Schauen wir uns einmal an, was Sie von Straftaten halten: Die AfD unterstützt offen, den Satz „Man sollte dich köpfen“ nicht strafrechtlich zu verfolgen.
(André Barth, AfD: Das ist aber nicht unser Programm! – Carsten Hütter, AfD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)
Nein, es tut mir leid. Aber vielleicht ist es für die Dekubitus-Prophylaxe ganz gut, dass Sie sich bewegt haben.
Punkt 2, zur Zensur: Auf der AfD-Facebook-Seite des Kreisverbandes OstprignitzRuppin gab es einen Aufruf, die Facebook-Seite zu bewerten. 1 700 schlechte Bewertungen mit durchschnittlich 1,1 Sternen sind eingegangen. Was hat der Kreisverband gemacht? Er hat das gelöscht und das Bewertungssystem wieder entfernt.
AfD-Direktkandidat und mittlerweile – leider! – MdB Chrupalla – heißt er so, ja? – forderte den Bundesinnenminister auf, eine Webseite abzuschalten, weil sie mehrsprachig ist; es betraf damals die Seite „Schutzehe.com“. Wie nahe steht die AfD – oder: die Schaukel der AfD – eigentlich an der Hauswand? Können Sie mir das mal erklären? Sie werfen Maas Zensur vor und fordern den Innenminister auf, Zensur auszuüben. Sie sind doch mit dem Klammersack gepudert!
(Carsten Hütter, AfD: Ihre Partei postet „Schlagt den Bullen in die Fresse!“ und „Deutschland, du mieses Stück Scheiße!“! Das sind Posts, die Sie loslassen!)
Meine Kommentare hier drin können Sie ja Gott sei Dank nicht löschen. Und mit den Prozenten, die Sie geholt
Ich sage Ihnen: Das, was für die AfD Meinungsfreiheit ist, ist nur das, was in Ihre verkümmerte Welt passt. Jedes Beispiel zeigt, dass Ihre Logik jeden Morgen lachend in eine stumpfe Kreissäge rennt und nicht mehr weiß, wohin. Das beweist nur eines: Sie brauchen wirklich dringend Ruhe!
Vielleicht kann ich Ihnen einen Rat geben, frei nach dem Vorreiter „niveauvoller“ Facebook-Diskussionen und Veterinärtheologen Holger Arppe, ehemaliger Landessprecher und AfD-Fraktionsvize in Mecklenburg-Vorpommern – Sie wissen schon, das ist der mit den „zehnjährigen Polöchern“, den „Löschkalkgruben“ und dem „rotgrünen Geschmeiß auf dem Schafott“ –: Kommen Sie zur Ruhe! Machen Sie sich locker! Machen Sie es wie Arppe und die kümmerlichen Reste Ihrer Mecklenburger Fraktion: Besaufen Sie sich mal hemmungslos und pullern dann einmal alles richtig voll! Vielleicht beruhigt Sie das.
Das war Herr Jalaß für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt möchten Sie, Herr Kollege Urban, eine Kurzintervention vortragen?
Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Jalaß, Ihr Redebeitrag war für meinen Geschmack nicht nur unter der Gürtellinie, er war unter aller Sau.
Wenn ich dieses Niveau sehe, diese persönlichen Angriffe, die Sie fahren, dann bin ich heilfroh – heilfroh! –, dass wir eine Diktatur, zu der Ihre Partei steht, die Ihre Wurzeln sind, in diesem Land nicht mehr haben.
(Beifall bei der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das war ja wirklich die unterste Schublade, in die Sie greifen mussten!)
Es wird keine Reaktion gewünscht. Wir kommen jetzt zum nächsten Redner. Das ist erneut Herr Kollege Baumann-Hasske für die SPDFraktion.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch auf die im Gesetzgebungsverfahren namentlich geäußerte Kritik an diesem Gesetz eingehen. Auch hier in diesem Hohen Hause haben wir heute mehrfach den Vorwurf gehört, dieses Gesetz ermögliche Zensur. Wenn wir in Artikel 5 Abs. 1 Satz 3 Grundgesetz hineinschauen und dort das Zensurverbot sehen, dann ist damit keineswegs gemeint, dass etwas, was veröffentlicht worden ist, möglicherweise durch Staatsgewalt wieder unterbunden werden kann, sondern damit ist gemeint, dass niemand
verpflichtet werden soll, vor Veröffentlichung einer Meinung diese Meinung einer staatlichen Behörde zur Genehmigung vorzulegen. Das ist der Kern des Zensurverbots.
Dass strafrechtlich relevante Inhalte nachträglich gelöscht, aus Zeitungen entfernt oder sonst wie entsprechend behandelt werden, ist in diesem Staat völliger Konsens. Das hat mit Zensur überhaupt nichts zu tun.
Facebook ist einer der größten Kritiker dieses Gesetzes – ich glaube, aus nachvollziehbaren Gründen; das leuchtet jedem ein. Deren Geschäftsmodell hängt unter anderem daran, dass dort höchst kontroverse Äußerungen, die auch gern einmal in den Randbereich des Strafbaren hineingehen, geäußert werden, weil dies natürlich die Klickzahlen erhöht. Man muss sich klarmachen, dass das Geschäftsmodell sozialer Netzwerke zum Teil von diesen Provokationen lebt. Das war wahrscheinlich einer der wesentlichen Gründe, warum die freiwillige Selbstkontrolle, zu der sie sich verpflichtet haben, so schlecht funktioniert hat. Das war auch einer der Gründe, warum der Gesetzgeber in diesem Bereich tätig werden musste.
