Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Jeder in der Bundesrepublik weiß, dass das hier früher einmal DDR war und deren emissions- und energieintensive Industrie nach dem Jahr 1990 zusammengebrochen ist. Die anderen Länder und der Bund haben für unseren Wiederaufbau, unsere moderne Infrastruktur und soziale

Absicherung viele Milliarden Euro an Transferleistungen aufgebracht und dafür zum Teil eigene Modernisierungsaufgaben zurückgestellt. Das geschah ein Vierteljahrhundert lang. Jetzt, wo wir große Anstrengungen übernehmen müssen, um die Emissionen vom heutigen Stand aus herunterzufahren, erwartet selbstverständlich jeder, dass sich alle an dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe beteiligen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dies gilt insbesondere dann, wenn wir uns Geschäftsmodelle leisten, die uns allen die CO2-Bilanz gründlich verhageln. Es geht um ein gemeinsames nationales Ziel. Dazu hat jeder seinen Beitrag zu leisten. Jeder hat seinen Beitrag so zu leisten, dass insgesamt ein volkswirtschaftlich kostenoptimaler Weg beschritten wird und ein ausreichend großer Reduktionseffekt innerhalb von nur drei Jahren erreichbar wird. Wo die niedrig hängenden Früchte hängen, dort sind sie zu ernten. Es macht keinen Sinn, an der einen Stelle große machbare und relativ günstige Schritte zu unterlassen, um woanders in viel längerer Zeit mit viel größerem Aufwand kleine Schritte zu gehen.

Deshalb fordern wir die Staatsregierung dazu auf, dem Landtag noch in diesem Jahr von den Grundzügen des neuen Energie- und Klimaprogramms zu berichten. Sie möge uns berichten, wie sie es sich mit Blick auf die einzelnen Sektoren vorstellt, die Reduzierung zu erreichen. Dies gilt insbesondere für den Punkt, wie diese Sektorziele im Verhältnis zu den Bundeszielen stehen. Wir befinden uns ansonsten auf einem klimapolitischen Blindflug. Das geschieht genau in einer Situation, in der es darum geht, zusammen mit den anderen Ländern und dem Bund ein nahes Zwischenziel anzusteuern.

Stimmen Sie unserem Antrag zu, um diesen Blindflug zu beenden und bei den bevorstehenden Aufgaben eine aktive Rolle des Freistaates zu ermöglichen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nach dem Schlusswort stelle ich nun die Drucksache 6/10736 zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist die Drucksache 6/10736 nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Fragestunde

Drucksache 6/10767

Ihnen liegen die eingereichten Fragen der Mitglieder des Landtages als Drucksache 6/10767 vor. Alle Fragen

wurden schriftlich beantwortet. Der Tagesordnungspunkt kann damit beendet werden.

Schriftliche Beantwortung der Fragen

Mutmaßliche Bewaffnung des in Borsdorf am 8. April 2017 festgenommenen mutmaßlichen islamistischen Gefährders (Frage Nr. 1)

In der Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage des Abg. Enrico Stange zur Drucksache 6/10444 ist unter anderem zu lesen: „lm Rahmen der Auswertung der auf dem Telefon vorhandenen Daten durch das Landeskriminalamt konnte eine Bilddatei aufgefunden werden, welche den Beschuldigten (mutmaßlicher islamistischer Gefähr- der) in seiner Unterkunft stehend darstellt. Das Foto wurde während seiner Zeit in der Unterkunft in Borsdorf aufgenommen. Auf dem Foto posiert der Beschuldigte in traditioneller, dem Salafismus bzw. Jihadismus zurechenbarer Bekleidung. (...) In Brusthöhe hat der Beschuldigte eine Handfeuerwaffe (Revolver) sichtbar befestigt.“

Fragen an die Staatsregierung:

1. Wann wurde die Bilddatei gemäß Vorbemerkung während der Auswertung des Telefons aufgefunden und das betreffende Foto rekonstruiert, und kann diesem entnommen werden, inwieweit es sich um ein Selbstbildnis (Selfi) des mutmaßlichen Gefährders handelt oder ob die Bildaufnahme durch eine andere Person gefertigt wurde?

2. Wann wurde durch welche Behörde gegen den abgelichteten mutmaßlichen Gefährder aufgrund des rekonstruierten Fotos ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des illegalen Waffenbesitzes bzw. des Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet und wann wurde die Unterkunft des mutmaßlichen Gefährders sowie gegebenenfalls die Unterkünfte weiterer Personen zum Zwecke des Auffindens und der Beschlagnahme der Waffe durchsucht?

