobie betrifft. Das heißt, der Handlungsrahmen für diesen Landesaktionsplan ist zweifelsohne gegeben.

Zum anderen haben wir natürlich auch aktuelle Beispiele. Beispielsweise ist vor wenigen Wochen bekannt geworden, dass es in Sachsen einen Jugendwart gibt, der von seinem Amt suspendiert wurde – nicht etwa, weil er schlechte Arbeit leistet, sondern ganz im Gegenteil, er hat seit 1999 sehr gute Arbeit geleistet, sondern nur, weil er sich im ländlichen Raum geoutet hat. Daher glaube ich, dass es notwendig ist, dass wir über diese Themen reden und die Menschen dafür sensibilisieren.

Ja, es gab heute Kritik am Landesaktionsplan, wodurch ganz klar ist, dass wir noch mehr hätten regeln können. Es gab Kritik am Landesaktionsplan, dass wir zu viel geregelt haben. Was ich wollte, war, dass wir die Menschen, die es betrifft und die hier miteinander reden sollen, zusammenbekommen. Deshalb haben wir ein gutes Mittelwerk – so würde ich es nennen. Das heißt nicht, dass wir in Zukunft nicht mehr tun werden und noch mehr umsetzen werden. Das ist übrigens auch ein Vorteil von dem, was wir hier gemacht haben, nämlich dass wir bereits sehr viele Maßnahmen, die im Landesaktionsplan genannt sind, begonnen haben. Wir haben nicht gewartet, bis er fertig ist, und wollten dann eine Diskussion, sondern wir haben ihn bereits umgesetzt. Das ist meiner Meinung nach ein gutes Zeichen.

Was meine ich mit „umgesetzt“? Das sind beispielsweise die Förderung von Selbsthilfestrukturen und Beratungsangeboten im ländlichen Raum. Ich habe mittlerweile fast alle Organisationen und Einrichtungen besucht, beispielsweise jene in Chemnitz. Dort ist eine Einrichtung dafür da, die sich darum kümmert, wenn sich Jugendliche

fragen, was mit ihnen los ist und wo sie in Beratungsangebote kommen können. Dort können sie Freunde finden und Menschen, die sie verstehen. Das ist eine ganz wichtige Frage, denn gerade in diesen ländlichen Bereichen ist die Selbstmordrate deutlich höher als im städtischen Bereich.

Ich sage: Betroffen ist man immer dann, wenn man einen guten Freund, einen Nachbarn oder vielleicht ein Kind hat, die plötzlich von dieser Sache betroffen sind. Erst dann setzt man sich wirklich mit diesem Thema auseinander. Dem wollen wir ein Stück zuvorkommen, sodass es nicht jemanden in die Depression oder in den Selbstmord treiben muss, wenn er feststellt, dass er anders ist als andere Menschen. Ich habe transsexuelle Menschen erlebt, die in unsere Veranstaltungen kommen, deren traurige Blicke man, wenn man ihnen in die Augen schaut, bemerkt, weil sie jeden Tag auf der Straße herablassend angeguckt werden. Danach stellt man fest, wie notwendig solche Dinge werden. Und das ist nur die einfache Form der Diskriminierung!

Gleichzeitig haben wir das Thema der hassmotivierten Kriminalität. Ich bin gegen jede Kriminalität und – damit es klar ist, Herr Wendt – auch gegen Kriminalität, wenn sie sich gegen Wahlkämpfer oder andere richtet – keine Frage, da sind wir uns alle einig. Aber gerade in diesem Bereich ist es besonders schwierig und sind die Zahlen hoch. Wenn wir hier keine gute Datenlage haben, müssen wir uns Gedanken machen, wie wir diese Problematik noch besser erfassen können. Deswegen ist es wichtig, mit Polizei und Justiz genau an diesen Schnittstellen zu arbeiten.

Der Landesaktionsplan – das sage ich noch einmal ausdrücklich – schließt das nicht aus, nur weil er es nicht explizit genannt hat, sondern er wird es genau so tun. Ich kann versprechen, dass ich an meinen Kolleginnen und Kollegen dranbleibe. An dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Dank an alle diejenigen, die hier mitgewirkt und mitgearbeitet haben. Das sind sowohl die Organisationen als auch unsere Ministerien, mit denen wir eine ganze Menge umsetzen wollen.

Wir haben solche Themen aufgerufen wie den Dialog mit der Landesärztekammer: Wie gehe ich denn jetzt tatsächlich damit um? Wo kann ich zu diesem Thema Informationen herbekommen? Oder wir wollen einen Fachtag über die Situation von Betroffenen im Alter organisieren – ein wichtiges Thema, wenn die Betroffenen nun in die Pflegeeinrichtung kommen. Die erste Generation, die von Strafverfolgung betroffen war, ist jetzt im Rentenalter, und sie braucht diese Unterstützung auch in solchen Bereichen.

Wir wollen auch die weitere Förderung des bundesweit einmaligen Hilfesystems für queer refugees in Sachsen, übrigens ein Modell, bei dem wir bundesweit federführend waren, weil wir sehr schnell geholfen haben, wenn geflüchtete Menschen betroffen waren und auch in den Einrichtungen – daraus machen wir ja kein Hehl – durchaus diskriminiert worden sind.

Wir wollen die Weiterführung des seit Jahren erfolgreich in sächsischen Schulen praktizierten Modells, das schon seit Jahren läuft. Es ist im Rahmen unseres Landesaktionsplans gar nicht neu geregelt. Das ist im Übrigen auch sehr wichtig, wie unsere Organisationen mir gegenüber sehr deutlich geäußert haben, weil eben auch Lehrerinnen und Lehrer manchmal nicht wissen, wie sie mit dieser Thematik umgehen sollen. Es geht nicht darum, dass ich mit irgendeinem Köfferchen dort aufschlage, sondern es geht um Aufklärung und Hilfe, damit nicht das passiert, wovon ich vorhin gesprochen habe. Gerade junge Menschen in der Pubertät sind stark selbstmordgefährdet, wenn es um solche Themen geht.

Ich glaube, dass wir mit unserem Landesaktionsplan ein Zeichen gesetzt haben, auch wenn wir das zehnte und nicht das erste Bundesland sind, das einen solchen Plan

auflegt. Deswegen hoffe ich, dass wir gemeinsam an diesem Plan arbeiten und mit dem jetzt aufgestellten Grundgerüst eine gute Perspektive für Sachsen haben werden, mit dem wir nicht darum kämpfen, Minderheiten zu bevorteilen, sondern darum, dass sie gleichberechtigt und gleichgestellt sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Damit ist die zweite Aktuelle Debatte zum Tagesordnungspunkt 3 beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zum Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag

Drucksache 6/8887, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/10738, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die CDU-Fraktion, danach folgen DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun Herrn Abg. Voigt, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch den Abschluss des Glücksspielstaatsvertrages im Jahr 2008 wurden länderübergreifend Regelungen zum Glücksspielbereich getroffen. Ziel war und ist es, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Mit dem Jugend- und Spielerschutz wird aktive Suchtprävention betrieben.

Mit Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags im Juli 2012 wurde in einer Experimentierphase die Zulassung privater Anbieter von Sportwetten ermöglicht. Hierin liegt auch der Hauptakzent, der mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht wird.

Das vom Bundesland Hessen durchgeführte Auswahlverfahren für diese Zulassungen konnte nicht abgeschlossen werden. Die hessischen Verwaltungsgerichte haben die Erteilung der vorgesehenen Konzessionen für Sportwetten bis zu einer zeitlich nicht abschätzbaren Entscheidung in der Hauptsache aufgehoben. Deshalb ist es notwendig, dass die Vorschriften zur Regulierung des Marktes der Sportwetten nun punktuell geändert werden.

Das bedeutet konkret, dass die bis jetzt vorgesehene Beschränkung der Genehmigungen während einer zunächst bis zum 30. Juni 2021 dauernden Testphase aufge

hoben wird. Ein Auswahlverfahren ist somit nicht mehr erforderlich, und die Blockade der hessischen Verwaltungsgerichte, die herbeigeführt wurde, wird durch diesen Beschluss aufgehoben.

Mit einer Übergangsregelung soll allen Bewerbern aus dem laufenden Konzessionsverfahren ab dem 1. Januar kommenden Jahres die Veranstaltung von Sportwetten vorläufig erlaubt werden. Dazu müssen sie bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Weiter werden in dem Entwurf die Zuständigkeiten für bisher von einzelnen Ländern wahrgenommenen länderübergreifenden Aufgaben auf andere Bundesländer übertragen.

Meine Damen und Herren! Die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich im Frühjahr auf die uns vorliegenden Änderungen geeinigt, um ein Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel abzuwenden. Es ist notwendig, dass wir diesen Prozess nicht weiter ins Stocken geraten lassen oder gar in die Entwicklung der Regulierung des Glücksspiels in der Bundesrepublik zurückfallen.

Wir wissen: Liegen bis zum Jahresende nicht alle Ratifizierungsurkunden der Bundesländer vor, bleiben bis Mitte 2021 die derzeitigen Regelungen bestehen. Die Folge wäre zwangsläufig ein europäisches Vertragsverletzungsverfahren, das die Bundesrepublik Deutschland teuer zu stehen kommen würde, und das können wir nicht wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Zudem würde es im Jahr 2019, also mit Ablauf der momentanen Experimentierphase, dazu führen, dass die vollständige starke Reglementierung des Monopols auch für Sportwetten wieder greift. Auch dieser Rückschritt

kann nicht unser Ziel und nicht das Ziel unserer Länderkollegen sein.