Ich kann durchaus nachvollziehen, dass dieses Verfahren im Hinblick auf die Meinungsfreiheit bedenklich erscheint. Ich glaube, dass wir beim aktuellen Stand – das Gesetz tritt am 1. Oktober in Kraft – werden abwarten müssen, wie es wirkt. Sollte es tatsächlich zu unzulässigen Einschränkungen der Meinungsfreiheit kommen, dann werden, denke ich, relativ bald Gerichte darüber zu entscheiden haben. Wenn diese Entscheidungen getroffen worden sind, wird es möglicherweise Reformbedarf geben. Aber dass in diesem Bereich etwas getan werden musste, scheint mir doch unstreitig zu sein. Da wir uns in gewisser Weise auf Neuland bewegen, wird man dieses Experiment aushalten müssen.
Es ist aber kein Instrument – auch wenn diese Kritik immer wieder laut geworden ist –, dessen sich totalitäre Staaten bemächtigen könnten. Denn totalitäre Staaten würden ein rechtsstaatliches Überprüfungsverfahren, wie es hier eindeutig vorgesehen ist, gar nicht regeln wollen.
Machen wir uns im Übrigen eines klar: Alles, was da geschieht, alles, was da an Überprüfungen vorgenommen wird, alle Löschungen, die möglicherweise vorgenommen werden, unterliegen jedenfalls weiterhin der schon bisher vorhandenen gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit.
Diese ist in keiner Weise abgeschnitten worden. Das heißt, alle rechtsstaatlichen Mechanismen, die es bisher schon gab, wird es auch in Zukunft geben. Es geht hier lediglich um eine Ergänzung.
Die einbringende Fraktion könnte jetzt eine dritte Runde eröffnen. – Bitte, Frau Wilke, Sie haben das Wort.
Vielen Dank! Ich werde mich sehr kurz fassen. – Herr Baumann-Hasske, wir befinden uns in einem Rechtsstaat und brauchen eigentlich nur geltendes Recht anzuwenden. Wenn ich richtig informiert bin, haben wir bereits ein Telemediengesetz, das uns dabei helfen könnte, solche „Auswüchse im Netz“ – so nenne ich es jetzt einmal; ich will an dieser Stelle ganz bewusst nicht näher auf den Redebeitrag von Herrn Jalaß eingehen – zu unterbinden. Dafür haben wir die juristische Handhabe. So habe ich das jedenfalls bisher verstanden. Deshalb brauchen wir ein so weitgehendes Gesetz, das sich auf einen glatten Boden begibt – wie mit der Privatisierung von Recht –, eigentlich nicht. Wenn wir glauben, dass das Telemediengesetz nicht ausreicht, dann könnten wir es sicherlich erweitern oder ergänzen.
Es ist nicht nur meine Meinung oder die Meinung der AfD, dass dieses Gesetz verfassungsrechtlich bedenklich ist, sondern zum Beispiel auch die Meinung von Prof. Gersdorf, der sich dazu geäußert hat. Er ist Staats- und Medienrechtler; ich glaube, mit Verfassungsrecht befasst er sich auch. Aber auch er ist nicht der Einzige, sondern es sind weitere namhafte Rechtswissenschaftler, die Bedenken angemeldet haben.
Das war Frau Kollegin Wilke. Gibt es jetzt noch weiteren Redebedarf aus den Fraktionen in dieser zweiten Aktuellen Debatte? – Den sehe ich nicht. Damit kommt jetzt die Staatsregierung zu Wort. Bitte, Herr Staatsminister Gemkow.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ohne Frage hat in den letzten Jahren ein radikaler Wandel in der Art unserer Kommunikation stattgefunden. Die zunehmende Verbreitung des Internet und die Kommunikation über Nachrichtendienste haben dazu geführt, dass das klassische Gespräch bei vielen in den Hintergrund gerückt ist und Briefwechsel eigentlich nur noch elektronisch stattfindet. Ein ganz erheblicher Teil der Kommunikation findet heute über diese Online-Plattformen statt, über Smartphones, über Facebook & Co. Wir sind jeden Tag rund um die Uhr erreichbar. Das hat ohne Frage große Vorteile. Wir können sehr schnell reagieren, wir können unsere Inhalte vielen Leuten gleichzeitig bekannt machen und dort, wo es vielleicht aus politischen Gründen nicht möglich oder nicht er
Neben all diesen Vorteilen und Chancen begegnen wir mit diesen neuen Medien auch Nachteilen und Problemen. Ein Problem liegt darin, dass die Netzwerktechnologie anfällig für Missbrauch und Kriminalität ist. Nutzerangaben zu Geschlecht, Alter und Herkunft werden von Anbietern häufig überhaupt nicht geprüft und sind deshalb keineswegs immer wahr. Facebook hat zum Beispiel 2012 geschätzt, dass etwa 5 bis 6 % der aktiven Profile doppelte Profile sind, und zum Jahreswechsel 2013 hat Facebook errechnet, dass 76 Millionen Konten gegen die eigenen Nutzungsbedingungen verstoßen.
Ein anderes und aus meiner Sicht noch viel größeres Problem als diese Fakeprofile stellen aber die Inhalte dar, die zum Teil in großer Zahl und anonym verbreitet werden. Dabei kann es sich auf der einen Seite um falsche Nachrichten handeln, es sind aber zunehmend auch beleidigende, diffamierende und volksverhetzende Inhalte feststellbar, die zu einer massiven Verschärfung des Diskurses und der Diskussion geführt haben.