Antwort auf die Frage 1: Am 8. April 2017 wurde im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Leipzig wegen des Verdachts der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89 a Strafgesetzbuch die Unterkunft des Beschuldigten durchsucht. Hierbei konnte unter anderem ein Mobiltelefon beschlagnahmt und in den folgenden Tagen ausgewertet werden.

Im Zuge dieser Auswertung wurde das fragegegenständliche Bild aufgefunden, welches entweder mittels Selbstauslöser oder durch eine unbekannte Person in der Unterkunft des Beschuldigten aufgenommen wurde.

Antwort auf die Frage 2: Den Strafverfolgungsbehörden liegen keine Erkenntnisse dazu vor, dass es sich bei dem abgebildeten Gegenstand um eine strafrechtlich relevante Waffe handelt. Daher wurde bislang kein separates Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet.

Testament des in Borsdorf am 8. April 2017 festgenommenen mutmaßlichen islamistischen Gefährders (Frage Nr. 2)

In der Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage in der Drucksache 6/10444 ist zu lesen: „Am 8. April 2017 wurde auf der Grundlage eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Leipzig wegen des Verdachts der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89 a StGB die Unterkunft des Beschuldigten in Borsdorf bei Leipzig durchsucht. Hierbei konnte unter anderem ein in deutscher Sprache abgefasstes Testament, welches auf den 21. November 2016 datiert war, aufgefunden und beschlagnahmt werden.“

Fragen an die Staatsregierung:

Handelt es sich bei dem aufgefundenen, in deutscher Sprache abgefassten Testament um ein handschriftlich durch den Beschuldigten gefertigtes und durch ihn unterzeichnetes und/oder von einem beeidigten Dolmetscher bzw. Übersetzer übersetztes und/oder notariell beglaubigtes Testament?

Handelt es sich bei dem aufgefundenen Testament um ein politisches Testament und/oder ein persönliches Testament, wer sind die Begünstigten des Testaments und/oder welche Bezüge zum Salafismus bzw. Jihadismus sind im Testament enthalten?

Antwort auf die Frage 1: Bei dem Testament handelt es sich um einen in deutscher Sprache abgefassten Formularvordruck, in welchem handschriftlich die persönlichen Daten des Beschuldigten eingetragen sind. Das Dokument ist unterschrieben, nicht jedoch notariell beglaubigt.

Antwort auf die Frage 2: In dem Testament bekennt sich der Verfasser zum Islam und begünstigt einen Moscheeverein in Sachsen, der vom Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen als Schwerpunkt salafistischer Bestrebungen gesehen wird.

Anklageerhebung wegen des Sprengstoffanschlags für die Moschee in Dresden interjection: (Frage Nr. 3)

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche konkreten Tatbeiträge wurden dem Angeschuldigten und dem ehemalligen zweiten Beschuldigten jeweils zur Last gelegt? (Bitte insbesondere verweigerte Antwort in Drucksache 6/8563 ergänzen.)

2. Aus welchen konkreten Gründen wurden die Ermittlungen gegen den zweiten Beschuldigten wegen welches Straftatbestandes und Lebenssachverhalts nach welcher Rechtsgrundlage eingestellt?

Die Mündliche Anfrage begehrt eine Ergänzung zur Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage, Drucksache 6/8563, die seinerzeit nur teilweise beantwortet werden konnte.

In beiden Fragen ist dabei unter anderem die Rede von einem ehemaligen „zweiten Beschuldigten“. Lassen Sie mich deshalb zuerst einmal klarstellen, dass es in dem betreffenden Ermittlungsverfahren drei Beschuldigte gegeben hat. So wurde es auch in der Antwort der Staatsregierung zur Kleinen Anfrage, Drucksache 6/8563, ausgeführt.

Die Ermittlungen sind zwischenzeitlich abgeschlossen. Der erste Beschuldigte war wegen einer am Tatort gesicherten Spur in Verdacht geraten. Die Verdachtsrichtung wurde im weiteren Verlauf der Ermittlungen jedoch so weit entkräftet, dass das Verfahren gegen ihn am 6. September 2017 wegen erwiesener Unschuld eingestellt wurde.

Gegen den zweiten Beschuldigten wurde am 13. September 2017 Anklage beim Schwurgericht in Dresden erhoben. Dem Angeschuldigten liegt, wie bereits in der Antwort der Staatsregierung zur Kleinen Anfrage, Drucksache 6/8563, ausgeführt, insbesondere die Planung und Ausführung der beiden Sprengstoffanschläge vom

26. September 2016 zur Last.

Im Einzelnen wird dem Angeschuldigten zur Last gelegt, am 26. September 2016 aus ausländerfeindlichen Motiven vor der Haustür der DiTiB Fatih Camii Moschee in Dresden drei von ihm selbst gebaute Rohrbomben sowie mehrere Behälter mit brennbarer Flüssigkeit abgelegt und mithilfe einer Zeitschaltuhr gezündet zu haben. Dabei habe der Angeschuldigte gewusst, dass sich der Imam der Moschee, dessen Ehefrau und die beiden minderjährigen Kinder zum Zeitpunkt der Explosion in ihrer Wohnung innerhalb der Moschee befanden. Durch die Explosion wurde die Hauseingangstür nach innen eingedrückt und die Fassade des Gebäudes erheblich beschädigt. Zu schwerwiegenderen Folgen kam es nur deshalb nicht, weil die Spreng- und Brandvorrichtung nicht wie geplant vollständig gezündet hat.

Nachdem der Angeschuldigte den Tatort verlassen hatte, habe er sich zu dem an der Elbe gelegenen Internationalen Congress Center Dresden, Am Ostraufer 2, gegeben, um eine weitere von ihm selbst hergestellte Spreng- und Brandvorrichtung zur Explosion zu bringen. Nachdem er die Spreng- und Brandvorrichtung abgelegt hatte, stellte er die Zeitschaltuhr ein und verließ den Tatort. Gegen 22:05 Uhr detonierte die Spreng- und Brandvorrichtung und beschädigte das ICC erheblich.

Weiterhin liegt dem Angeschuldigten zur Last, in der Zeit von Mitte September bis 26. September 2016 einen sogenannten Molotowcocktail hergestellt zu haben, der in der Folge nicht zum Einsatz kam, sondern zu einem späteren Zeitpunkt in die Elbe geworfen wurde.

Ebenfalls Mitte bis Ende September 2016 soll der Angeschuldigte eine weitere Spreng- und Brandvorrichtung hergestellt haben, die zwar funktionsfähig war, jedoch aus unbekannten Gründen in der Folge nicht eingesetzt wurde. Auch diese Spreng- und Brandvorrichtung wurde im Zuge der Ermittlungen in der Elbe gefunden.

Schließlich ist der Angeschuldigte hinreichend verdächtig, sich nach den Anschlägen am 26. September 2016 erneut entschlossen zu haben, Brand- und Sprengstoffanschläge gegen weitere Ziele vorzubereiten und durchzuführen. Hierzu besorgte er sich die erforderlichen Materialien und fügte sie zu einer funktionsfähigen Masse von circa 4,6 Kilogramm Gewicht zusammen. Die Spreng- und Brandvorrichtung lag in der Wohnung des Angeschuldigten zum jederzeitigen Abtransport und Einsatz bereit.

Gegen den dritten Beschuldigten wurde das Verfahren am 13. September 2017 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Diesem dritten Beschuldigten lag zur Last, dem Angeschuldigten Beihilfe zu den Sprengstoffanschlägen am 26. September 2016 geleistet zu haben.

Ich gehe davon aus, dass die Mündliche Anfrage, soweit von dem „ehemaligen zweiten Beschuldigten“ die Rede ist, ebendiesen dritten Beschuldigten meint. Das Ermittlungsverfahren gegen diesen dritten Beschuldigten wurde eingestellt, weil der Anfangsverdacht im Laufe der Ermittlungen nicht weiter verdichtet werden konnte. Er selbst hat jede Tatbeteiligung bestritten.

Sämtliche am Tatort gesicherten Spuren stammen nicht von ihm. Die Ermittlungen haben außerdem ergeben, dass dieser Beschuldigte zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch nicht an den Tatorten anwesend war, sondern an einem anderen Ort.

Letztlich muss im Ergebnis der Ermittlungen davon ausgegangen werden, dass der Angeschuldigte als Einzeltäter gehandelt hat. Hinweise darauf, dass er als Teil einer Gruppe oder Vereinigung gehandelt hat, haben sich nicht ergeben.

Meine Damen und Herren, die Tagesordnung der 61. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags ist abgearbeitet. Das Präsidium hat die 62. Sitzung auf Mittwoch, den 15. November 2017, 10 Uhr, festgelegt. Die Einladung und Tagesordnung gehen Ihnen zu. Die 61. Sitzung des 6. Sächsischen Landtages ist geschlossen.