Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Die Koalition und die Staatsregierung werden ihrerseits die Probleme aussitzen, fest in dem Glauben, dass man alles unter Kontrolle hat und dass doch eigentlich alles schön ist im ländlichen Raum.

Das Angebot an politischen Lösungen für den ländlichen Raum erweitert sich faktisch nicht. Es bleibt allein die Hoffnung, dass die Ideen der Oppositionsfraktionen im künftigen politischen Kurs oder in Anträgen der Regierungsfraktionen wieder auftauchen. Das genügt uns als AfD nicht.

Möglichkeit zwei: Sie stimmen dem vorliegenden Antrag zu. Die Staatsregierung erhält für ihre Politik neue Impulse. Das Spektrum der Lösungsideen erweitert sich und die Regierung kann die Erfolge am Ende sogar maßgeblich für sich verbuchen.

Ungeachtet dessen entwerfen wir gemeinsam mit den Bürgern und mit Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft neue Lösungen für den ländlichen Raum. Wir vermeiden redundantes Arbeiten oder widersprüchliche Lösungen. Wir setzen ein Zeichen der politischen Geschlossenheit für unsere strukturschwachen Gebiete.

Bitte zum Ende kommen.

Meine Damen und Herren! Wir geben Ihnen heute die Möglichkeit, die Lösungen für die Probleme der strukturschwachen Regionen nicht im Parteienwettbewerb oder im Wahlkampf zu zerreden.

Lassen Sie uns gemeinsam an den Lösungen für unsere Bürger –

Herr Urban, bitte zum Ende kommen.

– in den schwachen ländlichen Räumen arbeiten.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

So. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Mir liegt ein Änderungsantrag von Herrn Wild vor; den bitte ich jetzt noch einzubringen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Mit dem Änderungsantrag soll der AfD-Antrag zur Einsetzung einer Enquete-Kommission „Den ländlichen Raum im Freistaat Sachsen lebenswerter gestalten“ um einen wichtigen Punkt erweitert werden.

Ich sage es gleich vorweg: Das ist ein sehr enger, begrenzter Zeitraum. Eine Enquete-Kommission kann schon über Jahre hinweg tagen, wie es hier angesprochen wurde, auch von Herrn Minister, aber dann müssen Sie eben einmal aus den Puschen kommen und nicht nur viermal im Jahr, sondern einmal im Monat tagen. Dann geht es vielleicht auch einmal schneller,

(Christian Piwarz, CDU: Was für ein Unsinn!)

weil es für den ländlichen Raum auch wichtig ist, dass so etwas einmal schnell gemacht wird.

(Christian Piwarz, CDU: Wissen Sie, wie oft die Enquete-Kommissionen tagen?! – Carsten Hütter, AfD: Geschwindigkeit macht Angst, Herr Piwarz!)

Jetzt kommen wir zum Änderungsantrag. Die Anwendung von § 13 b des Baugesetzbuchs – Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren – wird dem ländlichen Raum durch die Genehmigungsbehörden in Sachsen bisher weitgehend vorenthalten. Mit diesem Änderungsantrag soll diese besondere Situation durch eine Enquete-Kommission bewertet werden.

Es gibt Gemeinden in Sachsen, die von dieser Vorschrift Gebrauch machen wollen. Sie wollen ihre Außenbereichsflächen erschließen und möchten sie für Wohnzwecke nutzen. Doch werden Genehmigungen, die eingeholt werden müssen, regelmäßig durch die Landratsämter und durch die zuständigen Dezernate für Raumordnung bei der Landesdirektion abgelehnt. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es allein, die Wohnraumsituation in den Ballungszentren zu entschärfen, heißt es. Die Möglichkeit, Außenbereichsflächen zu erschließen, soll für Gemeinden im ländlichen Raum nicht gelten.

Diese Verweigerungspraxis läuft der Förderung des ländlichen Raums zuwider. Im Gegenteil: Die Mehrbeschaffung von Wohnraum in Ballungszentren bewirkt ein weiteres Ausbluten des ländlichen Raums. Die Möglichkeit der Aufstellung von Bebauungsplänen nach dieser Vorschrift endet allerdings mit Ablauf des Jahres 2019,

wenn sie denn nicht verlängert wird. Das ist aber ein Bundesgesetz.

Es wird allerhöchste Zeit, dass die Sächsische Staatsregierung auf die Landesdirektionen und die Landratsämter Einfluss nimmt und klarstellt, dass das hier eine Bundesvorschrift ist, die nicht zur Privilegierung von Großstädten führen darf. Sollte es bei der bisherigen Praxis der Rechtsanwendung bleiben, verschlafen wir in Sachsen die zeitlich limitierte Möglichkeit, Bauflächen zu schaffen.

Es gibt genügend Beispiele dafür, dass Bedarf vorhanden ist. Viele Bürger in Sachsen nähmen gern einen Arbeitsweg von 20 oder 30 Kilometern in Kauf, wenn sie Wohnraum in idyllischer ländlicher Lage schaffen könnten. Sollte es dabei bleiben, dass lediglich Großstädte den Vorzug bekommen, werden wir uns wieder mit sinnlosen Anträgen zu Mitpreisbremsen oder Ähnlichem beschäftigen. Zudem wird der ländliche Raum immer weiter geschwächt.