Wir wissen, dass derzeit Rechtsstreitigkeiten anhängig sind. Zulassungen sind ungeklärt. Die Sportwettenanbieter dürfen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ihre Dienstleistungen anbieten, sie unterliegen jedoch keiner deutschen Regelung.

In der Anhörung des Innenausschusses am 17. August stellten zwei der Sachverständigen fest, dass es momentan faktisch keine Regelung für die Sportwetten gebe. Dies ist aber gerade mit dem Blick auf den Schutz der Spieler, insbesondere der Jugendlichen, aus Sicht der CDUFraktion ein fatales Signal.

Unstrittig ist: Wir brauchen ein wirksames Regelwerk, um Gefahren insbesondere der Spielsucht abwehren zu können, und einen effektiven Schutz im Sportwettbereich kann es nun einmal nur länderübergreifend geben. Wenn derzeit beispielsweise Schleswig-Holstein signalisiert, den Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht ratifizieren zu wollen, sollten wir heute für den Freistaat Sachsen dennoch zustimmen. Denn wir machen damit auch den anderen Bundesländern deutlich, dass wir an der Regulierung und Prävention, wie sie beschlossen worden ist, festhalten wollen. Ob nun Schleswig-Holstein in den kommenden Wochen weitere Sonderkonditionen erhält, das muss final verhandelt werden. Aber für uns ist es auch gerade heute, am bundesweiten Aktionstag gegen die Glücksspielsucht, wichtig, dass wir den besagten „Spatz in der Hand“ festhalten sollten. Deshalb wird die CDUFraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Linksfraktion Herr Abg. Stange, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Vor fünf Tagen hat der Schleswigholsteinische Landtag mit den Stimmen der Koalition von CDU, GRÜNEN und FDP – Jamaika genannt – sowie den Stimmen der Abgeordneten des SSW und der AfD die Drucksache 19 165 mit dem Titel „Den Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in seiner jetzigen Form ablehnen“ beschlossen. Der Schleswig-holsteinische Landtag legt mit diesem Beschluss fest, dass das Parlament dem hier gegenständlichen Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht zustimmen wird. Folge dieses Beschlusses ist, dass Schleswig-Holstein bis zum 31. Dezember 2017 keine Ratifikationsurkunde vorlegen bzw. hinterlegen und der Staatsvertrag nach seinem Artikel 2 Abs. 1 Satz 2 somit gegenstandslos wird. Bislang hat die Jamaikakoalition in Schleswig-Holstein auch keinerlei Anstalten gemacht, ein vergleichbares Zustimmungsgesetz wie das hier vorliegende in den parlamentarischen Gang zu geben oder sonstige Maßnahmen zur Ratifizierung einzuleiten.

Der Gehalt des dem Sächsischen Landtag vorliegenden Gesetzentwurfs erschöpft sich demzufolge darin, die Staatskanzlei nach Artikel 2 Abs. 2 in ihrer Notarfunktion zu ermächtigen, im „Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt“ bekanntzumachen, dass der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag gegenstandslos geworden ist. Mit anderen Worten: Der vorliegende Staatsvertrag ist politisch bereits gescheitert. Es bleibt alles beim Alten. Die jahrelange Hängepartie geht in eine weitere Runde. Ein wenig Zeit haben wir ja noch. Es gilt weiterhin der Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags. Geblieben ist somit der Schwebezustand, der mehrere teils divergierende höchstrichterliche Entscheidungen zur Folge hatte. Es ist zu erwarten, dass dieser Zustand der fehlenden Rechtssicherheit die Gerichte auch weiterhin beschäftigen wird.

Dabei ist nicht nur aus Gründen der Kohärenz angesichts des derzeitigen behördlichen Flickenteppichs beim Vollzug ein funktionierendes bundesländerübergreifendes Konzessionsregime dringend erforderlich, um den Herrausforderungen des Jugend- und Spielerschutzes, der Prävention und Bekämpfung der Spielsucht und des kriminellen Schwarzmarkts durch europarechtskonforme und transparente Regelungen adäquat entsprechen zu können. Weder der geltende Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag noch der vorliegende Entwurf, der auf erhebliche Kritik unter anderem der Europäischen Kommission gestoßen ist, daher lediglich minimalinvasive Änderungen enthält und unionsrechtlich zumindest fragwürdig sein dürfte, finden auf die vorstehenden Problemlagen adäquate Antworten. Weitere Problembereiche wie Online-Casinospiel, das Glücksspielkollegium und die Gesamtkohärenz werden ohnehin im vorliegenden Entwurf ausgeklammert.

Die Jamaikakoalition in Schleswig-Holstein ist der Auffassung, dass infolge der dargestellten Regelungsdefizite den Ländern Einnahmen von 1,3 Milliarden Euro jährlich verloren gingen.

Fazit: Alles in allem ist der vorliegende Staatsvertrag politisch, rechtlich und finanziell bereits gescheitert. Meine Fraktion wird in der Gesamtschau den Gesetzentwurf ablehnen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPDFraktion Herr Abg. Pallas, bitte.