Bitte zum Ende kommen.

Dieser Änderungsantrag dient der Stärkung des ländlichen Raums und ergänzt den AfD-Antrag um einen wichtigen Punkt. Deshalb bitte ich um fraktionsübergreifende Zustimmung.

Danke schön.

(Beifall der Abg. Andrea Kersten und Uwe Wurlitzer, fraktionslos)

Gibt es jemanden, der zum Antrag sprechen möchte? – Herr Piwarz, bitte.

Ich möchte nicht zum Antrag sprechen, sondern eine sachliche Richtigstellung nach § 93 der Geschäftsordnung vornehmen. Wenn jemand zum Antrag sprechen möchte, stelle ich das gern noch zurück, aber die Richtigstellung ist mir wichtig.

Es sieht nicht so aus. Möchte jemand zum Antrag sprechen? – Sonst gebe ich vor der Abstimmung noch Herrn Piwarz das Wort. – Gut, das sieht nicht so aus. Bitte, Herr Piwarz.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Abg. Wild hat gerade den Eindruck zu erwecken versucht, dass die eingesetzte Enquete-Kommission nur viermal im Jahr tagen würde. Ich will richtigstellen, dass Enquete-Kommissionen im Regelfall monatlich tagen, mit Ausnahme der parlamentarischen Sommerpause, mithin also zehn Sitzungen pro Jahr abhalten und entsprechend arbeiten. Daneben gibt es Unterarbeitsgruppen, in denen sehr umfangreiche Arbeit erledigt wird.

Insofern ist das Bild, das der Abg. Wild hier zu zeichnen versucht, falsch. Das ist richtigzustellen. Herr Wild ist seit 2014 Mitglied dieses Hohen Hauses. Ich hätte mir von Herrn Abg. Wild gewünscht, dass er zumindest in Ansätzen ein bisschen verinnerlicht hätte, wie wir hier im

Parlament miteinander arbeiten, und dass er nicht derart groben Unsinn erzählt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Damit lasse ich jetzt über den Änderungsantrag von Herrn Wild abstimmen. Wer dem die Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Bei wenigen Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Ursprungsantrag. Ich weise noch einmal auf unsere Geschäftsordnung hin: Wenn ein Drittel der Mitglieder des Landtags, das sind 42 Abgeordnete, dem Antrag zustimmt, muss die Einsetzung einer Enquete-Kommission erfolgen. Ich komme jetzt zur Abstimmung über die Drucksache 6/11189. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe, dass keine 42 Abgeordneten zugestimmt haben; die Mehrheit war dagegen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 10

Nachtragshaushalt vorlegen! Für einen ehrlichen Neuanfang in Sachsen

Drucksache 6/11106, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Fraktionen können hierzu Stellung nehmen. Es beginnt die einbringende Fraktion, danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Auch Frau Kersten meldet sich zu Wort. – Für die Fraktion GRÜNE beginnt jetzt Frau Abg. Schubert. Bitte, Frau Schubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ereignisreiche Wochen liegen hinter uns. Der Ministerpräsident hat mit seinem angekündigten Rücktritt den Weg für personelle und strukturelle Veränderungen freigemacht. Den Medien konnten wir daraufhin entnehmen, dass dies auch Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition so sehen. „Wir haben verstanden“, so der Slogan, der fast schon viral um sich griff. Fast könnte man voller Hoffnung meinen: Jetzt, ja jetzt wird alles anders.

Der Presse war zu entnehmen, was einzelne Vertreter der Regierungskoalition, aber auch die Junge Union, ehemalige Bundestagsabgeordnete und Weitere nun alles ändern möchten. Das geht von innerer Sicherheit über lebenswerte ländliche Regionen und flächendeckenden Breitbandausbau bis hin zum Dienst am Bürger. Um diese in den Medien geäußerten politischen Forderungen umzusetzen, bedarf es aber einer Anpassung im Haushalt.

Wir GRÜNEN legen heute einen Antrag vor, mit dem wir die Staatsregierung auffordern, einen Nachtragshaushalt vorzulegen. Warum? Ganz einfach: Weil ein Nachtragshaushalt das passende Instrument ist, um die politischen Forderungen in Handeln umsetzen zu können. Wir wissen: Das Sächsische Finanzministerium ist – noch – fest in CDU-Hand, und ein Nachtragshaushalt wird grundsätzlich und aus Prinzip abgelehnt.

(Zuruf von der CDU)

Aus welchem Prinzip heraus kann ich Ihnen allerdings nicht sagen. In allen anderen Bundesländern ist der Nachtragshaushalt ein gängiges Instrument.

(Zuruf von der CDU: Deshalb klappt es dort ja nicht!)

Bayern aktualisiert seinen Haushalt eigentlich in jedem Doppelhaushalt, um die Mehr- oder Mindereinnahmen dort korrektiv einzubringen. Baden-Württemberg macht es genauso. Ich könnte jetzt weitermachen: